Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH, FN **, **, vertreten durch die Fritzsche Frank Fletzberger Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. B*, Rechtsanwalt, **, als Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der C* - Aktiengesellschaft, FN **, **, wegen Feststellung einer Konkursforderung (Gesamtstreitwert EUR 4.371.053,80), über die Berufung der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 30.12.2024, D*-85 (Berufungsinteresse EUR 4.361.053,80), in nichtöffentlicher Sitzung
I. durch den Senatspräsidenten Mag. Guggenbichler als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Zwettler-Scheruga und den Richter Mag. Einberger den
B e s c h l u s s
gefasst:
1. Das Verfahren wird fortgesetzt.
2. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf Dr. B*, Rechtsanwalt, **, als Masseverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der C* - Aktiengesellschaft, FN **, ** berichtigt.
3. Die Berufung wegen Nichtigkeit wird verworfen.
II. durch den Senatspräsidenten Mag. Guggenbichler als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Zwettler-Scheruga und die KR Eigner zu Recht erkannt:
Der Berufung wird im Übrigen nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens bleibt bis zur rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vorbehalten.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Beklagte ist grundbücherliche Eigentümerin der Wohnungseigentumsobjekte BLNr 9, 17 bis 93 und 96 der Liegenschaft EZ ** GB **.
Die E* GesmbH (kurz E*) legte ihr am 14.3.2011 ein Angebot über den Ankauf dieser Wohnungseigentumsobjekte zum Kaufpreis von EUR 80,5 Mio und behielt sich dabei das Recht vor, den Eigentumserwerb durch von ihr neu zu gründende Projektgesellschaften (um eine solche handelt es sich bei der nunmehrigen Klägerin) durchführen zu lassen. Die Kaufvertragsabwicklung sollte binnen acht Wochen nach Annahme des Kaufanbots erfolgen. Die Käuferin sollte verpflichtet sein, binnen 10 Tagen nach Annahme des Anbots ein Angeld von EUR 4 Mio auf ein Konto der Verkäuferin bei der F* AG zu erlegen. Der Inhalt des Anbots lautet:
„Die Käuferin bietet der Verkäuferin hiemit rechtsverbindlich und unwiderruflich an, die oben genannten Wohnungseigentumsobjekte (Liegenschaftsanteile untrennbar verbunden mit den genannten Top-Nummern) zu erwerben, wobei sie sich das Recht vorbehält, den Eigentumserwerb durch von ihr neu zu gründende Projektgesellschaften durchführen zu lassen. Diese Projektgesellschaften müssen im „wirtschaftlichen Eigentum“ der beiden Käufer (oder zumindest eines Käufers) stehen. Die Gesellschaften, sowie die von diesen zu erwerbende Wohnungseigentumsanteile, müssen von der Käuferin längstens 14 Tage nach Annahme dieses Anbots der Verkäuferin bekannt gegeben werden.
Bürofläche und Verkaufsfläche **, Nutzfläche: ca 13.628m2 lt. Nutzwertgutachten bzw. Mietzinsliste; Top 6.6.1 (G*-Flächen) und Top 7.3 werden bestandsfrei übergeben; die restlichen Flächen sind laut Mietzinsliste vermietet;
Ertrag, Vermietung und Befristungen laut Zinsliste AIV von 12/2010 (Beilage./A)
Garagenstellplätze: 350 Stück vermietet bis 31.12.2029
Die anstehende Fassadenreparatur sowie die Sanierung des Flachdaches sind im Reparaturfonds (derzeit ca € 700.000,--) gedeckt und werden aus diesem bezahlt.
