JudikaturJustiz5Ob148/03f

5Ob148/03f – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. August 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. Hüsnü T*****, 2. Enver T*****, beide ***** vertreten durch Dr. Günter Schneider, Mieterinteressensgemeinschaft Österreichs, Antonsplatz 22, 1100 Wien, wider die Antragsgegner 1. Verlassenschaft nach Alfred S*****, 2. Helene M*****, beide vertreten durch C.Th. Gasselseder Co, Hausverwaltung, Augustinerstraße 12, 1010 Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 14 MRG iVm § 27 Abs 1 Z 1 MRG (EUR 14.534,56) infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien, als Rekursgericht vom 13. November 2002, GZ 39 R 354/02a 18, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Leopoldstadt vom 13. Juni 2002, GZ 14 Msch 25/01z 14 bestätigt wurde, nachstehenden

Sachbeschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs der Antragsteller wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

"Die Antragsgegner sind je zur Hälfte schuldig, den Antragstellern den Betrag vom EUR 14.534,56 samt 4 % Zinsen seit 7. Februar 1996 binnen 14 Tagen zu bezahlen."

Die Antragsgegner sind weiters schuldig, den Antragstellern die mit EUR 333,42 bestimmten Barauslagen des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind Mitmieter der Wohnung Top Nr. 8/8a im Haus ***** welches im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses und der geleisteten Zahlung im Hälfteeigentum jeweils der Antragsgegner stand.

Das Haus wurde damals von der Hausverwaltung C.Th. Gasselseder Co, Augustinerstraße 12, in 1010 Wien verwaltet.

Im Jänner 1996 suchten die Antragsteller dringend eine Wohnung, wobei dem Erstantragsteller sein Nachbar Ali K***** bei der Wohnungssuche behilflich war. Er ging gemeinsam mit dem Erstantragsteller in das Büro der Hausverwaltung der Antragsgegner, wo sich beide nach einer Wohnung erkundigten. Es wurde ihnen die gegenständliche Wohnung im Haus ***** angeboten und ein Schlüssel zur Besichtigung übergeben. Die Wohnung Top Nr. 8/8a weist eine Nutzfläche von 43,77 m² auf, ist der Ausstattungskategorie D zuzuordnen, der Hauptmietzins betrug S 717,83. In der Wohnung befand sich bloß ein Garderobekasten, ein Gasherd, ein Kühlschrank, ein Boiler und ein Ofen.

Als der Erstantragsteller nach der Wohnungsbesichtigung in die Räumlichkeiten der Hausverwaltung zurückkehrte, verlangte der Hausverwalter für den Abschluss eines Mietvertrages über diese Wohnung S 200.000, .

Der Erstantragsteller, der über die finanziellen Mittel zu dieser Zahlung nicht verfügte, nahm einen Kredit über S 150.000, - auf und lieh sich die restlichen 50.000, - je zur Hälfte von seinem Bruder und seinem Schwager. Als er das Geld beisammen hatte, fuhr er gemeinsam mit Ali K***** und seiner Frau ins Büro des Hausverwalters. Dort übergab die Gattin des Erstantragstellers einer Angestellten der Hausverwaltung den Geldbetrag von S 200.000, . Einige Tage später wurde der Mietvertrag ausgefertigt. Der Zweitantragsteller unterfertigte den Mietvertrag erst später.

Es steht nicht fest, dass der bezahlte Betrag von S 200.000, - den Antragsgegnern auch tatsächlich zugeflossen ist.

Der geleisteten Zahlung steht keine Gegenleistung gegenüber.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrten die Antragsteller, die Antragsgegner zur Rückzahlung der S 200.000, - samt 4 % Zinsen ab dem Tag der Zahlung zu verpflichten. Bei der geleisteten Zahlung habe es sich, weil ihr keine gleichwertige Gegenleistung gegenübergestanden sei, um eine ungültige und verbotene Vereinbarung gemäß § 27 Abs 1 MRG gehandelt.

Der Betrag sei an den Hausverwalter bezahlt worden, weil dies die Voraussetzung für den Mietvertragsabschluss gewesen sei.

Die zunächst angerufene Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten verpflichtete die Antragsgegner zur Rückzahlung des geleisteten Betrags.

