JudikaturJustiz3Ob87/93

3Ob87/93 – OGH Entscheidung

Entscheidung
10. November 1993

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Angelika M*****, vertreten durch Dr.Rainer Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagten Parteien 1. Ortwin O*****, 2. Thomas T*****, und 3. Tatjana T*****, alle vertreten durch Dr.Manfred de Maijer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Einwendungen gegen die Räumungsexekution nach § 37 EO, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 9.Feber 1993, GZ 1 b R 11/93-113, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom 17.Oktober 1992, GZ 8 C 767/92-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 5.001,12 (darin S 833,52 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin lebt mit ihren drei Kindern im Wohnhaus ihres Ehegatten, der im März 1991 einen Immobilienmakler beauftragte, Käufer für die Liegenschaft und eine Ersatzwohnung für die Familie zu suchen. Im September 1991 hat die Klägerin eine Wohnung besichtigt und gemeint, diese komme für sie nicht in Frage. Die drei Beklagten wollten das Wohnhaus kaufen. Sie vereinbarten mit dem Makler einen Besichtigungstermin. Die Klägerin stellte sich ihrem Ehegatten gegenüber vorerst gegen die Besichtigung, war jedoch schließlich damit einverstanden; sie war jedoch aber bei dieser Besichtigung Mitte Jänner 1992 nicht zugegen. Den Beklagten wurde damals bekannt, daß sich im Obergeschoß des Hauses die Ehewohnung des Verkäufers befindet und daß seine Ehegattin dort wohnt. Anschließend an die Besichtigung kam es zu einer Einigung über den Kaufpreis und den Kaufgegenstand. Die Beklagten wußten nicht, daß sich die Klägerin gegen einen Verkauf des Hauses wehrte und nicht damit einverstanden war. Bei einem Telefongespräch nach der mündlichen Vereinbarung erklärte die Klägerin dem Zweitbeklagten, sie werde bald ausziehen, weil sie ein Reihenhaus in Aussicht habe. Sie gab nicht zu verstehen, daß sie nicht ausziehen wolle.

Die Klägerin erhob gegen ihren Ehegatten am 20.Feber 1992 die Klage auf Unterlassung jeder Verfügung über die Liegenschaft iSd § 97 ABGB. Mit einstweiliger Verfügung vom 6.März 1992 wurde dem Ehegatten die Belastung und Veräußerung der Liegenschaft und die Verfügung über den Veräußerungsrangordnungsanmerkungsbescheid verboten.

Am 25.Feber 1992 wurde der schriftliche Kaufvertrag vom Ehegatten der Klägerin und den Beklagten unterfertigt. Am selben Tag kam vor dem Bezirksgericht Dornbirn zu 5 C 149/92s ein gerichtlicher Vergleich zwischen dem Ehegatten der Klägerin und den Beklagten zustande, worin sich der Verkäufer verpflichtete, die Liegenschaft bis 30.April 1992 gänzlich zu räumen und den Beklagten zu übergeben.

Das Bezirksgericht Bregenz bewilligte den Beklagten am 9.Juni 1992 wider den verpflichteten Ehegatten der Klägerin die zwangsweise Räumung der Liegenschaft mit dem Wohnhaus. Diese Räumungsexekution ist auf Antrag der Klägerin am 25.Juni 1992 aufgeschoben worden.

Die Klägerin hat nämlich am 25.Juni 1992 mittels Klage gegen die Räumungsexekution Widerspruch nach § 37 EO erhoben. Die Exekutionsführung sei unzulässig. Bei der Bewilligung der Exekution sei nicht berücksichtigt worden, daß die zu räumende Liegenschaft immer noch im bücherlichen Eigentum des verpflichteten Ehegatten der Klägerin stehe und daß dieser verhalten worden sei, alles zu unterlassen und vorzukehren, daß die auf die Wohnung angewiesene Klägerin diese nicht verliere. Der Ehegatte der Klägerin habe im Zusammenspiel mit den Beklagten den Räumungsvergleich ausgeschlossen, damit die Klägerin die Wohnmöglichkeit in der Ehewohnung verliere. Dieses Vorgehen des Ehemannes und der Beklagten sei rechtsmißbräuchlich.

Die Beklagten traten dem Begehren entgegen. Ihnen sei nicht bekannt gewesen, ob und in welchem Umfang die Klägerin Rechte an dem Haus beanspruche. Sie hätten vom Eigentümer die Liegenschaft schon im Jänner 1992 gekauft. Am Tag der Unterfertigung des schriftlichen Kaufvertrages habe sich der Verkäufer zur Räumung der Liegenschaft verpflichtet.