Der Kaufpreis (ohne Nebenkosten) für die oben genannten Liegenschaftsanteile beträgt: EUR 80.500.000,--
(EURO achtzig Millionen fünfhunderttausend)
Den Kaufpreis für die Garage und die Galerie werden 20% MWST zugeschlagen, wobei die Entrichtung der MWSt durch Überrechnung beim Finanzamt erfolgt. Den Kaufpreisen für die restlichen WE-Objekte wird kein MWSt zugeschlagen. Die Aufgliederung des Kaufpreises für die einzelnen Liegenschaftsanteile bleibt einer gesonderten Vereinbarung vorbehalten. Die Liegenschaft muss geldlastenfrei und frei von Servituten sein bzw. im Zuge der Kaufvertragserrichtung lastenfrei gemacht werden. Bauaufträge sind derzeit keine anhängig. Die Kaufvertragsabwicklung erfolgt binnen 8 Wochen nach Annahme dieses Kaufanbotes. Die Käuferin ist verpflichtet, binnen 10 Tagen nach Annahme dieses Anbots ein Angeld im Betrag von EUR 4,000.000,-- auf ein noch bekannt zu gebendes Konto der Verkäuferin bei der F* AG zu erlegen.
Dieses Angeld ist als „Kaufpreisteilzahlung“ zu widmen. Sofern es aus Gründen, die in der Sphäre der Käuferin liegen, endgültig nicht zum Abschluss des Kaufvertrages und zur Bezahlung des Kaufpreises kommt, verfällt dieses Angeld zugunsten der Verkäuferin. Für den Fall, dass das Angeld nicht fristgerecht erlegt oder – trotz schriftlicher Mahnung unter Setzung einer mindestens siebentägigen Nachfrist – der Kaufvertragsabschluss bzw. die Kaufpreis(rest)zahlung nicht erfolgt, ist die Verkäuferin berechtigt, ihren Rücktritt von der Anbotsannahme – unter Verfall des Angeldes – zu erklären. Jede Partei trägt die Kosten Ihrer Konsulenten, Berater etc. selbst. Die Notariatskosten sowie die Kosten der Beglaubigung zahlt die Käuferin.
Die Annahme dieses Kaufangebotes ist befristet bis 21.04.2011.“ (./2).
Ein Vorstandsmitglied der Beklagten nahm für diese das Anbot vom 14.3.2011 vorbehaltlich der Genehmigung des Aufsichtsrats am 15.3.2011 an. Es liegt keine Zustimmung der Hauptversammlung der Beklagten zu dieser Vereinbarung vor. Die Vereinbarung wurde auch nicht notariell beurkundet.
Die Beklagte bestritt in der Folge das wirksame Zustandekommen des Kaufvertrags mit dem Argument, dass ein rechtswirksamer Genehmigungsbeschluss des Aufsichtsrats nicht vorliege.
Seitdem streiten die Beklagte als Verkäuferin, die E* als Anbotslegerin und die Klägerin als Projektgesellschaft und namhaft gemachte Käuferin in zahlreichen Gerichtsverfahren darüber, ob ein Kaufvertrag zustande kam, wenn ja mit welchem Inhalt und wie dieser abzuwickeln ist, ob von der Beklagten erklärte Rücktritte wirksam sind und wer die nachteiligen Folgen aus diesen Abwicklungsschwierigkeiten zu tragen hat.
Weiters waren bereits mehrere Klagen der Klägerin gegen die Beklagte auf Ausfolgung von in bestimmten Zeiträumen von der Beklagten vereinnahmten Hauptmietzinsen anhängig (zB H*, D*, I*J* je des Handelsgerichts Wien).
Im vorliegenden Verfahren begehrte die Klägerin mit Klage vom 31.8.2020, die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr über die vom 01.09.2017 bis 31.08.2018 hinsichtlich der Liegenschaft EZ **, KG ** vereinnahmten Netto-Hauptmietzinse Rechnung zu legen und die vereinnahmten Hauptmietzinse samt 9,2% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem Tag der Klagseinbringung zu bezahlen.
Hilfsweise zu diesem Begehren erhob die Klägerin ein Zahlungsbegehren über EUR 4.000.000 samt 9,2% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem Tag der Klagseinbringung.
Weiters begehrte sie die Feststellung der Haftung der Beklagten für jeden Schaden aus der unterlassenen Erfüllung des auf Basis des Kaufanbots vom 14.3.2011 geschlossenen Kaufvertrags über die der Beklagten gehörigen Anteile an der Liegenschaft.
