JudikaturJustiz8Ob58/04v

8Ob58/04v – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. März 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** AG, ***** vertreten durch Dr. Kurt Konopatsch und Dr. Sonja Jutta Sturm Wedenig, Rechtsanwälte in Leoben, wider die beklagte Partei Holzbauunternehmen S***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Michael Augustin und Mag. Peter Haslinger, Rechtsanwälte in Leoben, wegen EUR 5.379,32 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 11. März 2004, GZ 1 R 12/04p 37, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Leoben vom 11. November 2003, GZ 5 C 1183/02k 31, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist die Betriebshaftpflichtversicherung eines Baumeisters, der von der Eigentümerin eines zu renovierenden Einfamilienhauses mit der Bauaufsicht beauftragt worden war. Der Baumeister schrieb die notwendigen Arbeiten aus und beauftragte im Namen der Hauseigentümerin verschiedene Professionisten mit der Durchführung der erforderlichen Arbeiten. Mit der Herstellung der Holzkonstruktion und der Dachlattung für eine Carport beauftragte der Baumeister die Beklagte. Vertragsinhalt wurden die laut Ausschreibung zu erbringenden Leistungen.

Im November 1999 errichteten Leute der Beklagten die Holzkonstruktion und die Dachlattung. Letztere war nicht ausschreibungskonform. 32 der insgesamt 95 Dachlatten entsprachen nicht der vereinbarten Sortierklasse A. Diese Mängel der Dachlattung fielen bereits im November 1999 sowohl der Hauseigentümerin als auch der mit der Bauleitung vor Ort betrauten Mitarbeiterin des Baumeisters auf. Mit Fax vom 23. 11. 1999 teilte das Büro des Baumeisters der Beklagten mit, dass dringend um den Austausch der qualitativ schlechten Dachlattung ersucht werde. Die Montage des Glasdaches sei für Anfang Dezember vorgesehen. Trotz weiterer Kontakte zwischen dem Baumeisterbüro und der Beklagten wurde in der Folge die Dachlattung nicht ausgetauscht. Am 9. oder 10. 12. 1999 montierte ein weiteres Unternehmen das Glasdach auf die Dachlattung.

Da die Hauseigentümerin auf dem Austausch der fehlerhaften Holzteile bestand, die Beklagte dies jedoch verweigerte, wurde in der Folge das Glasdach wieder entfernt, ein Austausch der Dachlatten vorgenommen und schließlich das Dach wieder angebracht. Die Hauseigentümerin hatte für diese Arbeiten insgesamt ATS 148.472 zu bezahlen.

Der Baumeister stellte der Hauseigentümerin für die Bauaufsicht insgesamt einen Betrag von ATS 227.621 in Rechnung. Die Hauseigentümerin zahlte hievon nur ATS 153.600, sodass der Baumeister schließlich den Restbetrag von ATS 74.021 = EUR 5.378,32 gerichtlich einforderte. Die Beklagte wendete dagegen im Wesentlichen die mangelhafte Führung der Bauaufsicht ein, weil es der Baumeister trotz Kenntnis der mangelhaften Dachlattung zugelassen habe, dass die Dachverglasung angebracht werde. Der dadurch entstandene Schade von insgesamt ATS 148.472 habe von der Hauseigentümerin wegen der Rechnungsfreigabe durch den Baumeister nur teilweise von der Werklohnforderung der Beklagten in Abzug gebracht werden können, sodass der Hauseigentümerin ein Schade in Höhe des vom Baumeister eingeklagten restlichen Honorarbetrags verblieben sei, welcher gegen die Klagsforderung eingewendet werde. Der Baumeister bestritt in diesem Verfahren das Zurechtbestehen der Gegenforderung dem Grunde und der Höhe nach. Er sei für die Qualitätsmängel der Dachlattung nicht verantwortlich. Er habe die Mängel unverzüglich gerügt und die Auswechslung der Dachlatten verlangt und dabei auf die Dringlichkeit der Arbeiten ausdrücklich verwiesen. Die Beklagte habe auch die Mängelbehebung zugesagt.

