Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hargassner als Vorsitzenden, den Vizepräsidenten Hon. Prof. PD Dr. Rassi, die Hofräte Dr. Annerl und Dr. Vollmaier sowie die Hofrätin Dr. Wallner Friedl in der Rechtssache der klagenden Partei G*, vertreten durch Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei V* AG, *, Deutschland, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 7.650 EUR sA, aus Anlass der Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 4. September 2024, GZ 35 R 14/24t 32, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Urfahr vom 19. Jänner 2024, GZ 1 C 164/21y 29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen (I.) und zu Recht erkannt (II.):
I.
1. Das Verfahren wird fortgesetzt .
2.Das Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs nach Art 267 AEUV vom 18. März 2025 (C 251/25 [ FP gegen Volkswagen ] des Gerichtshofs der Europäischen Union) wird zurückgezogen .
II.
Die beklagte Partei ist binnen 14 Tagen schuldig, der klagenden Partei 7.650 EUR samt 4 % Zinsen pa seit 23. März 2018 zu zahlen und ihr die mit 10.790,13 EUR (darin 1.036,58 EUR USt und 4.570,68 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des gesamten Verfahrens zu ersetzen.
Begründung und
Entscheidungsgründe:
[1] Der Kläger erwarb einen von der Beklagten hergestellten PKW, der mit einem Motor vom Typ EA 288 der Abgasklasse Euro 6 ausgestattet ist.
[2] Der Kläger begehrte – gestützt auf Schadenersatz – (zuletzt) die Zahlung von 7 . 650 EUR sA.
[3] Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab.
[4] Mit seiner – von der Beklagten beantworteten – Revision begehrte der Kläger, dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben.
[5] Mit Beschluss vom 18. 3. 2025 legte der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Union eine Reihe von klärungsbedürftigen Fragen zur Auslegung der RL (EG) 2007/46 sowie der VO (EG) 715/2007 zur Vorabentscheidung vor und setzte das Revisionsverfahren bis zur Entscheidung des EuGH aus ( RS0135300 ; vgl auch RS0135307 ).
[6] Noch vor Vorliegen der Entscheidung über das Vorabentscheidungsersuchen erklärte die Beklagte mit Schriftsatz vom 15. 10. 2025, das Klagebegehren zur Gänze und unbedingt anzuerkennen.
[7] Der Kläger stellte mit Schriftsatz vom 30. 10. 2025 den Antrag auf Fällung eines Anerkenntnisurteils.
Zu I.:
[8] 1.Nach der Lehre stellen Sachdispositionen wie unter anderem Anerkenntnis- oder Verzichtserklärungen zwar während einer Unterbrechung des Verfahrens iSd § 163 Abs 2 ZPO unwirksame Prozesshandlungen dar ( Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 163 Rz 3; Fink in Fasching/Konecny , ZPG 3§ 163 ZPO Rz 31). Die hier erfolgte Unterbrechung (Aussetzung) nach § 90a GOG soll aber nur sicherstellen, dass der Vorabentscheidung nicht vorgegriffen wird. Demgemäß lässt § 90a Abs 1 GOG diesem Zweck nicht widersprechende Handlungen des Gerichts – und damit auch der Parteien – auch während der Unterbrechung zu (RS0110001; Melzer in Kodek/Oberhammer, ZPO-ON § 167 ZPO Rz 6; Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 163 Rz 2). Die Abgabe eines Anerkenntnisses, der Antrag auf und die Fällung eines Anerkenntnisurteils sind solche zulässigen Handlungen, weil damit nicht der Zweck der Vorabentscheidung vereitelt, sondern der Prozess aus davon unabhängigen Gründen erledigt wird (8 Ob 67/25y Rz 8 mwN).
[9] Aufgrund des von der Beklagten zulässigerweise erklärten Anerkenntnisses und des vom Kläger gestellten Antrags auf Erlassung eines Anerkenntnisurteils sind die Voraussetzungen für die Prozessbeendigung gegeben.Dies führt dazu, dass das an den EuGH gerichtete Vorabentscheidungsersuchen zurückzuziehen ist, weshalb die Aussetzung des Verfahrens im Sinne des § 90a Abs 2 GOG obsolet geworden ist. Das Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof ist daher fortzusetzen.
[10] 2.Die Beantwortung der an den EuGH gerichteten Vorlagefragen ist nach dem Anerkenntnis der Beklagten für die Erledigung des Klagebegehrens nicht mehr erforderlich. Da diesen Fragen im Anlassfall nur mehr theoretische Bedeutung zukommt, ist das Vorabentscheidungsersuchen zurückzuziehen (§ 90a Abs 2 GOG; 3 Ob 65/25t Rz 12 mwN).
Zu II.:
[11] 1. Das der Klage stattgebende Urteil stützt sich auf das Anerkenntnis durch die Beklagte.
[12] 2.Die Kostenentscheidung beruht für das erstinstanzliche Verfahren auf § 43 Abs 1 ZPO, für das Berufungs- und das Revisionsverfahren jeweils auf den §§ 41, 50 ZPO.
[13]Die Einwendungen der Beklagten (ON 26) gegen das erstinstanzliche Kostenverzeichnis des Klägers sind stichhältig: Die Voraussetzungen für einen doppelten Einheitssatz zur Klage nach § 23 Abs 6 RATG liegen nicht vor und der Schriftsatz ON 7 war nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig, weil dieses Vorbringen bereits in der Klage oder in der nachfolgenden Tagsatzung erstattet werden hätte können. Wegen der Möglichkeit der Erstattung des Vorbringens bzw der Vorlage der Urkunden in der nachfolgenden Tagsatzung war darüber hinaus auch der (als vorbereitender Schriftsatz nach § 257 Abs 3 ZPO im Übrigen nicht zulässige) Schriftsatz ON 22 – als „offenbare Unrichtigkeit“ ungeachtet von der Erhebung von Einwendungen (vgl 2 Ob 67/14p) – nicht zu entlohnen.
[14] Die entsprechend berichtigten Kosten waren dem Kläger im Verfahrensabschnitt bis zur Einschränkung der Klage anteilig und im folgenden Verfahrensabschnitt zur Gänze zuzusprechen. Der Kläger hat außerdem Anspruch auf Ersatz der anteiligen Pauschalgebühr und der von ihm getragenen Sachverständigengebühren. Bei letzteren wurde ein Durchschnittsprozentsatz des Obsiegens in beiden Abschnitten gebildet, weil sich die Tätigkeit des Sachverständigen auf beide Verfahrensabschnitte erstreckte ( Obermaier , Kostenhandbuch 4 Rz 1.183 mwN). Die Beklagte hat demgegenüber Anspruch auf anteiligen Ersatz der von ihr getragenen Sachverständigengebühren, wobei auch insofern ein Durchschnittsprozentsatz gebildet wurde und der Ersatzbetrag mit dem Barauslagenersatz des Klägers saldiert wurde.
[15] Der Kostenentscheidung für die Rechtsmittelverfahren waren die in den Rechtsmittel verzeichneten Kosten zugrunde zu legen. Der ERV-Zuschlag (auch) für die Berufung beträgt nur 2,60 EUR.
Rückverweise