JudikaturJustiz4Ob2331/96i

4Ob2331/96i – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. November 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin W***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Josef Dengg und Dr.Milan Vavrousek, wider den Antragsgegner Bruno F. G*****, vertreten durch Dr.Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Aufhebung eines Schiedsvertrages gemäß § 583 ZPO, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 10.September 1996, GZ 4 R 196/96p-13, mit dem der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 11. Juni 1996, GZ 6 Nc 1/96h-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird als nichtig aufgehoben und die Rechtssache wird an das Rekursgericht zurückverwiesen. Dem Rekursgericht wird aufgetragen, die Zustellung einer Gleichschrift des Rekurses an den Antragsgegner zu veranlassen und nach Einlangen der Rekursbeantwortung oder nach Ablauf der Rekursfrist erneut zu entscheiden.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Mit Schreiben vom 18.5.1989 beauftragte die Antragstellerin den Antragsgegner, eine Tankstellenfläche zu beschichten. Das Auftragsschreiben enthält eine Schiedsklausel:

"Zur Schlichtung von Streitigkeiten ist ein Schiedsgericht vorgesehen... Für das Verfahren gelten die einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung."

Die Antragstellerin behauptet, daß die Beschichtung Mängel aufweise. Sie klagte zu 15 Cg 134/93p des Landesgerichtes Salzburg S 314.873,89 sA ein. Der Antragsgegner beantragte (ua), die Klage zurückzuweisen, weil ein Schiedsspruch vorliege. Da nur ein Schiedsgutachten und kein Schiedsspruch vorlag, vereinbarten die Parteien am 21.9.1994, das Verfahren ruhen zu lassen. Die Antragstellerin solle beim bereits konstituierten Schiedsgericht beantragen, die Sache mit Schiedsurteil zu entscheiden.

Das Schiedsgericht trug jeder Partei auf, einen Kostenvorschuß von je S 20.000,-- zuzüglich 20 % Umsatzsteuer zu erlegen. Es teilte den Parteien mit, daß es seine Amtstätigkeit vom Erlag der geforderten Vorschüsse abhängig mache. Die Antragstellerin erlegte den Vorschuß; der Antragsgegner hingegen nicht. Er ließ auch den aufgrund eines Präklusionsantrages der Antragstellerin erteilten Auftrag des Schiedsgerichtes, den Vorschuß binnen 14 Tagen zu erlegen, unbeachtet.

Die Antragstellerin beantragt, den unter Punkt 13.) des aufgrund des Angebotes vom 14.4.1989 erstellten Auftragsschreibens vom 18.5.1989 vereinbarten Schiedsvertrag aufzuheben. Da der Antragsgegner den Vorschuß nicht erlegt habe, weigere sich das Schiedsgericht zu Recht, seine Tätigkeit fortzuführen.

Der Antragsgegner beantragt, den Aufhebungsantrag zurückzuweisen; hilfsweise stellt er einen Abweisungsantrag. Es sei Sache der Antragstellerin, auch den dem Antragsgegner auferlegten Vorschuß zu erlegen.

Das Erstgericht wies den Antrag ab.

Da die Bestimmungen der ZPO anzuwenden seien, hätte die Antragstellerin auch den auf den Antragsgegner entfallenden Kostenvorschuß erlegen müssen. Gegebenenfalls hätte sie anregen müssen, daß das Schiedsgericht ihr auch den Erlag des auf den Antragsgegner entfallenden Vorschusses auferlege. Der Präklusionsantrag widerspreche der Rechtsprechung zu § 365 ZPO, wonach § 332 Abs 2 ZPO nicht anzuwenden sei, wenn ein Kostenvorschuß beiden Parteien auferlegt wurde. Es sei vielmehr die Ergänzung des Vorschusses aufzutragen.

Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß es aussprach, der zwischen den Parteien unter Punkt 13.) des aufgrund des Angebotes vom 14.4.1989 erstellten Auftragsschreibens vom 18.5.1989 vereinbarte Schiedsvertrag trete außer Kraft. Dies gelte jedoch nur für den beim Schiedsgericht bereits geltend gemachten Anspruch auf Zahlung von S 314.873,89 sA. Das Rekursgericht sprach weiters aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Das Rekursverfahren sei einseitig. § 521a ZPO sei als Ausnahmebestimmung eng auszulegen. Der Schiedsvertrag sei aufzuheben, wenn das Schiedsgericht seine Tätigkeit verweigere, unabhängig davon, ob die Verweigerung zu Recht oder zu Unrecht geschehe. Der Schiedskläger sei nicht verpflichtet, den dem Gegner auferlegten Vorschuß zu erlegen. Die vom Erstgericht zitierte Rechtsprechung betreffe die Frage, ob dem Kläger vorgeworfen werden könne, das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt zu haben. Daraus folge nur, daß dem Antragsteller nicht der Vorwurf der verfahrensverzögernden Untätigkeit gemacht werden könne. Der Spruch sei dem Wortlaut des § 583 Abs 1 ZPO anzupassen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs des Antragsgegners ist berechtigt.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, daß das Rekursverfahren zweiseitig sei. Es hätte ihm die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, eine Rekursbeantwortung einzubringen. Die Entscheidung sei auch deshalb mangelhaft, weil der Spruch vom Antrag abweiche. Das Schiedsgericht habe seine Tätigkeit nicht verweigert. Die Antragstellerin sei vorleistungspflichtig.

