JudikaturJustiz10ObS96/00s

10ObS96/00s – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. Juli 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Gotschy (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Land Tirol, vertreten durch das Amt der Tiroler Landesregierung, 6020 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 17, dieses vertreten durch Dr. Christoph Rittler und Dr. Harald Rittler, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Karoline B*****, Pensionistin, ***** vertreten durch den Sachwalter Dr. Ekkehard Beer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Einwendungen gegen den Anspruch nach § 35 EO (Streitwert S 10.311 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Juli 1999, GZ 13 Ra 31/99b-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. Februar 1999, GZ 46 Cga 184/98d-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Aus Anlass der Revision werden die Urteile der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren, soweit sie das Begehren der klagenden Partei auf Unzulässigerklärung der Exekution im Hinblick auf ein Ruhen des Pflegegeldanspruches der Beklagten während ihrer stationären Krankenhausaufenthalte vom 3. 1. bis 31. 1. 1997 und vom 16. 3. bis 26. 3. 1997 betreffen, als nichtig aufgehoben und die Klage wird insoweit zurückgewiesen.

Im Übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der Beklagten die mit S 3.248,64 (davon S 541,44 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen den Parteien war beim Erstgericht zum AZ 47 Cgs 113/96p ein Sozialrechtsverfahren anhängig, in welchem die nunmehr Beklagte (im Folgenden nur noch: Beklagte) von der nunmehr klagenden Partei (im Folgenden: klagende Partei) die Zahlung eines Pflegegeldes begehrte.

Mit Urteil des Erstgerichtes vom 2. 12. 1997 wurde die klagende Partei im zweiten Rechtsgang schuldig erkannt, der Beklagten für die Zeit vom 1. 5. 1995 bis 30. 9. 1995 Pflegegeld der Stufe 2 im gesetzlichen Ausmaß und ab 1. 10. 1995 Pflegegeld der Stufe 5 im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren. Das Mehrbegehren wurde rechtskräftig abgewiesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei, soweit das Pflegegeld bis 30. 6. 1997 zuerkannt wurde, keine Folge und bestätigte das Ersturteil in diesem Umfang als Teilurteil. Im Umfang des Zuspruches von Pflegegeld der Stufe 5 ab 1. 7. 1997 wurde das Ersturteil aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das vom Berufungsgericht gefällte Teilurteil erwuchs in Rechtskraft.

Mit rechtskräftigem Endurteil des Erstgerichtes vom 12. 5. 1998 wurde das restliche Begehren der Beklagten auf Zuspruch von Pflegegeld der Stufe 5 auch über den 30. 6. 1997 hinaus abgewiesen.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 26. 6. 1998, 22 E 3043/98y-2, wurde der Beklagten als betreibender Partei gegen die klagende Partei als verpflichtete Partei auf Grund des erwähnten rechtskräftigen Teilurteiles des Erstgerichtes vom 2. 12. 1997 die Fahrnisexekution zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung von S 261.851 sA bewilligt. In der Folge schränkte die Beklagte die Exekution infolge Zahlung auf den Betrag von zuletzt S 10.311 ein.

Mit der am 14. 9. 1998 beim Bezirksgericht Innsbruck eingebrachten Oppositionsklage begehrt die klagende Partei die Feststellung, dass der Anspruch der Beklagten aus den im erwähnten Vorverfahren ergangenen Urteilen des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht durch Zahlung erloschen sei und die beim Bezirksgericht Innsbruck darüber geführte Exekution daher unzulässig sei. Die klagende Partei brachte im Wesentlichen vor, dass sich die Beklagte in der Zeit vom 3. 1. bis 31. 1. 1997 und vom 16. 3. bis 26. 3. 1997 auf Kosten eines gesetzlichen Krankenversicherungsträgers im Inland in stationärer Krankenbehandlung befunden habe. Während dieser Zeiträume habe der Pflegegeldanspruch gemäß § 8 Abs 1 lit a TPGG geruht. Ein Feststellungsbescheid über das Ruhen des Pflegegeldanspruches sei nicht ergangen, weil die Beklagte eine solche Entscheidung nicht beantragt habe.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 17. 9. 1998 wurde die Oppositionsklage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen. Über Antrag der klagenden Partei wurde mit Beschluss vom 19. 10. 1998 dieser Zurückweisungsbeschluss aufgehoben und die Rechtssache gemäß § 230a ZPO an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Die Beklagte beantragte in der Folge die Abweisung des Klagebegehrens im Wesentlichen mit der Begründung, dass es der klagenden Partei schon im Pflegegeldverfahren möglich gewesen wäre, ein Ruhen des Pflegegeldanspruches für die Dauer der beiden stationären Krankenhausaufenthalte einzuwenden. Diese Einwendung könne somit im Oppositionsprozess nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Im Übrigen sei mangels Vorliegens eines entsprechenden Bescheides auf ein allfälliges Ruhen des Pflegegeldanspruches nicht Bedacht zu nehmen.

