JudikaturJustiz15Os124/16y

15Os124/16y – OGH Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Dezember 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Krenn, LL.M. (WU), als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dietmar K***** wegen des Verbrechens der Geldfälschung nach § 232 Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über dessen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 2. September 2016, GZ 16 Hv 13/16t 41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen – prozessual verfehlten, jedoch bedeutungslosen – Freispruch vom Vorwurf weiterer innerhalb einer Vernehmung gegen dieselbe Person gerichteter Verdächtigungen enthält (RIS Justiz RS0129966, RS0120128), wurde Dietmar K***** des Verbrechens der Geldfälschung nach (richtig [RIS-Justiz RS0122323; Schroll in WK 2 StGB § 232 Rz 28]:) § 232 Abs 2 StGB (I./), des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Satz StGB (II./), mehrerer Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG (III./) sowie des Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (IV./) schuldig erkannt.

Danach hat er in F*****

I./ im November 2015 nachgemachtes Geld, nämlich zwei falsche 20 Euro Banknoten und eine falsche 50 Euro Banknote, im Einverständnis mit einem an der Fälschung Beteiligten oder einem Mittelsmann mit dem Vorsatz übernommen und hinsichtlich der falschen 50 Euro Banknote zu übernehmen versucht, sie als echt und unverfälscht in Verkehr zu bringen, indem er sie im Darknet bei einem in Deutschland ansässigen Anbieter bestellte, wobei ihm dieser nur zwei falsche 20 Euro Banknoten per Post zusendete (US 4);

II./ am 17. Juni 2016 den Polizeibeamten Norbert G***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, wissentlich falsch verdächtigte, indem er vor dem Landesgericht Feldkirch in seiner Vernehmung als Angeklagter behauptete, der Polizeibeamte Norbert G***** habe die von ihm am 29. Februar 2016 getätigten Angaben (gemeint [US 4]: wissentlich „falsch protokolliert“,

III./ Drogenlieferanten dazu bestimmt, vorschriftswidrig Suchtgift in einer insgesamt die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge aus- und einzuführen, und zwar

1./ von Sommer bis Ende 2015 Rushan Ge***** zur Aus- und Einfuhr von insgesamt zirka 50 g Heroin in fünf Angriffen, indem er Geld zum Ankauf des Heroins in der Schweiz beisteuerte und Ge***** beauftragte, das Heroin von der Schweiz nach Vorarlberg zu verbringen;

2./ im November 2015 einen unbekannten Drogenlieferanten in den Niederlanden zur Aus- und Einfuhr von 21 Stück MDMA hältigen (US 5) Ecstasy-Tabletten, indem er das Suchtgift bei diesem im Darknet bestellte und ihn ersuchte, die Tabletten von den Niederlanden nach Österreich zu liefern;

IV./ von Sommer bis Ende 2015 vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) mehrfach übersteigenden Menge, nämlich die zu III./1./ genannten 50 g Heroin, mit dem Vorsatz erworben und besessen, dass sie in Verkehr gesetzt werden.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie verfehlt ihr Ziel.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zu I./ zuwider hat das Schöffengericht den in der Hauptverhandlung am 17. Juni 2016 gestellten Antrag auf Vernehmung der Zeuginnen Olivia P***** und Sandy U***** zu Recht abgewiesen. Während der unter Beweis zu stellende Umstand, dass der Angeklagte leidenschaftlicher Geldsammler sei, schon nicht erkennen lässt, inwieweit er für die Schuld oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist, ist dem Antrag in Betreff des weiteren Beweisthemas, der Angeklagte habe die Falschgeldscheine nur deshalb bestellt, „um die Originalsammlung auszutauschen“, unter Berücksichtigung der Angaben des Angeklagten, wonach Raffaela V***** die einzige gewesen sei, die gewusst habe, dass er das Geld bestellt habe (ON 21 S 7), nicht zu entnehmen, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis dennoch erwarten lasse (RIS Justiz RS0118444).

Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt nur vor, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS Justiz RS0099547). Indem die gegen den Schuldspruch II./ gerichtete Beschwerde die von den Tatrichtern aus der Unterfertigung jeder Seite des Vernehmungsprotokolls durch den Angeklagten und aus den Angaben des Zeugen Norbert G***** gezogenen Schlüsse (US 10) kritisiert und behauptet, es könne „keine objektive Aussage“ darüber getroffen werden, dass die Angaben des Angeklagten wahrheitswidrig waren, weil sich das Originalprotokoll der polizeilichen Vernehmung nicht im Akt befinde, wird der nominell in Anspruch genommene Nichtigkeitsgrund nicht zur Darstellung gebracht, sondern in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik geübt.

Die von der Rüge (Z 5 vierter Fall) vermisste Begründung für die zu III./ und IV./ getroffenen Feststellungen befindet sich auf US 5 (iVm ON 2 in ON 8 S 29 ff) und US 11 f. Soweit die Beschwerde das Fehlen von Erwägungen zur (überschießend) konstatierten Weitergabe der genannten Heroinmenge vermisst, spricht sie mit Blick auf die Subsumtion zu IV./ lediglich nach § 28 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG keine entscheidende Tatsache an. Im Übrigen wird zur auf den Schuldspruch III./2./ bezogenen Kritik angemerkt, dass mehrere im Rahmen einer tatbestandlichen Handlungseinheit begangene Angriffe eine einzige Tat darstellen und im konkreten Fall der Aus- und Einfuhr von 21 Stück Ecstasy-Tabletten mit einer Reinsubstanz von 4,403 Gramm MDMA unter Berücksichtigung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 6) und des in diesen hinreichend deutlich zum Ausdruck gebrachten Willens des Angeklagten auf kontinuierliche Tatbegehung sowie des daran geknüpften Additionsvorsatzes (RIS-Justiz RS0124018) keine entscheidende Bedeutung zukommt (RIS Justiz RS0127374).

Indem die zu II./ erhobene Rechtsrüge (Z 9 lit a) bloß behauptet, die tatgegenständliche Aussage erfülle nicht den Tatbestand der Verleumdung, weil der Angeklagte lediglich seine subjektive Ansicht wiedergegeben habe, wonach die Aussage nicht nach den von ihm getätigten Angaben protokolliert worden sei, orientiert sie sich nicht an den Feststellungen zum Bedeutungsgehalt der inkriminierten Äußerung (RIS Justiz RS0099810). Welche über den Vorwurf der bewussten Manipulation des Protokolls durch den vernehmenden Polizeibeamten (US 10) hinausgehende Sachverhaltsannahmen zu treffen gewesen wären, sagt die Rüge im Übrigen nicht (vgl RIS-Justiz RS0097595, RS0096770, RS0096713).

Die eine Unterstellung der dem Schuldspruch I./ zugrunde liegenden Tat nach § 233 Abs 1 Z 1 StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) nimmt mit der – lediglich die Beweiswürdigung kritisierenden – Behauptung, der Angeklagte habe die Namen der an der Fälschung Beteiligten oder der Mittelsmänner nicht gekannt und habe daher die gefälschten Banknoten nicht im Einverständnis mit diesen übernommen, abermals nicht an den Feststellungen Maß, die das vom Beschwerdeführer in Abrede gestellte Einverständnis enthalten (US 4).

Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) hat das – die Strafe nach § 232 Abs 1 StGB bestimmende (§ 28 Abs 1 StGB) – Erstgericht einen erweiterten Strafrahmen gar nicht in Rechnung gestellt (vgl dazu RIS Justiz RS0125294). Soweit die Beschwerde das – bei der Strafbemessung erschwerend gewertete (US 16) – „Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB hinsichtlich der Suchtmitteldelikte“ unter dem Aspekt der Z 11 zweiter Fall bestreitet, übersieht sie, dass das gegen die körperliche Integrität gerichtete Verbrechen des Suchtgifthandels (hier:) nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG (III./) auf der gleichen schädlichen Neigung beruht wie das durch Drohung mit dem Tod qualifizierte Vergehen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (vgl RIS-Justiz RS0091972 [insb T8]; 11 Os 49/16i).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Rechtssätze
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