JudikaturJustiz4Ob14/13g

4Ob14/13g – OGH Entscheidung

Entscheidung
12. Februar 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Zöchbauer Frauenberger Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei K***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Ruggenthaler, Rest Borsky Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 35.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2012, GZ 1 R 74/12b 10, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 27. Jänner 2012, GZ 18 Cg 137/11b 6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.961,64 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 326,94 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind Medieninhaber von Tageszeitungen, die sich im Wesentlichen an gleiche Abnehmerkreise richten.

Die Beklagte veröffentlichte am 27. August 2011 in ihrer Salzburg Mutation einen eigenwerbenden Artikel, der mit einem Schaubild illustriert wurde, das die Überschrift „Die Lieblingszeitung der Salzburger“ aufweist. Darunter findet sich vor dem Hintergrund einer Werbedame mit dem Titelblatt der Zeitung der Beklagten ein Säulendiagramm, das die Zahl 61.222 (für die beworbene Salzburgausgabe der Zeitung der Beklagten) der Zahl 50.567 der weiteren Zeitung „Salzburger Nachrichten“ gegenüberstellt. Unter den beiden hervorgehobenen Zahlen ist deutlich kleiner, aber dennoch gut lesbar jeweils die Erläuterung „verkaufte Zeitungen“ gedruckt. Die genannten Zahlen wurden der (in Kleindruck seitlich) angegebenen und im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Inserats aktuellen Quelle (österreichische Auflagenkontrolle, erstes Halbjahr 2011) entnommen. Der nebenstehende Artikel mit eigener Überschrift (Schau in die „Krone“) enthält eine die Zeitung der Beklagten anpreisende „Geschichte“ und ansonsten einen Hinweis auf die nebenstehende Grafik („Die nüchternen Zahlen der Auflagenkontrolle finden Sie nebenstehend“).

Die Klägerin begehrte, der Beklagten zu verbieten, ihr periodisches Druckwerk wörtlich und/oder sinngleich als „Die Lieblingszeitung der Salzburger“ zu bewerben und/oder in sinngleicher Weise eine Spitzenstellung für die Zeitung in Anspruch zu nehmen, wenn das nicht nachweislich zutrifft, insbesondere wenn die Zeitung der Beklagten in Salzburg nicht in statistisch gesicherter Weise auch die höchste Reichweite erreicht. Damit verband die Klägerin auch ein Veröffentlichungsbegehren. Die beanstandete Werbung vermittle den Eindruck, die Salzburgausgabe der Zeitung der Beklagten verfüge in diesem Bundesland über die meisten Leser, was unwahr oder zumindest irreführend unvollständig sei.

Die Beklagte wendete ein, die Verkaufszahlen richtig dargestellt und diese mit dem Ausdruck „Lieblingszeitung“ bewertet zu haben. Die in Anspruch genommene Spitzenstellung beziehe sich nur auf die zutreffenden Verkaufszahlen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Grundsätzlich sei der Werbeslogan „Die Lieblingszeitung der Salzburger“ eine erkennbar nicht ernst gemeinte reklamehafte Übertreibung ohne Anspruch auf Glaubwürdigkeit. Nur im Zusammenhang mit den angegebenen Verkaufszahlen enthalte sie eine Tatsachenbehauptung, die aber zutreffe. An keiner Stelle im Artikel fänden sich Anhaltspunkte dafür, dass andere als die richtig angegebenen Verkaufszahlen Grundlage für die beanstandete Werbebehauptung sein könnten.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehlte, ob der Ausdruck „Lieblingszeitung“ irreführend sei, wenn er auf einem richtig dargestellten Vergleich der verkauften Auflage gründe und auch klar erkennbar sei, dass er sich nur auf diesen Aspekt beziehe. Nach dem maßgeblichen Gesamtzusammenhang der Werbeankündigung bestehe kein Zweifel, dass sich der in der Überschrift verwendete Ausdruck „Lieblingszeitung“ nur auf den auffällig dargestellten Vergleich der verkauften Auflage beziehe. Dies sei sachlich richtig. Es gehe aus der beanstandeten Äußerung klar hervor, welches von mehreren in Betracht kommenden Kriterien der in Anspruch genommenen Spitzenstellung herangezogen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin, mit der sie weiter die Stattgebung ihres Unterlassungs und Veröffentlichungsbegehrens anstrebt, ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Die Frage, wie die angesprochenen Verkehrskreise eine Werbeaussage verstehen und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und ist daher nicht erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO, soweit nicht eine krasse Fehlbeurteilung vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss (RIS Justiz RS0107771, RS0053112, RS0043000).

Die Aussage „Die Lieblingszeitung der Salzburger“ ist vorliegend nicht als Blickfang allein zu beurteilen (vgl RIS Justiz RS0078535, RS0078542), weil sie im Vergleich zu den sonstigen Angaben gerade nicht besonders herausgestellt wird, sondern das Säulendiagramm mit den hervorgehobenen Verkaufszahlen gleichermaßen in den Vordergrund tritt. Die von den Vorinstanzen vorgenommene Gesamtbeurteilung ist daher nicht zu beanstanden.

Ebenso vertretbar ist die Beurteilung, dass nach dem maßgeblichen Gesamteindruck weder eine marktschreierische Anpreisung noch die Behauptung einer generellen Spitzenstellung vorliegt. Diese wird vielmehr deutlich auf die angegebenen und als richtig zugestandenen Verkaufszahlen bezogen. Ist der Bedeutungsinhalt aber klar, muss der Werbende die ungünstigste denkbare Auslegung gerade nicht gegen sich gelten lassen (RIS Justiz RS0085169). Bezieht sich die beanstandete Werbung eindeutig auf die Verkaufszahlen, kommt es auf die Reichweite nicht an. Es bildet daher keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn die Vorinstanzen weder im Unterbleiben von Reichweitenangaben eine Irreführungseignung infolge Unvollständigkeit erblicken noch die Feststellung der Reichweitenverhältnisse für erforderlich hielten.

Die Klägerin hat der Beklagten die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der Revisionsbeantwortung gemäß §§ 41 und 50 ZPO zu ersetzen, weil sie auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hinwies.

Rechtssätze
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