JudikaturOGH

8Ob8/25x – OGH Entscheidung

Entscheidung
Baurecht
30. September 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Mag. Malesich als Vorsitzende sowie die Hofräte MMag. Matzka, Dr. Stefula, Dr. Thunhart und Mag. Dr. Sengstschmid als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E* GmbH, *, vertreten durch die TKT RECHTSANWÄLTE TUSEK KRENN TRUNEZ GMBH in Rohrbach Berg, wider die beklagte Partei A* D*, vertreten durch die Grünbart Lison Wiesner Zechmeister Rechtsanwälte GmbH in Ried im Innkreis, wegen 40.268,31 EUR, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. November 2024, GZ 3 R 122/24t 55.1, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1]1.1. Ist das Berufungsgericht – wie hier – in die Prüfung der Frage einer allfälligen im erstinstanzlichen Verfahren unterlaufenen Nichtigkeit eingegangen und hat eine solche verneint, ist die Wahrnehmung dieser Nichtigkeit im Verfahren dritter Instanz nicht mehr möglich (RS0042981).

[2]1.2. Vom Berufungsgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz können ebenfalls im Verfahren dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963). Das Berufungsgericht hat auch nicht infolge einer unrichtigen Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen (RS0043086 [T8]) oder diese mit aktenwidriger Begründung verworfen (RS0043086 [T5]).

[3]1.3. Die geltend gemachte Nichtigkeit und die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurden geprüft, sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

[4]2.1. Die werkvertragliche Norm des § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB sieht einen Entgeltanspruch des zur Leistung bereiten Werkunternehmers vor, wenn die Ausführung des Werks durch Umstände in der Sphäre des Werkbestellers unterbleibt; er muss sich dabei anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Diese Bestimmung ist nicht nur für den Fall anzuwenden, dass der Unternehmer an der Ausführung des Werks überhaupt gehindert war, sondern auch dann, wenn die geforderte Verbesserung durch den Besteller verhindert oder nicht zugelassen wurde (3 Ob 213/15t mwN).

[5]2.2. Der Unternehmer, der zur Leistung bereit war und den Werklohn einklagt, weil die Erbringung der Leistung durch Umstände auf Seiten des Bestellers vereitelt wurde, muss nicht behaupten, dass er durch das Unterbleiben der Arbeit nichts erspart habe und auch nichts durch anderweitige Verwendung erworben habe; vielmehr ist es Sache des Bestellers, Einwendungen in dieser Richtung zu erheben und konkrete Behauptungen darüber aufzustellen und zu beweisen, was sich der Unternehmer durch das Unterbleiben der Arbeit erspart hat (RS0021841; RS0021768 [T1]).

[6]2.3. Nach § 27a KSchG hat der Unternehmer, der trotz unterbliebener Ausführung eines Werks gleichwohl das vereinbarte Entgelt (§ 1168 Abs 1 ABGB) verlangt, dem Verbraucher die Gründe dafür mitzuteilen, dass er infolge Unterbleibens der Arbeit weder etwas erspart noch durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Die Information durch den Werkunternehmer nach § 27a KSchG ist dabei Voraussetzung für den Eintritt der Fälligkeit des Anspruchs gemäß § 1168 Abs 1 erster Satz ABGB (9 Ob 77/23y; 3 Ob 119/22d; 4 Ob 119/21k; 1 Ob 268/03y ua).

[7]2.4. In der Rechtsprechung ist mittlerweile geklärt, dass aus § 27a KSchG keine gänzliche Umkehr der Behauptungsund Beweislast folgt; der Unternehmer hat spätestens im Prozess auf eine entsprechende Behauptung des Verbrauchers hin substanziiert darzulegen, aus welchen Gründen er am vereinbarten Entgelt festhalten will (8 Ob 133/24b mwN).

[8]2.5. Dies bedeutet aber, dass der Verbraucher spätestens im Verfahren erster Instanz die mangelnde Erfüllung der Informationspflicht des Unternehmers nach § 27a KSchG behaupten muss, um diesem erfolgreich den Einwand der mangelnden Fälligkeit des Werklohns entgegenhalten zu können. Die erstmals in der Revision erfolgte Bezugnahme auf die Informationspflicht nach § 27a KSchG ist demnach – entgegen der Ansicht des Beklagten – nicht geeignet, eine Umkehr der Behauptungslast dafür zu begründen, was sich der Unternehmer durch das Unterbleiben der Verbesserung erspart hat.

[9]3.1. Preisminderungsansprüche sind Gestaltungsrechte (RS0018641). Dass sich dies durch das Gewährleistungsrichtlinen UmsetzungsG (GRUG), BGBl I Nr 175/2021, geändert hätte, argumentiert die Revision zu Recht nicht. Bereits daraus ergibt sich aber, dass denjenigen die Behauptungslast trifft, der sich auf Preisminderung beruft.

[10] 3.2. Hier hat der Beklagte zwar diverse noch bestehende Mängel behauptet, aus diesen aber nur für die zwei nicht vertragsgemäß gelieferten Rundbogenfenster Preisminderung abgeleitet; diesen geltend gemachten Anspruch haben die Vorinstanzen aber ohnehin zu seinen Gunsten berücksichtigt.

