JudikaturJustiz4Ob207/22b

4Ob207/22b – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. April 2023

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ. Prof. Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Schwarzenbacher und MMag. Matzka sowie die Hofrätinnen Mag. Istjan, LL.M., und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, *, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B* Aktiengesellschaft, *, vertreten durch Fellner Wratzfeld Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 30.500 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 4.400 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Juni 2022, GZ 2 R 15/22y 14, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 3. November 2021, GZ 20 Cg 10/21f 10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei deren mit 2.197,80 EUR (darin 366,30 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin ist ein zur Unterlassungsklage nach § 29 Abs 1 KSchG berechtigter Verband. Die beklagte Bank ist Unternehmerin und tritt im Rahmen ihrer Tätigkeit regelmäßig in rechtsgeschäftlichen Kontakt mit Verbrauchern in ganz Österreich. Dabei verwendet sie A llgemeine Geschäftsbedingungen, darunter die Nutzungsbedingungen für Gutscheinkarten (Österreich), Fassung Juli 2019, Stand März 2020. Die Nutzungsbedingungen der Beklagten betreffen Prepaid Karten, die als „*“ bezeichnet werden und in bestimmten Einkaufszentren als Zahlungsmittel in den dort ansässigen Geschäften eingelöst werden können. Die Wertkarten können im Service Center der Beklagten und auch in anderen Bezugsstellen sowie auch online auf der von der Beklagten betriebenen Website erworben werden. Im Allgemeinen werden die Wertkarten erworben und als Geschenk weiter gegeben. In Österreich gibt es derzeit mehrere Einkaufszentren in den Bundesländern Wien, Niederösterreich, Steiermark und Oberösterreich, in denen die Wertkarten der Beklagten als Zahlungsmittel eingelöst werden können. Die Wertkarten funktionieren im Wesentlichen wie Bankomatkarten, mit dem Unterschied, dass sie nur in den jeweiligen Einkaufszentren einlösbar sind.

[2] Gemäß Punkt 7.1. der Nutzungsbedingungen kann die Wertkarte einmalig mit einem Guthaben von 10 EUR bis 150 EUR (auf )geladen werden. Die Nutzungsbedingungen sind im Internet abrufbar. Die Wertkarten können unentgeltlich erworben und eingelöst werden. Über die Lebensdauer der Wertkarten entstehen der Beklagten an Kosten 2,60 EUR je Karte, wobei diese Kosten unabhängig von der Höhe des jeweiligen Guthabens sind. Dabei handelt es sich um die Kosten, die die Beklagte insbesondere für Dritte (etwa für den Kartenproduzenten) selbst aufwenden muss. Das für den Rücktausch vorgesehene Entgelt ist nicht kostendeckend. Unter der Annahme einer dreißigjährigen Lebensdauer der Wertkarten fallen für die Beklagte in Bezug auf abgelaufene Wertkarten Kosten von 9,52 EUR an. Dabei handelt es sich um Kosten, die an den technischen Dienstleister gezahlt werden müssen, damit dieser die abgelaufenen Karten im System hält.

[3] Die für die Wertkarten formulierten Nutzungsbedingungen für die Gutscheinkarten enthalten unter anderem die folgenden Bestimmungen:

Klausel 1:

Die Wertkarte ist ab dem Ausstellungstag 12 Monate gültig und wird nicht automatisch erneuert. Die Gültigkeitsdauer ist auf der Wertkarte angegeben. (Pkt 2.1.)

Das Guthaben auf der Wertkarte kann bei der Bank zur Gänze zurückgetauscht werden. Der Rücktausch des Guthabens erfolgt innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Wertkarte unentgeltlich. Wird der Rücktausch vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der Wertkarte oder nach mehr als einem Jahr nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Wertkarte verlangt, hat der Karteninhaber für den Rücktausch ein Entgelt gemäß Punkt 10.2. zu zahlen. (Pkt 7.3.)

Für die Verwendung der Wertkarte werden folgende Entgelte in Rechnung gestellt:

Für den Rücktausch von Guthaben: 5 % des rückgetauschten Betrags, mind. 2,00 EUR, max. 5,00 EUR, wenn der Karteninhaber

den Rücktausch vor dem Ende der Gültigkeit der Wertkarte verlangt oder

den Rücktausch nach mehr als einem Jahr nach Ende der Gültigkeit der Wertkarte (Punkt 2) verlangt. (Pkt 10.2.)

Klausel 2:

Die Wertkarte ist ab dem Ausstellungstag 12 Monate gültig und wird nicht automatisch erneuert. Die Gültigkeitsdauer ist auf der Wertkarte angegeben. (Pkt 2.1.)

Für das Bereithalten eines nach dem Ende der Gültigkeit der Wertkarte (Punkt 2) noch vorhandenen Guthabens wird ein monatliches Bereithaltungsentgelt verrechnet: monatlich 2,00 EUR

Das Entgelt wird vom auf der Wertkarte verfügbaren Guthaben abgezogen, bis das Guthaben aufgebraucht ist.