Sie brachte zusammengefasst vor, im Kaufanbot vom 14.3.2011 seien Regelungen für die Abwicklung des noch eigens auszufertigenden grundbuchsfähigen Kaufvertrags enthalten. Die tatsächliche Kaufvertragsabwicklung sei allein an der Beklagten gescheitert, die rechtsmissbräuchlich die Vertragszuhaltungsansprüche der Klägerin verzögert und blockiert habe. Nach Rechtskraft der Entscheidung im Vorprozess habe sich die Beklagte weiterhin geweigert, die vereinbarte Liegenschaftstransaktion durchzuführen und alles unternommen, um diese zu vereiteln, zu blockieren und hinauszuzögern. Den Rücktritt der Beklagten habe das OLG Wien im Berufungsverfahren zum Verfahren K* des HG Wien als schikanös im Sinne des § 1295 Abs 2 ABGB beurteilt. Durch die Blockademaßnahmen der Beklagten, die in reiner Schikane absichtlich darauf abzielten, die vereinbarte Liegenschaftstransaktion zu verhindern, entgingen der Klägerin erhebliche Mietzinseinnahmen aus den streitgegenständlichen Objekten.
Die Klägerin mache mit dieser Klage die Mieteinnahmen der Beklagten im Zeitraum 01.09.2017 bis 31.08.2018 geltend. Die Beklagte schulde der Klägerin diese im Hinblick auf den rechtswirksamen Kaufvertrag, weiters aus dem Titel des Schadenersatzes, weil die Beklagte ihre Vertragsverpflichtungen gegenüber der Klägerin durch ihr beharrlich schikanöses Blockadeverhalten schwerwiegend verletzt habe. Die E* GmbH habe ihre Anteile an der Klägerin 2016 an die L* GmbH und die M* GmbH verkauft. Die Argumentation der Beklagten, die Klägerin müsse im Eigentum der E* GmbH stehen, sei bereits von zwei Instanzen verworfen worden. Die Beklagte habe in Kenntnis des Eigentümerwechsels zugesagt, den Kaufvertrag zu erfüllen. Der Eigentümerwechsel habe überdies nach 5 Jahren des Verzugs der Beklagten stattgefunden. Ein darauf gestützter Rücktritt der Beklagten sei daher nicht wirksam. Liegenschaftstransaktionen dieser Größenordnung würden treuhändig abgewickelt. Die Beklagte verweigere die Mitwirkung an der Bestellung eines Treuhänders. Die Klägerin habe aufgrund des schuldhaften Verzugs der Beklagten bislang keine Mietzinszahlungen vereinnahmen können. Die Beklagte habe die vereinbarungsgemäße Abwicklung des Kaufvertrags nach Erlag des Angelds verbindlich zugesichert, diese Zusicherung jedoch nicht eingehalten, sondern abermals den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Die Klägerin stütze sich weiters auf Bereicherungsrecht. Die Ermittlung der genauen Höhe der vereinnahmten Mietzinse könne nur durch die Beklagte erfolgen.
In der Folge dehnte die Klägerin das Zahlungsbegehren auf EUR 4.361.053,80 aus.
Die Klägerin treffe keine Rechtspflicht, einen Finanzierungsnachweis zu erbringen, sie treffe auch keine Rechtspflicht, dem BV, den nach der RAO eine Pflicht zur Geldwäscheprüfung treffe, Unterlagen herauszugeben, zumal dieser ihr gegenüber nicht einmal zur Geheimhaltung verpflichtet sei. Sofern die Einhaltung der Geldwäscheregelungen nicht möglich sei, müsse das Mandat zurückgelegt werden. Daraus lasse sich aber keine Pflicht der Klägerin ableiten, entsprechende Informationen preiszugeben. Die Beklagte befinde sich selbst seit Jahren im Verzug und könne deshalb auch keine Leistung der Klägerin fordern. Die Klägerin habe gegenüber der Beklagten bereits mehrfach die Unsicherheitseinrede erhoben, der zufolge sie nicht zur Leistung verpflichtet sei, sofern gute Gründe für die Befürchtung vorliegen, dass die Beklagte ihrerseits ihren Teil der Verpflichtungen nicht einhalten werde. Derartige gute Gründe lägen in großer Zahl vor, wie die zahlreichen gerichtlichen Entscheidungen bewiesen.