Mit Urteil vom 14. 3. 2002 erkannte das angerufene Bezirksgericht die Klagsforderung ebenso wie die Gegenforderung als zu Recht bestehend und wies das Klagebegehren ab. Eine dagegen erhobene Berufung des Baumeisters blieb erfolglos.

Nach Abschluss dieses Verfahrens hat die hier klagende Betriebshaftpflichtversicherung des Baumeisters den von der Hauseigentümerin als Gegenforderung eingewendeten Teilhonorarbetrag von EUR 5.379,32 an den Baumeister überwiesen.

Diesen Betrag begehrt die Klägerin mit der vorliegenden am 16. 10. 2002 beim Erstgericht eingelangten Klage vom mit der Dachlattung beauftragten Holzbauunternehmen. Die Beklagte habe trotz ausdrücklicher Zusage die von ihr zu vertretenden Mängel der Dachlattung nicht behoben, wodurch der Bauherrin ein Schade von ATS 148.472 entstanden sei. Diese habe ihre Schadenersatzansprüche in dem vom Baumeister zur Hereinbringung seines Honorars geführten Prozess aufrechnungsweise eingewendet, sodass es zur Abweisung des Klagebegehrens gekommen sei. Die Klägerin als Betriebshaftpflichtversicherer habe den vom Baumeister verursachten Schaden abzudecken gehabt. Gemäß § 67 VersVG seien die Ansprüche des Baumeisters gegenüber der Beklagten auf die Klägerin übergegangen. Dem Baumeister stehe gegenüber der Beklagten ein Ausgleichsanspruch zu, der den gesamten bezahlten Betrag umfasse, weil aus einer Verletzung der Bauaufsicht niemals ein die Haftung des Professionisten aufhebendes oder minderndes Mitverschulden abgeleitet werden könne.

Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, der Schade sei allein vom Baumeister infolge mangelnder Koordination verschuldet worden. Die Mängel der Dachlatten seien nicht von der Beklagten zu vertreten, weil sie spätestens nach den von der Beklagten durchgeführten Sanierungsmaßnahmen der Ausschreibung entsprochen haben. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Beklagte die Kosten für die Ersatzvornahme allein zu tragen habe, seien diese jedoch insgesamt lediglich mit EUR 5.865,60 zu veranschlagen. Hinsichtlich der überhöhten Sanierungskosten habe der Baumeister gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Die Hauseigentümerin habe mit einem Schadensbetrag von EUR 6.230,67 gegen die Werklohnforderung der Beklagten aufgerechnet, sodass kein Restschaden mehr vorliege. Der Baumeister wäre daher bei entsprechendem Vorbringen in dem von ihm angestrengten Zivilverfahren mit seiner Forderung zur Gänze durchgedrungen. Der von der Bauherrin der Beklagten nicht bezahlte Betrag werde dem Klagebegehren aufrechnungsweise entgegengehalten.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Klagsforderung mit EUR 5.379,32 zu Recht bestehe, die Gegenforderung hingegen nicht aufrechenbar sei. Es erkannte die Beklagte zur Zahlung des Klagsbetrags schuldig. Über die eingangs wiedergegebenen Feststellungen hinaus nahm es noch als erwiesen an, dass die Mitarbeiterin des Baumeisters am 29. 11. 1999 gemeinsam mit einem Mitarbeiter des Beklagten die Baustelle besucht habe. Dabei habe der Mitarbeiter der Beklagten zugestanden, dass die Latten nicht in Ordnung seien und von der Beklagten ausgetauscht werden müssten. Bei diesem Gespräch habe die Mitarbeiterin des Baumeisters darauf hingewiesen, dass am 9. oder 10. 12. 1999 das Glasdach montiert werde. Der Mitarbeiter der Beklagten habe versichert, dass die Dachlattung vorher ausgetauscht werde. Am 2. 12. 1999 sei die Mitarbeiterin des Baumeisters abermals zur Baustelle gefahren und habe festgestellt, dass die Dachlatten noch nicht ausgetauscht worden seien. Daraufhin habe sie mit dem Mitarbeiter der Beklagten telefoniert und ihn abermals auf den Montagetermin für das Glasdach hingewiesen. Der Mitarbeiter der Beklagten habe ihr telefonisch zugesichert, dass der Austausch rechtzeitig durchgeführt würde. Mit Fax vom 2. 12. 2002 habe das Büro des Baumeisters der Beklagten neuerlich mitgeteilt, dass die Montage des Glasdachs am 9. oder 10. 12. 1999 erfolgen werde und habe zudem die Beklagte aufgefordert, beim Windfang die Holzrostlattung fertigzustellen und die beschädigten Latten auszutauschen sowie das Brüstungsholz um 4 cm zu verlängern.