Die Bank ist berechtigt, das Entgelt für jeden begonnenen Monat ab dem Ende der Gültigkeitsdauer der Wertkarte zu verrechnen, wobei die Bank für die ersten drei Monate ab Ende der Gültigkeitsdauer das Entgelt nicht verrechnen wird. (Pkt 10.5.)

[4] Die Klägerin begehrte von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung der zitierten Klauseln sowie – aufgrund des unbestimmten, größeren betroffenen Personenkreises – die bundesweite Veröffentlichung in einer Samstagsausgabe der „Kronen Zeitung“, hilfsweise in den Regionalausgaben für Wien, Niederösterreich, Steiermark und Oberösterreich sowie die Veröffentlichung auf der von der Beklagten betriebenen Website. Die Karte sei kein Sachgeschenk, bei der die Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist zulässig sein solle. Es handle sich um ein Marketinginstrument, das den Absatz jener Unternehmen fördern solle, die die Karte als Zahlungsmittel akzeptierten. Die jeweils zu einer Klausel zusammengefassten Regelungen hätten einen gemeinsamen sachlichen Regelungsbereich. Weder das Rücktauschentgelt noch das Bereithaltungsentgelt stellten der Inhaltskontrolle entzogene Hauptleistungen dar. Klausel 1, die eine zwingend anfallende Rücktauschgebühr regle, sei gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB. Das Rücktauschentgelt stelle eine Art Strafgebühr dar, wenn das Guthaben nicht – wie von der Beklagten intendiert – innerhalb eines Jahres verbraucht werde, zumal keine Möglichkeit bestehe, das Guthaben auch noch nach Ablauf der Gültigkeitsdauer zu verwenden. Die Gefahr, dass Beschenkte auf die Einlösung des Guthabens vergessen und daraus resultierende nachteilige Folgen zu tragen hätten, sei beträchtlich. Die Vertragsbedingungen stellten nicht sicher, dass der Karteninhaber vor Ablauf eines Jahres vom Gültigkeitsablauf und der dadurch drohenden Rücktauschgebühr verständigt werde. Die Klausel verstoße auch gegen § 19 Abs 2 E Geldgesetz, weil eine Mindestgebühr von 2 EUR vorgesehen sei, was bei sehr niedrigen Guthabensständen die Unverhältnismäßigkeit bewirke. Auch die Klausel 2 über das Bereithaltungsentgelt sei gröblich benachteiligend i Sd § 879 Abs 3 ABGB, weil sie dazu führe, dass das Guthaben von 10 EUR bis maximal 150 EUR je nach seiner Höhe binnen weniger Monate, jedenfalls aber binnen einiger weniger Jahre aufgezehrt werde. Sie sehe damit einen schleichenden Verfall des nicht verwendeten Kartenguthabens vor, für den keine sachliche Rechtfertigung erkennbar sei. Insbesondere stellten die Vertragsbedingungen in keiner Weise sicher, dass der Karteninhaber nach Ablauf eines Jahres vom Gültigkeitsablauf und der dadurch in weiterer Folge drohenden, laufenden Entwertung seines Kartenguthabens aufmerksam gemacht werde, und die Kartenausgeberin ihm auch keine Möglichkeit zu einer Verlängerung der Karte anbiete. Außerdem verstoße Klausel 2 gegen § 18 Abs 1 E Geldgesetz, weil danach von der allgemeinen Verjährungsfrist nicht abgewichen werden könne. Es liege auch ein Verstoß gegen § 19 Abs 4 E Geldgesetz vor, weil bereits ab dem vierten Monat ab Ende der Gültigkeitsdauer ein monatliches Bereithaltungsentgelt vorgesehen sei, obwohl bis zu einem Jahr nach Vertragsablauf der gesamte Nennwert zu erstatten sei.

