JudikaturJustiz5Ob41/03w

5Ob41/03w – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. April 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, ***** vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Vesna T*****, vormals M*****, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 30.856,57 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2002, GZ 16 R 248/02m 28, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Eine Revision ist nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Eine derartige Rechtsfrage wird von der Revisionswerberin nicht aufgezeigt.

Die Klägerin begehrt den Klagsbetrag mit der Behauptung, sie habe den Kauf einer bestimmten Eigentumswohnung durch die Beklagte finanziert, die Beklagte sei in Zahlungsrückstand geraten, weshalb die Klägerin die gesamte aushaftende Forderung fälliggestellt habe. Überdies habe die Beklagte eine Mithaftung für das treuwidrige Verhalten eines Treuhänders übernommen. Der habe entgegen der Vereinbarung den Treuhandbetrag vor Erfüllung seiner Treuhandverpflichtungen, nämlich vor Einverleibung des Eigentumsrechts für die Beklagte und vor Einverleibung des Pfandrechts zugunsten der Klägerin an die Verkäuferin der Eigentumswohnung ausbezahlt. Weiters stützte die Klägerin ihr Klagebegehren auf Schadenersatz, weil die Beklagte durch sorgfältiges Handeln und rechtzeitige Reaktion die Auszahlung des Darlehensbetrags verhindert hätte und auf den Titel der Bereicherung.

Nach den bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen bestand zwischen der S ***** GmbH (Firma S*****), einer im Vorfeld der Klägerin agierenden Tochtergesellschaft und Mitarbeitern des Firmengeflechts S*****/A*****/A*****, das gegenüber der Beklagten als Verkäufer von Eigentumswohnungen auftrat, im Rahmen einer ständigen, jedenfalls 1 ½ Jahre dauernden Geschäftsbeziehung, ein übliches Verfahren betreffend die Vermittlung von Finanzierungen durch die Klägerin für den Kauf von Wohnungen bzw Liegenschaftsanteilen. Hiebei befanden sich die für die Finanzierung erforderlichen Unterlagen der Klägerin für die Wohnungskäufer und Kreditwerber in den Geschäftsräumen dieses Firmengeflechts, wurden dort von den Kunden unterfertigt, von Mitarbeitern des bezeichneten Firmengeflechts der S***** übergeben, wofür die Klägerin Provisionen bezahlte. In einer Vielzahl von Fällen wurden dann die an einen Treuhänder überwiesenen Darlehensbeträge von diesem widmungswidrig verwendet.

Frei von Rechtsirrtum haben die Vorinstanzen erkannt, dass dann, wenn sich wie im vorliegenden Fall ein Finanzierer des Verkäufers einer Hilfsperson bei der Anbahnung eines Finanzierungsvertrages bedient, indem er ihn etwa die entsprechenden Vertragsformulare überlässt und ihn ermächtigt, den Käufer zu ihrer Ausfüllung zu veranlassen und sie sodann zur Weiterleitung an den Finanzierer zu übernehmen, er es gegen sich gelten lassen muss, wenn der Verkäufer in dieser Eigenschaft den Käufer bei der Ausfüllung des Kreditantrags (also bei Abgabe seines Vertragsofferts) listig täuscht, einen dem Käufer unterlaufenen beachtlichen Irrtum veranlasst oder ihm ein solcher Irrtum erkennbar war. Der Finanzierer muss auch dann eine Anfechtung des Kreditvertrags wegen eines Willensmangels hinnehmen, wenn er von der durch den Verhandlungsgehilfen bewirkten Täuschung, Drohung oder Irreführung gar nichts wusste. Dabei berechtigen jene Irrtümer zur Anfechtung, die das Finanzierungsgeschäft betreffen (Schwimann/Binder, ABGB2 § 1063 Rz 15 mwN; SZ 58/183; RIS Justiz RS0014806; zuletzt im nahezu gleichgelagerten Fall 9 Ob 186/02x). Dadurch, dass die Klägerin den Vertrieb der Finanzierung, der mit dem Wohnungserwerb gekoppelt war, im Fall der Beklagten zur Gänze in die Hände des bezeichneten Firmengeflechts gelegt hat, übernahm sie das Risiko mangelnder Kontrolle bei der Anbahnung des Kreditvertrags. Die Klägerin muss sich daher das Verhalten der Mitarbeiter der Firmen S*****/A*****/A***** als das eines Verhandlungsgehilfen, der die Beklagte nach den Feststellungen der Vorinstanzen arglistig getäuscht hat, zurechnen lassen (RIS Justiz RS0016200; zuletzt 9 Ob 186/02x).

Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass derjenige, dessen sich der (spätere) Vertragspartner bei den Vertragsverhandlungen als Hilfsperson bedient, nicht Dritter im Sinn des § 875 ABGB ist (RIS Justiz RS0016309; 0016310; 0016311; 0016314 ua).

Aus den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen geht weiters hervor, dass die Beklagte bei Blankounterfertigung der ihr vorgelegten Unterlagen weder die ihr angeblich verkaufte Eigentumswohnung kannte, noch wusste, dass mit ihren Unterschriften eine Finanzierung bewerkstelligt werden sollte, sondern auf Grund der Angaben der Mitarbeiter der bezeichneten Firmen der Ansicht war, es handle sich um eine vorbereitende Klärung der Finanzierungsfrage.

Feststeht, dass bei Kenntnis der wahren Sachlage die Beklagte den gegenständlichen Darlehensvertrag mit der Klägerin nicht abgeschlossen hätte.

Es trifft zwar zu, dass dann, wenn Parteien eines Kreditvertrags die Überweisung der Kreditvaluta auf das Anderkonto eines mehrseitigen Treuhänders vereinbaren, der Kreditgeber den Kredit schon dann gewährt, wenn er die Kreditvaluta an den Treuhänder überweist (1 Ob 150/01t mwN), doch liegt hier nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen keine wirksame Kredit Vereinbarung der Parteien vor. Es gibt daher keine Haftung der Beklagten für den untreuen Treuhänder, zumal nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Mithaftungserklärung der Beklagten für den Fall treuwidrigen Verhaltens des Treuhänders auch nur zufolge arglistiger Irreführung der Beklagten durch den Handungsgehilfen der Klägerin zustandegekommen ist. Mit dem Hinweis der Revision auf die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze der Gefahrtragung bei Verlust des Treuhandgelds ist daher für den Standpunkt der Klägerin nichts zu gewinnen. Im Weiteren verlassen die Revisionsausführungen, die stets auf dem Zustandekommen eines Kreditvertrags beharren, den Boden der allein maßgeblichen Feststellungen. Für die Annahme eines Schadenersatzanspruches der Klägerin gegen die Beklagte bestehen in Anbetracht der geschilderten Vorgangsweise der Kreditvermittler keinerlei Grundlagen; ebensowenig ist nachvollziehbar, wieso die Klägerin bereichert sein soll.

Zusammenfassend wird keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO in der Revision aufgezeigt. Das hatte zu ihrer Zurückweisung zu führen.

Rechtssätze
8