Das Erstgericht wies das Exszindierungsbegehren ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest und meinte, es sei kein Zusammenwirken der Beklagten mit dem Ehegatten der Klägerin bewiesen, um diese aus der Wohnung zu bringen. Die Beklagten hätten nicht gewußt, daß sich die Klägerin gegen den Verkauf des Hauses sträube. Daß die Beklagten erfuhren, daß der Verkäufer verheiratet ist und daß seine Familie in dem Wohnhaus wohnt, reiche nicht aus, ein rechtsmißbräuchliches Zusammenwirken und einen Verstoß gegen § 97 ABGB anzunehmen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-

übersteigt und daß die (ordentliche) Revision zulässig sei. Es übernahm die erstrichterlichen Tatsachenfeststellungen und kam zu dem Ergebnis, die Beklagten seien bei Abschluß des der Räumungsexekution zugrunde liegenden gerichtlichen Vergleiches gutgläubig gewesen. Ihnen gegenüber könne die Klägerin aus § 97 ABGB keine Ansprüche ableiten. Die Beklagten seien berechtigt, ihren Räumungstitel durchzusetzen, wenn sie bei dessen Schaffung nicht wußten, daß die Klägerin auf diese Wohnung angewiesen sei, hatte sie doch sogar dem Zweitbeklagten versichert, daß sie ausziehen werde, weil sie ein Reihenhaus in Aussicht habe. Die Revision sei für zulässig zu erklären, weil sich der Oberste Gerichtshof noch nicht konkret mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob maßgebender Zeitpunkt der Gutgläubigkeit des Dritten der der Schaffung des Räumungstitels oder der des Exekutionsantrages sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig aber nicht berechtigt.

Der Anspruch des Ehegatten, dem die Wohnung, über die der andere verfügungsberechtigt ist, zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses dient, daß der Verfügungsberechtigte alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere (§ 97 ABGB idF nach Art 1 Z 1 EheRwG), wendet sich gegen den verfügungsberechtigten Ehegatten. Die Sanktion für eine Verletzung der dem über die Wohnung verfügungsberechtigten Ehegatten auferlegten Pflicht zum Unterlassen und Vorkehren beschränkt sich auf einen Schadenersatzanspruch. Der Erwerb der Liegenschaft durch einen Gutgläubigen wird schon im Interesse des Verkehrsschutzes nicht unwirksam (Schwind, EheR2, 78 Rz 4 zu § 97 ABGB; SZ 56/26). Gegen den Vertragspartner des verfügungsberechtigten Ehegatten hat der durch § 97 ABGB geschützte wohnbedüftige Ehegatten keinen unmittelbaren Anspruch (Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 97; EFSlg 32.861; 50.526; 53.087; 53.088; MietSlg 38.002/42; JBl 1991, 726 ua). Anders ist die Rechtslage, wenn der Vertragspartner des verfügungsberechtigten Ehegatten schlechtgläubig ist. Unter der Voraussetzung der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte besteht ausnahmsweise ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadenersatzanspruch gegen Dritte, wenn diese im arglistigen Zusammenwirken mit dem verfügungsberechtigten Ehegatten oder in Kenntnis des Forderungsrechtes des verletzten Ehegatten dessen Anspruch beeinträchtigen (Pichler in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 97; SZ 60/281 ua). Rechte, die aus § 97 ABGB abgeleitet werden, können dem Betreibenden mit Widerspruch nach § 37 EO entgegengehalten werden (SZ 60/281).

§ 97 ABGB begründet unter den dort angegebenen Voraussetzungen ein im Familienrecht wurzelndes Forderungsrecht eines Ehegatten gegen den anderen (EFSlg. 64.940/8; JBl. 1991/719 je mwN; Schwimann in Schwimann, ABGB, Rz 10 zu § 97 ABGB).