[5] Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sämtliche Bestimmungen seien wirksam. Punkt 2.1. der Nutzungsbedingungen stelle eine eigenständige Klausel dar. Die Entgelte seien sachlich gerechtfertigt, weil die Ausgabe der Gutscheinkarten unentgeltlich erfolge. Zweck der Gutscheinkarte und die Erwartung des Inhabers sei es, diese als Sachgeschenk zeitnah einzulösen, nicht aber sie aufzubewahren. Die Gültigkeitsdauer von einem Jahr sei unbedenklich. Es handle sich dabei auch um keine Verfallsfrist, weil der Inhaber der Gutscheinkarte nach Ablauf der Gültigkeitsdauer zeitlich unbegrenzt den Rücktausch des Guthabens verlangen könne. § 879 Abs 3 ABGB sei nicht anwendbar, weil beide Klauseln Entgelte für Leistungen der Beklagten und somit die Hauptleistung des Kunden regelten. Die subjektive Äquivalenz und die günstige Pauschale schlössen eine gröbliche Benachteiligung aus. Die Beklagte habe den mit den Gutscheinkarten verbundenen Aufwand so kalkuliert und das Produktmanagement so strukturiert, dass die Gutscheinkarten bis zu 15 Monate lang unentgeltlich eingelöst oder rückgetauscht werden könnten. Für einen Rücktausch der Gutscheinkarte nach 24 Monaten bzw für die Bereithaltung des Guthabens nach 15 Monaten nach Erwerb der Gutscheinkarte fielen die gegenständlichen, im Verhältnis zum Aufwand der Beklagten angemessenen Entgelte gemäß Klausel 1 und Klausel 2 an. Ohne diese Entgelte würde die Beklagte lediglich durchschnittlich 0,70 EUR pro Gutscheinkarte lukrieren und somit einen Verlust generieren. Die Beklagte müsse für abgelaufene Karten monatlich Kartengebühr und Systemgebühr an ihren technischen Dienstleister zahlen. Dürfte die Beklagte kein Bereithaltungsentgelt verrechnen, würden ihr für die abgelaufenen Karten, auf welche sich Guthaben befänden, nur aufgrund dieser monatlichen Entgelte pro Karte für die Dauer von 30 Jahren Kosten von 9,52 EUR entstehen. Die Mindestgrenze von 2 EUR bei der Rücktauschgebühr sei nicht zu beanstanden, weil ihr die vorteilhafte Obergrenze von 5 EUR gegenüber stehe, die eine allfällige Nachteiligkeit der Mindestgrenze ausgleiche. Die Mindestgrenze sei der Höhe nach nicht zu beanstanden, weil sie in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten der Beklagten stehe. Das Entgelt für die Bereithaltung sei sachlich gerechtfertigt, weil es den Aufwand der Beklagten decke. Der Inhaber der Gutscheinkarte habe den Aufwand selbst verursacht, weil er die Geschenkkarte entgegen ihrem Zweck nicht in ein Geschenk umgetauscht habe. Selbst wenn man das Entgelt für den Rücktausch oder das Bereithaltungsentgelt als eine Verkürzung der Verjährungsfrist werten sollte, sei dies unbedenklich, weil der Gutscheininhaber nicht gehalten sei, die Gutscheinkarte bei sonstigem Verfall einzulösen, sondern sich den Betrag auch auszahlen lassen könne. Der Karteninhaber habe auch die Möglichkeit, sich das Guthaben nach Ablauf der Gültigkeit auf eine neue Gutscheinkarte übertragen zu lassen, die wiederum ein Jahr lang gültig sei. Die Verrechnung des Bereithaltungsentgelts würde in Abhängigkeit vom Wert des Guthabens zu einer Verjährungsfrist von mehreren Jahren führen. Der Karteninhaber könne die Entgelte leicht vermeiden. Das E Geldgesetz und das ZaDiG seien wegen des Vorliegens der Ausnahme der „begrenzten Netze“ (§ 3 Abs 3 Z 11 lit a zweiter Fall ZaDiG) nicht anwendbar. Das Rücktauschentgelt sei auch mit der Entscheidung 4 Ob 252/14h vereinbar, weil es nicht nur eine Mindest-, sondern auch eine Höchstgrenze vorsehe. Aus §§ 18, 19 E Geldgesetz könne auch nicht abgeleitet werden, dass die Verkürzung der allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren unzulässig wäre. Der eingeschränkte Einsatzbereich der Gutscheinkarten rechtfertige keine bundesweite Veröffentlichung in einem auflagenstarken Printmedium. Eine Veröffentlichung auf der Website wäre jedenfalls ausreichend. Für den Fall, dass das Gericht dem Klagebegehren teilweise stattgeben sollte, beantragte die Beklagte, sie zur entsprechenden Veröffentlichung der Klagsabweisung zu ermächtigen.