Das Erstgericht wies das von der klagenden Partei zuletzt erhobene Begehren, der zu 22 E 3043/98y des Bezirksgerichtes Innsbruck in Exekution gezogene Anspruch sei infolge gänzlicher Zahlung erloschen, ab.

Es stellte im Wesentlichen noch fest, dass die klagende Partei auf die vollstreckbare Forderung auf Pflegegeld von insgesamt S 261.851 bisher lediglich insgesamt S 248.328 bezahlt hat. Der Beklagten wurde für Februar 1997 lediglich ein Pflegegeld von S 476 ausbezahlt, weil die klagende Partei den nach ihrer Auffassung im Hinblick auf den stationären Krankenhausaufenthalt der Beklagten vom 3. 1. bis 31. 1. 1997 für den Zeitraum vom 4. 1. bis 30. 1. 1997 zur Gänze ruhenden Pflegegeldanspruch von S 3.212 von dem für Februar 1997 von der klagenden Partei ausbezahlten Pflegegeldbetrag der Stufe 2 von S

3.688 in Abzug gebracht hat. Der restliche Einbehalt von Pflegegeld wegen der beiden erwähnten Krankenhausaufenthalte der Beklagten im Jänner und März 1997 erfolgte bei der Berechnung und Überweisung der im Juli 1998 vorgenommenen Nachzahlung (auf die Pflegegeldstufe 5) in Höhe von S 151.964. Die klagende Partei hat in einem Schreiben an den Beklagtenvertreter vom 7. 8. 1998 erstmals darauf hingewiesen, dass der Pflegegeldanspruch nach § 8 Abs 1 lit a TPGG für die Dauer der stationären Krankenhausaufenthalte der Beklagten im Jänner und März 1997 geruht habe und deshalb die entsprechenden Beträge von der klagenden Partei einbehalten worden seien. Schließlich stellte das Erstgericht noch fest, dass der klagenden Partei bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung im Vorprozess bekannt war, dass sich die Beklagte in der Zeit vom 3. 1. bis 31. 1. 1997 sowie vom 16. 3. bis 26. 3. 1997 auf Kosten des zuständigen Krankenversicherungsträgers in stationärer Krankenhausbehandlung befunden hat.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass die Oppositionsklage über den in Höhe von S 10.311 strittigen Teil des noch unbezahlten Restes der vollstreckbaren Forderung, soweit als Oppositionsgrund eine Zahlung dieses strittigen Teilbetrages geltend gemacht werde, schon deswegen unbegründet sei, weil eine Zahlung tatsächlich nicht erfolgt sei. Die klagende Partei könne sich im Oppositionsprozess auch nicht mit Erfolg auf das Ruhen des Pflegegeldanspruches der Beklagten während ihrer beiden stationären Krankenhausaufenthalte berufen, weil ihr die Tatsache der beiden stationären Krankenhausaufenthalte schon vor Schluss der zum Exekutionstitel führenden Verhandlung erster Instanz im Vorprozess bekannt gewesen sei und die klagende Partei daher bereits im Vorprozess diese Ruhenstatbestände hätte geltend machen können.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei keine Folge und teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes (§ 500a ZPO).

Ein Ausspruch über die Zulässigkeit einer Revision nach § 46 Abs 1 ASGG könne nach Auffassung des Berufungsgerichtes unterbleiben, weil es sich bei Pflegegeld - auch wenn wie hier nur ein bestimmter Betrag für bestimmte Zeiträume verfahrensgegenständlich sei - um eine ihrer Art nach wiederkehrende Leistung im Sinn des § 46 Abs 3 Z 3 ASGG handle. Sollte dieser Ansicht nicht zugestimmt werden, werde eine Revision an den Obersten Gerichtshof unter Bejahung des Vorliegens der hiefür im § 46 Abs 1 ASGG genannten Voraussetzungen hiemit jedenfalls zugelassen. Es fehle nämlich eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen sowie auf welchem Weg ein Ruhen des Pflegegeldanspruches begründende Umstände, welche bereits vor oder während eines Verfahrens über Gewährung von Pflegegeld eingetreten seien, in diesem Verfahren vom Pflegegeldträger aber nicht geltend gemacht worden seien, noch nachträglich - nach Zuerkennung von Pflegegeld ohne Bedachtnahme auf solche Ruhenszeiten - geltend gemacht werden können.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel der klagenden Partei (als unzulässig) zurückzuweisen.

