JudikaturJustiz16Ok43/05

16Ok43/05 – OGH Entscheidung

Entscheidung
17. Oktober 2005

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Birgit Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Manfred Vogel und Dr. Gerhard Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Fidelis Bauer und Dr. Erich Haas als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin und gefährdeten Partei M***** KG, *****, vertreten durch Giger, Ruggenthaler Partner Rechtsanwälte KEG in Wien, wider die Antragsgegnerinnen 1. S***** GmbH, 2. M***** AG, *****, beide vertreten durch Gugerbauer Partner Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und einstweiliger Verfügung, über die Rekurse der Antragstellerin und gefährdeten Partei sowie der Antragsgegnerinnen und Gegnerinnen der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 28. Februar 2005, GZ 26 Kt 479/04-11, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerinnen haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin ist Verlegerin der Tageszeitungen "Kronen Zeitung" und "KURIER", die bundeslandweise in unterschiedlichen Mutationsausgaben erscheinen. Die Antragstellerin nimmt alle technischen und kommerziellen Belange der "Tiroler Krone" und des "KURIER Tirol" wahr.

Die Erstantragsgegnerin ist Medieninhaberin der Tageszeitungen "Tiroler Tageszeitung" und "Die NEUE Zeitung für Tirol" (im Folgenden: "NEUE"), die seit 25. 9. 2004 erscheint. Die Zweitantragsgegnerin hält alle Anteile an der Erstantragsgegnerin. Im Verlagsgeschäft der Tageszeitungen werden Umsatzerlöse sowohl durch den Zeitungsverkauf als auch durch den Anzeigenverkauf erzielt. Abgestellt auf die Bedarfträger dieser Bereiche ist in sachlicher Hinsicht zwischen dem Lesermarkt und dem Anzeigenmarkt zu unterscheiden. Zwischen den einzelnen Werbemedien (klassisch:

Printmedien, Fernsehen, Kino, Radio und Plakat, neuere Kommunikationsinstrumente: Direktwerbung, Prospektwerbung, Online-Werbung, "Sponsoring", "Productplacement" uä) besteht eine gewisse Substituierbarkeit; in ihren Kommunikationsmerkmalen unterscheiden sich die einzelnen Werbemedien aber teilweise erheblich voneinander. Das Kartellgericht geht in seiner bisherigen Praxis davon aus, dass im Bereich der Werbung jedes Werbemedium, das sich in seinen Eigenschaften signifikant von den anderen verfügbaren Werbemedien unterscheidet, in sachlicher Hinsicht einen eigenen Markt bildet. Insbesondere wurde bisher das Anzeigengeschäft der Tageszeitungen als ein von den anderen Werbemedien unabhängiger Markt gesehen und sachlich und räumlich entsprechend dem Lesermarkt abgegrenzt. Im Anlassfall kann nicht festgestellt werden, dass sich diese Sachlage im Wirtschaftszweig der Werbung mittlerweile so geändert hat, dass die Kunden der Werbewirtschaft und die Werbe- und Medienagenturen unterschiedliche Werbemedien als gleichwertig und austauschbar betrachten.

Auf dem Tiroler Tageszeitungsmarkt sind die Tiroler Tageszeitung, die Tiroler Krone und der KURIER Tirol zu rund 98 % verbreitet. Bei rein regional betriebener Werbung steht den Anbietern auch im Bereich der Wirtschaft regelmäßig eine Vielzahl von Nachfragern gegenüber; Anzeigen im Anzeigenteil von Tageszeitungen werden von Privatpersonen intensiv nachgefragt. Rund 80 % der Bevölkerung Tirols ab 14 Jahren - das sind etwa 442.000 Personen - lesen zumindest eine Tageszeitung. Die wichtigsten österreichischen Tageszeitungen für Tirol haben folgende Leserzahlen und Reichweiten (Media-Analyse 2003):

Tageszeitung Leser pro Ausgabe Reichweite

Tiroler

Tageszeitung 340.000 61,7 %

Tiroler Krone 173.000 31,4 %

KURIER Tirol 23.000 4,2 %

Der STANDARD 20.000 3,6 %

Die PRESSE 16.000 2,9 %

Kärntner Krone/

Kärntner

Tageszeitung 14.000 2,6 %

Kleine Zeitung 12.000 2,2 %

Salzburger

Nachrichten 8.000 1,4 %

In Tirol lesen nur etwa 80 % der Bevölkerung regelmäßig eine Tageszeitung, in Kärnten sind es 90 %. Aus dem Vergleich der in diesen Bundesländern bestehenden Abonnements an Tageszeitungen der jeweils wesentlichen Titel, umgelegt auf die Anzahl der Haushalte, errechnet sich ein Potential von 40.000 Haushalten, die in Tirol noch mit Tageszeitungen im Abonnementvertrieb versorgt werden könnten. Der KURIER Tirol erschien im ersten Quartal 2004 im Wochenschnitt (Montag bis Samstag) in einer Druckauflage von 8.525 (verbreitete Auflage Inland: 5.108; verbreitete Auflage Tirol: 5.012; Auflagenverkauf gesamt: 4.423), die Tiroler Krone in einer Druckauflage von 56.435 (verbreitete Auflage Inland: 50.302, verbreitete Auflage Tirol:

50.102; Auflagenverkauf gesamt: 47.212). Bei der Tiroler Tageszeitung belief sich die Druckauflage im genannten Zeitraum durchschnittlich auf 123.922. Davon wurden 115.982 im Inland gesamtverbreitet, 113.671 Stück waren es in Tirol. Verkaufen konnte die Tiroler Tageszeitung von der Gesamtauflage durchschnittlich 92.521 Stück. Der klassische Werbemarkt (Print, TV, Kino, Plakat und Radio) umfasste in Österreich im Jahr 2003 ein Volumen von rund 2 Mrd EUR. Davon entfiel auf die Werbung in Tageszeitungen ein Betrag von rund 550 Mio EUR. Die Antragstellerin brachte es im Printmedienbereich auf ein Werbevolumen von rund 255 Mio EUR insgesamt (Kronen Zeitung, Krone bunt, KURIER, KURIER Freizeit, TV-Woche und Regionalzeitungen). Die Tiroler Tageszeitung erwirtschaftete mit Anzeigen ein Umsatzvolumen von 30,535 Mio EUR, das sind 1,6 % des Gesamtumsatzes, die Tiroler Krone Volumen von 906.000 EUR, der KURIER Tirol von 74.000 EUR. Der Gesamtwert aller Einschaltungen in Tiroler Printmedien liegt, unter Einrechnung des auf Tirol entfallenden Anteils "nationaler" Schaltungen in der Tiroler Krone und des KURIER Tirol, bei rund 70 Mio EUR. Der Anteil der Tiroler Tageszeitung daran beträgt rund 44 %.

