JudikaturOLG Wien

5R28/25m – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
30. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Guggenbichler als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. a Kulka und den KR DI Frank in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geb. **,**, vertreten durch die Salburg Rechtsanwalts GmbH in Wien, wider die beklagte Partei B* C*, lic. oec. , geb. **, **, Tschechische Republik, vertreten durch die Beer Steinmair Rechtsanwälte OG in Wien, wegen EUR 19.189,70 s.A., über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 3.1.2025, **-34, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass es insgesamt lautet:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 19.189,70 samt 4% Zinsen p.a. seit 28.2.2023 binnen 14 Tagen zu zahlen.

2. Das Zinsmehrbegehren, die beklagte Partei sei weiters schuldig, der klagenden Partei 4% Zinsen p.a. von 5.2.2007 bis 27.2.2023 zu zahlen, wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 8.971,48 bestimmten Prozesskosten (darin enthalten EUR 1.344,18 USt. und EUR 906,40 an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.220,42 (darin enthalten EUR 370,07 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist zulässig .

Text

Entscheidungsgründe

Die D* E* F* AG („E*“; vormals: C* F* AG) ist ein Bankunternehmen mit Sitz in G*. Sie fungierte als Depotbank der H* I* J* Limited (in Folge: „H*“) und war für die H* für die Platzierung der K*-Zertifikate als Austrian Depositary Certificates an der Wiener Börse zuständig. Die H* ist eine 1997 gegründete Gesellschaft mit Firmensitz in ** auf der Kanalinsel Jersey, die früher unter der Firma C* I* L* Ltd („K*“), firmierte. Gemäß dem auf Jersey geltenden Recht ist die Spitze der Gesellschaft nicht in Vorstand und Aufsichtsrat unterteilt, sondern es besteht lediglich ein Board of Directors (in der Folge Board), das die Geschäfte der Gesellschaft zu führen hat. Im Dezember 2002 erfolgte der Börsengang der K* mit Notierung der K*-Zertifikate. Die Zertifikate der K* wurden von der C* M* N* AG („O*“), einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und 100%iger Tochter der E* mit Sitz in G* in Kooperation mit unabhängigen Finanzanbietern vertrieben. Die K* verfügte über kein internes operativ tätiges Management, sondern hatte damit die C* I* J* Ltd. (P*), eine 100%ige Tochter der E*, beauftragt. Die Gesellschaft Q* R*. (in weiterer Folge: Q*) ist eine indirekte 100%ige Tochter der B* C* AG.

Der Beklagte war seit den 1980er-Jahren bis Ende 2007 Vorstand der C* F* AG. Weder bei der K*, noch bei der Q* oder bei der P* hatte der Beklagte eine Organfunktion.

Der Kläger kaufte am 10.2.2006 zum Kurs von EUR 15,38 1.625 Stück aktienvertretender Zertifikate der C* I* L* Ltd. (inkl. Spesen von EUR 874,74) um EUR 25.867,24; weiters kaufte er am 5.2.2007 zum Kurs von EUR 19,70 733 Stück (inkl. Spesen von EUR 505,40) um EUR 14.945,50. Insgesamt investierte der Kläger EUR 40.812,74 in K*-Zertifikate, er erhielt Dividenden von EUR 7.020,94. Aus einem Vergleich mit der H* erhielt der Kläger EUR 7.357,36. Aus der Einziehung der Zertifikate zum Stückpreis von EUR 3,03 erhielt er weitere EUR 7.144,74. Unter Abzug einer Doppeleinklagung von EUR 100 sowie der Dividenden und Vergleichszahlung beträgt die Differenz aus Käufen/Verkäufen EUR 19.189,70 (Klagsbetrag).

Der Kurs der K*-Zertifikate an der Wiener Börse entwickelte sich von Dezember 2002 bis Mitte 2007 mit geringen Schwankungen aufwärts, wobei sich der Aufwärtstrend ab Beginn 2005 verstärkte. Dabei hatte sich der Kurs nach einem ersten Kurshoch von circa EUR 21,20 im April 2007 im Mai 2007 kurzfristig auf knapp über EUR 20 zurückgezogen. Mitte 2007 erreichte der Kurs einen Höchststand von EUR 21,32. Danach war der Kurs leicht rückgängig bis auf etwa EUR 20, bevor er ab dem 28.07.2007 mit ganz kurzen leichten Erholungsphasen, etwa Mitte August auf etwas mehr als EUR 16, bis September 2007 auf weniger als die Hälfte abstürzte.