Aus Anlass der aus den noch darzulegenden Gründen zulässigen Revision war von Amtswegen das Vorliegen einer Nichtigkeit aufzugreifen. Im Übrigen ist die Revision nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Voranzustellen ist, dass eine Oppositionsklage gemäß § 35 Abs 2 Satz 1 EO grundsätzlich bei dem Gericht einzubringen ist, das für die Exekutionsbewilligung in erster Instanz zuständig war. In Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG ist hingegen gemäß § 35 Abs 2 Satz 2 EO das Gericht zuständig, bei dem der Titelprozess in erster Instanz anhängig war. Dies wird in den Gesetzesmaterialien (RV 1654 BlgNR 18. GP, 31) damit begründet, dass sich nach herrschender Rechtsprechung die Oppositionsklage unmittelbar gegen den vollstreckbaren Anspruch richtet. Es sei daher sachgerecht, dass das Titelgericht nach den für das arbeitsgerichtliche Verfahren geltenden Sonderbestimmungen auch über die im Zusammenhang mit der Vollziehung seines Exekutionstitels entstandenen Streitigkeiten entscheidet (Dullinger in Burgstaller/Deixler, EO Rz 72 f zu § 35 mwN ua). Eine dem § 35 Abs 2 Satz 2 EO vergleichbare Bestimmung ist für sozialversicherungsrechtliche Exekutionstitel nicht vorgesehen. Wenn die Exekution auf Grund eines Urteils in Sozialrechtssachen bewilligt worden ist, ist die Oppositionsklage daher nach der allgemeinen Regelung des § 35 Abs 2 Satz 1 EO bei jenem Gericht einzubringen, bei dem die Bewilligung der Exekution in erster Instanz beantragt wurde (Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen 652). Dies war im vorliegenden Fall das Bezirksgericht Innsbruck als gemäß §§ 4 und 18 EO zuständiges Exekutionsgericht.

Das von der klagenden Partei somit zu Recht angerufene Bezirksgericht Innsbruck hat jedoch die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen. Über Antrag der klagenden Partei wurde dieser Zurückweisungsbeschluss in der Folge aufgehoben und die Rechtssache gemäß § 230a ZPO an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen. Auf Grund dieses rechtskräftigen Überweisungsbeschlusses und der damit verbundenen Bindungswirkung durfte das Erstgericht, an das die Klage überwiesen wurde, seine Zuständigkeit nicht mehr von Amts wegen, sondern nur über rechtzeitige Einrede der Beklagten prüfen (RIS-Justiz RS0039105; RS0039103 mwN ua). Die Beklagte hat eine solche Unzuständigkeitseinrede jedoch nicht erhoben.

Es ist im vorliegenden Fall auch nicht weiter zu prüfen, in welcher Gerichtsbesetzung (mit oder ohne Beiziehung fachkundiger Laienrichter) vor dem Arbeits- und Sozialgericht über eine Oppositionsklage gegen die Bewilligung der Exekution auf Grund eines Urteils in Sozialrechtssachen zu entscheiden ist, weil die Parteien während des gesamten Verfahrens durch qualifizierte Personen (§ 40 Abs 1 ASGG) vertreten waren und daher eine allenfalls unrichtige Gerichtsbesetzung nach § 37 Abs 1 ASGG jedenfalls geheilt wäre. Eine Heilung der unrichtigen Gerichtsbesetzung nach § 37 Abs 1 ASGG äußert dieselben Wirkungen wie ein Beschluss gemäß § 37 Abs 3 ASGG. Der Ausspruch über die Gerichtsbesetzung wirkt aber nicht nur für das Verfahren erster Instanz, sondern auch für ein etwaiges Rechtsmittelverfahren; er bestimmt daher auch die anzuwendenden Rechtsmittelzulassungsvorschriften (SZ 67/215 mwN ua; RIS-Justiz RS0085489; RS0085562; RS0085567).