[6] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. D ie Klauseln seien in einem einheitlichen Regelungswerk stehend anzusehen, sodass die Bekämpfung jeweils auch des Punkts 2.1. zulässig sei. Sowohl die Entgeltlichkeit der Rückzahlungspflicht als auch die Entgeltlichkeit der Bereithaltungspflicht in Verbindung mit der Gültigkeitsdauer der Wertkarten unterlägen der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB. Es handle sich um nachteilige Regelungen, weil die Wertkarten gewöhnlich ein Geschenk darstellten, das nach allgemeinem Verständnis ohne Einschränkung vollumfänglich genützt werden könne, und nach allgemeinem Verständnis die von Wertkarten durch ein erhöhtes Einkaufsvolumen profitierenden Einkaufszentren bzw Geschäftsinhaber für die Kosten aufkämen, möglicherweise sogar der Geschenkgeber bereits für die Kosten aufgekommen sei. Solange der beschenkte Konsument aber nichts von den für ihn nachteiligen Nutzungsbedingungen wisse oder wissen müsse und er sein Verhalten darauf nicht ausrichten könne, seien die nachteiligen Bestimmungen gröblich benachteiligend bzw überhaupt sittenwidrig. Den Konsumenten werde bei Konfrontation mit den nachteiligen Folgen keine Lösungsmöglichkeit etwa in Form der Verlängerung der Gültigkeitsdauer geboten. Für die Konsumenten bestehe die Möglichkeit, die Wertkarten innerhalb eines Jahres einzulösen bzw die (verbliebenen) Guthaben innerhalb weiterer drei Monate ohne Bereithaltungsentgelt rückzutauschen. Zusammengerechnet ergäben sich 15 Monate, innerhalb derer die Konsumenten im Ergebnis mit keinen Nachteilen konfrontiert seien. Ab dem 16. Monat minderten sich die verbliebenen Guthaben durch das Bereithaltungsentgelt bis davon nichts mehr übrig sei, nicht zuletzt falle ab dem 25. Monat auch noch das Rückzahlungsentgelt an. Dies komme einem schleichenden Verfall gleich, ohne jede Möglichkeit, die (verbliebenen) Guthaben über die erwähnten 15 Monate hinaus für eine gewisse weitere Zeit ohne jeglichen Abzug einzulösen oder rückzutauschen. Nach der Rechtsprechung würden Verfallsfristen von bis zu zwei Jahren als gröblich benachteiligend erachtet, wenn es keine Möglichkeit der Verlängerung der Gültigkeitsdauer gebe. Vor diesem Hintergrund erschienen 15 Monate, innerhalb derer die beschenkten Konsumenten über die (verbliebenen) Guthaben voll verfügen könnten, sei es durch Einlösen oder durch abzugsfreien Rücktausch, angesichts des Umstands, dass es keine Verlängerungsmöglichkeiten gebe, unangemessen kurz. Die Beklagte bleibe jede Begründung schuldig, warum es zugunsten ihrer Vertragspartner, das heißt der Einkaufszentren bzw Geschäftsinhaber, einer derart kurzen Frist bedürfe. Das Veröffentlichungsbegehren sei berechtigt, weil die Möglichkeit der Nutzung der Wertkarten durch Nutzer, die ihren Wohnsitz außerhalb der in Rede stehenden Bundesländer hätten, nicht ausgeschlossen, letztlich in einem gewissen Umfang sogar naheliegend erscheine.

[7] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Auslegung der beiden Klauseln noch nicht Gegenstand höchstgerichtlicher Judikatur gewesen sei sowie zur Frage des Vorliegens von „begrenzten Netzen“ iSv § 3 Abs 3 Z 11 lit a ZaDiG 2018.

[8] Dagegen richtet sich die – von der Klägerin beantwortete – Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Klage abzuweisen, in eventu die Urteile der Vorinstanzen einzuschränken und jedenfalls die Beklagte zur Veröffentlichung der klageabweisenden Teile des Urteilsspruchs zu ermächtigen.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig , aber nicht berechtigt .

[10] 1.1. Die Beklagte macht geltend, die prozessgegenständlichen Klauseln seien einer Prüfung gemäß § 879 Abs 3 ABGB entzogen, weil sie Entgelte für Leistungen der Beklagten und somit die Hauptleistungen des Kunden regelten. Der Umstand, dass die beiden Entgelte (für Rücktausch und Bereithaltung) nur anfielen, wenn der Inhaber der Gutscheinkarte das Guthaben nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer eingelöst habe, stehe der Qualifikation als Hauptleistung nicht entgegen, fiele doch nach 6 Ob 13/16d auch die einmalige Kreditbearbeitungsgebühr als Hauptleistung des Kreditnehmers nicht unter die Inhaltskontrolle.

[11] 1.2. Das Berufungsgericht hat richtig darauf hingewiesen, dass die Ausnahme von der in § 879 Abs 3 ABGB verankerten Inhaltskontrolle – die Festlegung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten – möglichst eng zu verstehen ist und auf die individuelle, zahlenmäßige Umschreibung der beiderseitigen Leistungen beschränkt bleiben soll, sodass vor allem auch die im dispositiven Recht geregelten Fragen bei der Hauptleistung, also vor allem Ort und Zeit der Vertragserfüllung, nicht unter diese Ausnahme fallen (RS0016908); ebenso wenig etwa Bestimmungen, die die Preisberechnung in allgemeiner Form regeln oder die die vertragstypische Leistung in allgemeiner Form näher umschreiben, woraus sich ergibt, dass nicht schon jede die Hauptleistung betreffende Vertragsbestimmung der Kontrolle entzogen ist (RS0016931), sodass insbesondere Klauseln, die das eigentliche Leistungsversprechen einschränken, verändern oder aushöhlen, der Inhaltskontrolle zugänglich sind (RS0016908 [T5]); weiters dass Verfallsklauseln nicht unter die Ausnahme von der Inhaltskontrolle i Sd § 879 Abs 3 ABGB fallen (RS0016908 [T3]; RS0016688).