In einer Presseaussendung vom 16. 8. 2004 wurde "Die NEUE Tageszeitung für Tirol" auszugsweise wie folgt angekündigt:

„Den 25. September 2004 hat die Tiroler Moser Holding als Starttermin für ihre Neue Tageszeitung fixiert. Die "NEUE", ein auch Sonntag erscheinendes Kleinformat, legt sich die Latte hoch: 17 % Reichweite in ihrem Bundesland - das entspricht 85.000 Lesern - soll die "Zeitung für Tirol" (so der Untertitel) bereits nach wenigen Monaten erreichen. Als Grundlage der ambitionierten Erwartungen nennt Elmar Konzett, Sprecher für den Vorstand der Moser Holding, "die Verbindung eines durchdachten und konsequent verwirklichten, absolut zeitgemäßen Konzeptes mit innovativen Vertriebsideen". Hinsichtlich Positionierung, Blattlinie und Redaktion ist "die NEUE" vollkommen eigenständig. ... Konzett: "Publizistisch ist unsere zwei-Marken-Strategie absolut trendscharf. Die Synergieeffekte kommen aus den Bereichen wie Produktion, Marketing und Verkauf. Dafür sorgt das bewährte Firmennetz der Moser Holding, die auch Eigentümer der marktführenden "Tiroler Tageszeitung" (TT) ist. Die NEUE will primär Lesergruppen ansprechen, die noch keine ausgeprägte Tageszeitungsaffinität haben. Hier besteht laut Konzett eine "deutliche Lücke auf dem Tiroler Medienmarkt": So lesen derzeit rund 80 % der Tiroler regelmäßig eine Tageszeitung, während es z.B. in Kärnten 90 % sind. Allein daraus ergebe sich für die NEUE ein Potential von bis zu 40.000 Haushalten. "Wir wollen beweisen, dass auch heute im traditionellen Medium Tageszeitung noch viele Innovationen möglich sind. Das gilt unter anderem für eine klare Positionierung, wie sie bei Fernsehen und Radio seit langem selbstverständlich ist. Wir denken hier vor allem an die angeblichen Zeitungsmuffel zwischen 20 und 30 Jahren", umreißt der designierte Chefredakteur Peter Plaikner (bisher stellvertretender Chefredakteur der TT), das Ziel der "Zeitung für junge Menschen jeden Alters". Zu der im Vorfeld kolportierten Einordnung als Boulevardzeitung hat Plaikner eine differenzierte Haltung: "Die NEUE wird flott, urban und kritisch sein. Durchaus emotional, unterhaltsam und auch frech. Mit starkem Rückgrat, aber Raum für Meinungsvielfalt. Wenn man diesen journalistischen Zugang Boulevard nennen will - dann gerne." Für "Die NEUE" hat Plaikner "Journalisten eines modernen Typus, thematisch und handwerklich vielseitige Allrounder" rekrutiert. Gemeinsam wollen sie auch ein "vollkommen neues Konzept für den Dialog zwischen den Lesern und ihrer Zeitung" umsetzen.(...)"

Vertriebspreise:

Tageszeitung Wochentage Abonnement Einzelpreis

Tiroler

Tageszeitung Mo-Sa 17 0,9

Tiroler Krone Mo-So 14,4 0,9

Die „Neue"* Die-So 10 0,5

Salzburg Mo-So 14,4 0,9

Krone

OÖ Nachrichten Mo-So 14,4 0,9

* Preise ab 25.9.2004

Umgelegt auf sechs Tage ergibt sich rechnerisch ein Abonnementpreis

von 12,34 EUR für die Tiroler Krone. Die Tiroler Krone und die NEUE

weisen einen unterschiedlichen Seitenumfang auf. Vom 25. 9. bis 27.

10. 2004 hatte die Tiroler Krone durchschnittlich um rund 43 % mehr Seiten als die NEUE. Dabei traten auch beim redaktionellen Teil Unterschiede von bis zu mehr als 50 % auf. Die Tiroler Krone wird überdies einmal wöchentlich ohne Aufpreis mit der Beilage "Krone Bunt" verkauft. Diese wies im genannten Zeitraum jeweils zwischen 80 und 96 Seiten auf. Zur NEUEn gibt es keine Beilage. Gemessen an der Seitenzahl ergibt sich für den Abonnementvertrieb ein "kalkulatorischer Seiten-Preis" von 0,00676 für die NEUE, von 0,00683 für die Tiroler Krone und von 0,00565 für die Tiroler Krone samt Krone Bunt.

Die Markteinführung der NEUEN erfolgte zugleich mit dem neuen

Anzeigenprodukt "Top Tirol", bei dem die Erstantragsgegnerin die

Einschaltung von Anzeigen in der Tiroler Tageszeitung mit jener in

der NEUEN im Anzeigenteil bündelt. Anzeigenraum im Anzeigenteil nur

einer dieser Tageszeitungen kann seit damals nicht mehr gebucht

werden; eine Einzelbelegung bietet die Erstantragsgegnerin nur mehr

für die Textteile der Zeitungen an. Folgende Übersichten geben die

Preise des Produktes "Top Tirol" im Vergleich mit den Preisen für

Anzeigen im Anzeigenteil anderer Tageszeitungen in Euro-Beträgen

wieder

Preise pro Millimeter und Spalte

Tageszeitung Preis-Farbe Preis-Farbe

wochentags Wochenende

Tiroler

Tageszeitung* 4,27 5,08

Tiroler Krone 2,07 (Mo-Do,Sa) 2,05 (So)

2,27 (Fr)

KURIER Tirol 11,20 (Mo-Mi) 13 (Sa,So)

12,10 (Do,Fr) 12,90 (Sa-

Frühbucherbonus)

Top Tirol ** 4,39 5,22

Salzburg Krone 3,02 (Mo-Do,Sa) 3,55 (So)

3,36 (Fr)

OÖ Krone 5,31 (Mo-Do) 5,40 (Sa)

5,51 (Fr) 5,87 (So)

Tageszeitung Preis-s/w Preis-s/w

Wochentag Wochenende

Tiroler

Tageszeitung* 2,91 3,46

Tiroler Krone 1,53 (Mo-Do,Sa) 1,85 (So)

1,68 (Fr)

KURIER Tirol 9,20 (Mo-Mi) 10,90 (Sa, So)

9,90 (Do, Fr) 10,60 (Sa-

Frühbucherbonus)

Top Tirol ** 2,99 3,56

Salzburg Krone 2,24 (Mo-Do,Sa) 2,63 (So)

2,49 (Fr)

OÖ Krone 3,93 (Mo-Do) 4,00 (Sa)

4,08 (Fr) 4,35 (So)

* Preise bis 24.9.2004

** Preise ab 25.9.2004

Sonntagspreise gelten auch für Feiertage, s/w steht für schwarz/weiß

Seitenpreise

Tageszeitung Farbe Farbe

wochentags Wochenende

TT *

Gesamtseite 14.688,8 17.475,20

Junior Page *** 7.045,00 8.382,00

Tiroler Krone 3.291,30 (Mo-Do,Sa) 3.975

3.609,30 (Fr)

KURIER Tirol 22.848 (Mo-Mi) 26.520 (Sa,So)

24.684 (Do,Fr) 26.316 (Sa-

Frühbucherbonus)

Top Tirol ** 15.101,6 17.956,8

Salzburg Krone 4.801,80 (Mo-Do,Sa) 5.644,50 (So)

5.342,40 (Freitag)