Der Kläger begehrte mit seiner am 5.12.2022 eingebrachten Klage die Zahlung von EUR 19.189,70 samt 4 % Zinsen seit 5.2.2007 und brachte - soweit für das Berufungsverfahren relevant - zusammengefasst vor, aufgrund des ihm aus seiner Veranlagung entstandenen Verlustes stehe ihm aus dem Titel des Schadenersatzes die Zahlung des Klagebetrags samt Zinsen, unter Berücksichtigung zwischenzeitig erhaltener Dividendenausschüttungen und Vergleichszahlungen zu. Der Kläger stützte sich dabei im Wesentlichen auf irreführende Werbung, Marktmanipulationen und Verletzungen der Ad-hoc-Meldepflicht und machte zudem Vertragsanfechtung wegen arglistiger Irreführung geltend. Die unter Mitwirkung des Beklagten erstellten und ihm bekannten Werbebroschüren hätten den Eindruck vermittelt, dass es sich bei der Investition in K* um eine sichere, mit der Investition in Immobilien vergleichbare Veranlagung handle. Überdies habe der Beklagte als Vorstand der C* F* AG - zumindest teilweise vor dem Erwerb durch den Kläger - den Kurs durch geheim gehaltene Zertifikatsrückkäufe manipuliert, indem mit seinem Wissen von der Q* mit Mitteln der K* Wertpapiere, die bei Kapitalerhöhungen der K* nicht am Markt hätten platziert werden können, aufgekauft worden seien. Dennoch seien vom Beklagten genehmigte bzw. freigegebene Ad-hoc-Meldungen veröffentlicht worden, wonach die Kapitalerhöhungen voll platziert worden seien. Dem Beklagten sei es darauf angekommen, Anleger durch irreführende Werbung und falsche Ad-hoc-Meldungen zur Investition in K* zu verleiten. Bei Kenntnis der wahren Sachlage hätte der Kläger nicht in K* investiert.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte dessen Abweisung und wendete ein, er hafte nicht für Schäden des Klägers. Er sei in die Erstellung der Werbung nicht eingebunden gewesen, habe für deren Inhalt keine (Letzt-)Verantwortung gehabt und habe nicht die Letztentscheidung getroffen, jedenfalls sei kein Irreführungsvorsatz vorgelegen. Die K*-Werbung sei von K* und der C* M* T* AG unter der federführenden Leitung des K*-Pressesprechers und C* M* T* AG-Aufsichtsrats U* entwickelt und abgewickelt worden, dieser habe in der D* E* AG keine Funktion inne gehabt. Aus Punkt 3.8. des V* sei keine allgemeine Verpflichtung der C* F* AG ableitbar, dass diese jedwedes Werbematerial der K* ganzheitlich und in jegliche Richtung hin zu prüfen hätte. Der Beklagte sei mit den inkriminierten Werbefoldern und deren Inhalt nicht befasst gewesen. Auch für die Erstellung von Ad-hoc-Mitteilungen sei der Beklagte nicht zuständig gewesen, zumal es weder eine gesetzliche noch vertragliche Verpflichtung der C* F* AG zur Veröffentlichung von Ad-hoc-Meldungen gegeben habe. Überdies seien die Kapitalerhöhungen der K* nicht gescheitert und die Ad-Hoc-Mitteilungen daher weder unrichtig noch irreführend gewesen. Die Q* habe ihre Zeichnungserklärungen jeweils vor Durchführung von Kapitalerhöhungen unabhängig und ohne Bestand einer Übernahmeverpflichtung abgegeben. Die Q* sei ein wirtschaftlich unabhängiger Marktteilnehmer gewesen, weshalb von einer mittelbaren Übernahme durch K* nicht gesprochen werden könne. Über den konkreten Umfang einzelner Zeichnungen habe der Beklagte zudem keine Kenntnis gehabt. Die Ad-hoc-Mitteilungen, in deren inhaltliche Gestaltung der Beklagte nicht eingebunden gewesen sei, seien für die Investitionsentscheidung des Klägers nicht kausal gewesen. Marktmanipulationen hätten nicht stattgefunden. Der Beklagte habe keine Organfunktion bei der K* gehabt. Die vormalige C* F* sei für den Inhalt der Werbung im Zusammenhang mit K* nicht verantwortlich gewesen. Selbst wenn es seitens der C* F* AG eine Verantwortlichkeit für den Inhalt der K*-Werbung geben sollte, bestehe keine Haftung des Beklagten, da die Werbung nicht in seinen Zuständigkeitsbereich innerhalb des Vorstands der C* F* gefallen sei und er sich auf die Wahrnehmung der gesetzlichen Verpflichtungen durch die zuständigen Vorstandsmitglieder sowie die Prüfung der Unterlagen durch mehrere externe Berater verlassen habe dürfen. Der Beklagte habe auch keinen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung der Werbung der K* ausgeübt. Vielmehr habe er generell auf die Prüfung durch externe, nachweislich sachkompetente Berater vertraut. Mangels Garantenstellung treffe den Beklagten keine Haftung für einen durch eine allfällige Unterlassung bewirkten Schaden, weder durch Werbung , noch durch Ad-hoc-Meldungen der K*.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt.