Die Klägerin habe mehrfach schriftlich angeboten, alle für die Geldwäscheprüfung notwendigen Unterlagen einem einvernehmlich ausgewählten Treuhänder zur Verfügung zu stellen. Die Prüfpflicht nach § 8a RAO treffe nur den PV, nicht aber die Partei. Es bestehe auch keine Verpflichtung, dass sich die Beklagte bei der Abwicklung eines Kaufvertrags von einem Rechtsanwalt vertreten lasse. Durch diese freiwillige Entscheidung könne keine Rechtspflicht der Klägerin abgeleitet werden.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte Klagsabweisung und wendete zusammengefasst ein, die Klägerin und die E* GmbH hätten bisher weder Exekutions- noch Grundbuchsanträge gestellt. Derartige Anträge wären nur erfolgreich, wenn beide auch ihrer Zahlungspflicht aus dem Kaufvertrag nachkämen. Die Weigerung zur Zahlung des vereinbarten Angelds habe Zweifel an der Zahlungsfähigkeit bzw Zahlungswilligkeit hinsichtlich des Restkaufpreises begründet. Gemäß dem Kaufvertrag sei das Angeld auf ein von der Beklagten bekanntzugebendes Bankkonto zu überweisen. Irgendwelche Sicherstellungen, etwa durch Treuhandschaft, seien nicht vereinbart worden. Die Beklagte habe – aufgrund der fortdauernden Weigerung der Klägerin und der E* GmbH, das Angeld zu zahlen – gar keine andere Möglichkeit gehabt, als den Rücktritt zu erklären. Die Klägerin und die E* GmbH hätten bisher in keinem gerichtlichen Verfahren schlüssig dargelegt, was die Beklagte aufgrund der Urteilsverpflichtung des OLG Wien zu 2 R 108/15i hätte tun müssen. Aus dem Urteil zu 2 R 108/15i ergebe sich gerade keine Mitwirkungspflicht der Beklagten an einer Treuhänderbestellung bezüglich des Angelds oder in sonstiger Weise an der Kaufvertragsabwicklung. Somit hätten die Klägerin und die E* GmbH – nach treuhändigem Erlag des gesamten Kaufpreises – auch jederzeit erfolgreich Exekution gegen die Beklagte führen bzw die grundbücherliche Einverleibung ihres Eigentumsrechts bewirken können. Die Klägerin und die E* GmbH hätten jedoch bis heute den Kaufpreis nicht erlegt. Der Rücktritt sei daher rechtlich die einzige Möglichkeit der Beklagten gewesen, um wieder frei über den Kaufgegenstand verfügen zu können und den rechtlichen Schwebezustand zu beenden. Ein schikanöses Handeln liege daher nicht vor. Das OLG Wien habe zudem entschieden, dass das Angeld gemäß Kaufvertrag gerade nicht treuhändig erlegt werden müsse, sondern direkt auf ein von der Beklagten bekannt zu gebendes Konto zu erlegen sei. Ohne den Rücktritt der Beklagten wäre auch diese Frage nach wie vor ungelöst.
Die Beklagte habe gegen dieses Urteil keine Revision erhoben und sich mit Schreiben vom 8.2.2019 unverzüglich zur vertragskonformen Abwicklung bereiterklärt. In Entsprechung des Urteils habe sie der Klägerin und der E* GmbH ein Konto bei der N* AG bekannt gegeben und diese aufgefordert, das Angeld von EUR 4.000.000 auf dieses Konto zu überweisen. Die Klägerin und die E* GmbH hätten die Überweisung verweigert und erneut auf einer vertraglich nicht vereinbarte treuhändige Abwicklung bestanden.