[12] 1.3. Hier liegt die vertragstypische Leistung in der Einlösungsmöglichkeit des Guthabens der Wertkarten in den Geschäften der Vertragspartner der Beklagten. Mit den gegenständlichen Klauseln wird die Abgeltung der Rücktausch- und Bereithaltungsverpflichtung der Beklagten, als vertragliche Nebenpflichten, geregelt. Die dafür zu zahlenden Entgelte stehen in keinem Austauschverhältnis zur Ausfolgung der auf einen bestimmten Betrag lautenden Wertkarte, handelt es sich doch bei der Vereinbarung eines „Entgelts“ für den Rücktausch nach den §§ 18, 19 E-Geldgesetz nicht um ein Entgelt im engeren Sinn, das einen Gewinnanteil enthält, sondern nur einen pauschalierten Aufwandersatzanspruch (vgl Haghofer in Vonkilch , E Geldgesetz 2010 §§ 18, 19 Rz 12).

[13] 1.4. Dass die von der Beklagten zitierte Entscheidung 6 Ob 13/16d nicht einschlägig ist, hat bereits das Berufungsgericht dargetan, zumal die dortige Bearbeitungsgebühr von vornherein betraglich festgelegt war und bereits bei Abschluss des Kreditvertrags zu zahlen war, sodass damit das eigentliche Leistungsversprechen nicht eingeschränkt, verändert oder ausgehöhlt wurde. Hier jedoch fallen die Entgelte erst bei Rücktausch bzw für das Bereithalten an. Die Rücktausch- und Bereithaltungspflichten werden isoliert von der Hauptleistungspflicht der Verschaffung der Einlösungsmöglichkeit der Wertkarten wahrgenommen (vgl RS0121187) und sind daher Nebenpflichten, die der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB zugänglich sind.

[14] 2.1. Die Beklagte argumentiert sodann, dass auch bei Geltung des § 879 Abs 3 ABGB eine gröbliche Benachteiligung zu verneinen wäre, zumal die Wertkarten unentgeltlich erworben werden können.

[15] 2.2. Dem kann nicht gefolgt werden: Es ist zwar richtig, dass eine benachteiligende Bestimmung in einzelnen Punkten bei einer hier vorzunehmenden Gesamtbetrachtung gerechtfertigt erscheinen mag (RS0016914 [T28]), allerdings ist in dieser Gesamtbetrachtung auch zu berücksichtigen, dass durch die in Rede stehenden Entgelte das Kartenguthaben bei nicht rechtzeitiger Einlösung nach einigen Jahren gänzlich aufgezehrt wird, was jedenfalls eine grobe Äquivalenzstörung begründet.

[16] 3.1. Die Beklagte wendet sich – wie schon in der Berufung – gegen die Anwendbarkeit des E Geldgesetzes, wobei sie sich auf die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs 3 Z 11 lit a zweiter Fall ZaDiG 2018 beruft.

[17] 3.2. § 1 Abs 1 E Geldgesetz bezeichnet als E Geld jeden elektronisch – auch magnetisch – gespeicherten monetären Wert in Form einer Forderung gegenüber dem E Geld Emittenten, der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird, um damit Zahlungsvorgänge iSv § 4 Z 5 des Zahlungsdienstegesetzes 2018 – ZaDiG 2018 durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem E Geld Emittenten angenommen wird. Die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs 3 Z 11 lit a ZaDiG 2018 bezieht sich auf Dienste, die auf bestimmten nur begrenzt verwendbaren Zahlungsinstrumenten beruhen (begrenzte Netze), die die Bedingung erfüllen, dass die Instrumente ihrem Inhaber gestatten, Waren oder Dienstleistungen lediglich in den Geschäftsräumen des Emittenten oder innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit einem professionellen Emittenten zu erwerben.

[18] 3.3. Das Berufungsgericht hat (ua gestützt auf ein FMA Rundschreiben, wonach für die Anwendung der Ausnahmebestimmung die Karte nur für ein einziges Outlet Village oder ein einziges Shopping Center zum Einsatz gelangen darf) die gegenständlichen Wertkarten nicht unter die genannte Ausnahmebestimmung subsumiert. Dies ist nicht zu beanstanden (vgl dazu auch die Materialien zum ZaDiG, EläutRV 11 BlgNR 26. GP 4), da zwei der – räumlich getrennten – Einkaufszentren, welche die Wertkarten der Beklagten nutzen, eine einheitliche, gemeinsame Gutscheinkarte verwenden, sodass diesbezüglich nicht mehr von einem begrenzten Netz von Dienstleistern ausgegangen werden kann (vgl auch 4 Ob 252/14h). Dieses Ergebnis wird auch dadurch gestützt, dass die Verwendung der Karte nicht auf ein eingeschränktes Produktsortiment reduziert ist, das heißt auf keine feste Zahl funktional verbundener Waren oder Dienstleistungen abzielt (vgl RL [EU] 2015/2366 ErwGr 13). Die Charakteristik der Karten als universell in zwei Einkaufszentren einsetzbares Zahlungsmittel zeigt, dass die Gutscheinkarten der Beklagten das Potential haben, als Zahlungsmittel für einen beliebig erweiterbaren Kreis von Unternehmen und unterschiedlichen Waren und Dienstleistungen zu dienen. Es bedarf daher nicht der – von der Beklagten begehrten – Einschränkung des Urteils auf die Gutscheinkarten der konkreten beiden Einkaufszentren.