Es traf die eingangs angeführten und die weiteren, auf den Seiten 5 bis 29 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht zusammengefasst soweit für das Berufungsverfahren relevant aus:

Das OLG Wien habe die Haftung des Beklagten als Vorstand der C* F* AG (auch) wegen unterlassenen Einschreitens gegen die irreführende Werbung bereits bejaht und dabei an der Rechtsprechung zur Haftung gesellschaftsrechtlicher Organe für Wettbewerbsverstöße in Unternehmen ihrer (Kapital-)Gesellschaft angeknüpft. Demnach hafteten diese Organe – nicht nur im Hinblick auf § 18 UWG, sondern nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen – deliktisch nicht nur für Wettbewerbsverstöße, die sie selbst begingen oder an denen sie beteiligt gewesen seien, sondern auch wenn sie diese Wettbewerbsverstöße trotz Kenntnis nicht abstellten. Den Beklagten habe wegen seiner Vorstandsfunktion für die C* F* AG die Pflicht getroffen, der Irreführung durch die Werbeunterlagen entgegenzuwirken. Den Beweis, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen wäre, gegen die Rechtsverletzung (durch Mitarbeiter oder andere Vorstandsmitglieder) einzuschreiten, habe er nicht angetreten. Der Inhalt der Werbebroschüren, auch wenn er diese nicht vorab zur Prüfung übermittelt bekommen habe, sei dem Beklagten bekannt gewesen. Weil die Unterlassung der Richtigstellung bzw. der Beseitigung der Irreführung der Prospekte von entsprechendem (Eventual-)Vorsatz getragen gewesen sei, hafte der Beklagte gegenüber dem Kläger als geschädigtem Anleger selbst deliktisch.

Auf die Frage der Ressortzuständigkeit des Beklagten komme es dabei nicht an. Der haftungsbegründende Vorwurf liege nicht darin, dass er dafür zuständig gewesen sei, für eine ordnungsgemäße Werbebroschüre zu sorgen, sondern darin, dass er nicht eingeschritten sei, nachdem er bereits gewusst habe, dass die Broschüre irreführend gewesen sei.

Eine deliktische (Außen-)Haftung sei wegen eines Beitrags zu einer Schutzgesetzverletzung zu beurteilen. Auch für Handlungen, die der Emittentin zuzurechnen seien, könne ein Dritter als Beteiligter verantwortlich sein, was – nach den Grundsätzen der Zurechnung der Handlungen von Repräsentanten – die Haftung der Emissionsbank zur Folge haben könnte, ohne dass es dabei darauf ankäme, auf welcher konkreten vertraglichen Grundlage die Bank mit der Emittentin zusammenarbeitete.

Im Übrigen lege Punkt 3.8 des V* ausdrücklich eine Zustimmungsverpflichtung der E* „vor Verwendung jedweden Marketing-, Werbe- bzw Informationsmaterials“ fest, was nach dem Wortlaut und im Zusammenhang mit dem vorangehenden Satz, wonach Marketing- und Werbemaßnahmen „koordiniert“ würden, uneingeschränkt auch für den Inhalt von Werbebroschüren gelte. (Auch) aus diesem Grund habe das OLG Wien die Haftung des Beklagten für Anlegerschäden bereits bejaht.