Oberösterreich 8.442,90 (Mo-Do) 8.586 (Sa)

Krone 8.760,90 (Fr) 9.333,30 (So)

Tageszeitung schwarz/weiß schwarz/weiß

wochentags Wochenende

TT *

Gesamtseite 10.010,40 11.902,4

Junior Page *** 4.801,50 5.709,00

Tiroler Krone 2.432,70 (Mo-Do,Sa) 2.941,50 (So)

2.671,20 (Fr)

KURIER Tirol 18.768 (Mo-Mi) 22.236 (Sa,So)

20.196 (Do,Fr) 21.624 (Sa-

Frühbucherbonus)

Top Tirol ** 10.285,6 12.246,4

Salzburg Krone 3.561,60 (Mo-Do,Sa) 4.181,70 (So)

3.959,10 (Fr)

Oberösterreich 6.248,70 (Mo-Do) 6.360 (Sa)

Krone 6.487,20 (Fr) 6.916,50 (So)

* Tiroler Tageszeitung, Preise bis 24.9.2004

** Preise ab 25.9.2004

*** Format der Junior Page entspricht jenem der Kronen-Zeitung und

der NEUEn (ON 4, AS 39, unstrittig).

Sonntagspreise gelten auch an Feiertagen

Anzeigen im Textteil sind wegen ihres signifikant höheren Auffälligkeitswertes für die werbetreibende Wirtschaft deutlich attraktiver als Anzeigen im Anzeigenteil, sie sind daher allgemein erheblich teurer. Erfordernis für eine Buchung im Textteil ist eine Mindestabnahme von 40 mm.

Die Antragsgegnerinnen erwarten sich von der Zusammenfassung der Anzeigenteile ihrer Tageszeitungen Synergien in den Bereichen Produktion, Marketing und Verkauf. Ein getrennter Verkauf der Anzeigen in den Anzeigenteilen der beiden Medien würde einen höheren administrativen Aufwand verursachen, in welchem Ausmaß, ist allerdings nicht bescheinigt. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die gemeinsame Bewirtschaftung von Anzeigenraum im Anzeigenteil dieser Medien betriebswirtschaftlich unerlässlich für den Verlag und Vertrieb der NEUEn ist, die Aufrechterhaltung getrennter Anzeigenteile dagegen mit so hohen Kosten verbunden wäre, dass eine Herausgabe der neuen Zeitung in diesem Fall wirtschaftlich nicht vertretbar wäre. Nicht bescheinigt sind die durchschnittlichen Gesamtkosten eines Exemplars der NEUEn, der Anteil der variablen Kosten an den Gesamtkosten dieser Zeitung. Dass die mit der NEUEn erzielten Vertriebs- und Anzeigenpreise nicht kostendeckend sind, steht nicht fest. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die Preisgestaltung beim Vertrieb der NEUEn und des Anzeigenproduktes "Top Tirol" auf einer von den Verantwortlichen der Antragsgegnerinnen verfolgte Unternehmensstrategie beruht, andere Tageszeitungen, insbesondere die Kronen Zeitung oder den KURIER, vom Tiroler Markt zu verdrängen.

Die Antragstellerin beantragt festzustellen, dass die Antragsgegnerinnen auf dem Markt der Herausgabe und des Vertriebs von Tageszeitungen in Tirol sowie dem Anzeigenmarkt in Tageszeitungen in Tirol eine marktbeherrschende Stellung besitzen und diese missbräuchlich ausüben. Zur Abstellung dieses Missbrauchs stellte sie Haupt- und Eventualanträge, die sie gleichzeitig zum Gegenstand des folgenden Sicherungsantrags machte:

I. Den Antragsgegnerinnen wird geboten, ab sofort bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Sachantrag die Herausgabe und den Vertrieb einer neuen Tageszeitung für das Bundesland Tirol, insbesondere der „Die NEUE Zeitung für Tirol" zu unterlassen, wenn

a) deren Einzelvertriebspreis und/oder Abonnementpreis nicht mindestens 75 % des Vertriebspreises der Tiroler Krone beträgt;

b) und/oder Einschaltungen von Anzeigen im Anzeigenteil nur mehr gleichzeitig in der Tiroler Tageszeitung und der "Die NEUE Zeitung für Tirol" angeboten werden;

c) und/oder wenn die Veröffentlichung von Inseraten gleichzeitig in der Tiroler Tageszeitung und "Die NEUE Zeitung für Tirol" angeboten wird, soferne für die zusätzliche Veröffentlichung derartiger Inserate in "Die NEUE Zeitung für Tirol" nicht mindestens 75 % des bisherigen Inseratenpreises der Tiroler Tageszeitung verlangt wird ("Hauptbegehren");

II. Den Antragsgegnerinnen wird verboten

a) die Herausgabe und der Vertrieb der "Die NEUE Zeitung für Tirol" zu einem Einzelpreis von weniger als 0,70 EUR, jedenfalls aber zum Einzelpreis von 0,50 EUR bzw zum Abonnementpreis von weniger als 12 EUR, jedenfalls aber von 10 EUR im Monat;

b) die zwingende Koppelung der Einschaltung von Anzeigen im Anzeigenteil der "Tiroler Tageszeitung" und der "Die NEUE Zeitung für Tirol";

c) die Veröffentlichung von gleichartigen Inseraten gleichzeitig in der "Tiroler Tageszeitung" und der "Die NEUE Zeitung für Tirol", soferne hiefür ein Preis begehrt wird, der nur geringfügig über jenem Preis liegt, der vor dieser Koppelung für die Einschaltung eines solchen Inserates in der Tiroler Tageszeitung verlangt worden ist ("Eventualbegehren").