Mit Ausnahme der Anrufung des Gerichts gegen diese Entscheidung haben sich die Antragsgegner nicht am Verfahren beteiligt. Die Antragsgegner erstatteten auch keinerlei Vorbringen, nicht einmal ein Bestreitungsvorbringen.

Ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt wies das Erstgericht das Rückzahlungsbegehren ab. Zwar stehe die Zahlung in Höhe von S 200.000, - fest, ebenso dass ihr keine gleichwertige Gegenleistung gegenübergestanden sei, doch habe nicht festgestellt werden können, dass die Zahlung den Antragsgegnern tatsächlich zugekommen sei oder hätte zukommen sollen.

Einem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Auch wenn sich die Antragsgegner nicht einmal in Form einer Bestreitung am Verfahren beteiligt hätten, sei dies nicht als Anerkenntnis zu werten. Ein Versäumungsurteil sei im Verfahren nach § 37 MRG nicht vorgesehen.

Die Passivlegitimation der Antragsgegner sei letztlich nicht erwiesen. Grundsätzlich sei nur derjenige zur Rückzahlung einer verbotenen Ablöse verpflichtet, dem die Ablöse nach dem Ablösevertrag rechtlich zukommen sollte oder tatsächlich zugekommen sei.

Ein Hausverwalter sei auf Grund der ihm erteilten Hausverwaltungsvollmacht nicht zur Vereinbarung oder Empfangnahme verbotener Ablösen namens des Hauseigentümers befugt. Er könne zur Vornahme derartiger ungültiger Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen allerdings wirksam bevollmächtigt werden. Habe der Empfänger einer Ablöse dem Zahlenden seine Vollmacht offengelegt, jedenfalls aber in erkennbarer Weise als Vertreter des Vermieters gehandelt, so sei der Ablösevertrag zwischen dem Mieter und dem Vermieter zustandegekommen und die vom Mieter entrichtete Ablöse vom Bevollmächtigten namens und für den Vermieter in Empfang genommen worden. Diesfalls sei der Vermieter für den Rückforderungsantrag passiv legitimiert, selbst wenn ihm die Ablöse nicht oder nicht in voller Höhe zugekommen sei. Es bestünden keine Anhaltspunkte dahin, dass sich die in der Hausverwaltung tätigen Personen bei Entgegennahme der Ablöse den Antragstellern gegenüber auf eine ausdrückliche Vollmacht der Vermieter zu Empfangnahme der Ablöse berufen hätten oder auf andere Weise zu erkennen gegeben hätten, sie wären zur Vereinbarung und Empfangnahme einer verbotenen Ablöse bevollmächtigt worden.

Das Rekursgericht erklärte den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil zur hier entscheidenden Frage der Passivlegitimation widersprüchliche höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege. In mehreren höchstgerichtlichen Entscheidungen werde der Vermieter auch dann als passiv legitimiert angesehen, wenn er dem Hausverwalter keine Vollmacht zur Vereinbarung und Entgegennahme verbotener Ablösen erteilt habe, das Geschäft aber nachträglich genehmigt oder sich den Vorteil im Sinn des § 1016 ABGB zugewendet habe (MietSlg 46321; WoBl 1994/59; MietSlg 52371).

Nach anderen höchstgerichtlichen Entscheidungen genüge es bereits für die Begründung der Passivlegitimation des Vermieters, dass der Hausverwalter bei Abschluss der Ablösevereinbarung und Empfangnahme des Ablösebetrages als Bevollmächtigter der Hauseigentümer aufgetreten sei und in dieser Eigenschaft dann jenen Mietvertrag abgeschlossen habe, dessen Zustandekommen von der Zahlung einer Ablöse abhängig gemacht worden sei. In solchen Fällen müsse der Mieter annehmen, dass der Verwalter auch in dieser Hinsicht als Bevollmächtigter gehandelt habe. Allein auf Grund des Vollmachtverhältnisses zwischen Hauseigentümer und Hausverwalter sei davon auszugehen, dass ein als Ablöse begehrter Betrag für den Hauseigentümer vereinnahmt worden sei. Das treffe nur dann nicht zu, wenn der Verwalter beim Begehren und Inkasso der Ablöse darauf hingewiesen hätte, dass er die Beträge für sich selbst verlange (MietSlg 43113; WoBl 1996/68).