Das Rekursverfahren ist in den in § 521a ZPO aufgezählten Ausnahmefällen zweiseitig (EFSlg 44.131). Beschlüsse nach § 583 ZPO sind in § 521a ZPO nicht genannt; zu prüfen ist daher, ob § 521a ZPO analog anzuwenden ist.

Grund für die Einführung des zweiseitigen Rekursverfahrens war das Bedürfnis, nach einem in erster Instanz kontradiktorischen Verfahren (Besitzstörungsverfahren und Verfahren über eine Prozeßeinrede) dem Gegner des Rekurswerbers auch in zweiter Instanz Gehör zu verschaffen. Der Gegner sollte auch gehört werden, wenn infolge des Rekurses eine für den Rechtsstreit richtungweisende, die Untergerichte bindende Entscheidung des OGH zu ergehen hat (Kodek in Rechberger, ZPO § 521a Rz 1 mwN). Nach Fasching (Lehrbuch**2 Rz 1966) ist § 521a ZPO analog anzuwenden, wenn sich der Rekurs gegen einen Beschluß wendet, der in der Hauptsache entscheidet oder über die Zulässigkeit des Verfahrens abspricht.

Die Rechtsprechung hat § 521a ZPO (ua) auf Beschlüsse analog angewandt, mit denen dem Kläger endgültig der Rechtsschutz verweigert wird (SZ 61/197 = EvBl 1989/60) oder die über die Zulässigkeit des Verfahrens absprechen (EvBl 1991/159 = ÖA 1991, 148; 2 Ob 60/95). Die Analogie wurde (ua) bei einem Beschluß verneint, mit dem einer Nichtigkeitsbeschwerde gegen ein Erkenntnis eines Börsenschiedsgerichtes nach Art XXIII EGZPO nicht stattgegeben worden war (EvBl 1987/3). Abgelehnt wurde die analoge Anwendung des § 521a ZPO auch bei einem Beschluß, mit dem der Antrag auf Zurückweisung der Aufrechnungseinrede verworfen worden war. Die einem solchen Antrag stattgebende Entscheidung sei keine Endentscheidung, deren besondere Bedeutung für die Parteien den Gesetzgeber dazu bewogen habe, auch die Bekämpfung der Verwerfung oder Stattgebung von Prozeßeinreden in das zweiseitige Rekursverfahren einzubeziehen (MietSlg 36.809 = RZ 1985/36).

Mit der Entscheidung nach § 583 Abs 2 Z 2 ZPO wird endgültig über das Rechtsschutzbegehren entschieden, den Schiedsvertrag außer Kraft zu setzen. Die stattgebende Entscheidung bewirkt, daß das Schiedsverfahren für den davon betroffenen Anspruch nicht mehr zulässig ist, wohl aber das Verfahren vor den staatlichen Gerichten. Es handelt sich daher um eine Entscheidung, mit der (auch) über die Zulässigkeit des Verfahrens vor den staatlichen Gerichten abgesprochen wird.

Die Entscheidung wirkt sich für die Parteien gleich aus wie eine Entscheidung, mit der die Einrede des Schiedsvertrages verworfen wird. In beiden Fällen kann der davon betroffene Anspruch nur mehr vor den staatlichen Gerichten geltend gemacht werden. Beiden Entscheidungen geht ein kontradiktorisches Verfahren in erster Instanz voraus; das Bedürfnis, dem Gegner des Rekurswerbers auch in zweiter Instanz Gehör zu verschaffen, ist in beiden Fällen in gleicher Weise gegeben. Würde die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens im vorliegenden Fall verneint, so würden gleichartige Sachverhalte ungleich behandelt.

Dem Antragsgegner hätte daher die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, eine Rekursbeantwortung einzubringen. Da dies nicht geschehen ist, ist die Entscheidung gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO nichtig (5 Ob 156/92).

Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben und die Rechtssache war an das Rekursgericht zurückzuverweisen. Das Rekursgericht wird die Zustellung der Gleichschrift des Rekurses an den Antragsgegner zu veranlassen und nach Einlangen der Rekursbeantwortung oder nach Ablauf der Rekursfrist erneut zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO; § 51 ZPO ist nicht anzuwenden, weil nur die Entscheidung, nicht aber das vorangehende Verfahren aufgehoben wurde (EvBl 1967/290; NRsp 1992/146 ua; Fucik in Rechberger, ZPO § 51 Rz 1).

Rechtssätze
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