[19] 4. Das Berufungsgericht hat den Nutzungsbedingungen der Beklagten zu den Punkten 7.3. und 10.2. zu Recht einen einheitlichen Regelungszweck unterstellt und in Bezug auf die in Punkt 2.1. festgelegte Gültigkeitsdauer gesetzt, sodass sie eine eigenständige Klausel (Klausel 1) darstellen. Dasselbe gilt für die als Klausel 2 zusammengefassten Punkte 2.1. und 10.5..

[20] 4.1. Nach ständiger Rechtsprechung zum Klauselbegriff des § 28 KSchG kommt es für die Qualifikation einer Klausel als eigenständig nicht auf die Gliederung des Klauselwerks an. Es kommt darauf an, ob ein materiell eigenständiger Regelungsbereich vorliegt, was der Fall ist, wenn die Bestimmungen isoliert voneinander wahrgenommen werden können (RS0121187). Das Erfordernis, den Klauselbegriff näher zu definieren, ergibt sich daraus, dass im Unterlassungsprozess nach § 28 KSchG keine Rücksicht auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Bedingungen genommen werden kann; für eine geltungserhaltende Reduktion ist kein Raum (RS0038205). Enthält eine Klausel jedoch materiell eigenständige Regelungsbereiche, ist eine isolierte Betrachtungsweise zulässig, weshalb es notwendig ist, einzelne Klauseln voneinander abzugrenzen (vgl Geroldinger , Klauselbegriff und „blue pencil test“ in der AGB-Rechtsprechung, ALJ 2/2015, 196 ff). Nach 8 Ob 108/21x ist es jedoch zulässig, mehrere Passagen aus den AGB zu einer Klausel zusammenzuziehen, wenn der Kläger auf dem Standpunkt steht, dass diese Passagen (nur) in ihrer Gesamtheit zu verstehen seien und deshalb nur als eine zusammenhängende Klausel betrachtet werden könnten. Für den Fall, dass die vom Kläger zusammengefassten Passagen entgegen seinem Vorbringen und seiner Auffassung nicht als Einheit aufzufassen sein sollten, wäre die Konsequenz eine isolierte Prüfung der dann in rechtlicher Hinsicht eigenständigen Klauseln auf ihre Zulässigkeit.

[21] 4.2. Auch bei isolierter Betrachtung würde sich am Ergebnis nichts ändern: Würde man die Regelung im Punkt 2.1. der Nutzungsbedingungen, wonach die Gutscheinkarte nach Ablauf von 12 Monaten ohne Rücktauschmöglichkeit ungültig wird, isoliert beurteilen, wäre dies jedenfalls gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB, denn Gutscheine verjähren erst nach Ablauf von 30 Jahren ab Erwerb. In der Entscheidung 3 Ob 179/20z wurde eine Verkürzung der Verjährungsfrist in den AGB auf drei Jahre als gröbliche Benachteiligung iSv § 879 Abs 3 ABGB beurteilt.

[22] 4.3. Zutreffend hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall die Verkürzung auf 12 Monate als gröblich benachteiligend erachtet, denn wenn auch bis zu 98 % der Inhaber die Gutscheine innerhalb der Gültigkeitsdauer einlösen, muss es sich bei den verbleibenden 2 % nicht um „sorglose“ Inhaber handeln, die kein Interesse an der Einlösung haben. Es können zahlreiche triftige Gründe gegeben sein, die sie an der rechtzeitigen Einlösung hindern. Die Klägerin verweist in ihrer Revisionsbeantwortung richtig auf die wiederholten Lockdowns in der letzten Zeit.

5. Klausel 1 – Entgelt für Rücktausch

[23] 5.1. Die Revisionswerberin macht geltend, das Entgelt für den Rücktausch des Guthabens vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der Wertkarte oder nach mehr als einem Jahr nach Ablauf deren Gültigkeitsdauer sei nicht gröblich benachteiligend iSv § 879 Abs 3 ABGB, weil ein Entgelt niemals gröblich benachteiligend sein könne. Seine Höhe könne zwischen den Parteien grundsätzlich frei vereinbart werden. Schließlich liege es im Ermessen des Verbrauchers, ob er die unentgeltliche Einlösung der Gutscheinkarte bzw den Rücktausch zwei Jahre lang unterlasse.