Die marktbeherrschende Stellung der Antragsgegnerinnen in Tirol ergebe sich aus Leseranzahl, Reichweite und Anzeigenvolumen der Tiroler Tageszeitung. Im Vergleich zur Tiroler Tageszeitung stagniere die Tiroler Krone in der erkämpften Marktposition in relativ geringer Größe; der KURIER Tirol nehme auf dem Tiroler Markt eine zu vernachlässigende Größe ein. Der Marktmachtmissbrauch der Antragsgegnerinnen bestehe darin, dass diese die NEUE in Aufmachung und Preisgestaltung gezielt als Konkurrenzblatt zur Tiroler Krone auf den Markt gebracht habe. Diese Zeitung, die sich in Positionierung und Blattlinie deutlich von der Tiroler Tageszeitung abhebe, solle Leser gewinnen, die nicht durch die Tiroler Tageszeitung angesprochen würden; damit solle in den Lesermarkt der Antragstellerin eingebrochen werden. Angesprochen werde das "Boulevard". Der massive Angriff auf die Position der Tiroler Krone in Verdrängungsabsicht ergebe sich aus der Gestaltung der Verkaufspreise und der Anzeigenpreise für die NEUE: Während diese zum Einzelpreis von 0,50 EUR und zum Abonnementpreis von monatlich 10 EUR vertrieben werde, seien Tiroler Tageszeitung und Tiroler Krone im Einzelverkauf zum Preis von 0,90 EUR, im Abonnement zu monatlich 14,40 EUR und 17 EUR erhältlich. Die niedrigen Vertriebspreise der NEUEn im Einzelverkauf und im - regelmäßig knapp kalkulierten - Abonnement könnten nicht kostendeckend sein. Das Preisverhältnis zu den anderen Tageszeitungen spreche eindeutig dafür, dass weder die durchschnittlichen Gesamtkosten noch die variablen Kosten gedeckt seien. Es müsse eine Quersubventionierung durch die Tiroler Tageszeitung vorliegen, die zwar betriebswirtschaftlich verständlich sei, aber einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung darstelle. Seit dem Erscheinen der NEUEn werde überdies das neue Anzeigenprodukt "Top Tirol" angeboten. Dieses Produkt zwinge bei Anzeigen im Anzeigenteil zur Bündelbelegung von Tiroler Tageszeitung und NEUEr. Die Millimeterpreise für derartige Einschaltungen seien wesentlich höher als der neue Kombinationstarif. Durch die zwangsweise Koppelung von Raumanzeigen in beiden Tageszeitungen der Antragsgegnerinnen werde deren wirtschaftliche Position noch verstärkt. Es sei schwer nachzuvollziehen, dass die nach dem Vorbringen der Antragsgegnerinnen durch die Bündelbelegung zu erzielenden Synergieeffekte den Endverbrauchern zugute kommen sollen. Für deren Behauptung, dass die Markteinführung der NEUEn ohne die Bündelbelegung praktisch unmöglich wäre, fehle jegliches Substrat. Der "Inseratenverbund" sei ohne jede wirtschaftliche Notwendigkeit geschaffen worden, wobei dafür ein Preis verlangt werde, der mit 4,39 EUR je Millimeter (und Spalte) nur marginal über dem bisherigen Millimeterpreis von 4,27 EUR für Anzeigen in der Tiroler Tageszeitung liege, sodass er weder die variablen noch die Gesamtkosten decken könne. Die Antragstellerin befinde sich in der Kostenfrage in einem Beweisnotstand; sie sei außer Stande, die Kostenstruktur der Antragsgegnerinnen darzustellen. Die aufgezeigten Aspekte sprächen aber für Unterkostenverkäufe und für eine gezielte Marktverdrängung. Die Markteinführung der NEUEn sei zudem durch weitere Preissenkungen bei Abonnements und Anzeigen unterstützt worden. Die Aktivitäten der Antragsgegnerinnen seien auf eine weitere Verstärkung der eigenen Marktmacht und die Verdrängung der Antragstellerin vom Markt ausgerichtet. Durch den Vertrieb und das Anzeigengeschäft der Tiroler Tageszeitung seien so hohe Erträge erzielbar, dass damit die NEUE als "Kampfblatt" leicht finanziert werden könne. Gerade die dominante Stellung der Tiroler Tageszeitung auf dem Markt dieses Bundeslandes ermögliche es, Einschaltungen in dieser unvergleichlich teurer als jener in der Tiroler Krone zu verkaufen. Mit dem Marktauftritt des neuen Mediums werde auch nicht die Medienvielfalt gefördert, weil es aus demselben Haus wie die Tiroler Tageszeitung stamme.

