JudikaturJustiz1Ob2263/96t

1Ob2263/96t – OGH Entscheidung

Entscheidung
03. Oktober 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag.Walter U*****, vertreten durch Dr.Gerhard Richter und Dr.Rudolf Zahlbruckner, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Franz A*****, und 2. Maria A*****, beide ***** vertreten durch Dr.Johann Grosch, Rechtsanwalt in Leibnitz, wegen Feststellung (Streitwert S 30.000, ), infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichts vom 18.April 1996, GZ 5 R 350/95 47, womit das Urteil des Bezirksgerichts Wildon vom 26.Juli 1995, GZ C 12/92 40, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Prozeßkosten.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Inhaber der Fischereirechte am Fischwasser „K***** - beide Ufer mit Lahnen“ von der Gemeindegrenze K*****/W***** bis zur Gemeindegrenze K*****/W*****. Die Beklagten sind je zur Hälfte Eigentümer der EZ 27 KG K***** mit dem Grundstück 468/2. Auf diesem Grundstück erstreckt sich die „Z*****lahn“ entlang der Grenze zum Grundstück 468/1, das im Eigentum eines Nachbarn der Beklagten steht. Bis zur Errichtung der Autobahn A 9 und der Regulierung der K***** in den Jahren 1976 bis 1979 befanden sich im Bereich der Z*****lahn mehrere Tümpel mit Fischbestand. Danach trockneten diese infolge des abgesunkenen Wasserspiegels weitgehend aus. Nach der Errichtung eines Kraftwerks im Jahre 1988 stieg das Grundwasser wieder an und die verbliebenen Mulden der Z*****lahn vernäßten wieder. 1990 errichtete der Erstbeklagte gemeinsam mit seinem Grundnachbarn durch Vertiefung und Erweiterung dieser Mulden zwei wasserrechtlich und naturschutzbehördlich genehmigte, durch einen Damm getrennte Teiche. Der Zufluß zu diesen Teichen erfolgt durch Oberflächen und Sickerwässer (Grundwasser) aus den umliegenden Grundstücken, der Abfluß durch ein Betonrohr in einen Begleitgraben der K*****.

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß ihm das Fischereirecht im Sinne des § 1 des Steiermärkischen Fischereigesetzes 1983, LGBl 1983/33 (in der Folge FG 1983), an jenem Altarm („Lahn“) samt Erweiterung durch den Aushub zweier Teiche zustehe, soweit sich diese auf dem den Beklagten eigentümlichen Grundstück 468/2 befinden. Die Beklagten hätten die Lahn vertieft und erweitert und dadurch einen Teich geschaffen. Die strittige Lahn sei nie völlig ausgetrocknet gewesen; die errichtete Teichanlage stelle keine künstliche Wasseransammlung oder Teichwirtschaft im Sinne der §§ 3 ff FG 1983 dar.

Die Beklagten wendeten ein, dem Kläger stehe das Fischereirecht an der von ihnen und ihrem Grundnachbarn geschaffenen Teichanlage nicht zu. Das Fischereirecht sei zufolge völliger Austrocknung der Lahn und einer an den ehemaligen Fischereiberechtigten geleisteten Entschädigungszahlung erloschen. Weiters behaupteten sie Freiheitsersitzung aufgrund jahrelanger Nichtausübung der Fischereirechte durch den Kläger bzw. dessen Rechtsvorgänger.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Bei den Teichen handle es sich um eine künstliche Wasseransammlung im Sinne des § 3 Abs.5 FG 1983; eine den Fischzug gestattende Verbindung mit dem Hauptgewässer im Sinne des § 5 leg. cit. bestehe in der Regel nicht. Der Fischzug werde durch eingesetzte Gitter und Rückstauklappen verhindert. Es stehe daher das Fischereirecht den Grundeigentümern und nicht dem Kläger zu.

