JudikaturJustiz5Ob56/98s

5Ob56/98s – OGH Entscheidung

Entscheidung
15. September 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Haydar D*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Paumgartner, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die Antragsgegner 1. Ing. Herbert***** S*****, vertreten durch Dr. Ernst Blanke, Dr. Christoph Gernerth Mautner Markhof, Rechtsanwälte in Hallein, und 2. Osman G*****, 3. S***** GesmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Rupert S*****, wegen § 37 Abs 1 Z 1 und Z 8 MRG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 22. Dezember 1997, GZ 54 R 346/97i-21, womit der Teil- und Zwischensachbeschluß des Bezirksgerichtes Hallein vom 22. Juli 1997, GZ 15 Msch 36/95z-14, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung der gegen den Zweitantragsgegner gerichteten Sachanträge als unangefochten unberührt bleiben, werden im übrigen aufgehoben.

Die Mietrechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückverwiesen.

Die für den außerordentlichen Revisionsrekurs verzeichneten Barauslagen sind als Kosten des weiteren Verfahrens zu behandeln.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist seit 1. 8. 1993 Bestandnehmer einer im Parterre des Hauses D*****straße ***** in H***** gelegenen Wohnung. Eigentümer dieses Hauses ist der Erstantragsgegner, dessen Generalmieter die Drittantragsgegnerin. Der Zweitantragsgegner war beim Abschluß des Mietvertrages mit dem Antragsteller für den Geschäftsführer der Drittantragsgegnerin tätig.

Der Antragsteller hat in einem zunächst nur gegen den Erstantragsgegner eingeleiteten Mietrechtsverfahren die Überprüfung des mit ihm vereinbarten Mietzinses begehrt und mit diesem Sachantrag mehrere Eventualanträge verbunden. Nach dem vom Erstantragsgegner unter Hinweis auf die Generalmietereigenschaft der Drittantragsgegnerin und eine behauptete Vermietung an den Zweitantragsgegner die mangelnde Passivlegitimation eingewendet worden war, stellte der Antragsteller einen weiteren, nunmehr gegen Erst-, Zweit- und Drittantragsgegnerin gerichteten Antrag mit dem Begehren, gegenüber sämtlichen Antragsgegnern als Hauptmieter der Wohnung anerkannt zu werden und verband damit die Anträge, festzustellen, daß der höchstzulässige Untermietzins ab Bestandbeginn S 703,50 betrage. Weiters verband er damit mehrere Eventualanträge zur Überprüfung des Mietzinses und stellte ein Rückzahlungsbegehren. Das Erstgericht verband in der mündlichen Verhandlung vom 14. 6. 1996 beide Rechtssachen miteinander.

Mit einem "Teil- und Zwischensachbeschluß" wies das Erstgericht sämtliche Sachanträge hinsichtlich des Erst- und Zweitantragsgegners ab. Auch wenn die Drittantragsgegnerin, die Generalmieterin des gesamten Hauses, die einzelnen Wohnungen des Hauses an türkische Gastarbeiterfamilien weitervermietet habe, könne doch dem Erstantragsgegner bei Vermietung des ganzen Hauses an die Drittantragsgegnerin noch keine Umgehungsabsicht angelastet werden. Er sei daher nicht Vermieter des Antragstellers und für die Mietzinsüberprüfung nicht passiv legitimiert. Der Zweitantragsgegner sei überhaupt nicht im eigenen Namen als Vermieter tätig geworden, sondern habe Handlungen nur als Vertreter der Drittantragsgegnerin gesetzt. Damit sei auch seine Paissivlegitimation zu verneinen.

Auszugehen sei vielmehr von einem zwischen dem Antragsteller und der Drittantragsgegnerin zustandegekommenen Untermietverhältnis. Erst nach Rechtskraft der Feststellung, daß kein Scheinuntermietverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Erstantragsgegner vorliege, sei eine Überprüfung der zulässigen Höhe des Untermietzinses vorzunehmen.

