JudikaturJustiz10ObS154/98i

10ObS154/98i – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. April 1998

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Karlheinz Kux (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag.Maria Pree (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Adolf L*****, Lohnverrechner, ***** vertreten durch Dr.Hans Schwarz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Berufsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 13.Februar 1998, GZ 11 Rs 4/98g-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 20.Oktober 1997, GZ 9 Cgs 266/96z-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid vom 19.7.1996 lehnte die beklagte Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten den Antrag des Klägers vom 6.12.1995 auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension ab. Zur Begründung wies sie darauf hin, daß seine Arbeitsfähigkeit nicht so weit herabgesunken sei, daß ihm die Ausübung der bisherigen Tätigkeit als Lohnverrechner oder eine Tätigkeit innerhalb der gleichen Berufsgruppe nicht mehr möglich wäre und daher Berufsunfähigkeit nach § 273 ASVG nicht vorliege.

Mit der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage begehrt der Kläger, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm ab 1.1.1996 die Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß zu zahlen. Er sei berufsunfähig, weil er aufgrund seiner Leidenszustände die Tätigkeit eines Lohnverrechners nicht mehr ausüben könne.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wiederholte ihren im Bescheid eingenommenen Standpunkt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension ab 1.1.1996 ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der am 6.9.1941 geborene Kläger hat den Beruf eines Einzelhandelskaufmannes erlernt. Von 1960 bis 1964 war er als kaufmännischer Angestellter, von 1964 bis 1965 als Hilfsarbeiter und seit 1966 wieder als kaufmännischer Angestellter in der Personalverrechnung tätig, wobei zu seinen Aufgaben die EDV-Erfassung der Stempelkarten, die Erarbeitung der Stundenauswertungen der Vorarbeiter und Meister, das Bearbeiten und Ausgeben von Lohnzetteln sowie unterschiedliche Kontrolltätigkeiten und Erledigungen von Telefonaten zählten. Die Arbeit war nur mit einer leichten psychischen Beanspruchung verbunden, erforderte aber durchschnittlich sechs Stunden Bildschirmarbeit. Der Kläger war in der Verwendungsgruppe 4 des Kollektivvertrags der Angestellten in der Industrie eingestuft, da er eigenverantwortlich für die Personalverrechnung zuständig war und auch Kontroll- und Prüftätigkeiten durchführte. Seit Jänner 1993 bezieht der Kläger als Langzeitarbeitsloser einen Pensionsvorschuß. Er leidet an verschiedenen näher beschriebenen krankhaften Veränderungen des Bewegungs- und Stützapparates. Seit Kindheit schielt er mit dem rechten Auge nach auswärts. Er ist auf diesem Auge auch kurzsichtig, wobei ein Ausgleich der Kurzsichtigkeit durch eine Brille wegen der ungleichen Brechkraft beider Augen nicht möglich ist. Er hat deshalb sowohl in der Ferne als auch in der Nähe kein beidäugiges Sehen. Da das Bild des schielenden Auges unterdrückt wird, sieht er praktisch nur einäugig. Es besteht auch eine Rot-Grün-Blindheit. Aufgrund dieses körperlichen Zustandes kann der Kläger leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten. Jede einzelne Körperhaltung kann etwa eine Stunde lang in ununterbrochener Folge eingehalten werden, dann sollte ein gewisser Wechsel zwischen Sitzen, Gehen oder Stehen möglich sein. Arbeiten, die mit Bücken einhergehen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten und Arbeiten unter Kälte- und Nässeexposition sind nicht möglich. Arbeiten, die ein besonderes Feingeschick der Hände erfordern, können nicht verlangt werden. Aufgrund des gestörten Gesichtssinnes ist der Kläger auch mit einer entsprechenden Brille für Bildschirmarbeit nur bedingt geeignet: Er kann diese nur mehr zwei bis drei Stunden täglich mit zehnminütigen Pausen pro Arbeitsstunde verrichten, sonst ist er für jegliche Arbeiten, die keine Ansprüche an ein intaktes beidäugiges Sehen stellen, geeignet. Die Augenerkrankung hat der Kläger bereits in das Berufsleben eingebracht. Wegen der infolge der Augenerkrankung stark begrenzten Zumutbarkeit von Bildschirmarbeiten ist der Kläger für sämtliche Verweisungstätigkeiten in den Verwendungsgruppen 4 und 3 nicht mehr befähigt, da alle diese Tätigkeiten in der Regel mit Bildschirmarbeit verbunden sind.