Die Antragsgegnerinnen beantragten die Abweisung des Sicherungsantrags. Der Tageszeitungsmarkt sei sachlich und räumlich mit den Lesern im Bundesland Tirol abzugrenzen. Die Abgrenzung des Anzeigenmarktes parallel zum Lesermarkt decke sich aber nicht mehr mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten. Zwischen den Werbemedien und Werbeformen bestehe vielmehr eine hohe Substituierbarkeit. Es seien daher alle substituierbaren Werbeformen in den relevanten Produktmarkt einzubeziehen. Die Verlagsgruppe der Antragstellerin erziele auf dem österreichischen Tageszeitungsmarkt, gemessen an Auflagen und Reichweiten, einen Marktanteil von über 50 %; bezogen auf die Nettoreichweite ergebe sich ein Marktanteil von 67 %. In Tirol habe die Tiroler Krone eine Reichweite von 31,4 %, der Kurier Tirol eine Reichweite von 4,2 %. Es sei daher auch die Antragstellerin als Medieninhaberin der genannten Tageszeitungen marktbeherrschend. Die Leserzahl der Tiroler Krone sei in den letzten 13 Jahren um 165 % gestiegen, jene der Tiroler Tageszeitung um nur 31,6 %. Die Tiroler Tageszeitung sei am regionalen Tageszeitungsmarkt Tirol zwar Marktführer, sie sei allerdings einem starken Wettbewerb durch die Medien der Antragstellerin, insbesondere die Tiroler Krone ausgesetzt. Dies zeige sich nicht zuletzt an der von der Antragstellerin über Jahre betriebenen Niedrigpreispolitik in Tirol. Die Antragstellerin setze ihre aus überragender Marktmacht am nationalen Tageszeitungsmarkt resultierende Finanzkraft gezielt gegen die Tiroler Tageszeitung ein. Der von der Antragstellerin angestellte Vergleich der Anzeigenpreise der Tiroler Tageszeitung und der Tiroler Krone sei nicht geeignet, eine marktbeherrschende Stellung ersterer nachzuweisen. Bei der Beurteilung der Marktstellung anhand der Werbevolumina seien auch die "nationalen" Schaltungen in der Tiroler Krone zu berücksichtigen. Dies ergebe ein Werbevolumen der Antragstellerin von insgesamt über 250 Mio. EUR. Demgegenüber komme die Tiroler Tageszeitung auf ein Werbevolumen von nur knapp über 30 Mio. EUR. Zu berücksichtigen wäre überdies auch die Werbung im Krone-Hitradio Tirol, das vor einigen Monaten gestartet worden sei. Regional sei die Tiroler Tageszeitung einem wesentlichen Wettbewerb von regionalen Radiosendern, Wochenzeitungen und Magazinen, deren Vertriebsschwerpunkt Tirol sei, ausgesetzt. Ausgehend von einem regionalen Werbemarkt seien die nationalen Werbeumsätze zumindest anteilig zu berücksichtigen. Unter Einbezug der substituierbaren Werbeformen erreiche die Tiroler Tageszeitung die Marktanteilsschwelle der Marktbeherrschungsvermutung nicht. Die NEUE habe ihren Schwerpunkt in der regionalen Berichterstattung und wolle jene Lesergruppen ansprechen, die noch keine ausgeprägte Beziehung zu einer Tageszeitung hätten. Ein Vergleich mit dem Anteil der Bevölkerung, der in Kärnten regelmäßig eine Tageszeitung lese, ergebe für die NEUE in Tirol ein Potential von bis zu 40.000 Haushalten. Die NEUE werde sich verstärkt um junge, weibliche und urbane Leserschichten bemühen und vor allem die Altersgruppe zwischen 20 und 40 Jahren, in der sich die meisten Nichtleser befänden, abdecken. Sie hebe sich sowohl von der Tiroler Tageszeitung als auch von den Medien der Antragstellerin ab. Die Festlegung des Abonnementpreises für die NEUE habe sich an den Vorgaben der Presseförderung orientiert. Der Seitenumfang einer Tageszeitung sei ein wesentlicher Kostenfaktor. Der "kalkulatorische Abonnementpreis" pro Seite" der Tiroler Krone sei niedriger als jener der NEUEN. Durch die Bündelbelegung "Top Tirol" seien Synergieeffekte in den Bereichen Produktion, Marketing und Verkauf zu erwarten und Kosten einzusparen, was letztlich den Endverbrauchern zugute komme. Infolge der zu erzielenden Synergieeffekte sei die Bündelbelegung sachlich gerechtfertigt. Die unterschiedlichen Millimeterpreise für "Top Tirol" im Anzeigenteil einerseits und den Millimeterpreisen für die NEUE im Textteil andererseits ließen sich damit erklären, dass es sich um unterschiedliche, miteinander nicht vergleichbare Produkte handle. Die Antragstellerin sei nicht zur Gänze von der Beweis- und Bescheinigungslast entbunden. Sie habe die variablen Kosten oder Grenzkosten zumindest dem Anschein nach zu bescheinigen, allenfalls durch einen Vergleich mit den eigenen Vertriebskosten. Die Antragstellerin habe aber auch eine Verdrängungsstrategie nicht bescheinigt. Der dargelegte Vergleich der kalkulatorischen Preise pro Seite zeige, dass im vorliegenden Fall sogar die Gesamtkosten gedeckt seien. In jenen Gebieten, in welchen die Antragstellerin bereits klare Marktführerin sei, verrechne sie sehr hohe Anzeigenpreise; die auf diesen Märkten erzielte Monopolrendite setze sie gezielt gegen regionale Wettbewerber ein, insbesondere die Tiroler Tageszeitung. Für das Ost-West-Gefälle in der Anzeigenpreisgestaltung der Antragstellerin, das auch bei Abonnements feststellbar sei, bestehe keine wirtschaftliche Notwendigkeit. Die Verdrängungsabsicht sei augenscheinlich. Die Antragstellerin versuche die starken lokalen Wettbewerber über niedrige Anzeigenpreise, die über Größenvorteile aus der nationalen Marktführerschaft finanziert würden, zu verdrängen, um dann die Anzeigenpreise sukzessive anzuheben und letztlich in ganz Österreich eine Monopolrendite zu lukrieren. Gleiches gelte für die Abonnementpreise der Antragstellerin. Die Bündelbelegung "Top Tirol" ermögliche es der Erstantragsgegnerin erst, die neue regionale Tageszeitung auf den Markt zu bringen. Die Medienvielfalt werde dadurch bereichert. Einem rückläufigen Trend am Zeitungsmarkt werde entgegengesteuert. Am deutschen Tageszeitungsmarkt sei eine einheitliche Anzeigenbelegung üblich; sie werde vor allem von den Zeitungen der WAZ-Gruppe genutzt, die auch an der Kronen Zeitung beteiligt sei. Im vorliegenden Fall handle es sich auch nicht um die Zusammenlegung der Anzeigenteile zweier bestehender Zeitschriften, durch die Einführung einer neuen Tageszeitung werde vielmehr ein neues Produkt geschaffen, das sich durch eine attraktive Reichweite auszeichne. Eine einheitliche Anzeigenschaltung erleichtere sowohl dem Inserenten als auch der Erstantragsgegnerin die Abwicklung und sorge damit für eine ökonomisch sinnvolle Variante des Anzeigenverkaufes. Ein getrennter Verkauf würde den administrativen Aufwand unverhältnismäßig erhöhen, eine Preiserhöhung notwendig und damit den Markterfolg unmöglich machen. Das Anzeigenkonzept "Top Tirol" beruhe auf "einleuchtenden betriebswirtschaftlichen Überlegungen". Der Erlassung einer einstweiligen Verfügung habe eine Interessensabwägung vorauszugehen; der Nachteil des Verfügungseingriffs dürfe nicht außer Verhältnis zum Nachteil der Antragsabweisung für die gefährdete Partei stehen. Auf Grund der Vormachtstellung der Medien der Antragstellerin am nationalen Tageszeitungsmarkt und deren marktbeherrschender Stellung am regionalen Tageszeitungsmarkt Tirol bestehe keine Gefahr der Verdrängung dieser Medien.

Die Bundeswettbewerbsbehörde verwies in ihrer Stellungnahnme darauf, dass eine marktbeherrschende Stellung der Antragsgegnerinnen auf dem Anzeigenmarkt für Tageszeitungen in Tirol unumstritten sein dürfte; dass die NEUE wesentlich weniger koste als die Tiroler Tageszeitung und die Tiroler Krone, sei aber nicht missbräuchlich, solange der Preis die Kosten decke, was anzunehmen sei. Die zwingende Koppelung der Anzeigenbuchung der Tiroler Tageszeitung und der NEUEN zu einem äußerst günstigen Preis sei allerdings bedenklich und für sich als Missbrauch zu werten.

Der Bundeskartellanwalt beteiligte sich nicht am Verfahren. Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag in Punkt b des Eventualbegehrens statt und wies ihn im übrigen ab. Rechtlich führte es aus:

Anzeigen in Tageszeitungen bildeten einen in sachlicher Hinsicht eigenständigen Markt. Unter Berücksichtigung des festgestellten Hauptverbreitungsgebiets der Tageszeitungen der Antragsgegnerinnen - ebenso wie der betreffenden Mutationsausgaben der Tageszeitungen der Antragstellerin - sei dieser Markt räumlich mit dem Gebiet des Landes Tirol gleichzusetzen. Die Tiroler Tageszeitung besitze auf den sachlich und räumlich relevanten Märkten eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des § 34 KartG. Reichweite, Auflagenzahl und Umsatzerlöse aus dem Anzeigengeschäft seien bei Printmedien taugliche Bezugsgrößen für die Ermittlung von Marktmacht. Davon ausgehend träfen auf die Tiroler Tageszeitungen die zur gesetzlichen Vermutung der Marktbeherrschung führenden Tatbestandsmerkmale des § 34 Abs 1a Z 1 und (wohl auch) Z 2 KartG zu. Ein Marktanteil der Tiroler Tageszeitung von deutlich über 30 % sei jedenfalls bescheinigt. Es wäre daher an den Antragsgegnerinnen gelegen zu bescheinigen, dass es ihnen ungeachtet ihres Marktanteils an Marktmacht fehle. Dies ist ihnen nicht schon mit dem Nachweis gelungen, dass es mit der Tiroler Krone eine weitere Tageszeitung gebe, die nach den Kriterien des § 34 Abs 1a KartG ebenfalls als marktbeherrschend gelten könne. § 34 KartG erfasse schon seiner Konzeption nach auch die Möglichkeit einer Marktbeherrschung durch mehrere ("kollektive Marktbeherrschung"). Dass es sich bei der Antragstellerin um ein Medienunternehmen handle, das österreichweit die auflagenstärksten Tageszeitungen herausbringe, sich auch in anderen Medienmärkten ein Standbein geschaffen habe (Hörfunk) und als umsatz- und finanzstark eingeschätzt werden könne, möge die unternehmerische Handlungsfreiheit der Antragsgegner zwar einschränken, beseitige deren Marktmacht in Tirol aber keineswegs. Es sei daher davon auszugehen, dass die Verlegerin der Tiroler Tageszeitung auf den Märkten, auf welchen die Leistungen im Zusammenhang mit der Herausgabe dieser Zeitung erbracht werden, marktbeherrschend sei.