Der Lehre Koziols, Die Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte, folgend, gewährte die Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen (auf Naturalrestitution gerichtete) Schadenersatzansprüche gegen Dritte, die das dem Familienrecht entspringende Forderungsrecht beeinträchtigen. Koziol (zusammenfassend aaO 173 f) leitete in drei Fällen eine Außenwirkung des Schuldverhältnisses ab: Bei Eingriff in die Rechtszuständigkeit (diese liegt hier schon deshalb nicht vor, weil die Beklagten nicht das Recht der Klägerin selbst in Anspruch nehmen), bei Eingriff in die schuldnerische Willensbildung sowie gegen gewisse Eingriffe in das Befriedigungsrecht des Gläubigers. In diesen Fällen kommt der sonst relativen Rechtsbeziehung des Gläubigers zum Schuldner absoluter, potentiell gegen jedermann gerichtete Wirkung zu (Mayer-Maly in ZfA 1971, 197 verwendet hiefür das Bild einer "Relativierung der Relativität"). Die Lehre Koziols (zusammengefaßt wiedergegeben auch in Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 40 ff) hat sich in Österreich gegen ursprünglich erhobene Einwände (Buchbesprechung von Kramer-Schwimann in ÖJZ 1968, 195 f; Schwimann in ZAS 1969, 76 ff) in der Lehre bald durchgesetzt (Ostheim in ZAS 1969, 35 ff; Rummel in Rummel2 Rz 36 zu § 859; Apathy in Rummel2 Rz 13 f zu § 1053; derselbe in Schwimann, Rz 10 zu § 859;

derselbe in Publizianische Klage 87; Bydlinski in Klang2 IV/2 115;

Spielbüchler in Rummel2 Rz 11 zu § 431; vgl. Schilcher-Holzer in JBl 1974, 448 f; Lindinger in JBl. 1990, 697 ff). Es ist ihr aber auch die Rechtsprechung gefolgt. Bereits in der Entscheidung EvBl. 1969/58 wurde unter Berufung auf die Lehre Koziols ausgesprochen, daß dritte Personen die bestimmte Willensrichtung des Schuldners, auf die der Gläubiger ein Recht hat, nicht verändern dürfen. Da auf eine bestimmte Willensrichtung des Schuldners nur der Gläubiger ein Recht hat, ist die Handlung des Dritten, der einen schuldnerischen Willen in einer der Obligation widersprechenden Weise beeinflußt, grundsätzlich rechtswidrig. Der Gläubiger hat ein auch gegenüber Dritten geschütztes Recht auf eine obligationsgemäße Willensrichtung des Schuldners, die Rechtsordnung ist bestrebt, die Befriedigung des Gläubigers zu erreichen und kann es daher grundsätzlich auch Dritten nicht erlauben, Forderungsrechte schlechthin zu mißachten. Eine deliktische Haftung besteht schon dann, wenn der Beklagte bewußt zum Nachteil des Klägers gehandelt hat, ohne daß die besondere Schädigungsabsicht nach § 1295 Abs.2 ABGB zu erweisen wäre. An dieser Entscheidung hielt der Oberste Gerichtshof in der Folge fest (SZ 41/45 mit Glosse von Bydlinski in JBl. 1969, 215; SZ 49/75).

In zwei Bereichen trat eine Sonderentwicklung ein. Im Fall des Doppelverkaufes einer Liegenschaft folgte der Oberste Gerichtshof der Ansicht von Schilcher-Holzer in JBl. 1974, 445 ff, 512 ff, daß Besitz Ausdrucksmittel typischer Erkennbarkeit von Forderungsrechten sei und es zur Durchsetzung des schadenersatzrechtlichen Restitutionsanspruches genüge, wenn der Zweiterwerber infolge dieser Publizitätswirkung die obligatorische Position des Beeinträchtigten kannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit kennen mußte (JBl. 1977, 257; EvBl. 1981/144; EvBl. 1981/156; SZ 56/125; SZ 56/140; JBl. 1987, 318; SZ 63/186; SZ 63/221).

Eine Reihe weiterer Entscheidungen befaßte sich mit dem Eingriff Dritter in den sich aus § 97 ABGB ergebenden familienrechtlichen Anspruch des Ehegatten, daß derjenige, der über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt ist, alles zu unterlassen und vorzukehren hat, damit dieser die Wohnmöglichkeit nicht verliert. Die Rechtsprechung schwankt allerdings, ob der Dritte nur bei Vorsatz (MietSlg. 32.004/38; SZ 60/281; JBl. 1992, 704) oder auch bei fahrlässigem Eingriff (SZ 56/26; MietSlg. 38.003) schadenersatzpflichtig werden kann. Schwimann in Schwimann, Rz 11 zu § 97 ABGB spricht vom Durchschlagen eines "dogmatischen Chaos" und hofft, daß den Entscheidungen, die als Schuldform Fahrlässigkeit genügen ließen, energisch gegengesteuert werde. Allein diese Frage braucht hier nicht entschieden zu werden. Aus dem festgestellten Sachverhalt kann nämlich nur der Schluß gezogen werden, daß die Beklagten anläßlich des Abschlusses des Kaufvertrages und des Räumungsvergleiches nicht schlechtgläubig waren, haben sie doch das Haus besichtigt und erklärte die Klägerin einem von ihnen in einem späteren Telefonat, sie werde bald ausziehen, weil sie ein Reihenhaus in Aussicht habe. Wird die Außenwirkung von Forderungsrechten auf eine in welcher Schuldform immer erfolgten Eingriff in die schuldnerische Willensbildung gestützt, ist für die Beurteilung allein der Zeitpunkt des (Zweit )Vertragsabschlusses maßgebend (JBl. 1987, 317 unter Berufung auf Schilcher-Holzer in JBl. 1974, 515 f; vgl. auch JBl. 1991, 719).