Das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft hafte gemeinsam mit der juristischen Person für eine „absichtliche Schadenszufügung“ nach § 1295 Abs 2 ABGB, wenn für seine Person die erforderliche Wissens- und Willenskomponente erfüllt sei; bedingter Vorsatz genüge. „Absichtlichkeit“ nach § 5 Abs 2 StGB in dem Sinn, dass es dem Täter auf die Verwirklichung des Tatbildes geradezu ankomme, sei nicht erforderlich.

Im Zusammenhang mit den Kapitalerhöhungen habe der OGH aufgrund des auch hier feststehenden Sachverhalts einen Verstoß der K* gegen § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG (irreführende Informationsverbreitung) sowie eine Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht des § 48d BörseG angenommen. Entscheidend sei das Verschweigen der Tatsache, dass der Erwerb der Wertpapiere durch die Q* mit Geldern der K* finanziert worden sei und nur auf diesem Weg eine „vollständige Platzierung“ erreicht habe werden können. Normadressat der Ad-hoc-Meldepflicht sei die Emittentin.

Alle klagsgegenständlichen Ad-hoc-Meldungen seien dem Beklagten vor deren Veröffentlichung zur Kenntnis gelangt, er habe sich zumindest nicht gegen deren Veröffentlichung ausgesprochen. Dem Beklagten sei somit eine Beteiligung an der Verletzung der Ad-hoc-Meldepflicht vorzuwerfen.

Eine Beweisführung bezüglich der Kausalität einer Unterlassung komme in der Regel nur unter Bedachtnahme auf die Wahrscheinlichkeit des Tatsachenzusammenhanges in Betracht. Der Geschädigte sei dafür beweispflichtig, dass überwiegende Gründe dafür vorlägen, der Schaden sei durch das Verhalten des Beklagten herbeigeführt worden.

Die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung sei ex ante aus der Sicht eines verständigen Anlegers anhand des Inhalts und des Kontextes der Information im Marktgeschehen zu prüfen. Der verständige Anleger sei eine Maßfigur, der aus unionsrechtlicher Perspektive zu unterstellen sei, dass sie alle bereits öffentlich bekannten Informationen kenne. Eine nachträgliche, tatsächliche Kursveränderung sei lediglich ein Indiz für die Kursbeeinflussungseignung, für das Vorliegen eines Pflichtverstoßes jedoch nicht erforderlich. Die nicht veröffentlichte Information sei daher jedenfalls veranlagungsrelevant und damit geeignet, den Kurs der Zertifikate erheblich zu beeinflussen. Die Information hätte dem verständigen Anleger signalisiert, dass auf dem Kapitalmarkt keine ausreichende Nachfrage an Zertifikaten der Beklagten bestanden habe, die Kapitalerhöhung somit nicht erfolgreich - im Sinne einer Vollplatzierung - beendet habe werden können. Einer solchen Mitteilung wäre von Analysten und Anlegern zweifellos eine hohe Aufmerksamkeit gewidmet worden, und sie wäre als Teil von individuellen Veranlagungsentscheidungen genutzt worden. Schließlich zeigten auch die nach Bekanntwerden der Rückkäufe eingetretenen massiven Kursverluste, die später nicht wieder gutgemacht worden seien, dass die unterlassene Information tatsächlich veranlagungsrelevant gewesen sei.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs seien die Bestimmungen des BörseG zur Ad-hoc-Publizitätspflicht (§ 48d Abs 1) und zu den marktmanipulativen Handlungen (§ 48a Abs 1 Z 2) als Schutzgesetze zu qualifizieren, die auch den einzelnen Anleger davor schützen sollen, dass er auf Informationen, die von Fachleuten oder über Medien verbreitet werden, vertraue und seiner Veranlagungsentscheidung zugrunde lege.

Dem Beklagten sei daher ein deliktisches Verhalten anzulasten, dem Kläger sei durch das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des Beklagten ein Schaden in Höhe des Klagsbetrages entstanden. Durch die nicht erfolgte Richtigstellung der Angaben in den Ad-hoc-Meldungen sei es erst zu den gegenständlichen Investitionen des Klägers in K*-Zertifikate gekommen.