In der auf § 273 Abs 1 ASVG gegründeten rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension bestehe nur dann, wenn eine Person ursprünglich in der Lage gewesen sei, eine bestimmte Erwerbstätigkeit auszuüben und zufolge einer negativen Veränderung des körperlichen oder geistigen Zustandes nunmehr außerstande gesetzt werde, einer geregelten Beschäftigung, zu der sie früher in der Lage war, nachzugehen. Da der Kläger sein Augenleiden in das Berufsleben eingebracht habe und eine nachfolgende Verschlechterung nicht feststellbar sei, könne dieses Leiden bei Beurteilung der Berufsunfähigkeit nicht berücksichtigt werden. Es sei zu prüfen, ob der Kläger nach wie vor in der Lage sei, die in den letzten Jahren vorwiegend ausgeübte Tätigkeit weiter zu verrichten. Daß die konkrete Tätigkeit wegen inzwischen eingetretener Änderungen und technischer Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt in dieser Form nicht mehr nachgefragt werde, falle in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung und könne einen Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension nicht begründen. Unter Ausklammerung der Augenbeschwerden sei der Kläger aber in der Lage, seine bisherige Tätigkeit als Sachbearbeiter und Personalverrechner weiterhin auszuüben. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 273 ASVG sei das Klagebegehren abzuweisen.

Gegen dieses Urteil erhob der Kläger Berufung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß ihm ab 1.10.1996 die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit zugesprochen werde. Dazu führte er aus, das Erstgericht hätte darüber absprechen müssen, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit gegeben seien, weil er das Klagebegehren auf die Zuerkennung dieser Pensionsart eingeschränkt habe. Diese Tatsache habe das Erstgericht außer acht gelassen. Es sei aber auch rechtlich unrichtig, dem Kläger die weitere Ausübung der bisherigen Tätigkeit deshalb zuzumuten, weil sein Augenleiden bei Beurteilung der Berufsunfähigkeit nicht zu berücksichtigen sei. Es komme nämlich nicht darauf an, ob die Arbeitsfähigkeit herabgesunken sei, sondern ob er nicht mehr imstande sei, durch diese Tätigkeit die Hälfte des Entgelts zu erwerben.

Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge. Es führte aus, daß die Berufung schon deshalb nicht berechtigt sein könne, weil sie ausschließlich darauf gerichtet sei, die Zuerkennung einer Leistung zu begehren, die nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Erstgericht gewesen sei und überdies auch nicht zum Gegenstand des Verfahrens vor dem Erstgericht gemacht werden hätte können. Eine Prozeßerklärung des Klägers, das auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension ab 1.1.1996 gerichtete Klagebegehren auf ein solches nach Zuerkennung der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit zu ändern, sei weder dem Protokoll über die mündliche Streitverhandlung vom 2.9.1997, noch sonst dem Akt zu entnehmen. Der in erster Instanz qualifiziert vertretene Kläger habe lediglich in der mündlichen Streitverhandlung vom 24.4.1997 darauf hingewiesen, daß er ab 1.10.1996 die Voraussetzungen für die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit erfülle, er habe aber nicht vorgebracht, nunmehr das Klagebegehren darauf zu stützen und den Anspruch auf Berufsunfähigkeitspension fallen zu lassen. Der in der mündlichen Streitverhandlung vom 2.9.1997 bedingt abgeschlossene Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtet hatte, ab 1.10.1996 die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit zu gewähren, sei widerrufen worden. Eine das Klagebegehren betreffende Erklärung sei auch diesem Verhandlungsprotokoll nicht zu entnehmen. Gegenstand des Verfahrens sei daher das Begehren auf Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension ab 1.1.1996, worüber auch das Erstgericht entschieden habe. In dem durch die Klage außer Kraft getretenen Bescheid sei ausschließlich über den Antrag des Klägers auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension entschieden worden. Auch der diesem Bescheid zugrundeliegende Antrag des Klägers habe sich auf die Berufsunfähigkeitspension beschränkt. Daraus folge, daß das nunmehr erhobene Berufungsbegehren gegen das Neuerungsverbot des § 482 ZPO verstoße. Desssenungeachtet wäre eine entsprechende Änderung des Klagebegehrens gar nicht zuzulassen und über ein solcherart geändertes Begehren auch nicht zu entscheiden gewesen, weil es sich bei der vorzeitigen Alterspension um einen anderen Versicherungsfall handle. Die Änderung eines Klagebegehrens auf Gewährung einer Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit auf eine solche aus dem Versicherungsfall des Alters sei bei sonstiger Nichtigkeit der Entscheidung über das geänderte Begehren wegen Verletzung des Grundsatzes der sukzessiven Zuständigkeit unzulässig. Als einziger Weg der Anspruchsverfolgung bleibe ein neuer Antrag im Verwaltungsverfahren.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt die Abänderung dahin, daß ihm die vorzeitige Alterspension wegen geminderter "Erwerbsfähigkeit", hilfsweise die Berufsunfähigkeitspension jeweils im gesetzlichen Ausmaß gewährt werde.

Die beklagte Partei erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes vorgetragenen Argumente überzeugen nicht. Die Bestimmung des § 253 d ASVG wurde in ihrer ursprünglichen Form durch die 51.ASVG-Novelle BGBl 1993/335 geschaffen und galt seit 1.7.1993. Wenn auch die dort normierten Anspruchsvoraussetzungen im wesentlichen denjenigen entsprachen, die zuvor für den Sonderfall der Invalidität nach § 255 Abs 4 ASVG (aF) bzw der Berufsunfähigkeit nach § 273 Abs 3 ASVG (aF) normiert waren, handelt es sich doch bei der neuen Leistung nicht mehr um eine Invaliditätspension im Sinne des § 254 ASVG bzw um eine Berufsunfähigkeitspension im Sinne des § 271 ZPO, sondern um eine vorzeitige Alterspension gemäß den §§ 253 ff ASVG, also um einen anderen Versicherungsfall (Versicherungsfälle des Alters nach § 222 Abs 1 Z 1 ASVG im Unterschied zu den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit nach § 222 Abs 1 Z 2 ASVG). Es ist daher unbestreitbar, daß die vorzeitige Alterspension gemäß § 253 d ASVG terminologisch und im Hinblick auf die Gesetzessystematik den Versicherungsfällen des Alters zuzuordnen ist (SSV-NF 9/31 = SZ 68/68; 10 ObS 136/97s; 10 ObS 208/97d; 10 ObS 370/97b; insoweit auch Proksch, Klagsänderung bei Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, ZAS 1997, 161, 164, der allerdings meint, es sei nicht gerechtfertigt, die vorzeitige Alterspension gänzlich von den Leistungen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit abzugrenzen und ausschließlich zu den Alterspensionen zu zählen, wogegen unter anderem die unterschiedlichen Wartezeitregelungen sowie die verschiedenen besonderen versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen sprechen würden).

Die Zulässigkeit des Rechtswegs für eine Bescheidklage setzt nach § 67 Abs 1 Z 1 ASGG (und § 69 ASGG) voraus, daß der Versicherungsträger darüber bereits mit Bescheid entschieden hat. An diesem Erfordernis kann wegen des zwingenden Charakters der §§ 67, 69 und 73 ASGG auch ein allfälliges Einverständnis des beklagten Versicherungsträgers mit einer sofortigen Anrufung des Gerichtes nichts ändern. Aus dem Zweck der sukzessiven Zuständigkeit, vorerst den Sozialversicherungsträger mit der Sache zu befassen und den Gerichten nur die wirklich streitigen Fälle zuzuführen, aber auch aus der Diktion dieser Normen (arg: "darüber" bzw "hierüber") ist abzuleiten, daß nur eine meritorische Entscheidung des Sozialversicherungsträgers über den der betreffenden Leistungssache zugrundeliegenden Anspruch des Versicherten den Weg zum Sozialgericht ebnet. Liegt eine solche nicht vor, ist grundsätzlich - von § 68 ASGG und anderen hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - der Rechtsweg versperrt (Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen, 276 mwN bei FN 113 und 114; 10 ObS 45/97h).