Nach mehreren Aufforderungen habe schließlich die L* GmbH am 15.2.2019 EUR 4.000.000 auf dem bekanntgegebenen Konto bei der N* AG erlegt. Gemäß den Regelungen des Kaufvertrags müsse der Käufer im wirtschaftlichen Eigentum der E* GmbH stehen. Dies sei bei der L* GmbH nicht der Fall. Die Beklagte sei daher mit Schreiben vom 19.2.2019 rechtsgültig vom Vertrag zurückgetreten und habe das Angeld zurücküberwiesen. Bei einem rechtswirksamen Rücktritt vom Vertrag und der damit einhergehenden ex tunc Wirkung, aber auch im Fall eines unwirksamen Rücktritts habe die Klägerin keinen Anspruch auf die Mieterträge der Beklagten. Es bestehe auch keine Rechnungslegungspflicht der Beklagten.
Das Vorbringen der Klägerin, die Beklagte sei bereits 2016 über den Eigentümerwechsel bei der Klägerin informiert worden, sei irrelevant. Es komme nur auf die Eigentumsverhältnisse zum Zeitpunkt der Angeldzahlung an, die gemäß Kaufvertrag einen Teil des Kaufpreises bilde.
Eine ergänzende Vertragsauslegung, wie sie die Klägerin argumentiere, habe nicht stattzufinden. Gemäß dispositivem Recht gehe das Recht, den Mietzins zu beziehen, auf den Käufer des Mietobjekts erst bei dessen Eintragung im Grundbuch bzw bei berechtigter Antragstellung auf grundbücherliche Einverleibung über.
Auch eine ergänzende Vertragsauslegung würde nicht zu dem von der Klägerin gewünschten Ergebnis führen. Die von der Klägerin vorgeschlagene Stichtagsregelung und die damit zusammenhängende Auslegung des hypothetischen Parteiwillens wäre zudem grob benachteiligend für die Beklagte.
Die Beklagte habe weder rechtswidrig gehandelt, noch treffe sie ein Verschulden. Die Klägerin habe kein Interesse an der Abwicklung der Liegenschaftstransaktion. Die Klage sei daher auch mangels Rechtsschutzinteresse abzuweisen. Die Klägerin verweigere eine Geldwäscheprüfung und verhindere damit selbst die Umsetzung der Transaktion. Käuferin sei ausschließlich die E* GmbH, daher könne die hier auftretende Klägerin A* GmbH keine Ansprüche aus dem Vertrag ableiten, sondern lediglich die Abwicklung auf Basis der OLG-Entscheidung ./1 betreiben.
Mit Urteil vom 14.9.2021, D*-18, wies das Erstgericht das Klagebegehren ab.
Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin zu 5 R 169/21s Folge, hob das angefochtene Urteil wegen der unterbliebenen Aufnahme der von der Klägerin beantragten Personalbeweise auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück.
Im fortgesetzten Verfahren brachte die Beklagteergänzend vor, eine wirksame Übertragung der Liegenschaft hätte einer einstimmigen Beschlussfassung in der Hauptversammlung bedurft, weil wesentliche Teile der Vermögensaktiva gem § 237 AktG übertragen worden seien. Wesentliche Vermögensteile werden bereits dann veräußert, wenn die Veräußerung als solche materiell eine Änderung des Unternehmensgegenstands der AG bewirke oder sachlich eine Abwicklung der Aktiengesellschaft praktisch vorwegnehme. Ausschlaggebend sei, dass der Fortbetrieb des bisherigen Unternehmensgegenstands mit dem verbliebenen Restvermögen nicht mehr möglich sei. Gemäß § 2 Abs 1 der Satzung der Beklagten sei ihr ausschließlicher Gegenstand die gewerbliche Vermietung von unbeweglichen und beweglichen Wirtschaftsgütern aller Art. Die Beklagte habe im Zeitpunkt der Anbotstellung lediglich über die vertragsgegenständliche Liegenschaft verfügt. Auch der nach § 237 Abs 2 AktG erforderliche Notariatsakt sei nie errichtet worden. Das Kaufanbot vom 14.3.2011 sei daher absolut nichtig.