Der Baumeister habe schon früher mehrmals mit der Beklagten zusammengearbeitet, ohne dass es jemals zu Problemen gekommen sei. Trotz der erfolgten Zusagen sei die strittige Dachlattung von der Beklagten nicht ausgetauscht worden. Der Baumeister habe vor der Montage des Glasdaches nicht überprüft, ob die Dachlatten ausgetauscht worden seien. Er habe auch das Unternehmen, das das Glasdach zu montieren hatte, nicht auf die Probleme mit der Dachlattung hingewiesen. Die Beklagte habe nach der Montage des Daches über Ersuchen des Baumeisters versucht, die Mängel der Dachlattung durch Anbringen eines deckenden weißen Anstrichs zu beheben. Eine Sanierung in dieser Form sei jedoch nicht möglich gewesen, weil ein Großteil der Sägelatten „gedreht" gewesen sei und ein weiterer Teil Sägeschnittfehler aufgewiesen habe. Die Dachlattung habe auch nach den Sanierungsversuchen durch die Beklagte nicht der Ausschreibung bzw der Vereinbarung entsprochen.

Bei Durchführung der Sanierungsmaßnahmen durch ein ortsansässiges Unternehmen wäre ein Betrag von EUR 5.865,60 (inklusive USt) erforderlich und angemessen gewesen. Dieser Berechnung liege der Umstand zugrunde, dass es nicht erforderlich gewesen sei, alle Dachlatten auszutauschen. Wären sämtliche Dachlatten ausgetauscht worden, hätte sich der Sanierungsaufwand einschließlich Arbeit um einen Betrag von EUR 622 (inklusive USt) erhöht. Wäre die Sanierung nicht durch ein ortsansässiges, sondern durch ein Unternehmen mit Sitz in Linz durchgeführt worden, hätte sich der Sanierungsaufwand wegen der notwendigen Anfahrtzeiten und Diäten um einen Betrag von EUR 873,60 (inklusive USt) erhöht. Hätte sich die Hauseigentümerin mit einem deckenden Anstrich als Sanierungsmaßnahme einverstanden erklärt, hätten sich die Sanierungskosten um 25 Stück Fichtenlatten, also EUR 132 (inklusive USt) vermindert. Acht „verschnittene" Latten hätten keinesfalls durch Anstreichen saniert werden können.

Vom Büro des Baumeisters sei jenes Unternehmen mit der Mängelbehebung beauftragt worden, das das Glasdach montiert hatte. Der für die Sanierungsarbeiten in Rechnung gestellte Gesamtbetrag von ATS 148.472 sei von der Hauseigentümerin bezahlt worden. Der Werklohn der Beklagten sei von der Hauseigentümerin nur teilweise beglichen worden, von dem von der Beklagten in Rechnung gestellten Gesamtbetrag seien noch EUR 62.30,65 offen. Diese „angebliche" Forderung stehe der Beklagten gegenüber der Hauseigentümerin zu.

Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass den Baumeister im Rahmen der Bauaufsicht unter anderem die Pflicht getroffen habe, die Tätigkeit der einzelnen Professionisten sorgfältig zu überwachen. Zweck der Bauaufsicht sei es, den Bauherrn vor Fehlern zu schützen. Allerdings dürfe der Bauaufsichtsführende, wie der Bauherr selbst, grundsätzlich auf die fachgerechte Ausführung der Arbeiten vertrauen, habe jedoch dort einzuschreiten, wo für ihn Fehler erkennbar seien. Der Baumeister habe dafür einzustehen, dass er seine Bauaufsichtspflichten nicht gehörig wahrgenommen habe. Es wäre erforderlich gewesen, dass er vor Montage des Glasdaches noch einmal überprüfe, ob der Austausch der mangelhaften Dachlatten tatsächlich stattgefunden habe. Demgegenüber habe die Beklagte zu verantworten, dass sie den ausdrücklich vereinbarten Termin zum Austausch der Dachlatten nicht eingehalten habe. Besonders schwerwiegend sei, dass die Beklagte den Termin für die Montage des Glasdaches gewusst habe. Wäge man nunmehr diese Verschuldenskomponenten gegeneinander ab, könne das Verschulden des Baumeisters gegenüber jenem der Beklagten vernachlässigt werden. Der gemäß § 67 VersVG infolge Zahlung auf die Klägerin übergegangene Forderungsbetrag sei geringer als der tatsächliche Aufwand für die Mängelbehebung. Die eingewendete Gegenforderung sei demgegenüber nicht aufrechenbar, weil sie der Beklagten gegenüber der Bauherrin, nicht jedoch gegenüber dem Baumeister oder der Klägerin zustehe.

Das Gericht zweiter Instanz änderte dieses Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Das Berufungsgericht erachtete Ausführungen zur Beweisrüge als entbehrlich, weil sich das Klagebegehren schon auf Grundlage der nicht bekämpften Feststellungen aus rechtlichen Erwägungen als unberechtigt erweise. Zur Beantwortung der Frage, ob der Klägerin ein Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte zustehe, sei vorrangig zu prüfen, ob deren Versicherungsnehmer, der Baumeister, eine solche zugestanden sei. Zwar habe zwischen der Bauherrin und dem Baumeister einerseits ein Vertragsverhältnis und der Bauherrin und der Beklagten andererseits ein solches bestanden, nicht jedoch zwischen dem Baumeister und der Beklagten. Ein Schadenersatzanspruch des Baumeisters wegen Vertragsverletzung durch die Beklagte sei daher nicht gegeben. Ein rechtswidriges Verhalten der Beklagten liege lediglich aus dem Werkvertrag gegenüber der Bauherrin vor. Daraus könne der Baumeister allerdings keine Rechte ableiten. Sein Schaden die Honorarminderung sei daher nicht durch ein rechtswidriges Verhalten der Beklagten ihm gegenüber entstanden, sondern resultiere aus seiner schuldhaften Verletzung des Bevollmächtigungsvertrages mit der Hauseigentümerin. Auf die Klägerin habe daher auch kein Schadenersatzanspruch gegenüber der Beklagten übergehen können.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist berechtigt.

Zwar hat die Klägerin ihre Ersatzleistung in Höhe des Klagsbetrags an den Baumeister ausbezahlt, doch hat sie damit in Wahrheit einen Schaden der Hauseigentümerin liquidiert, weil diese im Honorarprozess des Baumeisters mit einem Teil der von ihr für die Mängelbehebung aufgewendeten Kosten aufgerechnet hat. Sind mehrere Personen an einem Schadensfall schuldig und befriedigt der Haftpflichtversicherer des einen die Ansprüche des geschädigten Dritten, so geht die Forderung auf Ersatz des dem Verschuldensanteil entsprechenden Teiles des gezahlten Betrages gegen den anderen Schädiger auf den Versicherer über (SZ 37/182; ZVR 1985/7; 7 Ob 4/92; RIS Justiz RS0017371). § 67 VersVG umfasst daher auch Rückgriffs und Ausgleichsansprüche (RIS Justiz RS0080533).

