JudikaturJustiz9Ob100/03a

9Ob100/03a – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. September 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 12. März 2000 verstorbenen Dr. Gerhart Fritz K*****, zuletzt wohnhaft *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des erblasserischen Bruders Reg. Rat Walter K*****, Beamter, *****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. Juli 2003, AZ 43 R 484/03z, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 508a und § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes ist der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 14 Abs 1 AußStrG). Dies ist nicht der Fall:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 97 Abs 1 AußStrG hat das Inventar ein genaues und vollständiges Verzeichnis allen beweglichen und unbeweglichen Vermögens, in dessen Besitz sich der Erblasser zur Zeit seines Todes befunden hat, sohin aller Aktiva zu enthalten (RIS Justiz RS0109531) und den Wert des Nachlassvermögens am Todestag des Erblassers einzusetzen (RIS Justiz RS0007898). Ob sich eine Sache im Besitz des Erblassers befand, hat das Abhandlungsgericht ohne Verweisung auf den Rechtsweg zu entscheiden (RIS Justiz RS0005978, RS0005992), auch wenn sie ein Dritter in Händen hat (1 Ob 235/01t).

Bei der Ermittlung des Wertes des Nachlassvermögens sind Rechte und Lasten, die mit den zu bewertenden Sachen verbunden sind und deren Wert beeinflussen, auf der Aktivseite des Inventars zu berücksichtigen. Von einem derartigen Einfluss auf den Wert ist bei Miet- oder Wohnrechten hinsichtlich einer Liegenschaft (Eigentumswohnung) in der Regel auszugehen, vor allem dann, wenn diese eine andere (bessere) Bewirtschaftung auf längere Zeit verhindern (RIS Justiz RS0112312).

Gemäß § 94 AußStrG hat das Abhandlungsgericht - befindet sich Vermögen im Sprengel eines anderen Bezirksgerichts - jenes um die Inventur dieses Vermögens zu ersuchen. Das Rechtshilfegericht hat sodann die Amtshandlungen iSd §§ 109 bis 111 AußStrG vorzunehmen, allerdings mit der Einschränkung, dass es das Inventar nicht iSd § 109 AußStrG selbst aufzubewahren, sondern dem ersuchenden Gericht zu übersenden hat (1 Ob 235/01t).

Die Entscheidung darüber, ob sich eine Sache im (allenfalls durch Dritte eingeschränkten) Besitz des Erblassers befunden hat und damit in das Inventar aufzunehmen ist, obliegt dem Abhandlungsgericht, das dabei die ihm vorliegenden Beweise frei zu würdigen hat (vgl SZ 51/51). Eine derartige Beurteilungsbefugnis kann dem Rechtshilfegericht für das aufgenommene Teilinventar schon deshalb nicht zukommen, weil ihm oftmals nicht alle Beweismittel unmittelbar zugänglich sein werden. Seine Überprüfungsbefugnis bezieht sich nur darauf, ob das Teilinventar ordnungsgemäß und vollständig iSd Rechtshilfeersuchens zustande gekommen ist. Das Rechtshilfegericht hat lediglich Entscheidungen zu treffen, die ausschließlich die Rechtshilfehandlung zum Gegenstand haben, nicht aber Entscheidungen, die dem ersuchenden Abhandlungsgericht vorbehalten sind (1 Ob 235/01t).

Punkt 1. des erstinstanzlichen Beschlusses (Annahme eines Teilinventars mit bestimmen Aktiven und Passiven) kann daher - wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 1 Ob 235/01t ausgeführt hat - nur dahin verstanden werden, dass dem Rechtshilfeersuchen Genüge getan und ein diesem entsprechendes Teilinventar erstellt worden ist. Wie bereits das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, sind die Einwände des Rechtsmittelwerbers wegen einer allfälligen Vermietung der erblasserischen Eigentumswohnung und ihres Einflusses auf deren Wert dem Abhandlungsgericht vorzutragen, weil nur dieses - wovon ohnehin auch der Rechtsmittelwerber selbst ausgeht - die allein entscheidungswesentliche Frage des allenfalls durch Dritte eingeschränkten Besitzes des Erblassers im Todeszeitpunkt entscheiden kann. Das Abhandlungsgericht ist nicht an den Annahmebeschluss des Rechtshilfegerichtes gebunden; er muss daher auch nicht aufgehoben werden (1 Ob 235/01t). Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 14 Abs 1 AußStrG wird insoweit vom Rechtsmittelwerber nicht aufgezeigt.

Rechtssätze
7