Das Berufungsgericht hob das Urteil auf und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands S 50.000, - übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Bei der Z*****lahn handle es sich um eine natürliche Wasseransammlung im Sinne von § 3 Abs.2 FG 1983. Sie sei ein linksufriger Altarm der K*****, in dem bis zur Errichtung der A 9 und der Regulierung des Flusses in den Jahren 1976 bis 1979 mehrere Tümpel mit Fischbestand vorhanden gewesen seien. Danach seien die Tümpel infolge des gesunkenen Grundwasserspiegels weitgehend ausgetrocknet. Nach Errichtung eines Kraftwerks im Jahre 1988 sei das Grundwasser wieder angestiegen; die verbliebenen Mulden der Lahn seien wieder vernäßt. Erst 1990 habe der Erstbeklagte durch Vertiefung und Erweiterung dieser Mulden zwei durch einen Damm getrennte Teiche errichtet. Eine totale Verlandung der Z*****lahn sei nie eingetreten, weshalb das Fischereirecht des Klägers bzw. seines Rechtsvorgängers bestehen geblieben sei. Angesichts des Charakters der Z*****lahn als natürliche Wasseransammlung sei es irrelevant, ob in diesen Wasseransammlungen Fische vorhanden gewesen seien bzw. ob die Lahn vor Errichtung der beiden Teiche mit dem Flußbett der K***** in Verbindung gestanden sei. Es sei auch unwesentlich, ob derzeit eine Zuzugsmöglichkeit zwischen der K***** und der Z*****lahn bestehe. Obwohl der Rechtsansicht des Gerichts erster Instanz, es handle sich um eine künstliche Wasseransammlung im Sinne des § 3 Abs.5 FG 1983, nicht beigetreten werde, sei eine abschließende Beurteilung nicht möglich, weil von den Beklagten eingewendet worden sei, daß infolge Leistung einer Entschädigungszahlung an den Rechtsvorgänger des Klägers dessen Fischereiberechtigung an der Z*****lahn erloschen sei. Weiters müsse der Einwand erledigt werden, die Beklagten hätten die Freiheit von jedweder Dienstbarkeit gemäß § 1488 ABGB ersessen.

Der von den Beklagten gegen diesen Aufhebungsbeschluß erhobene Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob die beiden im Bereich der Z*****lahn errichteten Teiche natürliche oder künstliche Wasseransammlungen sind, läßt sich aufgrund der vom Gericht erster Instanz getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen allein nicht verläßlich beurteilen:

Nicht alle Gerinne und Wasseransammlungen, die durch menschliche Einwirkungen entstanden sind, sind als künstliche Gewässer anzusprechen. Unter künstlichen Wasseransammlungen im Sinne des FG 1983 sind nämlich lediglich solche Anlagen zu verstehen, in denen das Wasser aus den Niederschlägen oder Zuflüssen in einem hiezu hergestellten Behälter (Teich oder dergleichen) gesammelt wird, nicht aber Anlagen aufgrund der Umgestaltung eines (natürlichen) Gewässers, insbesondere auch aufgrund der Vornahme von Ausbaggerungen (NZ 1996, 139; 1 Ob 9, 10/91; SZ 51/160; 5 Ob 32/69; Kaan Leopold , Steiermärkisches Fischereigesetz 1964, Anm.21 zu § 3). Zweck der wasserrechtlich bewilligten Ausbaggerung war zweifellos die Anlegung von zumindest auch der Fischzucht dienenden Teichen. Eine automatische Ausweitung eines privatrechtlichen Fischereirechts auf einen neu entstandenen Wasserlauf tritt zwar grundsätzlich nicht ein (SZ 47/88), doch verlieren natürliche Wasseransammlungen dadurch, daß sie durch Bauten (Ausbaggerungen) verändert werden, die Eigenschaft eines natürlichen Wassers noch nicht. Es muß nur immer Wasser vorhanden gewesen sein und die Möglichkeit bestanden haben, Fische auszusetzen; das Aussterben der Fische für sich allein kann einem Untergang der dienstbaren Sache im Sinne des § 525 ABGB nicht gleichgehalten werden (vgl. 5 Ob 32/69; SZ 36/82). Ein Fischereirecht kann zwar nur soweit ausgeübt werden, als überhaupt ein Gewässer vorhanden ist (SZ 47/88), trifft das aber zu und ist in einem solchen Gewässer auch die Fischerei möglich, dann steht dem Fischereiberechtigten die Ausübung seines Rechtes in all jenen Wasseransammlungen zu, die sich jeweils in dem Bereich, in dem ihm das Fischereirecht zusteht, gebildet haben. Die Vorteile, die sich für die Fischerei durch die (natürliche) Umgestaltung eines Gewässers ergeben, kommen dem Fischereiberechtigten zugute (SZ 51/160). Das Fischereirecht erlischt nur dann, wenn die Fischerei infolge vollständiger Verlandung des bisherigen Wasserlaufs gar nicht mehr ausgeübt werden könnte; dann ist ein in diesem Bereich späterhin errichteter Teich als (neue) künstliche Wasseransammlung anzusehen und steht das Fischereirecht im Teich daher den Gewässereigentümern zu (NZ 1996, 139).

