JudikaturJustiz4Ob2029/96b

4Ob2029/96b – OGH Entscheidung

Entscheidung
30. April 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Graf und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gabriela J*****, 2. Eva Martina S*****, beide vertreten durch Dr.Friedrich Spitzauer und Dr.Georg Backhausen, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Franziska R*****, vertreten durch Dr.Peter Knirsch und Dr.Johannes Gschaider, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 8,961.191,94 sA, infolge Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 20.Dezember 1995, GZ 16 R 239/95-11, mit dem das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29.August 1995, GZ 23 Cg 67/95g-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerinnen sind schuldig, der Beklagten die mit S 42.759,89 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin S 7.126,65 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Adoptivvater der Klägerinnen, Dipl.-Ing.Dr.Walter O*****, ist am 24. März 1992 gestorben. Er hinterließ ein Testament vom 17.1.1992 mit einem Nachtrag vom 17.3.1991. Zum Alleinerben setzte er den "Verein *****" ein. Seine Witwe, Anneliese O*****, hatte am 14.August 1992 einen notariellen Erb- und Pflichtteilsverzicht abgegeben. Die beiden Klägerinnen setzte der Erblasser auf den Pflichtteil; er vermachte ihnen in Anrechnung auf ihren Pflichtteil je zur Hälfte Eigentumswohnungen in M***** und in W*****, und zwar unter der Auflage, daß sie die vom Erblasser unter Lebenden oder auf den Todesfall gemachten Schenkungen nicht anfechten und auch keine Anrechnung der Schenkungen auf den Pflichtteil begehren.

Mit Nachtrag zum Testamt vom 17.März 1992 vermachte der Erblasser der Beklagten das ihm allein gehörige Unternehmen "D***** Co.

Mit Vertrag vom 28.Oktober 1987 hatte der Erblasser der Beklagten auf den Todesfall Gemälde und Antiquitäten im Schätzwert von S 5,494.500,-- geschenkt; mit Schenkungsvertrag vom 28.Oktober 1987 die Liegenschaft EZ ***** der Katastralgemeinde O***** mit einem Schätzwert von 18 Millionen Schilling; mit Schenkungsvertrag vom 1. Februar 1991 die Liegenschaft EZ ***** der Katastralgemeinde U***** mit einem Schätzwert von 26,5 Millionen Schilling und, ebenfalls mit Schenkungsvertrag vom 1.Februar 1991, seine stille Beteiligung an der Dr.F. R***** GesellschaftmbH. Die stille Beteiligung ist laut Schätzung im Verlassenschaftsverfahren wertlos.

Bisher wurden der Beklagten weder die Liegenschaften noch die stille Beteiligung übertragen; Eigentümerin ist die Verlassenschaft.

Der Verein gab zum gesamten Nachlaß eine bedingte Erbserklärung ab, die zu 7 A 193/92, Bezirksgericht Hietzing, angenommen wurde. Dem Verein wurde die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses übertragen; der Nachlaß wurde bisher nicht eingeantwortet.

Die Klägerinnen begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, der Erstklägerin S 4,480.598,97 und der Zweitklägerin S 4,480.598,97 samt 4 % Zinsen seit 24.März 1992 bei sonstiger Exekution in den Gegenstand der Schenkungen vom 1.Februar 1991, nämlich die Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** U***** im Gerichtsbezirk H*****, bestehend aus den Grundstücken Nr. 134/3 Garten und 134/2 Baufläche, sowie in die stille Beteiligung an der Dr.F. R***** GesellschaftmbH (FN ***** des Handelsgerichtes Wien, EW-AZ des Finanzamtes für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk in Wien *****), binnen 14 Tagen zu zahlen.

Die Klägerinnen seien als Adoptivtöchter pflichtteilsberechtigt. Die Nachlaßaktiven beliefen sich auf S 124,057.974,90, die Nachlaßpassiven auf S 121,229,360,90. Nach Abzug der Sachverständigengebühren ergebe sich ein Reinnachlaß von S 2,282.581,40.

Der Erblasser habe über einen Teil seiner Vermögenswerte durch Schenkungen auf den Todesfall verfügt. Darüber hinaus habe der Erblasser seiner Ehefrau die Liegenschaftshälften EZ 1595, 1622 und 1651 der Katastralgemeinde A***** geschenkt. Die Klägerinnen hätten vorsichtshalber die Anrechnung sämtlicher Geschenke begehrt.