Erweitere ein Marktbeherrscher sein Angebot um ein neues Produkt, sei dies für sich allein noch nicht marktmissbräuchlich, weil dadurch die Auswahlmöglichkeit der Verbraucher vergrößert werde und neue Impulse für den bestehenden Wettbewerb zu erwarten seien. Auf einem Markt, der wegen der Anwesenheit eines Marktbeherrschers ohnedies schon geschwächt ist, dürften aber nur leistungsgerechte Mittel eingesetzt werden. Kein Mittel des Leistungswettwerbs sei die gezielte Kampfpreisunterbietung ("predatory pricing"). Diese Zielsetzung werde vermutet, wenn die Erzeugnisse zu Preisen angeboten werden, die unter den (eigenen) durchschnittlichen variablen Kosten (den Kosten, die je nach produzierten Mengen variieren) oder wenn die Preise unter den durchschnittlichen Gesamtkosten (Fixkosten plus variable Kosten), aber über den durchschnittlichen variablen Kosten, lägen. In letzterem Fall werde zusätzlich der Nachweis verlangt, dass die Preisfestsetzung im Rahmen einer Gesamtstrategie dem Ziel dienen soll, die Konkurrenz auszuschalten. Im Anlassfall sei nicht bescheinigt, dass die Preise für die neue Tageszeitung unter den durchschnittlichen variablen oder gar unter den durchschnittlichen Gesamtkosten der Erzeugung dieses Presseproduktes lägen. Es könne auch nicht von der Verfolgung einer gezielten Verdrängungsstrategie ausgegangen werden. Der Sicherungsantrag sei insoweit unbegründet. Einem marktbeherrschenden Unternehmen sei es verboten, an Vertragsschlüsse die Bedingung zu knüpfen, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stünden ("Kopplungsverbot"). Eine Kopplung setze verschiedene Produkte voraus, die auf verschiedenen Märkten angeboten würden. Solches sei nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen nicht der Fall, weil die Tiroler Tageszeitung und die NEUE dem gleichen Produktmarkt zuzurechnen seien. Auch wenn die Anzeigenbündelung nicht unter den Kopplungstatbestand im eigentlichen Sinne fiele, so sei sie aber jedenfalls von der Generalklausel des § 35 Abs 1 KartG erfasst. Die Abnahme von Anzeigenraum in der NEUEn zusätzlich zur Anzeigenbelegung in der Tiroler Tageszeitung werde den Abnehmern aufgezwungen, weil diese nicht mehr die Möglichkeit einer Einzelbelegung hätten. Eine unerwünschte zusätzliche Leistung werde zumindest jenen Nachfragern aufgedrängt, die weniger ein Interesse an der möglichst großen Verbreitung hätten, als an einem möglichst niedrigen Preis. Zur Durchsetzung der wettbewerblich bedenklichen Maßnahme werde die marktbeherrschende Stellung des bereits eingeführten Produkts "Tiroler Tageszeitung" eingesetzt. Es komme nicht drauf an, ob es sich bei dem Anzeigenverbund um die Kopplung zweier eigenständiger Produkte oder um eine lediglich im Umfang erweiterte Leistung (die Verbreitung der Anzeige bei einer vergrößerten Leserschaft) handle, oder ob eines der miteinander gekoppelten Produkte erst im Zuge der Bündelung neu auf den Markt gebracht werde (Fall eines verpönten Marktmachttransfers). Die kartellrechtlichen Bedenken ergäben sich aus der Aufdrängung einer unerwünschten Leistung.

Bei der im Rahmen der Missbrauchsaufsicht vorzunehmenden Interessensabwägung sei der beanstandeten Maßnahme zugute zu halten, dass sie den Abnehmern eine zusätzliche Leistung und damit auch einen Zusatznutzen verschaffe, dessen Preis - angesichts der zu erwartenden Vergrößerung des Leserkreises - verhältnismäßig niedrig sei. Die Beeinträchtigung der Interessen der Abnehmer wiege daher nicht allzu schwer. Die Bündelung der Anzeigenteile sei aber geeignet, Mitbewerbern bestehendes Nachfragevolumen und noch ungenütztes Nachfragepotential nachhaltig zu entziehen. Manche Nachfrager würden schon wegen des zusätzlichen Buchungsaufwandes, aber auch wegen des geringen Aufpreises, nicht mehr geneigt sein, zusätzlich zum Anzeigenpaket der Antragsgegnerinnen auch Anzeigen beim Mitbewerber zu buchen. Dieser nachteilige Effekt auf den Markt sei nicht zu vernachlässigen, weil die Bündelung der Anzeigenschaltung auf Dauer angelegt sei. Sie sei daher geeignet, kleinere Mitbewerber zu behindern und künftige Markteintritte zu erschweren. Eine sachliche Rechtfertigung für den Anzeigenverbund - vor allem für die Zeit nach den ersten Monaten des Markteintritts der NEUEN - lägen nicht vor. Die Antragsgegnerinnen hätten sich zwar auf die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit der Koppelung berufen, diese aber nicht weiter begründet und auch nicht bescheinigt. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Vergemeinschaftung der Anzeigenteile unabdingbare Voraussetzung für den Markteintritt der NEUEN sei. Ein bloßes Rationalisierungsinteresse der Antragsgegnerinnen könne die von der Maßnahme ausgehende negative Auswirkung auf den Markt nicht aufwiegen. In diesem Punkt sei dem Sicherungsantrag daher stattzugeben. Dass die einstweilige Verfügung zu einer für die Antragsgegnerinnen unumkehrbaren Situation führe, sei nicht dargetan. Gegen diesen Beschluss richten sich der Rekurs der Antragstellerin wegen Verfahrensmängeln und unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Rekurs der Antragsgegnerinnen wegen Verfahrensmängeln, unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie mangelhafter und unrichtiger Tatsachenfeststellungen.

Die Verfahrensgegner beantragen jeweils, dem Rekurs der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass dem Kartellgericht - worauf die Parteien zutreffend hinweisen - ein offensichtlicher Irrtum (Verwechslung der beiden Zeitungen) bei seinen Feststellungen zum Umfang der Zeitungen (S 21) sowie ein Schreib- oder Rechenfehler (Fehlen einer Null nach dem Komma) bei der Angabe der kalkulatorischen Seiten-Preise (S 21) unterlaufen ist; bei Wiedergabe der getroffenen Feststellungen eingangs dieser Entscheidung wurden daher insoweit die vom Erstgericht jeweils offensichtlich gewollten Angaben berücksichtigt.

1. Zum Rekurs der Antragstellerin

1.1. Unter dem Rekursgrund eines Verfahrensmangels wegen „verfehlter Tatsachenfeststellungen" bekämpft die Antragstellerin die (negative) Feststellung, eine auf Marktverdrängung von Mitbewerbern abzielende Unternehmensstrategie der Antragsgegnerinnen bei der Preisgestaltung beim Vertrieb ihrer Zeitung (Verkaufspreise und Anzeigenpreise) könne nicht festgestellt werden; das Kartellgericht hätte eine solche Vernichtungsstrategie feststellen müssen.