Die Abweisung der Sachanträge gegen den Zweitantragsgegner ist mittlerweile in Rechtskraft erwachsen.

Die Abweisung hinsichtlich des Erstantragsgegners bestätigte das Rekursgericht aus nachstehenden Erwägungen:

Bis zum Inkrafttreten des 3. WÄG am 1. 3. 1994 sei auf die seinerzeitige Rechtslage abzustellen, wobei das Erstgericht zutreffend eine Umgehungsabsicht im Sinn des § 2 Abs 3 MRG zum Nachteil des Antragstellers verneint habe. Dagegen spreche vor allem der Umstand, daß der Erstantragsgegner die Liegenschaft zunächst in der Absicht erworben habe, dort künftig einen neuen Standort für seinen Fahrschulbetrieb zu etablieren und erst nach Zerschlagung dieses Plans die Vermietung der Liegenschaft an die Drittantragsgegnerin vorgenommen habe. Nahebeziehungen zwischen dem Erstantragsgegner und der Drittantragsgegnerin, die auf einen verdeckten wirtschaftlichen Nutzen des Erstantragsgegners aus Untervermietungen nahelegten, seien nicht aufgezeigt worden. An der Untermietereigenschaft des Antragstellers für den Zeitraum vor dem 1. 3. 1994 und einer Vermietereigenschaft des Drittantragsgegners sei daher nicht zu zweifeln.

Durch das Inkrafttreten des 3. WÄG am 1. 3. 1994 sei allerdings eine Änderung in der Rechtsposition des Erstantragsgegners eingetreten. Er sei ab diesem Zeitpunkt Hauptmieter des Drittantragsgegners gemäß § 2 MRG in der geltenden Fassung. Gemäß der Übergangsvorschriften des Art II zweiter Abschnitt des 3. WÄG gelte der I. Abschnitt nämlich auch für Miet- und Nutzungsverträge, die vor seinem Inkrafttreten geschlossen worden seien. Eine vor Inkrafttreten des 3. WÄG geschlossene und nach den damaligen Bestimmungen rechtswirksame Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses behalte nämlich ihre Rechtswirksamkeit, während eine nach den damaligen Bestimmungen rechtsunwirksame Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses rechtsunwirksam bleibe (vgl Pkt 5 Art II Abschnitt 113 WÄG). Da die Höhe des rechtswirksam zu vereinbarenden Mietzinses ua von der Frage abhänge, ob auf Seiten des Antragstellers Haupt- oder Untermiete vorliege, sei sohin auch diese Problematik im Licht der Übergangsbestimmungen des 3. WÄG zu lösen. Damit gelangte das Rekursgericht zu einer Änderung der Rechtsposition des Erstantragsgegners ab 1. 3. 1994 insofern, als dieser mit dem Inkrafttreten des 3. WÄG Hauptmieter des Drittantragsgegners geworden sei.

Insgesamt fehle es für das gesamte Begehren damit an einer Antragslegitimation des Erstantragsgegners hinsichtlich der Feststellung eines zwischen ihm und dem Antragsteller bestehenden Hauptmietverhältnisses, weshalb die Abweisung aller übrigen gegen ihn gerichteten Sachanträge zu Recht erfolgt sei.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Begründet wurde dies mit der klaren Rechtslage, aus der sich die mangelnde Passivlegitimation des Erstantragsgegners ergebe. Auch die Anwendung der Übergangsbestimmung des 3. WÄG erfordere keine Behandlung durch den Obersten Gerichtshof.