Lindinger hat jüngst in JBl. 1990, 694 ff einen anderen Ausgangspunkt für die Außenwirkung von Forderungen entwickelt. Er führte aus (aaO 698 ff), dem Gläubiger komme es weniger auf die obligationsgemäße Willensausübung des Schuldners, sondern auf die Leistungsbewirkung an. Auf die reale Leistungsbewirkung habe er unabhängig vom schuldnerischen Willen auch ein Recht. Der Dritte beeinträchtige dieses Recht nicht nur, wenn er auf den schuldnerischen Leistungswillen in Richtung Vertragsbruch einwirke, sondern auch, wenn er in Kenntnis des fremden Forderungsrechts die schlichte Leistungsbewirkung vereitele. Das Recht auf die Leistungsbewirkung entfalte eine absolute Wirkung. Ein Dritter, der den Schuldner veranlasse, an ihn und nicht an den Gläubiger zu leisten, obwohl er von der Verpflichtung des Schuldners wisse, verwirkliche einen Unwerttatbestand, und zwar unabhängig davon, ob der Schuldner den Willen aufbringen könnte, das Einwirken des Dritten als Überredung zu erkennen. Aus einer Gesetzesanalogie zu § 86 GewO 1859 kommt Lindinger zum Schluß, daß Forderungsrechte insofern nach außen wirken, als der Gläubiger ein Recht auf Leistungsbewirkung hat, dieses Recht sei Schutzobjekt, Haftungsvoraussetzung sei allerdings, daß sich der Dritte zumindest ein Surrogat der Leistungsvereitelung zuwende. Er werde daher nicht schadenersatzpflichtig, wenn er den Leistungsgegenstand zerstöre oder den Schuldner am Körper versehre, ohne sich etwas zuzuwenden. Mit diesem Tatbestandsmerkmal werde trotz der Ausweitung des Schutzgegenstandes gegenüber der Lehre von Koziol Verkehrsfreiheit nicht in unzumutbarer Weise beeinträchtigt. Es sei nämlich jedermann durchaus zumutbar, fremde Verträge zu respektieren, wenn er sie kenne. Niemand solle sich mit dem Schaden eines anderen bereichern. Wer eine Leistung zu erlangen suche, von der er weiß, daß sie vertraglich einem anderen zustehe, der weiß auch, daß der Entfall der Leistung dem anderen schade, der Zufall der Leistung ihn selbst jedoch bereichere. Daran nichts Unrechtes zu finden, hieße, dem rechtlich stärkeren und schnelleren Vorzug gegenüber demjenigen zu geben, der bei seiner Betätigung im Geschäftsverkehr auf Rechte Dritter so weit achte, als er darauf achten könne, ohne unzumutbaren Nachforschungspflichten nachkommen zu müssen. Eine solche Nachforschungspflicht bestehe ohnehin nur dann, wenn das Recht auf die Leistung typisch erkennbar oder sozialtypisch offenkundig sei. Damit kommt Lindinger aber für den Fall des Ausnützens eines fremden Vertragsbruches zum selben Ergebnis wie Koziol. Auch Koziol, Beeinträchtigung 162 f, vertritt die Ansicht, daß dem Gläubiger ein Recht an der vom Schuldner zu leistenden Sache zusteht, das Recht des Gläubigers werde aber nicht gegen einen bloßen Angriff auf den Leistungsgegenstand geschützt; es bestehe kein besonderes Bedürfnis, in diesem Fall den Gläubiger zu schützen, weil sonst eine Verdoppelung des Rechtsschutzes eintreten werde, dem Gläubiger stehe das Recht zu, das stellvertretende Commodum herauszuverlangen. Sittenwidrigkeit liege aber vor, wenn die Handlung des Dritten den Zweck gehabt habe, den Gläubiger zu schädigen (vgl. dagegen Löwisch,

Der Deliktsschutz relativer Rechte [1970] 61, 66 ff, 147, der zwar relative Rechte nur gegen subjektiv-finale Verletzungen, gegen zweckgerichtete nicht gerechtfertigte Eingriffe schützen will, dann aber auch dem Käufer einen Schadenersatzanspruch zubilligt, wenn ein Dritter bewußt durch Zerstörung des Kaufgegenstandes schädigend in den Leistungsanspruch eingreift).