Wie noch darzustellen sein wird, ist die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, ein Regressanspruch der Klägerin gegen die Beklagte bestünde unter keinen Umständen zu Recht, weil Letztere mit dem Baumeister nicht vertraglich verbunden gewesen sei, unrichtig. Vielmehr kommt es hinsichtlich der Kosten der Entfernung des Glasdaches und dessen Wiedermontage entscheidend darauf an, ob die Beklagte diesen Mehraufwand zu vertreten hat, weil sie entsprechend den erstinstanzlichen Feststellungen Terminzusagen für den Austausch der Latten nicht eingehalten hat, obwohl sie in Kenntnis der bevorstehenden Montage des Glasdaches gewesen ist. Da die Beklagte in ihrer Berufung sowohl die Zusage eines Austausches der Dachlattung als auch eines Termines dafür ausdrücklich bekämpft hat, fehlt es für eine abschließende rechtliche Beurteilung an einem ausreichenden Sachverhaltssubstrat.

Das Berufungsgericht hat zwar grundsätzlich zutreffend erkannt, dass eine anspruchsbegründende Vertragsverletzung zwischen Baumeister und Beklagter mangels rechtsgeschäftlicher Verbindung nicht erfolgt sein kann, jedoch übersehen, dass gemäß § 1301 ABGB mehrere Personen für einen widerrechtlich zugefügten Schaden verantwortlich werden können, indem sie unter anderem durch Unterlassen der besonderen Verbindlichkeit das Übel zu verhindern, dazu beigetragen haben. Gemäß § 1302 ABGB tritt in einem solchen Falle, wenn die Beschädigung in einem Versehen begründet ist und sich die Anteile nicht bestimmen lassen, Solidarhaftung ein. Ausgehend von einer von der Klägerin nicht bestrittenen mangelhaften Bauaufsicht durch den Baumeister und dem sich aus den wenngleich bekämpften erstinstanzlichen Feststellungen ergebenden Verschulden der Beklagten hafteten beide Beteiligte solidarisch für den durch Entfernung und Wiedermontage des Glasdachs entstandenen Mehraufwand. Sofern ein Schuldner aufgrund seiner Solidarschuld im Außenverhältnis mehr bezahlt hätte, als er im Innenverhältnis zahlen müsste, stünde ihm nach Maßgabe des § 896 Abs 1 ABGB ein Rückgriffsanspruch zu, da es für den Regress unter Gesamtschuldnern gleichgültig ist, ob die Gesamtschuld auf einem gemeinsamen Rechtsgrund beruht oder wie hier nur sogenannte unechte Solidarität vorliegt (SZ 52/185; SZ 57/81; SZ 62/66; 3 Ob 559/91; RdW 2004/409; RIS Justiz RS0017366).

Der Klägerin ist grundsätzlich darin beizupflichten, dass die Bauaufsicht nach ständiger Rechtsprechung nur den Bauherrn, der hiefür ein gesondertes Entgelt entrichtet, vor Fehlern schützen, nicht jedoch einzelne bauausführende Unternehmer von ihrer persönlichen, sie als „Fachmann" treffenden Verpflichtung zur mängelfreien Werkerstellung entlasten oder deren Verantwortung mindern soll. Der Vertrag über die Bauaufsicht ist kein Vertrag zugunsten Dritter, der Schutzpflichten zugunsten der einzelnen Werkunternehmer in dem Sinn begründet, dass er ihre Haftung für eigenes Fehlverhalten mindert. Mangels Rechtswidrigkeitszusammenhanges kann daher aus der Verletzung einer Verpflichtung zur Bauaufsicht kein die Haftung des Fachunternehmens minderndes Mitverschulden gegenüber dem Bauherrn geltend gemacht werden (6 Ob 136/99i; RIS Justiz RS0058803; RS0107245; RS0108535).