Das dargestellte Erfordernis ("darüber" bzw "hierüber") bewirkt überdies in Fällen, in denen die Klage zulässig ist, eine Eingrenzung des möglichen Streitgegenstands: Dieser kann grundsätzlich nur Ansprüche umfassen, über die der Sozialversicherungsträger bescheidmäßig abgesprochen hat. Die Klage darf daher im Vergleich zum vorangegangenen Antrag weder die rechtserzeugenden Tatsachen auswechseln noch auf Leistungen (Feststellungen, Gestaltungen) gerichtet sein, über die der Versicherungsträger im bekämpften Bescheid gar nicht erkannt hat (Fink aaO mwN bei FN 116 und 117; 10 ObS 45/97h, 10 ObS 136/97s; 10 ObS 208/97d; vgl auch SSV-NF 8/94 sowie die bei Fink aaO 277 dargestellten Beispiele aus der Rechtsprechung). Daraus ergibt sich, daß jedenfalls ein "Austausch" des Versicherungsfalls oder der Art der begehrten Leistungen im gerichtlichen Verfahren nicht zulässig ist; für solche Begehren fehlt es an einer "darüber" ergangenen Entscheidung des Versicherungsträgers. Diesfalls ist auch eine Klagsänderung im Sinn des § 86 ASGG nicht zulässig: Da im Fall einer Klageänderung für das neue Begehren alle Prozeßvoraussetzungen gegeben sein müssen (Rechberger ZPO § 235 Rz 5), für das auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension geänderte Begehren jedoch der Rechtsweg unzulässig wäre, liegen auch die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 235 ZPO nicht vor (10 ObS 208/97d; aA Proksch aaO 165, der allerdings einräumt, daß eine Klagsänderung dort ausgeschlossen ist, wo die geänderte Klage unter anderem wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges ausgeschlossen ist). Unter Berücksichtigung der bisher dargestellten Grundsätze muß auch der Versuch scheitern, die Klageänderung mit dem Argument zuzulassen, daß das Rechtsschutzziel der begehrten Leistungen gleich sei (Proksch aaO 166): Wenngleich Sinn und Zweck sowohl der Invaliditäts- bzw Berufungsunfähigkeitspension auf der einen Seite und der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit auf der anderen Seite darin liegen mag, den Ersatz des während der Arbeitsunfhigkeit bzw eingeschränkten Arbeitsfähigkeit weggefallenen Erwerbseinkommens zu bilden (so Proksch aaO), kann doch nicht daran vorbeigegangen werden, daß es sich auch nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers um zwei verschiedene Versicherungsfälle handelt, die in einem Verfahren nicht gegeneinander ausgetauscht werden können.