Es bleibt daher zu prüfen, ob den Beklagten im vorliegenden Fall eine bewußte Ausnützung des fremden Vertragsbruches zur Last liegt. Nach Koziol, Beeinträchtigung 168, werde dann, wenn bei Geldforderungen auf das schuldnerische Vermögen gegriffen wird, nicht das dem Leistensollen gegenüberstehende Forderungsrecht des Gläubigers verwirklicht, sondern jenes, das der Vermögenshaftung des Schuldners gegenübersteht und ein von jenem zu unterscheidendes Recht darstelle. Dieses werde am besten als Befriedigungsrecht bezeichnet. Er legt dar, daß die Rechtsordnung das Befriedigungsrecht des Gläubigers auch gegenüber dritten Personen schützen will und damit das Befriedigungsrecht mit absoluter Wirkung ausgestaltet. Nur durch die Anerkennung eines derartigen absoluten Befriedigungsrechtes könnten die bisher kaum im Zusammenhang gesehenen und dann nicht zu erklärenden Regelungen des Anfechtungsrechtes und der Vermögensübernahme verstanden werden, um zwanglos mit dem gesamten Privatrechtssystem in Einklang gebracht zu werden (aaO 171). Das Befriedigungsrecht genieße daher schadenersatzrechtlichen Schutz. Bedeutsam werde der Tatbestand der Beeinträchtigung des Befriedigungsrechtes zB bei der Ausnutzung eines Vertragsbruches des Schuldners, denn diese Fälle seien mit dem Recht des Gläubigers auf einen obligationsgemäßen Willen des Schuldners nicht zu erfassen (aaO 207; siehe auch die zusammengefaßten Ausführungen in Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 53 ff).

Daraus folgt, daß die Beklagten nach den Behauptungen der Klägerin bewußt deren Befriedigungsrecht (die ihr zustehende Leistungsbewirkung durch ihren Gatten) mißachtet und damit gegen ein der Klägerin zustehendes absolutes Recht verstoßen haben. Die Prüfung der weiteren Anspruchsvoraussetzungen führt aber zum Ergebnis, daß der Anspruch der Klägerin dennoch nicht berechtigt wäre, weil die Beklagten nicht rechtswidrig handelten.

Es ist heute allgemein anerkannt, daß aus einer Beeinträchtigung eines absoluten Rechtes allein noch nicht zwingend auf die Rechtswidrigkeit des in das Recht Eingreifenden geschlossen werden kann, mag auch im Regelfall in der Handlung ein gewisses Indiz für das Vorliegen der Rechtswidrigkeit gelegen sein. Ob ein Verhalten rechtswidrig war, kann nur aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung beurteilt werden (VersR 1993, 639; SZ 64/36; SZ 56/124 mwN; Mayrhofer-Ehrenzweig, Schuldrecht, Allgemeiner Teil3 271 mwN in FN 25). Nun ordnet § 1305 ABGB, der gerade auf materiellrechtliche Ansprüche anzuwenden ist (vgl. SZ 59/159 mwN) an, daß, wer von seinem Recht innerhalb der rechtlichen Schranken Gebrauch macht, den für einen anderen daraus entspringenden Nachteil nicht zu verantworten hat. Innerhalb dieser Grenzen ist die Rechtausübung erlaubt (Mayrhofer-Ehrenzweig aaO 269). Die Beklagten verfolgen nun gerade ein Recht, dessen Erwerb nicht zu beanstanden ist, mit den im Gesetz vorgesehenen Mitteln. Grundsätzlich sind die Interessen der einzelnen Gläubiger, von ihrem Schuldner volle Befriedigung zu erlangen, gleichwertig und werden von der Rechtsordnung auch gleichermaßen geschützt. Daraus folgt - liegen nicht besonders subjektiv gefärbte Tatbestände vor (vgl Karollus, Funktion und Dogmatik der Haftung aus Schutzgesetzverletzung 212 f) -, niemand seine eigenen Interessen hinter jene der anderen zurückzustellen hat (Koziol, Beeinträchtigung 210 f). Eine solche auf subjektive Momente zurückzuführende Verschiebung der Interessenlage zugunsten der Klägerin wurde von ihr nicht einmal behauptet.

Die Vorinstanzen haben daher letztlich zutreffend das Klagebegehren abgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 und auf § 50 Abs 1 ZPO.

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