JudikaturJustiz7Ob116/14f

7Ob116/14f – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Juli 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Graf Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 63.931,30 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 12. Mai 2014, GZ 2 R 75/14p 55, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Auslegung des Prozessvorbringens ist eine Frage des Einzelfalls (RIS Justiz RS0042828 [T42]). Die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte habe im erstinstanzlichen Verfahren ausreichendes Vorbringen für ihren (gutgläubigen) Eigentumserwerb erstattet, ist nicht zu beanstanden.

2. Die behaupteten sekundären Feststellungs mängel sind mangels rechtlicher Relevanz nicht bedeutsam.

3. Wenn die Klägerin Titel und Modus der Beklagten für den Eigentumserwerb bestreitet, entfernt sie sich von den getroffenen Feststellungen. Die Beklagte schloss mit einem Installateur einen Vertrag zur Durchführung von Heizungs , Lüftungs und Sanitärinstallationen in einem Bauprojekt. Der Installateur verkaufte ihr die von der Klägerin bezogenen Waren im eigenen Namen und baute diese in die Wohnungen ein. Das „Gewerk“ wurde am 31. 3. 2012 abgenommen und die Wohnungen an die Wohnungseigentümer übergeben. Unabhängig davon, ob im Zweifel ein Kaufvertrag (§ 1166 ABGB) oder wie die Klägerin meint ein Werkvertrag vorliegt, bestand in beiden Fällen die Verpflichtung des Installateurs, der Beklagten das Eigentum an den Sachen zu verschaffen (zum Kauf: RIS Justiz RS0019839; zum Werkvertrag: RIS Justiz RS0021810). In diesem Fall bedarf es bei der Ablieferung einer Eigentumsübertragung, sofern das vom Installateur angelieferte und verarbeitete Material mit der Hauptsache hier den Wohnungen, in denen es installiert wurde nicht derart eng verbunden wird, dass es von dieser tatsächlich nicht oder doch nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise wieder abgesondert werden könnte. Nur in letzterem Fall wird das Material zum unselbständigen und damit nicht sonderrechtsfähigen Bestandteil der Hauptsache und wächst auf diese Weise dem Eigentümer der Sache zu (1 Ob 547/92; 8 Ob 157/99t = SZ 72/211).

Selbst wenn den Wärmestationen nach dem Einbau weiterhin die Eigenschaft selbständiger Bestandteile zukommen sollte (wovon die Klägerin ausgeht), genügt zur körperlichen Übergabe beweglicher Sachen (§ 426 ABGB), dass diese in eine Lage gebracht werden, in der sie sich tatsächlich oder nach der Verkehrsauffassung in der Macht des Übernehmers befinden; wird diese Lage hergestellt, bedarf es zur Übernahme weder des Ergreifens noch der persönlichen Gegenwart des Übernehmers, sondern lediglich seiner Zustimmung (RIS Justiz RS0011148). Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Waren durch den Einbau in den Wohnungen, deren „Abnahme“ und die Übergabe der Wohnungen an die Wohnungseigentümer von der Beklagten übernommen wurden, ist nicht korrekturbedürftig.

4. Die Frage, ob der Erwerber einer fremden Sache im Sinn des § 368 Abs 1 ABGB redlich war oder dem (früheren) Eigentümer der Beweis der Unredlichkeit (§ 368 Abs 2 ABGB) nicht gelang, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig (RIS Justiz RS0010168 [T2]), sodass sich regelmäßig eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht stellt (1 Ob 230/11x). Eine Fehlbeurteilung der Frage der Redlichkeit, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit zu korrigieren wäre, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen und wird von der Klägerin nicht aufgezeigt.

Der Installateur wies die Beklagte weder auf den von der Klägerin mit ihm vereinbarten Eigentumsvorbehalt hin noch war dieser Gesprächsthema. Ein solcher Eigentumsvorbehalt ist nach den Feststellungen in der Installationsbranche auch nicht üblich. Auf den Waren befanden sich keine Aufkleber, die auf einen Eigentumsvorbehalt der Klägerin hingewiesen hätten. Die Beklagte ging davon aus, dass der Installateur über die Waren verfügungsberechtigt war. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass die Beklagte nicht fahrlässig handelte und sie gemäß § 367 ABGB gutgläubig Eigentum erwarb, ist jedenfalls vertretbar. Da kein Merkmal den Erwerbsakt objektiv verdächtig erscheinen ließ (vgl RIS Justiz RS0010905; RS0010169; RS0010870), war die Beklagte auch nicht zu weiteren Nachforschungen verpflichtet. Nach den Feststellungen ist an der Redlichkeit der Beklagten nicht zu zweifeln. Dass der Installateur selbst mit der Beklagten einen Eigentumsvorbehalt vereinbarte, der aber nicht bedeutsam ist, weil die Beklagte noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen die Waren vollständig bezahlte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass hier das Unterlassen diesbezüglicher Nachforschungen nicht fahrlässig gewesen sei, ist nicht zu beanstanden.

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtssätze
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