Den Beklagten treffe zudem auch deshalb eine deliktische Haftung, da er es unterlassen habe, den Inhalt der irreführenden Werbebroschüren bzw. Verkaufsprospekte richtig zu stellen bzw. die darin enthaltenen Irreführungen zu beseitigen. Hätte der Beklagte dies getan, hätte der Kläger nicht im Vertrauen auf die Richtigkeit des Inhalts dieser Verkaufsprospekte die gegenständlichen Investitionen getätigt bzw. hätte dieser die Gelegenheit gehabt, die gegenständlichen Zertifikate rechtzeitig vor dem massiven Kursverlust im Juli 2007 zu verkaufen, was der Kläger aufgrund seiner geringen Risikofreudigkeit auch getan hätte.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem auf gänzliche Klagsabweisung gerichteten Abänderungsantrag; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist teilweise berechtigt.

I. Zur Beweisrüge:

Die bekämpften Feststellungen werden nachfolgend mit dem Buchstaben „F“ bezeichnet und nummeriert. Soweit sich die jeweils begehrten Ersatzfeststellungen im Wesentlichen in entsprechenden Negativfeststellungen erschöpfen, wird auf deren gesonderte Wiedergabe verzichtet. Ansonsten wird die korrespondierende Ersatzfeststellung – ebenfalls nummeriert und mit dem Buchstaben „E“ bezeichnet – dargestellt.

1.1 Der Beklagte bekämpft folgende Feststellungen zum Einfluss der Ad-Hoc-Meldungen auf die Kursentwicklung sowie zu den Veranlagungsentscheidungen des Klägers :

- F1: „Bei diesem Gespräch übergab W* X* dem Kläger eine Werbebroschüre und einen Faltwerbefolder. Er las die Werbebroschüre, bemerkte dort den Hinweis auf die Sicherheit und glaubte aufgrund der Grundstücke und Immobilien im Eigentum der K*, dass bei K* bloß Schwankungen in Höhe von 5 – 6 % möglich seien. Weil der Kläger nach der Lektüre der Werbebroschüre dachte, K* sei ein sicheres Investment, entschloss er sich zum Kauf von K*-Zertifikaten. Der Kläger las keine Risikohinweise, auch nach dem Gespräch mit seinem Berater war ihm die wahre Risikoträchtigkeit des Investments nicht bewusst.“

E1 : „[…] Der Kläger las keine Risikohinweise, wurde aber vom Berater X* mündlich über die grundsätzliche Möglichkeit eines Totalverlusts bei K* hingewiesen. Da der Kläger eine mittlere Risikobereitschaft hatte und mehr Rendite als auf einen Sparbuch erzielen wollte, ging er das mit K* verbundene Risiko bewusst ein.“

- F2 : „Wenn der Kläger gewusst hätte, dass das Risiko eines erheblichen Teil- oder Totalverlustes besteht, hätte er nicht in C* I* L* investiert. Er hätte auch nicht investiert, wenn der Kurschart Schwankungen von mehr als 9 – 10 % aufgewiesen hätte. W* X* hätte über die von ihm gelesenen Zeitungen, von dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das ihn mit K* in Kontakt brachte und aus dem Internet von der Wahrheit entsprechenden Ad-hoc-Meldungen der K* gelesen und hätte dadurch von den in Pkt. 5. dargestellten Vorgängen erfahren. Wenn er gewusst hätte, dass ungefähr die Hälfte beziehungsweise ein Drittel der bei den Kapitalerhöhungen ausgegebenen Zertifikate mit Geldern der K* erworben worden wäre, hätte er K* nicht an seine Kunden empfohlen. Dies auch nicht, wenn er die Zusatzinformation gehabt hätte, dass ein institutioneller Investor mit Sitz in der Karibik den Teil der Kapitalerhöhungen kaufte, der nicht bei Anlegern platziert wurde, um die in Zukunft erwartete Nachfrage nach K*-Zertifikaten abzudecken und dieser Investor die von ihm gekauften Zertifikate in den Wochen und Monaten nach der Kapitalerhöhung auch an Anleger abgegeben hat. Dadurch wäre es nicht zu den gegenständlichen Investitionen gekommen.“

E2: „Trotz des Hinweises auf das grundsätzlich bestehende Risiko eines Totalverlustes hat der Kläger in C* I* L* investiert. […]“

- F3 : „Wenn K* – aus welchem Grund auch immer – für den Kläger nicht in Frage gekommen wäre, hätte er das darin investierte Geld kapitalerhaltend auf seinem Sparbuch belassen.“

E3: „Wenn K* – aus welchem Grund auch immer – für den Kläger nicht in Frage gekommen wäre, hätte er das darin investierte Geld in verschiedene Fonds angelegt, deren Wertentwicklung nicht festgestellt werden kann.“

- F4 : „Wenn der Kläger gewusst hätte, dass der Inhalt der Ad-hoc-Meldungen vom 22.3.2005, 27.2.2006, 9.11.2006 und 9.2.2007 nicht vollständig korrekt ist, hätte er die Investitionen in K* nicht getätigt.