Die stille Beteiligung an der Dr.F. R***** GesellschaftmbH sei mit dem Buchwert von S 10,410.478,38 zu bewerten; unter Berücksichtigung dieses Wertes betrage der reine Nachlaß zuzüglich Vermächtnisse S 42,482.581,40 und die Bemessungsgrundlage für den Schenkungspflichtteil S 60,404.978,35; insgesamt ergebe sich somit eine Bemessungsgrundlage für den Pflichtteil von S 102,887.558,70. Das ergebe einen Pflichtteil von je S 25,721.889,67. Die Klägerinnen könnten die Verlassenschaft nur im Betrag von insgesamt S 42,482.581,40 in Anspruch nehmen. Für den Fehlbetrag von S 8,961.197,94 hafte die Beklagte als Beschenkte.

Die Klägerinnen hätten auch Klagen gegen Anneliese O***** und gegen den Nachlaß eingebracht. Im Verfahren gegen den Nachlaß verträten sie die Auffassung, daß die Schenkungen auf den Todesfall wie Legate zu behandeln seien. Wegen der drohenden Verjährung seien die Klägerinnen gezwungen, im Verfahren gegen die Beklagte einen anderen Rechtsstandpunkt zu vertreten.

Die der Beklagten geschenkte Liegenschaft EZ ***** Katastralgemeinde ***** U***** und die stille Beteiligung an der Dr.F. R***** GesellschaftmbH seien zusammen zum Todestag S 36,910.478,38 wert gewesen. Die Pflichtteilsansprüche der Klägerinnen seien mit dem Todestag fällig geworden.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.

Für den Pflichtteil der Klägerinnen hafte der Nachlaß. Für den Fehlbetrag hafte zunächst der zuletzt Beschenkte, das sei Anneliese O*****. Schenkungen auf den Todesfall seien zwar in die Pflichtteilsberechnung im Rahmen des § 785 ABGB einzubeziehen; der Pflichtteilsberechtigte müsse aber zunächst versuchen, den Pflichtteil aus dem Nachlaß und den Legaten zu befriedigen und könne erst dann auf die Schenkungen unter Lebenden und auf die Schenkungen auf den Todesfall greifen.

Die geschenkten Gemälde und Antiquitäten sowie die Liegenschaft E*****gasse 65 seien nicht einzubeziehen, weil sie mehr als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers einer nicht pflichtteilsberechtigten Person geschenkt worden seien. Die Eigentumswohnung in M***** falle nicht in die Zuständigkeit der österreichischen Abhandlungspflege; die Klägerinnen müßten sich aber dieses Legat anrechnen lassen. Da sich der Wert der Nachlaßaktiven demnach vermindere, betrage die Bemessungsgrundlage für den Pflichtteil S 82,971.000,24; das ergebe für die Klägerinnen einen Pflichtteil von zusammen S 41,485.512,--. Nach Abzug der Legate - die Wohnung in M***** sei 12 Mio. Schilling wert - verbleibe ein Pflichtteilsanspruch von zusammen S 28,285.512,--. Für seine Befriedigung reiche die der Beklagten als Legat zugekommene "D*****" E***** Co im Wert von 33 Mio. Schilling aus; insoweit habe die Beklagte den Pflichtteilsergänzungsanspruch der Klägerinnen anerkannt. Für einen allenfalls noch offenen Anspruch der Klägerinnen hafte Anneliese O***** als zuletzt Beschenkte.

Die stille Beteiligung an der Dr.F. R***** GesellschaftmbH sei wertlos.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Schenkungen auf den Todesfall seien keine Schenkungen iS des § 785 ABGB. Sie seien daher auch dann bei der Ausmessung des Pflichtteils zu berücksichtigen, wenn die Zwei-Jahres-Frist bereits abgelaufen sei. Schenkungen auf den Todesfall seien wie ein Vermächtnis zu behandeln und zählten für die Pflichtteilsberechnung zum Nachlaßvermögen. Die geschenkte Sache gehe mit dem Tod des Geschenkgebers nicht von selbst in das Eigentum des Beschenkten über; dieser habe nur einen Titel für den Erwerb des Eigentums in Händen.