Bei Bedachtnahme auf diese Rechtslage reichen die Feststellungen der Vorinstanzen nicht aus, um die derzeit bestehenden Teiche den natürlichen oder den künstlichen Wasseransammlungen zuordnen zu können. Festgestellt wurde, daß bis zur Regulierung der K***** in den Jahren 1976 bis 1979 im Bereich der Z*****lahn mehrere Tümpel mit Fischbestand vorhanden gewesen seien, die infolge des gesunkenen Grundwasserspiegels danach weitgehend ausgetrocknet seien. In den noch vorhandenen feuchten Mulden seien keine Fische mehr vorhanden gewesen. Nach der Errichtung eines Kraftwerks im Jahre 1988 sei der Grundwasserspiegel wieder angestiegen, und die verbliebenen Mulden der Zinklahn seien wieder vernäßt. 1990 habe der Erstbeklagte gemeinsam mit seinem Grundnachbarn durch Vertiefung und Erweiterung dieser Mulden zwei durch einen Damm getrennte Teiche errichtet. Der Zufluß zu diesen Teichen erfolge durch Oberflächen und Sickerwässer (Grundwasser) aus den umliegenden Grundstücken, der Abfluß durch ein Betonrohr in einen Begleitgraben der K*****. Wie schon das Gericht zweiter Instanz zutreffend ausgeführt hat, bedeutet totale Verlandung, daß das Fischereirecht nicht mehr ausgeübt werden kann (NZ 1996, 139). Zur Ausübung dieses Rechts genügt aber nicht, daß irgendwelche „feuchte Mulden“ vorhanden sind, vielmehr muß auch die Möglichkeit bestehen, im vorhandenen Gewässer Fische auszusetzen (vgl. 5 Ob 32/69; SZ 36/82); andernfalls wäre das Fischereirecht mangels der Möglichkeit der Ausübung des Fischfangs erloschen (NZ 1996, 139). Die Feststellungen der Vorinstanzen lassen keinen verläßlichen Schluß darauf zu, daß die vorhandenen Wasseransammlungen auch das Aussetzen von Fischen und damit den Fischfang ermöglichten. Zwar waren die Tümpel nach der Regulierung der K***** in den Jahren 1976 bis 1979 nur „weitgehend“ ausgetrocknet, daß in den vorhandenen „feuchten Mulden“ das Aussetzen von Fischen und damit der Fischfang möglich gewesen wäre, kann den vorinstanzlichen Feststellungen dagegen nicht entnommen werden. Wäre letzteres nicht der Fall gewesen, müßte man wohl von einer völligen Verlandung der Z*****lahn ausgehen. Wäre aber trotz des Umstands, daß in den vorhandenen Wasserflächen keine Fische vorhanden waren die Fischzucht und damit der Fischfang in einigermaßen erheblichem Umfang möglich gewesen, dann könnte von einer Verlandung der Lahn und dem damit verbundenen Erlöschen des Fischereirechts des Klägers keine Rede sein. Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren zunächst zu klären haben, wie die nach der K*****regulierung noch vorhandenen „feuchten Mulden“ beschaffen waren, insbesondere ob darin das Aussetzen von Fischen und damit eine Fischzucht jederzeit möglich gewesen wären. Die vom Berufungsgericht gegen das Vorliegen einer totalen Verlandung zusätzlich angeführten Argumente sind schon deshalb nicht stichhaltig, weil die hiezu zitierten Bescheide der Verwaltungsbehörde (Beilagen 1 und 2) aus dem Jahre 1989 stammen und zu dieser Zeit aufgrund der festgestellten Erhöhung des Grundwasserspiegels durch die Errichtung eines Kraftwerks im Jahre 1988 jedenfalls wieder eine Vernässung der Mulden eingetreten war.

Nur dann, wenn die Wasserflächen aufgrund der nach Ergänzung des Beweisverfahrens zu treffenden Feststellungen über die Beschaffenheit der Wasseransammlungen zwischen 1976 und 1988 als natürliche Wasseransammlungen zu beurteilen wären, müßten sich die Vorinstanzen mit den im Verfahren erster Instanz erstatteten weiteren Einwänden der Beklagten, die Fischereiberechtigung des Klägers sei aus anderen Gründen erloschen bzw hätten die Beklagten die Freiheit von jedweder Dienstbarkeit ersessen, befassen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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