Ob ein marktbeherrschendes Unternehmen eine bestimmte Maßnahme im Rahmen einer Gesamtstrategie mit dem Ziel, die Antragstellerin als Konkurrentin auszuschalten, getroffen hat, ob sie also in geplanter Vernichtungsabsicht gehandelt hat, ist eine Tatfrage (16 Ok 5/98 = SZ 71/103). Die Antragstellerin versucht mit ihren Ausführungen demnach, durch Anfechtung der Beweiswürdigung die Tatsachengrundlage abzuändern. Dies ist im kartellgerichtlichen Verfahren unzulässig (16 Ok 1/05; RIS-Justiz RS0109206 [T5, T6]).

Soweit die bekämpfte negative Feststellung eine Schlussfolgerung aus Tatsachen ist, könnte sie nur soweit überprüft werden, als diese den Denkgesetzen - oder allenfalls auch der allgemeinen Lebenserfahrung - widerspräche, weil eine derartige Überprüfung in den Bereich der rechtlichen Beurteilung fiele (16 Ok 5/98 = SZ 71/103). Davon kann aber hier keine Rede sein. Den Antragsgegnerinnen ist es nämlich im Sicherungsverfahren gelungen, mit dem Nachweis der deutlich geringeren Seitenanzahl ihrer Zeitung über einen längeren Zeitraum hinweg gegenüber der Zeitung der Antragsgegnerinnen einen einleuchtenden und nachvollziehbaren Grund für den Preisunterschied der beiden Zeitungen zu bescheinigen (siehe S 29 f des erstgerichtlichen Beschlusses), die für das Erstgericht ua den Ausschlag für seine Feststellung gab, dass das Vorliegen einer gezielten Vernichtungsstrategie nicht festgestellt werden kann.

Unwiderlegt blieb in diesem Zusammenhang auch das Argument des

Erstgerichts, wenn die Antragstellerin von bisher unvergleichlich

teuren Anzeigenpreisen der Antragsgegnerinnen auf Grund deren

Monopolstellung spreche (AS 84), ließe sich die Senkung der

Anzeigentarife mit deren Heranführen an das Wettbewerbsniveau - und

damit nicht notwendig mit einer gezielten Kampfpreisunterbietung -

erklären. Schlüssig ist auch das von den Antragsgegnerinnen genannte

Motiv, auf dem umkämpften regionalen Markt bestehe ein

Leserpotential, das mit der Einführung ihrer neuen Zeitung

ausgeschöpft werden solle.

Angesichts dieser gewichtigen Argumente lassen die von der

Antragstellerin als fehlend gerügten Umstände - dass die

Antragsgegnerinnen die Markteinführung ihrer neuen Zeitung durch

Preissenkungen bei Abonnements und Anzeigen unterstützt hätten, dass

sie ihr neues Produkt als „Kleinformat" bezeichneten, und dass es

sich dabei um eine Tageszeitung „mit üblichem Vollangebot in Boulevardmethode" handle - keineswegs zwingend auf eine auf Vernichtung der Antragsgegnerinnen abzielende Gesamtstrategie schließen; das Fehlen entsprechender Feststellungen begründet somit keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens aus rechtlichen Gründen. Die Auflagensteigerung der Zeitung der Antragstellerin vor Markteinführung der neuen Zeitung der Antragsgegnerinnen ist im gegebenen Zusammenhang ohne Bedeutung; auf die im Rechtsmittel als unrichtig bekämpfte Feststellung zur Auflagenentwicklung (S 26 oben des angefochtenen Beschlusses) kommt es daher nicht weiter an.

1.2. Unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht die Antragstellerin geltend, der Vergleich der Einzelvertriebs- und Abonnementpreise der Zeitungen der Parteien sei ein ausreichendes Indiz für die mangelnde Kostendeckung der Preise der Antragsgegnerinnen; dies habe - folge man den Grundsätzen der Entscheidung 16 Ok 1/96 = ÖBl 1996, 289 - Power-Pack - eine Umkehr der Beweislast betreffend die Kostenstruktur des Antragsgegners zur Folge.

In der genannten Entscheidung bestand der Marktmissbrauch in der Herabsetzung der Anzeigenpreise auf ein Sechstel mit der Zielrichtung, dadurch den Mitbewerber, der über keinen der Antragsgegnerin vergleichbaren finanziellen Rückhalt verfügte, vom Markt zu verdrängen. Diese Umstände sind mit jenen des Anlassfalls nicht vergleichbar: Hier liegen die Preise der Zeitung der Antragsgegnerinnen rund 45 % unter jenen der Mitbewerber, wofür plausible Gründe vorliegen, wobei die Finanzkraft der Antragstellerin jene der Antragsgegnerin bei weitem überwiegt und eine Vernichtungsabsicht nicht festgestellt werden konnte. Wenn das Erstgericht unter diesen Umständen Marktmissbrauch in Form einer gezielten Kampfpreisunterbietung („predatory pricing") nicht angenommen hat, liegt darin keine Fehlbeurteilung.

Soweit das Rechtsmittel der Antragstellerin vom Vorliegen einer Verdrängungsstrategie ausgeht, weicht es vom festgestellten Sachverhalt ab und führt die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig aus (E. Kodek in Rechberger, ZPO² § 471 Rz 9).

2. Zum Rekurs der Antragsgegnerinnen

2.1. Im Zusammenhang mit der (negativen) Feststellung, es habe nicht festgestellt werden können, dass die durchgeführte Anzeigenbündelung betriebswirtschaftlich unerlässlich für den Verlag und Vertrieb der neuen Zeitung der Antragsgegnerinnen sei und ohne diese Maßnahme die Herausgabe der neuen Zeitung wirtschaftlich nicht vertretbar wäre, machen die Rekurswerberin als Verfahrensmangel geltend, dass das Kartellgericht den als Auskunftsperson namhaft gemachten Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin nicht einvernommen habe; dieser hätte „wesentlich zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen" können.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die zum Vorliegen schutzwürdiger Interessen am zu beurteilenden Verhalten beweispflichtigen Antragsgegnerinnen zur betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit und zum Ausmaß der erwarteten Synergien kein substantiiertes Vorbringen erstattet haben. Insbesondere wurde kein detaillierter Kostenvergleich bei gebündeltem bzw getrenntem Anzeigenvertrieb aufgestellt, um so die unverzichtbare Notwendigkeit der in Frage stehenden Maßnahme für die Produkteinführung nachvollziehbar zu bescheinigen. Auch im kartellrechtlichen Sicherungsverfahren hat sich die Beweisaufnahme im Rahmen des Vorbringens zu halten. Die Behauptungen der gefährdeten Partei sind die Grenzen, in deren Rahmen zu prüfen ist, inwieweit eine einstweilige Verfügung erlassen werden kann (E. Kodek in Angst, EO § 389 Rz 5 mwN). Haben daher die Antragsgegnerinnen die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit der Anzeigenbündelung nicht substantiiert behauptet, liegt in der unterlassenen Beweisaufnahme zu diesem Thema kein Verfahrensmangel.