Das der Beklagten auf den Todesfall geschenkte Vermögen befinde sich noch im Nachlaß. Die Klägerinnen müßten ihre Ansprüche daher gegen die Verlassenschaft richten; die Beklagte sei nicht passiv legitimiert.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Sowohl Legatare als auch Beschenkte hätten zur Aufbringung des Pflichtteils beizutragen. § 951 ABGB sei nur anzuwenden, wenn Schenkungen nach § 785 ABGB in die Pflichtteilsberechnung einzubeziehen seien. Schenkungen auf den Todesfall fielen nicht unter § 785 ABGB, weil das Geschenk im Vermögen des Geschenkgebers verbleibe. Ziel des Pflichtteilsrechtes sei es, den Pflichtteilsberechtigten an einem bestimmten Teil jenes Vermögens des Erblassers teilhaben zu lassen, das diesem zum Zeitpunkt seines Ablebens zur Verfügung gestanden sei. Zwar auf den Todesfall geschenkte, in Wahrheit aber dem Erblasser bis zu seinem Tod verbliebene Gegenstände seien daher der Pflichtteilsberechnung wie Vermächtnisse zugrundezulegen. Der Pflichtteilsberechtigte habe demnach nur eine Forderung gegen die Verlassenschaft oder die Erben, nicht aber auch gegen Legatare oder auf den Todesfall Beschenkte.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Klägerinnen ist zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof bisher nicht mit der Frage befaßt hat, ob der Beschenkte auf den Todesfall für die Klage des Pflichtteilsberechtigten passiv legitimiert ist; sie ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerinnen verweisen auf die Entscheidungen GlU 13062 und SZ 44/137. In beiden Entscheidungen werde die Auffassung vertreten, daß Schenkungen auf den Todesfall nicht als Vermächtnis, sondern als Vertrag anzusehen seien, wenn der Beschenkte sie angenommen, der Schenkende sich der Befugnis, die Schenkung zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat und eine schriftliche Urkunde darüber dem Beschenkten ausgehändigt wurde. Die Schenkungen seien daher nach § 951 ABGB anfechtbar.

Nach § 956 ABGB ist eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tode des Schenkenden erfolgen soll, mit Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten als ein Vermächtnis gültig. Nur dann ist sie als Vertrag anzusehen, wenn der Beschenkte sie angenommen, der Schenkende sich des Befugnisses, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat, und eine schriftliche Urkunde darüber dem Beschenkten ausgehändigt worden ist.

Die Rechtsnatur der Schenkung auf den Todesfall ist umstritten. Weiß in Klang**2 III 897, 910 unterscheidet zwischen Schenkungen auf den Todesfall, die als Vermächtnis anzusehen sind (kein Verzicht auf den Widerruf) und daher bei der Berechnung des Pflichtteils unberücksichtigt bleiben, und solchen iS des § 956 ABGB, die als Vertrag anzusehen und als schon bei Lebzeiten des Erblassers zustandegekommen zu betrachten sind. Diese Schenkungen haben, vom Zeitpunkt des Todes des Erblassers an, die Wirkung einer Schenkung unter Lebenden; die unwiderrufliche Schenkung unterliegt demnach der Hinzurechnung (s auch Ehrenzweig/Kralik, Erbrecht3, 300; Binder in Schwimann, ABGB IV/1 § 956 Rz 25; vgl auch Eccher in Schwimann, ABGB III § 785 Rz 5; Zemen, Zur Kürzung der Vermächtnisse nach § 783 ABGB, ÖJZ 1985, 65 [69]; GlU 13.062; SZ 44/137 = EvBl 1972/184; s auch JBl 1982, 44).