[24] 5.2. Dem ist entgegen zu halten, dass derartige Entgelte der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB unterliegen und demnach gröblich benachteiligend sein können (vgl 6 Ob 253/07k, Depotübertragungsgebühr ; 9 Ob 8/18v, Bereitstellungsgebühr für Konzertkarten ). Mit Ablauf der Gültigkeitsdauer der Karte endet das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Karteninhaber und die Beklagte hat nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen ein allenfalls noch vorhandenes Kartenguthaben auszufolgen. Dabei wird sie in Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung tätig, für die sie grundsätzlich kein Entgelt verlangen darf (vgl 9 Ob 8/18v). Zulässig wäre bloß, die konkret durch den Rücktausch verursachten Kosten zu begehren (vgl 4 Ob 227/06w, 4 Ob 112/04f, Telefonwertkarte ).

[25] 5.3. Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, warum es – abweichend vom grundsätzlich bestehenden Recht, mit einem Gutschein Waren innerhalb von 30 Jahren zu beziehen – einer derart kurzen Frist von einem Jahr zur Einlösung des Guthabens und bloß eines weiteren Jahres für die kostenfreie Rücktauschmöglichkeit bedarf. Bereits darin liegt eine gröbliche Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten. Diese ergibt sich aber auch aus den festgesetzten Beträgen für den Rücktausch, vor allem aus dem Mindestentgelt in Höhe von 2 EUR, zumal dies bei einem (Mindest )Gutscheinbetrag von 10 EUR zu einer Gebühr von 20 % des gesamten Gutscheinwerts führt, wofür eine sachliche Rechtfertigung fehlt.

[26] 5.4. Diese Unverhältnismäßigkeit folgt auch aus § 19 Abs 2 E Geldgesetz. Demnach sind Entgelte für den Rücktausch nur zulässig, wenn sie vorher wirksam gemäß Abs 1 vertraglich vereinbart worden und verhältnismäßig sind und in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlich entstandenen Kosten des E-Geld-Emittenten stehen. Das Gesetz ordnet damit ausdrücklich eine zweifache Verhältnismäßigkeit an, sodass das vereinbarte Entgelt auch hinsichtlich der vom E-Geld-Emittenten erbrachten Leistung (Höhe des rückzutauschenden Betrags) verhältnismäßig sein muss. Es darf daher kein bestimmter pauschaler absoluter Betrag bzw eine Mindestgrenze vereinbart werden, das vereinbarte Entgelt muss sich vielmehr zwangsläufig auch am jeweils rückgetauschten Betrag orientieren und ist insofern als Prozentsatz dieses Betrags festzulegen ( Haghofer in Vonkilch , E-Geldgesetz 2010 §§ 18, 19 Rz 12).

6. Klausel 2 – Bereithaltungsentgelt

[27] 6.1. Auch diese Klausel enthält für den Inhaber der Gutscheinkarte eine (gröblich) nachteilige Bestimmung iSd § 879 Abs 3 ABGB. Die Frist von 12 Monaten (wie auch eine Frist von 15 Monaten, in der eine abzugsfreie Verfügung möglich ist), ist nach Maßgabe der ständigen Rechtsprechung zu einschlägigen Sachverhalten unangemessen kurz. Dass es der Karteninhaber (durch rechtzeitige Einlösung des Guthabens) selbst in der Hand hat, das Anfallen des Bereithaltungsentgelts zu vermeiden, ist demgegenüber unmaßgeblich, geht doch der Inhaber des Gutscheins in der Regel davon aus, damit während eines längeren Zeitraums einkaufen zu können.

[28] 6.2. Laut 1 Ob 88/14v ist selbst die Verkürzung der Verjährungsfrist (von 30 Jahren) auf drei Jahre nicht ohne Weiteres sachlich gerechtfertigt; vielmehr bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung. Im vorliegenden Fall ist zwar kein Verfall des Kartenguthabens nach Ablauf der Gültigkeitsdauer von 12 Monaten vorgesehen, aber es wird ab dem vierten Monat nach Ende der Gültigkeitsdauer ein „monatliches Bereithaltungsentgelt“ von 2 EUR verrechnet. Vergisst daher der Karteninhaber darauf, die Karte zu verwenden, so führt diese Gebühr dazu, dass sich das Kartenguthaben jährlich um 24 EUR vermindert, was eine „Aufzehrung“ des Guthabens (von 10 EUR bis 150 EUR) binnen kurzer Zeit mit sich bringt. Für diesen schleichenden Verfall besteht keinerlei sachliche Rechtfertigung.