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Stattgebung des Begehrens. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegner haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist zulässig und auch berechtigt.

Beim Anspruch nach § 27 Abs 1 Z 1 MRG handelt es sich um einen besonderen im Gesetz geregelten Kondiktionsanspruch. Es gilt daher, dass die Rückabwicklung der fehlgeschlagenen Leistung zwischen denjenigen Personen vorzunehmen ist, die nach dem jeweiligen (angenommenen) Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und Leistungsempfänger sein sollten. Der Kondiktionsanspruch steht somit dem Leistenden gegenüber dem Leistungsempfänger zu (SZ 58/19; SZ 69/89; ÖBA 2000/870 [mit zust. Glosse von Rummel]). Ein Kondiktionsanspruch besteht nur gegen den Leistungsempfänger, nicht dagegen gegen dessen Vertreter, wenn dieser nur als Zahlstelle fungierte (RIS Justiz 0019617 u.a.).

Zwar ist ein Hausverwalter aufgrund der ihm erteilten Hausverwaltungsvollmacht allein noch nicht zur Vereinbarung oder Entgegennahme verbotener Ablösen namens des Hauseigentümers befugt, er müsste zur Vornahme derartiger ungültiger Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen wirksam bevollmächtigt werden (MietSlg 40.411, 46.321 ua). In Zweifelsfällen ist aber beim Verwalter anzunehmen, dass er eine Ablöse für den Vermieter vereinbart und entgegennimmt (vgl. T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Rz 62 zu § 27 MRG; Würth in Rummel2 Rz 9 zu § 27 MRG; Miet 3900; LGZ Wien Miet 38.418; 5 Ob 37/95; zur Anscheinsvollmacht bei Entgegennahme durch Immobilienmakler: Miet 42.066/34). Steht hingegen mit der erforderlichen Gewissheit fest, dass ein Hausverwalter zur Vereinbarung und Entgegennahme einer unzulässigen Ablösezahlung vom Hauseigentümer nicht wirksam bevollmächtigt war, haftet er selbst dem Kondiktionsgläubiger, der Hauseigentümer hingegen nur dann, wenn er das Geschäft nachträglich genehmigt oder sich den Vorteil daraus zugewendet hätte (MietSlg 40.411; WoBl 1994/59; SZ 68/174; 5 Ob 224/01d).

Im vorliegenden Fall steht nicht fest, dass der Verwalter zur Vereinbarung und Entgegennahme einer verbotenen Ablösezahlung seitens der Antragsgegner nicht bevollmächtigt gewesen wäre. Im Verfahren ist kein Umstand hervorgekommen, der es rechtfertigte, anzunehmen, der Verwalter habe die Ablöse im eigenen Namen und nicht für seine Vollmachtgeber begehrt. Hingegen steht fest, dass der Abschluss eines Hauptmietvertrages über eine Wohnung im Haus der Antragsgegner vom Verwalter von der Zahlung des Ablösebetrages durch die künftigen Mieter abhängig gemacht wurde. Bei dieser Sachlage kann es nicht zweifelhaft sein, dass aus der Sicht des nun rückforderungsberechtigten Leistenden über die Zweckbestimmung seiner Leistung (vgl RIS Justiz RS0020192; 0033737; Klicka in Anmerkung zu WoBl 1999/143) die Zahlung dem Vermieter zukommen sollte. Zwischen diesen Personen ist daher die Rückabwicklung vorzunehmen, auch wenn nicht erwiesen ist, dass die Zahlung den Antragsgegnern tatsächlich zugekommen ist (WoBl 2001/152; 5 Ob 224/01d; RIS Justiz RS0033737).

Die Antragsgegner sind daher im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile (MietSlg 37.393/17; Würth in Rummel2 Rz 9 zu § 27 MRG) zur Rückzahlung zu verpflichten. Die Antragsteller selbst sind als Mitmieter gemeinsam zur Rückforderung berechtigt, ohne dass es darauf ankäme, aus wessen Vermögen die Leistungen stammten (WoBl 1992/52).

Die Entscheidung über den Ersatz der Barauslagen gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

Rechtssätze
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