Im vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Antragsteller im wesentlichen geltend, daß das Rekursgericht die Übergangsbestimmungen zum 3. WÄG unrichtig angewendet habe. Zugleich verweist er darauf, daß keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Übergangsproblematik des Art II Abschnitt 2 Z 1 des

3. WÄG vorliege, dies in Bezug auf Umgehungstatbestände nach § 2 Abs 3 MRG die vor Inkrafttreten des 3. WÄG abgeschlossen worden seien. Die Änderung des § 2 Abs 1 MRG habe nicht bewirkt, daß über die Frage der Zulässigkeit bisheriger Mietzinsvereinbarungen es zu einem Rollenwechsel eines bisherigen Bestandnehmers vom Untermieter zum Hauptmieter komme. Es bleibe daher zu prüfen, ob der Antragsteller gemäß § 2 Abs 3 MRG als Hauptmieter des Erstantragsgegners anzuerkennen sei. Der Antragsteller macht in diesem Zusammenhang geltend, daß das Erstgericht unter Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung zu § 2 Abs 3 MRG zu Unrecht die durch den Generalmietvertrag indizierte Umgehungsabsicht nicht beachtet habe. Es sei am Erstantragsgegner gelegen, den dadurch entstandenen Verdacht zu entkräften. Davon könne nach den Verfahrensergebnissen keine Rede sein.

Der Revisionsrekursantrag richtet sich erkennbar darauf, die Entscheidungen der Vorinstanzen entweder dahin abzuändern, daß den Sachanträgen des Antragstellers, ihn als Hauptmieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung anzuerkennen und den hiefür zu bezahlenden Mietzins bzw die Ausstattungskategorie der Wohnung festzustellen, in Ansehung des Erstantragsgegners stattgegeben werde, oder aber die Entscheidungen aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Dem Erstantragsgegner wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt. Er hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und die Zurückweisung des Rechtsmittels mangels Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO, hilfsweise die Bestätigung des angefochtenen Sachbeschlusses, beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsbegehrens auch berechtigt.

Das Begehren des Antragstellers zielt primär auf seine Anerkennung als Hauptmieter des Erstantragstellers ab. Dieses Begehren geht logisch den Mietzinsanträgen vor, weil zunächt einmal abzuklären ist, wer die Parteien des Mietverhältnisses sind und ob es sich um ein Haupt- oder um ein Untermietverhältnis handelt, bzw zwischen welchen Parteien ein solches zustandegekommen ist. Erwirkt nämlich ein Mieter seine Anerkennung als Hauptmieter gemäß § 2 Abs 3 MRG, so scheidet der bisherige "formelle" Hauptmieter aus dem Vertragsverhältnis aus (vgl WoBl 1993, 105/67 ua). Es ist daher unerläßlich, einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 1 MRG nicht nur den Hauseigentümer und den "Untermieter", sondern auch den "Untervermieter" als Partei zuzuziehen (MietSlg 35/18 ua). Hauseigentümer und Untervermieter sind in einem solchen Verfahren wegen der erweiterten Rechtskraftwirkung notwendigen Streitgenossen vergleichbar. Um die notwendige Einheitlichkeit der Entscheidung zu gewährleisten, darf in einem solchen Fall keine Teilentscheidung nur gegen einen der Streitgenossen ergehen (SZ 42/96; JBl 1983, 438; Fasching, Zivilprozeßrecht**2 Rz 1417; Rechberger in Rechberger Rz 2 zu §§ 391, 392 ZPO). Die Vorinstanzen haben gegen diese Verfahrensvorschrift verstoßen, indem sie den auf Anerkennung als Hauptmieter gerichteten Sachantrag des Antragstellers und alle darauf aufbauenden Sachanträge nur in Ansehung des Hauseigentümers (des Erstantragsgegners) nicht aber auch in Ansehung des Untervermieters (der Drittantragsgegnerin) sachlich erledigt haben. Dieser Fehler war im Rahmen der Rechtsrüge des Antragstellers aufzugreifen und hatte zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen mit dem Auftrag zur Ergänzung des Verfahrens durch Einbeziehung der Drittantragsgegnerin zu führen.