Die Revision ist gemäß des somit anwendbaren § 46 ASGG nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (Abs 1). Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur rechtserheblichen Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Umstände, die ein Ruhen des Pflegegeldanspruches begründen und bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung im Titelverfahren eingetreten sind, in diesem Verfahren vom Pflegegeldträger aber nicht geltend gemacht wurden, vom Pflegegeldträger noch nachträglich geltend gemacht werden können, fehlt. Da somit eine Rechtsfrage von der im § 46 Abs 1 ASGG beschriebenen Qualität vorliegt, ist die Revision der klagenden Partei zulässig, ohne dass weiter zu prüfen wäre, ob die Zulässigkeit der Revision unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs 1 auch nach der Ausnahmebestimmung des § 46 Abs 3 Z 3 ASGG gegeben wäre.

Von der klagenden Partei wird nicht bestritten, dass es sich bei dem im Titelverfahren ergangenen rechtskräftigen Teilurteil des Erstgerichtes vom 2. 12. 1997, wonach die klagende Partei schuldig erkannt wurde, der Beklagten für die Zeit vom 1. 5. 1995 bis 30. 9. 1995 Pflegegeld der Stufe 2 "im gesetzlichen Ausmaß" und ab 1. 10. 1995 Pflegeld der Stufe 5 "im gesetzlichen Ausmaß" zu gwähren, um einen tauglichen Exekutionstitel handelt, der den Bestimmtheitserfordernissen des § 7 Abs 1 EO genügt, weil sich aus dem Urteilsspruch durch Anführung der Stufe, des Beginnes (und Endes) des Anspruches und des Titels Pflegegeld die Höhe des Betrages eindeutig aus § 4 TPGG in Verbindung mit den Anpassungsverordnungen ergibt (vgl SSV-NF 11/108 ua). Nur zur weiteren Verdeutlichung des Urteilsspruches als Exekutionstitel wird in der jüngeren Rechtsprechung der Ersatz der Wendung "im gesetzlichen Ausmaß" durch die Angabe der ziffernmäßigen Beträge verlangt (vgl SSV-NF 11/103; 12/41; 12/63 ua). Die Beklagte hatte somit auf Grund des rechtskräftigen und vollstreckbaren Teilurteiles vom 2. 12. 1997 für die Zeit vom 1. 5. 1995 bis 30. 9. 1995 Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 2 und ab 1. 10. 1995 auf Pflegegeld der Stufe 5 in der jeweiligen ziffernmäßigen Höhe nach dem TPGG.

Von der klagenden Partei wird in ihren Revisionsausführungen nicht mehr in Abrede gestellt, dass sie auf diese vollstreckbare Forderung den vom Oppositionsprozess in Höhe von S 10.311 betroffenen Teil bisher nicht bezahlt hat und daher ihre Oppositionsklage, soweit sie auf die Behauptung einer vollständigen Zahlung der betriebenen Forderung gestützt wurde, nicht berechtigt ist. Insoweit kann daher dem Rechtsmittel der klagenden Partei auch unter Berücksichtigung ihrer Rechtsmittelausführungen kein Erfolg beschieden sein.

Die klagende Partei vertritt in ihren Revisionsausführungen aber weiterhin die Ansicht, dass die Exekution in Ansehung des noch strittigen Betrages von S 10.311 unzulässig sei und der Anspruch der Beklagten durch das Ruhen des Pflegegeldanspruches während der beiden stationären Krankenhausaufenthalte erloschen sei.

Nach der für die beiden stationären Krankenhausaufenthalte der Beklagten vom 3. 1. 1997 bis 31. 1. 1997 und vom 16. 3. 1997 bis 26. 3. 1997 maßgebenden Bestimmung des § 8 Abs 1 lit a TPGG ruht das Pflegegeld für die Dauer eines stationären Aufenthaltes in einer in- oder ausländischen Krankenanstalt mit dem Tag, der der Aufnahme folgt, bis zum Tag der Entlassung. Ein Feststellungsbescheid über das Ruhen des Pflegegeldes ist nach Abs 3 dieser Bestimmmung nur dann zu erlassen, wenn dies der Pflegegeldbezieher innerhalb eines Monats nach dem Wegfall des Ruhensgrundes beantragt. Bei Anweisung von Pflegegeld, das nach dem Abs 1 und 2 nicht mehr gebührt, ist dieses auf den nach Abs 2 zu belassenden Betrag oder ein künftig zu gewährendes Pflegegeld anzurechnen (§ 8 Abs 4 TPGG).

Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist somit inhaltlich gesehen nicht die Gebührlichkeit des Pflegegeldanspruches an sich, sondern die Frage des Ruhens dieser Leistung während der beiden stationären Krankenhausaufenthalte der Beklagten. Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung 10 ObS 87/99p vom 4. 5. 1999 bereits ausgeführt hat, treten die Rechtsfolgen des Ruhens einer Leistung im Umfang der Pflicht des Versicherungsträgers zur Erlassung eines Bescheides im Sinn des § 367 Abs 2 ASVG nicht Kraft Gesetzes (ex lege), sondern erst mit Erlassung des Bescheides ein (SSV-NF 6/116; Schrammel in Tomandl, SV-System 8. Erg-Lfg 169; Oberndorfer in Tomandl aaO 7. Erg-Lfg 694). In der Frage des Ruhens von Pflegegeldansprüchen wurde zur Stammfassung des § 12 BPGG einhellig die Auffassung vertreten, dass der zuständige Entscheidungsträger über dieses Ruhen stets mit (Feststellungs )Bescheid abzusprechen habe, gegen den dann gegebenenfalls Klage erhoben werden könne (Pfeil, Die Neuregelung der Pflegevorsorge 342; Pfeil, BPGG 148; Gruber/Pallinger, BPGG Rz 9 zu § 12; Fink, Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des BPGG, SozSi 1993, 352 ff [362]). Durch Art 21 Z 5 StrukturanpassungsG 1996, BGBl 1996/201, wurde § 12 Abs 1 BPGG allerdings dahin geändert, dass Bescheide über das Ruhen des Pflegegeldes nur dann zu erlassen sind, wenn der Pflegegeldbezieher dies innerhalb einer Frist von einem Monat nach dem Wegfall des Ruhensgrundes beantragt. Infolge neuerlicher Änderung des BPGG durch die Novelle BGBl I 1998/111 findet sich diese Bestimmung über die "bedingte Bescheidpflicht" (Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen 240 und 339) nunmehr in § 12 Abs 5 BPGG. Eine mit dieser Bestimmung idente Regelung enthält die hier maßgebende Bestimmung des § 8 Abs 3 TPGG, wonach ein Feststellungsbescheid über das Ruhen des Pflegegeldes nur dann zu erlassen ist, wenn dies der Pflegegeldbezieher innerhalb eines Monats nach dem Wegfall des Ruhensgrundes beantragt (zur Begründung dieses Rechtsanspruches auf Erlassung eines Feststellungsbescheides vgl Pfeil, Neuregelung der Pflegevorsorge in Österreich 342 f mwN).

Die sogenannte "bedingte Bescheidpflicht" besagt, dass über bestimmte, in § 367 Abs 1 ASVG umschriebene Ansprüche ein Bescheid nur zu erlassen ist, wenn die beantragte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt wird und der Anspruchswerber ausdrücklich einen Bescheid verlangt. Es handelt sich dabei um Leistungen insbesondere aus der Kranken- und Unfallversicherung, die nur einmalig oder kurzfristig zu erbringen sind. Hier tritt das Bestreben nach Rechtssicherheit hinter den Bedürfnissen nach Rationalisierung (Vermeidung nicht unbedingt notwendiger Verwaltungsarbeit) zurück, ohne dass hiedurch der Rechtsschutz des Versichererten erheblich verschlechtert wäre. Dieser kann, sofern er mit dem Inhalt der "schlichten Mitteilung" über die gänzliche oder teilweise Ablehnung seines Anspruches nicht einverstanden ist, einen Bescheid beantragen, sich damit den Weg zum Arbeits- und Sozialgericht eröffnen (Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen 240).

Diese dargelegten Erwägungen sind auch auf den vorliegenden Fall übertragbar. Auch hier hat der Gesetzgeber offensichtlich aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung vorgesehen, dass über die in der Regel nicht problematischen Ruhensfälle beim Pflegegeldanspruch ein (Feststellungs )Bescheid nur über Antrag des Pflegegeldbeziehers zu erlassen ist. Ein solches Verlangen muss wohl ausdrücklich gestellt werden, doch ist bei der Auslegung der betreffenden Erklärung des Anspruchswerbers kein strenger Maßstab anzulegen (Kuderna, ASGG2 447; Fink aaO 339).