[11] 3.3. Auch soweit der Beklagte meint, es sei nicht bloß eine sach und fachgerechte, sondern eine gänzlich der ÖNORM B5320 entsprechende Montage vereinbart worden, weshalb die verrechneten Montagekosten zu mindern seien, muss dies bereits daran scheitern, dass er das Gestaltungsrecht der Preisminderung vor Schluss der Verhandlung erster Instanz gar nicht ausgeübt hat.

[12]4. Der Frage, wie ein bestimmtes Vorbringen zu verstehen ist, kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RS0042828 [T3]). Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin ihre grundsätzliche Behauptung, sie habe ihre Leistungen mangelfrei erbracht, trotz der erklärten Bereitschaft, „kleinere“ Mängel zu verbessern, aufrecht erhalten; überschießende Feststellungen lägen daher nicht vor. Dies ist nach dem Akteninhalt zumindest vertretbar, sodass auch insofern keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt.

[13]5. Soweit die Revision meint, der Klägerin stehe „nach § 1168a ABGB“ angesichts der weiter bestehenden Mängel und Schäden kein Entgeltanspruch zu, ist dies nicht nachvollziehbar, zumal (zuletzt – nach der 2. Montage) weder ein Misslingen des Werks noch eine Warnpflichtverletzung erkennbar ist.

[14]6. Wurde der Werklohn nicht im Vorhinein fix vereinbart, so wird er nicht mit der Vollendung des Werks, sondern erst mit der Rechnungszumittlung fällig (RS0021821 [T3]). Eine Verpflichtung des Unternehmers zu einer genauen Detaillierung des Entgelts für seine zur Erbringung des Werks erforderlichen Einzelleistungen ist nicht gegeben, weil durch die Übermittlung der Rechnung der Besteller nur über die Höhe des vorher nicht fix vereinbarten, vom Unternehmer begehrten Entgelts in Kenntnis gesetzt werden soll. Es genügt, wenn der Unternehmer die von ihm erbrachten Leistungen einzeln anführt und für das Werk ein Gesamtentgelt berechnet, das der Besteller auf seine Angemessenheit überprüfen kann (RS0021908).

[15] Hier hat der Beklagte der Klägerin einen Zusatzauftrag betreffend die Demontage der alten Fenster erteilt, der erkennbar auch die Entsorgung des dabei anfallenden Bauschutts umfasste. Weshalb bei dieser Sachlage ein gesonderter Ausweis der Entsorgungskosten erforderlich sein sollte, vermag die Revision nicht nachvollziehbar darzustellen.

[16]7. Von den Gegenforderungen thematisiert die Revision lediglich jene betreffend die Innenjalousien. Sie argumentiert, das Berufungsgericht entferne sich vom festgestellten Sachverhalt. Die Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall ist aber regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RS0118891). Die Interpretation des Berufungsgerichts, die Mitarbeiter der Klägerin hätten die Aussagen des Beklagten dahin verstehen dürfen, dass dieser auf die weitere Verwendung der Innenjalousien keinen Wert lege, ist vertretbar.

[17] 8. Richtig ist, dass bei Konnexität die Fällung eines die beklagte Partei zu einer Zahlung verhaltenden Teilurteils grundsätzlich unzulässig ist. Lediglich ein als nicht berechtigt erachtetes Teilbegehren der klagenden Partei kann stets mit Teilurteil abgewiesen werden. Ein Teilurteil kann aber auch dann gefällt werden, wenn einer Klagsforderung lediglich eine konnexe Gegenforderung in einer sie nicht erreichenden Höhe entgegengehalten wird, weil dann eben dem die Gegenforderung übersteigenden Teil der– spruchreifen – eingeklagten Forderung keine Gegenforderung entgegensteht (RS0040878). Abgesehen davon, dass die Fassung des Teilurteils durch das Berufungsgericht (das die Klagsforderung als zur Gänze zu Recht bestehend erkannt hat, obwohl es einen Teil der Gegenforderung noch nicht für spruchreif erachtet hat) in der Rechtsprechung Deckung findet (vgl 3 Ob 188/24d), zeigt der Beklagte auch „keine unlösbaren Schwierigkeiten“ auf, die hier der Fällung eines Teilurteils entgegenstehen (vgl 6 Ob 13/11x). Es ist nämlich bereits geklärt, dass die eingewandten – die Klagsforderung von Beginn an nicht übersteigenden – Gegenforderungen mit Ausnahme von 360 EUR (berechtigt) und von 6.180 EUR (noch nicht spruchreif) jedenfalls unberechtigt sind (vgl 10 Ob 2113/96z). Damit steht schon jetzt und unabhängig davon, ob die Gegenforderungen im Ausmaß von 6.180 EUR zu Recht bestehen, fest, dass der Beklagte zu der ihm vom Berufungsgericht auferlegten Zahlung jedenfalls verpflichtet ist. Der Spruch des Berufungsgerichts ist auch nicht widersprüchlich. Dass sich der Leistungsbefehl nicht aus der Differenz zwischen der als berechtigt angesehenen Klagsforderung und der zu Recht bestehenden Gegenforderung ergibt, folgt allein aus dem Umstand, dass das Berufungsgericht im Umfang der noch nicht spruchreifen Gegenforderung mit einer Aufhebung vorgegangen ist.

[18]Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).