Die Klagsforderung bestehe auch der Höhe nach nicht zu Recht, weil der Wert der Aufwendungen für den Betrieb der Liegenschaft die Mietzinseinnahmen im verfahrensgegenständlichen Zeitraum übersteige, was die Beklagte als Vorteilsausgleich geltend mache. Die Klägerin habe sich auch den nichtbezahlten Kaufpreis erspart. Die Beklagte rechne gegen die Klagsforderung mit der Kaufpreisforderung auf. Das Rechnungslegungsbegehren sei unschlüssig, weil dort die Rede von Netto-Hauptmietzinsen sei, während im Leistungsbegehren von vereinnahmten Hauptmietzinsen gesprochen werde.
Die Klägerinerwiderte, der gegenständliche Kauf erfülle nicht die Voraussetzungen des § 237 AktG. Es wäre keineswegs das gesamte Immobilienvermögen der Beklagten übertragen worden. Die Beklagte sei entgegen ihrem Vorbringen im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses mittel-und unmittelbar an drei Liegenschaften im Wert von insgesamt mehr als EUR 100 Millionen beteiligt gewesen.
Es sei bereits rechtskräftig entschieden, dass die Beklagte verpflichtet sei, Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises in die Einverleibung des Eigentumsrechts zugunsten der Klägerin einzuwilligen (2 Ob 35/16k) und dass der Kaufvertrag zwischen den Streitteilen wirksam abgeschlossen worden sei (O* und P* des HG Wien). Diese Entscheidungen seien für das vorliegende Verfahren bindend. Auch zu 4 R 96/21y des OLG Wien sei die Beklagte verpflichtet worden, „alle für die Abwicklung des auf Grundlage des Kaufanbots vom 14.3.2011 geschlossenen Kaufvertrags notwendigen Erklärungen abzugeben und Rechtshandlungen vorzunehmen“. Schon zu P* des HG Wien sei negativ festgestellt worden, dass der Kaufvertrag weder aufgehoben werde noch, dass dieser nicht bestehe. Einen Vorteilsausgleich könne die Beklagte dem Bereicherungsanspruch der Klägerin nicht entgegenhalten. Das diesbezügliche Vorbringen sei überdies unschlüssig. Die nunmehrige Berufung auf den angeblichen Formmangel sowie die angeblich fehlende Zustimmung erfolge wider Treu und Glauben, gegen die guten Sitten und entgegen dem Grundsatz des venire contra factum proprium.
Mit dem angefochtenen Teilurteil gab das Erstgericht dem Rechnungslegungsbegehren statt und wies das Feststellungsbegehren ab.
Es traf die auf den Seiten 1-5, 8 und 9 der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Tatsachenfeststellungen, auf die verwiesen wird, und folgerte rechtlich (zusammengefasst und soweit für das Berufungsverfahren relevant), die zwischen den Parteien bereits vorliegenden rechtskräftigen Entscheidungen entfalteten Bindungs- und Präklusionswirkung. Es sei daher von einem aufrechten Kaufvertrag auszugehen. Der vorliegende Sachverhalt und das Vorbringen seien ident mit jenem der Vorprozesse. Die Rechtskraftwirkung einer über den Bestand eines Anspruchs erkennenden Entscheidung schneide dem Beklagten die selbstständige prozessuale Geltendmachung eines von ihm aus dem bereits entschiedenen Rechtsverhältnis abgeleiteten Anspruchs auf Gestaltung dieser Rechtsbeziehungen ab, wenn dieses Gestaltungsrecht bereits vor der Entscheidung über den rechtskräftig entschiedenen Anspruch entstanden sei und ausgeübt werden konnte. Sei der das Gestaltungsrecht gewährende Sachverhalt bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung über den rechtskräftig entschiedenen Anspruch ohne Verschulden des Beklagten (§ 530 Abs 2 ZPO) diesem unbekannt gewesen, könne er diese Tatsachen und die darauf gestützte Rechtsgestaltungserklärung im Wege der Wiederaufnahmsklage gem § 530 Abs 1 Z 7 ZPO geltend machen. Für Gericht und Parteien sei daher bindend, dass ein Kaufvertrag zwischen den Parteien und E* abgeschlossen worden sei und dieser nach wie vor bestehe, keine Wurzelmängel wie Dissens vorlägen und der Vertrag durch die erklärten unberechtigten Rücktritte der Beklagten auch nicht aufgehoben worden sei. Die Eintragung des Eigentumsrechts der Klägerin an der Liegenschaft sei nach den vorliegenden Entscheidungen seit 2011 geschuldet und daher im hier relevanten Zeitraum jedenfalls bereits fällig gewesen.