Die klagende Partei hat nach den Feststellungen erstmals in einem Schreiben an den Beklagtenvertreter vom 7. 8. 1998 darauf hingewiesen, dass der Pflegegeldanspruch nach § 8 Abs 1 lit a TPGG für die Dauer der stationären Krankenhausaufenthalte der Beklagten im Jänner und März 1997 geruht habe und deshalb die entsprechenden Beträge von der klagenden Partei einbehalten worden seien. Bereits mit Schreiben vom 6. 8. 1998 hatte der Beklagtenvertreter von der klagenden Partei ausdrücklich die Zahlung der gesamten im Exekutionsverfahren noch aushaftenden restlichen Forderungen begehrt. Auch die nachfolgende Bestreitung der Berechtigung der klagenden Partei zum Einbehalt des Pflegegeldes während der beiden stationären Krankenhausaufenthalte im gegenständlichen Verfahren ist als Willensäußerung der Beklagten dahin zu werten, dass sie mit der von der klagenden Partei vorgenommenen formlosen Einbehaltung dieser Pflegegeldbeträge nicht einverstanden ist und sie daher darüber die Erlassung eines Bescheides verlangt.

Die klagende Partei hat nach der Aktenlage einen solchen Bescheid über das Ruhen des Pflegegeldanspruches der Beklagten während der beiden stationären Krankenhausaufenthalte bisher nicht erlassen. Das Institut der sukzessiven Kompetenz bedeutet aber, dass Voraussetzung für das gerichtliche Verfahren die vorherige Durchführung eines Verwaltungsverfahrens und das Vorliegen eines über den Leistungsanspruch des Versicherten absprechenden Bescheides eines Versicherungsträgers ist (SSV-NF 11/22; 8/94 uva). In diesem Sinne hat der erkennende Senat in der in SSV-NF 12/46 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, dass auf die behaupteten Ruhenszeiten für einen Pflegegeldanspruch (zufolge der auch damals vom Erstgericht festgestellten stationären Aufenthalte des Pflegegeldbeziehers in einem Krankenhaus) nicht Bedacht genommen werden könne, weil es hiezu an einem hiefür erforderlichen (Ruhens )Bescheid mangle. Nach damaliger Rechtslage nach dem BPGG wurde das Ruhen nicht ex lege, sondern erst mit Erlassung des (Feststellungs )Bescheides wirksam (SSV-NF 6/116 mwN ua). Gegen diesen Bescheid kann der Pflegegeldbezieher gegebenenfalls Klage beim Arbeits- und Sozialgericht erheben, weil es sich dabei um eine Rechtsstreitigkeit über das Ruhen eines Anspruches auf Pflegegeldleistungen im Sinn des § 65 Abs 1 Z 1 ASGG handelt, die nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle auch Feststellungsklagen einschließt (Pfeil, Neuregelung 343).

Im vorliegenden Oppositionsprozess kann jedoch auf eine solche Einwendung, für deren Geltendmachung der Rechtsweg ausgeschlossen ist, nicht Bedacht genommen werden. Eine auf eine solche Einwendung gestützte, sich gegen die Exekutionsführung richtende Klage ist wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges unstatthaft (vgl SZ 31/119; EvBl 1964/210 ua; RIS-Justiz RS0001528; RS0001517). Es waren daher aus Anlass der zulässigen Revision die Urteile der Vorinstanzen und das ihnen vorangegangene Verfahren, soweit sie das Begehren der klagenden Partei auf Unzulässigerklärung der Exekution im Hinblick auf ein Ruhen des Pflegegeldanspruches der Beklagten während ihrer beiden stationären Krankenhausaufenthalte betreffen, gemäß § 240 Abs 3 ZPO iVm § 73 ASGG von Amtswegen als nichtig aufzuheben und die Klage war insoweit wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen.

Auf den vorliegenden, zwischen einem Pflegegeldträger und einer Pflegegeldbezieherin geführten Rechtsstreit hat die Kostenersatzregelung des § 77 ASGG Anwendung zu finden. Da der Beklagte die erfolgreiche Abwehr des von der klagenden Partei auf die vollständige Bezahlung der betriebenen Forderung gestützten Teiles des Klagebegehrens gelungen ist, hat sie nach § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG Anspruch auf Kostenersatz. Die Kostenentscheidungen der Vorinstanzen bleiben daher durch die vorliegende Nichtigerklärung unberührt. Die Beklagte hat auch Anspruch auf Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung, wobei für diesen Schriftsatz nur der einfache Einheitssatz gebührt, weil sich die Neuregelung des § 23 Abs 9 RATG durch die WGN 1997 (BGBl 1997/140) nur auf das Berufungsverfahren bezieht.

Rechtssätze
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