Obwohl dieser Rechtssatz oftmals ohne Bezugnahme auf das Verhältnis zum Bauherrn verkürzt wiedergegeben wird, schließt er zumindest im Falle des Regresses bei Verletzung von Baukoordinationspflichten die Anwendung des § 896 ABGB nicht aus, sodass es dabei zu verbleiben hat, dass auch beim Regress zwischen Bauaufsichtspflichtigem und Werkunternehmer als besonderes Verhältnis nach § 896 ABGB das Ausmaß ihrer Beteiligung, also der Verschuldens und Verursachungsanteile anzusehen ist (vgl RIS Justiz RS0017501). Allerdings wird auch in diesem Falle die ständige Rechtsprechung zu beachten sein, dass der Bauaufsichtsführende wie der Bauherr selbst auf die fachgerechte Ausführung der Arbeiten vertrauen darf und nur dort einzuschreiten hat, wo für ihn Fehler erkennbar werden (RIS Justiz RS0108535), wie das Erstgericht zutreffend dargestellt hat.

Der Oberste Gerichtshof hat im Erkenntnis des verstärkten Senats 1 Ob 2123/96d = SZ 70/60 den Rechtssatz formuliert, dass die Wirkungen eines materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils sich so weit auf den einfachen Nebenintervenientin und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligte, erstrecken, als diese Personen als Parteien eines als Regressprozess geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen. In diesem Rahmen seien sie daher an die ihre Rechtsposition belastenden Tatsachenfeststellungen im Urteil des Vorprozesses gebunden, sofern ihnen in jenem Verfahren soweit unbeschränktes rechtliches Gehör zustand. Das gelte jedoch nicht auch für denjenigen, der sich am Vorprozess nicht beteiligte, dem aber auch gar nicht der Streit verkündet worden sei. Da die Beklagte in den zwischen der Bauherrin und dem Baumeister geführten Rechtsstreit nicht eingebunden war und ihr auch nicht der Streit verkündet wurde, entfalten die dort getroffenen Feststellungen für sie keinerlei Bindungswirkung.

Die Beklagte ist daher weder dem Grunde noch der Höhe nach an die im Verfahren zwischen Bauherrin und Baumeister getroffenen Feststellungen gebunden. Ihr Einwand, die angemessenen Sanierungskosten seien in Wahrheit wesentlich geringer zu veranschlagen, ist somit beachtlich. Das Berufungsgericht wird sich im fortgesetzten Verfahren daher auch mit dem Vorbringen der Parteien im Berufungsverfahren zur Schadenshöhe auseinanderzusetzen und zu den diesbezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes Stellung zu nehmen haben. Schließlich darf auch nicht unbeachtet bleiben, dass die Beklagte im Verfahren mehrfach, zuletzt in der Verhandlung vom 17. 10. 2003, Seite 9 des Protokolls, vorgebracht hat, die angemessenen Kosten der Ersatzvornahme von lediglich EUR 5.865,60 seien durch Aufrechnung durch die Bauherrin gegenüber einem Teilbetrag der Werklohnforderung von EUR 6.230,67 getilgt worden. Die insofern unklare Feststellung des Erstgerichts, auf die Rechnung der Beklagten sei „noch ein Betrag von EUR 6.230,65 offen", hat die Beklagte in ihrer Berufung ausdrücklich bekämpft und die Feststellung der von ihr behaupteten Aufrechnung begehrt. Auch über diese entscheidungswesentlichen Punkte des Berufungsvorbringens wird das Gericht zweiter Instanz zu befinden haben, weil die Beklagte jedenfalls durch eine allfällige Direktzahlung an die Bauherrin im Umfang dieser Zahlung von einem Ersatz im Regresswege befreit ist und sollte ihr Vorbringen zur Höhe des Schadensbetrags und zur Aufrechnung zutreffend sein die Klage, wenngleich aus den dargestellten Erwägungen, abzuweisen wäre.

Der Revision ist Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 1 ZPO.

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