2.2. Die Antragsgegnerinnen machen unrichtige Tatsachenfeststellungen

im Zusammenhang mit der Marktabgrenzung geltend und begehren die

Feststellung, die Werbemedien „Direct Mail" und „Flugblatt" seien mit

Anzeigen in Tageszeitungen substituierbar und bildeten mit diesen

einen gemeinsamen Markt. Entsprechende Tatsachenbehauptung zur

Substituierbarkeit haben sie jedoch im Sicherungsverfahren nicht

aufgestellt und bescheinigt. Das Kartellgericht ist daher - dem

Vorbringen der Antragstellerin und seiner bisherigen

Entscheidungspraxis folgend - zu Recht davon ausgegangen, dass das

Anzeigengeschäft der Tageszeitungen einen von anderen Werbemedien

unabhängigen Markt bildet, der sachlich und räumlich entsprechend dem

Leserkreis abzugrenzen ist.

Soweit die Antragsgegnerinnen aus von ihnen vorgelegten

Bescheinigungsmitteln die Feststellung abzuleiten versuchen, die

Zusammenlegung der Anzeigenteile sei eine betriebswirtschaftlich

notwendige Voraussetzung für die Vermarktung ihres neuen

Tageszeitungsprodukts, übersehen sie, dass sie insoweit nicht nur kein ausreichendes Vorbringen erstattet haben (siehe zuvor 2.1.), sondern dass sie damit eine Abänderung der vom Kartellgericht für bescheinigt erachteten Tatsachengrundlage anstreben; solches ist jedoch - wie schon zuvor unter Punkt 1.1. ausgeführt - im kartellrechtlichen Verfahren nicht möglich.

2.3. In ihrer Rechtsrüge vertreten die Antragsgegnerinnen die Auffassung, das ihnen untersagte Verhalten sei weder eine Koppelung iSd § 35 Abs 1 Z 4 KartG, noch missbräuchlich nach der Generalklausel des § 35 Abs 1 KartG; es könne weder als gezielte Kampfpreisunterbietung noch als Ausbeutungsmissbrauch beurteilt werden, weil dadurch den Abnehmern ein Zusatznutzen in Form größerer Reichweite zu verhältnismäßig niedrigem Preis verschafft werde. Bei der gebotenen Interessenabwägung seien die erzielbaren Synergieeffekte sowie die Bereicherung der Medienvielfalt durch die neue Tageszeitung zu berücksichtigen. Angesichts der Vormachtstellung der Antragstellerin auf dem nationalen Zeitungsmarkt sei die Annahme, die Antragsgegnerinnen könnten diese vom regionalen Markt verdrängen, völlig realitätsfremd. Diese Ausführungen überzeugen nicht.

Bei der Prüfung, ob eine missbräuchliche Ausnützung einer

marktbeherrschenden Stellung vorliegt, ist stets eine sorgfältige

Abwägung der einander widerstreitenden Interessen vorzunehmen

(RIS-Justiz RS0111750). Missbräuchlich ist jedes Verhalten, das

darauf abzielt und geeignet ist, die Struktur eines Marktes mit

leistungsfremden Mitteln zu beeinflussen; ob die Mitbewerber dem

marktmissbräuchlichen Verhalten standhalten können oder nicht, ist

für den Tatbestand des § 35 Abs 1 KartG ohne Bedeutung.

Das Kartellgericht hat im Anlassfall einen Missbrauch zutreffend

darin erblickt, dass durch den beanstandeten Anzeigenverbund der

Marktgegenseite zusammen mit einer unverzichtbaren Leistung eine

unerwünschte mit aufgedrängt und gleichzeitig den Mitbewerbern

Nachfragevolumen nachhaltig entzogen wird; dabei macht es keinen

Unterschied, ob der unerwünschte Teil ein Mehr derselben Leistung

oder ein anderes Produkt ist.

Das von Seite der Antragsgegnerinnen ins Treffen geführte

Rationalisierungsinteresse wiegt demgegenüber bei der

Interessenabwägung nicht so schwer, dass es die für den Markt

negativen Auswirkungen aufwiegen könnte. Anders als im Fall der von

den Rekurswerberinnen wiederholt zitierten Entscheidung des BGH vom

9. 11. 1982, KUR 9/81 (AfP 1982, 226) ist hier nicht erwiesen, dass

die Anzeigenkombination aus wirtschaftlichen Gründen erforderlich

wäre, um den Verlag der Antragsgegnerinnen zu sanieren und seine

Einstellung zu verhindern. Dass die aufgedrängte Zusatzleistung nicht

wertlos ist, ändert nichts an der Benachteiligung der Anzeigenkunden,

die die aufgedrängte Leistung möglicherweie nicht wünschen oder von

anderer Seite günstiger beziehen könnten, und an der Benachteiligung

der Mitbewerber, denen diese Kunden hinsichtlich solcher

Zusatzleistungen als Nachfrager entzogen werden.

Die europäische Rechtsprechung steht der Überlegung,

Missbrauchshandlungen könnten wegen ihrer gesamtwirtschaftlich

vorteilhaften Wirkungen gerechtfertigt sein, äußerst reserviert

gegenüber (Jung in Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union,

Art 82 EGV Rz 129 mwN). Eine allgemeine Rechtfertigung

missbräuchlichen Verhaltens lässt sich daher auch nicht aus dem

Interesse an der Bereicherung der Medienvielfalt durch Herausgabe

einer neuen Tageszeitung ableiten. Der durch den Anzeigenverbund

bewirkte negative Effekt einer spürbaren Einschränkung der

Auswahlfreiheit der Anzeigeninteressenten wird durch den

Markteintritt einer neuen Tageszeitung aus einem Verlag, der ohnehin

bereits eine andere Tageszeitung herausgibt, nicht aufgewogen. Auch

gegenüber dem Schutzgut Medienvielfalt überwiegt das vorrangige Ziel

der Missbrauchskontrolle, den Markt für die betreffenden

Zusatzleistungen offenzuhalten und einen Transfer von Marktmacht mit

leistungsfremden Mitteln zu verhindern.

Unbegründet ist schließlich der Hinweis der Rechtsmittelwerberinnen

auf die Vormachtstellung der Antragstellerin auf dem nationalen

Zeitungsmarkt: Marktbeherrschende Unternehmen tragen besondere

Verantwortung für die Gewährleistung unverfälschten Wettbewerbs, so

dass ihnen auch in Verteidigungssituationen nur die Mittel eines

fairen Leistungswettbewerbs zur Verfügung stehen (Jung aaO Rz 127).

Beiden Rekursen ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 45 Abs 2 KartG iVm §§ 40, 50 Abs

1 ZPO (zum Kostenersatz im kartellrechtlichen Sicherungsverfahren vgl

16 Ok 8/00 = ÖBl 2001, 234 - Regionalpartnerverträge; RIS-Justiz

RS0113721). Eine mutwillige Rechtsverfolgung liegt nicht vor.

Rechtssätze
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