Nach den zugrundeliegenden Feststellungen begegnet die Abweisung des Sachantrages hinsichtlich des Zweitantragsgegners allerdings keine Bedenken in diesem aufgezeigten Sinn, weshalb es bei der rechtskräftigen Abweisung des auf den Zweitantragsgegner bezüglichen Begehrens zu bleiben hat.

Der erkennende Senat teilt nämlich die Rechtsansicht des Rekursgerichtes nicht, daß mit dem Inkrafttreten der am 1. 3. 1994 geänderten Bestimmung des § 2 Abs 1 MRG die vom Generalmieter eines ganzen Hauses abgeschlossenen Untermietverträge zu Hauptmietverträgen wurden, nicht. Die durch das 3. WÄG novellierten Bestimmungen des MRG gelten nach Art II Abschnitt 2 Z 1 leg cit zwar grundsätzlich auch für Miet- und Nutzungsverträge, die vor seinem Inkrafttreten abgeschlossen worden sind. Doch sind Sachverhalte, die bereits zuvor abschließend verwirklicht wurden, noch nach der alten Rechtslage zu beurteilen, sofern der Gesetzgeber nicht ausdrücklich Gegenteiliges angeordnet hat (vgl MietSlg 40/3; WoBl 1995, 232/108 ua). Eine solche Anordnung ist den Übergangsbestimmungen des 3. WÄG nicht zu entnehmen. Art II Abschnitt 2 Z 2 leg cit schreibt sogar ausdrücklich vor, daß die Auflösung von Mietverträgen, die vor dem Inkrafttreten des 3. WÄG mit dem Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses abgeschlossen wurden, nach den bisher in Geltung gestandenen Regelungen zu erfolgen hat. Offenbar wollte der Gesetzgeber in bereits bestehende Mietverträge mit Generalmietern und Pächtern des ganzen Hauses so wenig wie möglich eingreifen. Das läßt den Schluß zu, daß derartige Mietverträge - einmal abgeschlossen und damit in diesem Punkt "abschließend verwirklicht" - ihre rechtliche Qualifikation beibehalten sollen.

Es wird also im fortgesetzten Verfahren zu prüfen sein, ob der Abschluß des Generalmietvertrages zwischen dem Erstantragsgegner und dem Drittantragsgegner und die dann folgende "Untervermietung" durch den Drittantragsgegner einen Tatbestand des § 2 Abs 3 MRG verwirklichte. Eine abschließende Beurteilung der Umgehungsabsicht lassen die bisher getroffenen Feststellungen nicht zu. Im fortgesetzten Verfahren wird allerdings zu berücksichtigen sein, daß nach der zu § 2 Abs 3 MRG bestehenden und hier anzuwendenden Rechtsprechung für Generalmietverträge vor Inkrafttreten des 3. WÄG davon ausgegangen wurde, daß bereits der Abschluß eines Generalmietvertrages die zum Tatbestand des § 2 Abs 3 MRG gehörige Umgehungsabsicht indizierte (vgl MietSlg 47/6 ua). Ein weiteres Indiz liegt in der Vermietung von mehr als einer Wohnung durch denselben Hauptmieter (vgl WoBl 1995/109). Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren auch die von der Rechtsprechung entwickelte Offenlegungspflicht der Vertragsparteien im Falle eines prima-facie-Beweises eines Umgehungsgeschäftes zu beachten haben (MietSlg 46.222). Es wird daher Sache der Antragsgegner sein, die durch die bisherigen Feststellungen gegebene Vermutung einer Umgehungsabsicht zu entkräften. Darüber hinaus wird zu prüfen sein, ob der Erstantragsgegner wenn nicht schon bei Vermietung an den Generalmieter, so doch später, von dessen Vorgangsweise Kenntnis erhielt und diese billigte (MietSlg 46.221).

Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren seine Feststellungen über diese aufgezeigten Umstände zu ergänzen haben, damit abschließend eine Beurteilung der Umgehungsabsicht erfolgen kann.

Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

Rechtssätze
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