Wie das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, hat der Kläger in erster Instanz eine Änderung seines auf Leistung der Berufsunfähigkeitspension gerichteten Klagebegehrens nicht vorgenommen. Er hat zwar ergänzend vorgebracht, daß er zum Zeitpunkt 1.10.1996 (offenbar unter der Annahme eines Pensionsalters von 55 Lebensjahren, wobei allerdings die Neufassung des § 253 d Abs 1 ASVG durch Art 34 Z 96 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 201, unberücksichtigt blieb) die Voraussetzungen für die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit erfülle, jedoch mit diesem Vorbringen keine prozessualen Konsequenzen verbunden. Auch die Tatsache, daß die Streitteile einen bedingten Vergleich über die Zahlung der vorzeitigen Alterspension ab 1.10.1996 abschlossen, der in der Folge rechtzeitig widerrufen wurde, ändert an dieser Beurteilung nichts, sondern es zeigt sich darin die Praxis, daß gelegentlich über das Fehlen der Prozeßvoraussetzung des Bescheides über die vorzeitige Alterspension hinweggesehen wird und Versicherungsträger zu einem Vergleichsabschluß in diesem Sinn bereit sind, was insoweit problematisch ist, als gemäß § 75 Abs 3 ASGG die Zulässigkeit eines gerichtlichen Vergleiches im Sozialgerichtsverfahren auf Ansprüche beschränkt ist, die vom Klagebegehren umfaßt sind (so auch Proksch aaO 167 bei FN 48). Selbst wenn man aber in dem Vorbringen des Klägers, er erfülle zum 1.10.1996 die Voraussetzungen für die vorzeitige Alterspension, als Klagsänderung im Sinne des § 235 ZPO ansehen wollte, so würde sich im Ergebnis nichts ändern, weil dann diese Änderung des Klagebegehrens nicht zugelassen werden hätte dürfen (10 ObS 208/97d). In jedem Fall hat das Erstgericht zutreffend die Sachentscheidung über das ursprüngliche, nur auf Berufsunfähigkeitspension gerichtete Klagebegehren getroffen.

In der gegen das Urteil des Erstgerichtes erhobenen Berufung wurde lediglich geltend gemacht, daß das Erstgericht über die Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit hätte absprechen müssen; folgerichtig wird auch nur der Berufungsantrag gestellt, dem Kläger ab 1.10.1996 die vorzeitige Alterspension im gesetzlichen Ausmaß zuzusprechen oder die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen. Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß damit die Entscheidung des Erstgerichtes über die Abweisung des Begehrens auf Berufsunfähigkeitspension nicht mehr zu überprüfen war. Nach dem gemäß § 2 Abs 1 ASGG auch im vorliegenden Verfahren anzuwendenden § 462 Abs 1 ZPO überprüft das Berufungsgericht die Entscheidung des Gerichtes erster Instanz innerhalb der Grenzen der Berufungsanträge. Der Rechtsmittelantrag entspricht im Wesen und Aufgabe dem Klagebegehren: Er hat die vom Rechtsmittelgericht gewünschte Entscheidung im einzelnen bestimmt zu bezeichnen (Dispositionsgrundsatz; Bindung des Rechtsmittelgerichts an den Antrag). Wird Abänderung begehrt, soll also das Rechtsmittelgericht anstelle der bekämpften Entscheidung eine andere setzen, dann muß der Abänderungsantrag den Wortlaut der gewünschten Entscheidung wiedergeben, somit die Bestimmtheit des Erfordernisses des Klagebegehrens erfüllen, was freilich auch in der Weise möglich ist, daß der Abänderungsantrag auf den Inhalt des Klagebegehrens verweist. Der Rechtsmittelantrag ist aber unbedingtes Inhaltserfordernis eines Rechtsmittels (Fasching ZPR2 Rz 1696). Überschreitet das Berufungsgericht den Rechtsmittelantrag, verstößt seine Entscheidung nicht nur gegen § 405 ZPO; sondern auch gegen die eingetretene Teilrechtskraft (§ 466), womit Nichtigkeit begründet wird (Rechberger/Kodek, ZPO § 462 Rz 1 mwN). Die Berufung konnte deshalb, ohne daß auf die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes betreffend die Voraussetzungen des § 273 ASVG einzugehen war, schon deshalb nicht berechtigt sein, weil sie ausschließlich die Zuerkennung einer Leistung anstrebte, die nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Erstgericht war und auch nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens gemacht werden konnte.

Das Urteil des Berufungsgerichtes erweist sich daher als zutreffend, so daß der dagegen erhobenen Revision kein Erfolg beschieden sein kann. Da somit in der zweiten Instanz über das ursprüngliche Begehren auf Gewährung der Berufsunfähigkeitspension mangels eines entsprechenden Berufungsantrages nicht mehr zu entscheiden war, ist auch dem Obersten Gerichtshof eine Stellungnahme dazu verwehrt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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