Nach der gegenteiligen, auf Ehrenzweig**2 II/2, 565, zurückgehenden Auffassung nimmt die Schenkung auf den Todesfall eine Mittelstellung zwischen den Geschäften unter Lebenden und von Todes wegen ein. Sie besteht in einem unter Lebenden abgeschlossenen Schenkungsvertrag, der erst nach dem Tode des Geschenkgebers - aus dessen Nachlaß - erfüllt werden soll (EvBl 1962/285; SZ 59/9 = NZ 1986, 210 [Czermak]; Schubert in Rummel, ABGB**2 § 956 Rz 1). Bei der Berechnung des Pflichtteils ist die Schenkung auf den Todesfall als Vermächtnis zu behandeln und daher vom Nachlaß nicht abzuziehen (Koziol/Welser 10 II 374 mwN; Welser, Neue Rechenaufgaben vom Gesetzgeber, NZ 1978,161 [165f]; ders. in Rummel, ABGB**2 § 785 Rz 9; Schubert aaO; JBl 1981, 593 = NZ 1981, 36; NZ 1988, 42 [Findeis]; s auch Stanzl in Klang**2 IV/1, 632, der die Schenkung auf den Todesfall einerseits § 951 ABGB unterstellt und den Beschenkten auf den Todesfall nicht als Vermächtnisnehmer behandeln will, andererseits aber ausführt, daß die Schenkung auf den Todesfall bei der Berechnung des Pflichtteils nicht abzuziehen sei; aaO 630 heißt es unter Hinweis auf § 785 ABGB, daß die Schenkung auf den Todesfall auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes in Anschlag zu bringen sei).

Welser, Neue Rechenaufgaben vom Gesetzgeber, NZ 1978, 161, verweist darauf, daß vor der Änderung des § 785 Abs 1 ABGB durch das BG BGBl 1978/280 Schenkungen "unter Lebenden" auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes bei der Berechnung des Nachlasses in Anschlag zu bringen waren. Die Änderung wurde damit begründet, daß die fraglichen Worte entbehrlich seien, weil auch eine Schenkung auf den Todesfall eine solche unter Lebenden sei, deren Besonderheit bloß darin liege, daß sie erst mit dem Tod des Schenkenden erfüllt werden solle (JA 916 BlgNR 14. GP 6).

Nach Welser, NZ 1978, 166, führt die Unterstellung der Schenkung auf den Todesfall unter § 785 ABGB nicht bloß zu einer umständlicheren Vorgangsweise; sie ist auch sachlich sehr zweifelhaft: Wenngleich die Erfüllung der Schenkung auf den Todesfall nicht vom Erleben des Anfalles durch den Beschenkten abhängt, entfaltet das Geschäft seine eigentliche Wirkung erst beim Tod des Erblassers. Insofern ist sie - was sie von jeder anderen Schenkung unterscheidet - doch ein Geschäft von Todes wegen. Der Erblasser behält ja das Geschenk bis zu seinem Ableben, erst dann erhält es der Begünstigte. Die vom Justizausschuß übernommene Auffassung hätte äußerst fragwürdige Konsequenzen: Der Erblasser kann durch ein Geschäft, das erst bei seinem Tode voll wirkt, die Pflichtteilsansprüche bezüglich seines ganzen gegenwärtigen (und der Hälfte des zukünftigen) Vermögens völlig vereiteln, wenn er mindestens zwei Jahre vor seinem Tod den Vertrag nach § 956 ABGB mit einer nicht pflichtteilsberechtigten Person schließt. Nach Welser aaO empfiehlt es sich daher, § 785 Abs 1 ABGB teleologisch zu interpretieren und als "Schenkungen des Erblassers" nur solche unter Lebenden zu verstehen; die Schenkung auf den Todesfall aber nicht zu diesen zu zählen, sondern sie nach dem Erbanfall für die Pflichtteilsberechnung wie ein Vermächtnis zu behandeln.

Dieser Auffassung ist der Oberste Gerichtshof in mehreren Entscheidungen gefolgt (JBl 1981, 593 = NZ 1981, 36 [Zweijahresfrist des § 785 Abs 2 ABGB gilt nicht]; MietSlg 33.188 [der auf den Todesfall Beschenkte tritt in das Bestandverhältnis ein]; EvBl