[29] 6.3. Nach dem der Entscheidung 7 Ob 22/12d, Thermengutscheine , zugrundeliegenden Sachverhalt verfielen die Gutscheine, die bei 118 Partnerbetrieben eingelöst werden konnten, nach zwei Jahren zur Gänze, was vom 7. Senat als gröblich benachteiligend eingestuft wurde. In 3 Ob 179/20z ging es um den Vertrieb von „Erlebnis-Geschenkboxen“, wobei die dortige Beklagte als Vermittlerin auftrat und sie selbst nicht die in den Gutscheinen angegebenen Leistungen oder Lieferungen von Waren zu erbringen, sondern nur dafür zu sorgen hatte, dass der Gutschein einen Anspruch auf Leistungserbringung durch Partnerunternehmen – sogenannte „Erlebnispartner“ – gewährt. Dazu traf der 3. Senat die Aussage, dass die Leistungen der Beklagten im Preis des Gutscheins enthalten seien, also vom Erwerber jedenfalls abgegolten würden. Es möge schon sein, dass es für die Beklagte betriebswirtschaftlich nicht möglich sei, den Preis länger als maximal vier Jahre zu garantieren. Werde der Gutschein nicht eingelöst, komme der vom Erwerber bezahlte Gesamtbetrag, der sowohl das Entgelt für die verbriefte Leistung als auch die Tätigkeit der Beklagten abdecke, der Beklagten allerdings sofort zugute, in welchem Fall sie aber um das Entgelt für die verbriefte Leistung (des Erlebnispartners) bereichert sei, ohne dass es dafür einen sachlich gerechtfertigten Grund gebe. Der 3. Senat gelangte daher zu einem Verstoß der Klausel gegen § 879 Abs 3 ABGB, wobei im dortigen Verfahren ein kompletter Verfall des Gutscheinwerts nach Ablauf einer Frist von drei bzw maximal vier Jahren drohte.

[30] 6.4. Die Beklagte verstößt mit der Klausel 2 auch gegen § 18 Abs 1 und gegen § 19 Abs 4 E-Geldgesetz. Nach § 18 Abs 1 E-Geldgesetz hat der Emittent dem Inhaber auf Verlangen jederzeit den monetären Wert des gehaltenen E Geldes zum Nennwert, unter Berücksichtigung von § 19 E Geldgesetz zu erstatten. Soweit in Vereinbarungen zulasten von E-Geld-Inhabern abgewichen wird, sind diese Bestimmungen unwirksam. Zu 4 Ob 252/14h wurde bereits ausgesprochen, dass die Rechtsprechung, wonach eine Verkürzung der Verjährungsfrist – bei Vorliegen eines sachlichen Grundes und keiner übermäßigen Erschwerung der Anspruchsverfolgung – auch in AGB zulässig ist (RS0034782; RS0034404; RS0016688), bei Geltung des E Geldgesetzes nicht anwendbar ist, zumal § 18 Abs 1 E Geldgesetz ausdrücklich vorsieht, dass vom jederzeitigen (mithin mindestens dreißigjährigen) Erstattungsrecht des E Geld Inhabers zu dessen Lasten nicht abgewichen werden darf. § 18 Abs 1 E-Geldgesetz ist damit lex specialis zu § 1502 ABGB, der nur dann zur Anwendung kommt, wenn nicht gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstoßen wird (RS0034404). Da dies hier der Fall ist, ist die Klausel jedenfalls unzulässig. Die Verrechnung des monatlichen Bereithaltungsentgelts ab dem vierten Monat ab Ende der Gültigkeitsdauer der Wertkarte, die den „schleichenden Verfall“ des Guthabens bewirkt, ist mit § 18 Abs 1 E Geldgesetz nicht vereinbar.

[31] 6.5. Nach § 19 Abs 4 E-Geldgesetz ist dem E Geld Inhaber bei einem Rücktausch bis zu einem Jahr nach Vertragsablauf der gesamte Nennwert des gehaltenen E Geldes zu erstatten. Da im vorliegenden Fall gemäß der Klausel 2 bereits ab dem vierten Monat ab Ende der Gültigkeitsdauer ein monatliches Bereithaltungsentgelt vorgesehen ist, wird damit auch gegen diese Bestimmung des E Geldgesetzes verstoßen.

[32] 7.1. Die Beklagte wendet sich auch in der Revision gegen die von den Vorinstanzen zuerkannte Urteilsveröffentlichung und deren Ausmaß. Zudem bringt sie vor, dass die Veröffentlichung der Veröffentlichungsermächtigung als Teil des Urteilsspruchs zur Aufklärung der Öffentlichkeit keinesfalls erforderlich sei. Dem ist entgegen zu halten, dass die Veröffentlichung der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung insofern einen Aufklärungswert besitzt, als damit klargestellt wird, dass das Gericht ein berechtigtes Interesse des Klägers zur Urteilsveröffentlichung bejaht hat und nicht etwa der Kläger aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten die    Veröffentlichung vornimmt (4 Ob 91/93).

[33] 7.2. Die Veröffentlichung österreichweit in einer Samstags-Ausgabe der „Kronen Zeitung“ wird durch den Umstand gerechtfertigt, dass die Wertkarten in Einkaufszentren in vier Bundesländern eingelöst werden können, die Beklagte österreichweit tätig ist und die Möglichkeit der Nutzung der Wertkarten durch Personen, die ihren Wohnsitz außerhalb dieser vier Bundesländer haben, naheliegend ist (vgl 6 Ob 242/15d mwN).

[34] 8. Zusammenfassend besteht der Klagsanspruch zur Gänze zu Recht. Der Revision der Beklagten ist somit nicht Folge zu geben.

[35] 9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.

Rechtssätze
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