Der Verkäufer einer Liegenschaft sei verpflichtet, dem Käufer über die Hauptmietzinse, die dem Verkäufer zugeflossen seien, und über Erhaltung und Verwaltung des Hauses Rechnung zu legen und diesem die erforderlichen Urkunden und Aufzeichnungen zu überlassen. Auch wenn dem Kaufvertrag bzw den begleitenden Abreden zwischen den Streitteilen eine solche ausdrücklich abgemachte Verpflichtung nicht entnommen werden könne, ergebe sich diese schon aus der Übung des redlichen Verkehrs als vertragliche Nebenpflicht. Ausgehend von der Entscheidung des OLG Wien 4 R 63/22x bestünden auch für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum entsprechende Ansprüche der Klägerin nach §§ 1050 und 1064 ABGB.
Da die Beklagte ausgehend vom festgestellten Sachverhalt auch nach der Veräußerung weiterhin in der Lage sei, ihrem Unternehmensgegenstand nachzugehen und die Veräußerung nicht ihr gesamtes Vermögen betreffe, bedürfe es keiner Genehmigung der Hauptversammlung und keiner notariellen Beglaubigung. Die geltend gemachte Nichtigkeit liege nicht vor, der Vertrag sei aufrecht.
Der Beklagten sei die Rechnungslegung auch zumutbar.
Gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Berufung (nunmehr) des Beklagten wegen Nichtigkeit und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Teilurteil im Sinne eines das Klagebegehren zur Gänze abweisenden Endurteils abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Die Berufung wegen Nichtigkeit ist zu verwerfen.
Im Übrigen ist die Berufung nicht berechtigt.
Zu I.:
1.Mit Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Beklagten wurde das Berufungsverfahren gemäß § 7 Abs 1 IO unterbrochen. Für die Entscheidung über den Fortsetzungsantrag ist das Berufungsgericht zuständig (vgl RS0036655). Der Fortsetzungsantrag der Klägerin ist gemäß § 7 Abs 2 IO berechtigt.
2.Gemäß § 235 Abs 5 ZPO ist die Bezeichnung der Beklagten auf den Insolvenzverwalter zu berichtigen (vgl RS0039713).
3.Die Berufung macht den Nichtigkeitsgrund gemäß § 477 Abs 1 Z 9 ZPO geltend, was zusammengefasst damit begründet wird, dass das Erstgericht seine Rechtsansicht zur Bindungswirkung von Vorentscheidungen betreffend die Rechtswirksamkeit des Kaufvertrags sowie zur Nichtanwendbarkeit von § 237 AktG nicht hinreichend begründet habe.
3.1Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Begründung nach § 477 Abs 1 Z 9 ist nur dann gegeben, wenn die Entscheidung gar nicht oder so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt (RS0007484). Nur ein Mangel der Gründe überhaupt, nicht aber eine mangelhafte Begründung bewirken eine Nichtigkeit der Entscheidung (vgl RS0042133). Das Erstgericht hat die verfahrensrelevanten, zwischen den Parteien ergangenen Vorentscheidungen auf den Seiten 3-5 seiner Entscheidung wiedergegeben. Diese Entscheidungen betreffen teilweise auch die Frage der Rechtswirksamkeit des gegenständlichen Kaufvertrags. In seiner rechtlichen Beurteilung folgerte das Erstgericht, an diese rechtskräftigen Entscheidungen gebunden zu sein. Dies stellt eine ausreichende und überprüfbare Begründung dar. Ebenso hat das Erstgericht (Seiten 15ff des angefochtenen Urteils) begründet, weshalb es dem Einwand der Beklagten, der gegenständliche Kaufvertrag sei wegen Verletzung des § 237 AktG nichtig, nicht folgte.
Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund liegt daher nicht vor, weshalb die Berufung wegen Nichtigkeit zu verwerfen war.
Zu II.:
1.Der Kläger hat im Fall des Konkurses über das Vermögen der Beklagten das bisherige Leistungsbegehren auf ein Feststellungsbegehren umzustellen. Durch die Aufnahme des zunächst infolge Konkurseröffnung unterbrochenen Verfahrens wird der bisherige Leistungsprozess gemäß § 113 (nunmehr) IO zu einem Prüfungsprozess nach § 110 IO. Nach ständiger Rechtsprechung hat die Änderung des Leistungsbegehrens in ein Feststellungsbegehren über die Richtigkeit der angemeldeten Forderung über Antrag oder von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens zu erfolgen (8 Ob 341/99a; RS0041103 [T3, T 8]).
2. Die Rechtsrüge wendet sich gegen die Bindungswirkung der Vorentscheidungen über die Rechtswirksamkeit des verfahrensgegenständlichen Kaufvertrags und wiederholt ebenso die schon in erster Instanz gebrauchte Argumentation, dieser sei mangels Erfüllung der in § 237 Abs 1 und 2 AktG genannten Voraussetzungen nichtig.
2.1Schon im Verfahren K* des Handelsgerichts Wien, das zwischen denselben Parteien geführt wurde (idF: das Übereignungsverfahren), hatte das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 27.11.2015 zu 2 R 108/15i das klagsabweisende Ersturteil dahingehend abgeändert, dass es die – dort wie hier – Beklagte verpflichtete, in die Einverleibung des Eigentumsrechts zugunsten der Klägerin einzuwilligen, „dies gegen treuhändig abzuwickelnde Zahlung des Kaufpreises von EUR 80.500.000, wobei der Treuhänder vom Präsidenten der österreichischen Notariatskammer zu bestimmen ist“. Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten mit Entscheidung vom 25.5.2016 zu 2 Ob 35/16k nicht Folge. Beide Instanzen gingen im Ergebnis davon aus, dass die Parteien bereits einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen hatten und auch die aufschiebende Bedingung iS eines Aufsichtsratsbeschlusses eingetreten sei. An diese rechtliche Beurteilung ist das Berufungsgericht im vorliegenden Fall, in dem dieselbe Vorfrage zu prüfen ist, gebunden.
2.Der gegenständliche Kaufvertrag fällt nach zutreffender Rechtsansicht des Erstgerichts ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, an dem sich die Berufung nicht durchgehend orientiert, nicht unter § 237 AktG. Auf die ausführliche und zutreffende rechtliche Beurteilung des Erstgerichts (Seiten 15ff des angefochtenen Urteils) ist zu verweisen (§ 500a ZPO), wobei insbesondere die unbekämpfte Feststellung hervorzuheben ist, dass die (vormalige) Beklagte auch nach der Veräußerung weiter in der Lage ist, ihrem Unternehmensgegenstand nachzugehen und die Veräußerung nicht ihr gesamtes Vermögen betraf, was aber gerade Anwendungsvoraussetzung von § 237 AktG wäre. Darüber hinaus ist dem Erstgericht auch dahingehend zuzustimmen, dass die Beklagte die ihrer Ansicht nach zur Unwirksamkeit des Kaufvertrags gemäß § 237 AktG führenden Tatsachen (dass diese ihr nicht bekannt gewesen wären, hat sie nicht behauptet), bereits im oben zitierten Vorverfahren, in dem die Rechtswirksamkeit des Kaufvertrags von den Instanzen bejaht wurde, vorzubringen gehabt hätte. Auch ihrem Vorbringen, der Kaufvertrag sei wegen Verletzung dieser Bestimmung unwirksam, steht die Bindungswirkung der rechtskräftigen Vorentscheidungen entgegen.
Der Berufung war daher nicht Folge zu geben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 3 ZPO.
Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands gründet sich auf § 500 Abs 1 Z 2 lit b ZPO.
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen. Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO genannten Qualität waren nicht zu lösen.
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