1987/198 = NZ 1988, 42 [Zweijahresfrist des § 785 Abs 2 ABGB gilt

nicht]; s auch SZ 59/9 = NZ 1986, 210 [auf den Todesfall geschenkte

Vermögenswerte sind in das Nachlaßinventar aufzunehmen] [Czermak]). Begründet werden die Entscheidungen mit dem Ziel des Pflichtteilsrechtes, den Pflichtteilsberechtigten an einem bestimmten Teil jenes Vermögens des Erblassers teilhaben zu lassen, das dem Erblasser zum Zeitpunkt seines Ablebens zur Verfügung gestanden ist. Dem Erblasser sind auch Vermögensstücke zur Verfügung gestanden, die er für den Fall seines Todes einem Dritten geschenkt hat. Es entspricht daher dem Zweck des Pflichtteilsrechtes, wenn man der Berechnung des Pflichtteiles auch zwar auf den Todesfall geschenkte, in Wahrheit aber faktisch dem Erblasser bis zu seinem Tod verbliebene Gegenstände wie Vermächtnisse zu Grunde legt.

Der erkennende Senat schließt sich auch für den vorliegenden Fall dieser Auffassung an. Wird aber der auf den Todesfall Beschenkte wie ein Legatar behandelt, dann ist er für die Pflichtteilsklage nicht passiv legitimiert:

Gemäß § 783 ABGB müssen in allen Fällen, wo einem Noterben der gebührende Erb- oder Pflichtteil gar nicht, oder nicht vollständig ausgemessen worden ist, sowohl die eingesetzten Erben, als auch die Legatare, nicht jedoch der Ehegatte mit dem gesetzlichen Vorausvermächtnis, verhältnismäßig zur vollständigen Entrichtung beitragen. Auf den Todesfall Beschenkte sind den Vermächtnisnehmern gleichzuhalten (Welser in Rummel, ABGB**2 § 783 Rz 4).

Der Erbe hat die Legate zu kürzen; er hat den Vermächtnisnehmern

weniger auszuzahlen und kann zuviel Geleistetes zurückfordern. Die

Pflichtteilsberechtigten selbst können ihre Ansprüche immer nur gegen

den Nachlaß oder den Erben geltend machen; sie können die

Vermächtnisnehmer in der Regel nicht direkt in Anspruch nehmen

(Welser aaO Rz 5 mwN; Ehrenzweig/Kralik 316f; SZ 45/36 = EvBl

1972/316 = NZ 1973, 186; SZ 63/39 mwN; aA Weiß aaO 896f).

Die Pflichtteilsberechtigten können daher auch den auf den Todesfall Beschenkten nicht direkt klagen. Die geschenkten, dem Beschenkten noch nicht übergebenen Sachen sind Teil des Nachlaßvermögens; sie gehen mit dem Tod des Erblassers nicht ohne Übergabe in das Eigentum des Beschenkten über. Bei Liegenschaften ist zum Eigentumserwerb des Beschenkten die Einverleibung erforderlich; sie kann aufgrund des mit der Aufsandungserklärung versehenen Schenkungsvertrages und der Sterbeurkunde begehrt werden, ein besonderer Beschluß des Abhandlungsgerichtes ist nicht erforderlich (Schubert aaO § 956 Rz 3). Die geschenkten Sachen sind in das Nachlaßinventar als Aktivum aufzunehmen, als gleichwertiges Passivum ist die Schuld an den Beschenkten auszuweisen (Schubert aaO; Stanzl aaO 632; Grabenwarter, Schenkung auf den Todesfall und Abhandlungspflege, ÖJZ 1988, 558; NZ 1984, 63; SZ 59/9 = NZ 1986, 210 [Czermak]; s auch RZ 1989/46; aA Binder aaO § 956 Rz 25 mwN, wonach die auf den Todesfall formgerecht verschenkten Objekte nicht in den Nachlaß des Zuwenders gehören).

Soweit der auf den Todesfall Beschenkte auch ohne Mitwirkung der Verlassenschaft (des Erben) Eigentümer werden kann, ist die Verlassenschaft (der Erbe) in der gleichen Position wie gegenüber einem Vermächtnisnehmer, dem zuviel geleistet wurde. Die Verlassenschaft (der Erbe) hat einen Rückforderungsanspruch; die Pflichtteilsberechtigten können den Rückforderungsanspruch pfänden und sich überweisen lassen (Welser aaO § 783 Rz 5; 2 Ob 593/93).

Als auf den Todesfall Beschenkte ist die Beklagte demnach für die Pflichtteilsklage nicht passiv legitimiert.

Die Revision mußte erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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