Wäre an Stelle der Ad-hoc-Meldung vom 22.3.2005 veröffentlicht worden, dass bei dieser Kapitalerhöhung 50% der neu ausgegebenen Zertifikate nicht bei Dritten am Kapitalmarkt platziert werden konnten, sondern von der Q* mit Finanzierung durch die C* F* AG gezeichnet wurden, hätte dies den Kläger vor seiner Veranlagung in K* über die dann erfolgte Medienberichterstattung erreicht und hätte dies den Kläger von der Veranlagung in K* am 10.2.2006 und am 5.2.2007 abgehalten und hätte er das Geld auf dem Sparbuch belassen.

Wäre an Stelle der Ad-hoc-Meldung vom 27.2.2006 veröffentlicht worden, dass bei dieser Kapitalerhöhung rund 37,8% der neu ausgegebenen Zertifikate nicht platziert werden konnten, sondern von der Q* mit Finanzierung durch die C* F* AG gezeichnet wurden, hätte dies den Kläger vor seiner Veranlagung in K* über die dann erfolgte Medienberichterstattung erreicht und hätte dies den Kläger von der Veranlagung in K* am 5.2.2007 abgehalten und hätte er das investierte Geld auf dem Sparbuch belassen. Die am 10.2.2006 erworbenen K*-Zertifikate hätte der Kläger zeitnah verkauft.

Wäre an Stelle der Ad-hoc-Meldung vom 9.11.2006 veröffentlicht worden, dass bei dieser Kapitalerhöhung rund 13,2 Millionen Zertifikate (also rund 29,3% aller Zertifikate) nicht bei Dritten am Kapitalmarkt platziert wurden, sondern von der Q* gezeichnet wurden, hätte dies den Kläger vor seiner Veranlagung in K* über die dann erfolgte Medienberichterstattung erreicht und hätte dies den Kläger von der Veranlagung in K* am 5.2.2007 abgehalten und hätte der Kläger das investierte Geld auf dem Sparbuch belassen. Die am 10.2.2006 erworbenen K*-Zertifikate hätte der Kläger zeitnah verkauft.

Bei korrekter Veröffentlichung der Nicht-Platzierung der Kapitalerhöhungen am Markt wäre der Kurs der K*-Zertifikate volatiler gewesen und hätte sich zumindest kurzfristig negativ entwickelt. In diesem Fall hätte der Kläger keine K*-Zertifikate erworben und das investierte Geld auf dem Sparbuch belassen.“

- F5 : „Hätte die K* wahrheitsgemäß darüber informiert, dass der jeweilige Anteil an Zertifikaten bei der jeweiligen Kapitalerhöhung nicht platziert wurde, hätte sich auch der Kurs anders und zumindest kurzfristig stagnierend oder negativ entwickelt.“

1.2 Die Berufung bestreitet nicht, dass die bekämpften Feststellungen in Einklang mit den Aussagen des Klägers stehen, moniert aber, dass aufgrund der seit den Käufen vergangenen Zeit keine den Tatsachen entsprechende Wiedergabe der Geschehnisse mehr möglich sei.

Das Erstgericht hat die bekämpften Feststellungen zu den Kaufentscheidungen des Klägers in seiner Beweiswürdigung (US 32f) schlüssig, detailliert und überzeugend mit den Angaben des Klägers begründet. Es ging bei der Abwägung der Angaben des Klägers auch auf Unstimmigkeiten ein, so legte es schon eingangs der Beweiswürdigung dar, dass der Kläger zwar nach seiner Erstinvestition in K* in S* investiert hatte, dies jedoch nichts daran ändere, dass er als konservativer Anleger anzusehen sei und er zum Zeitpunkt der Investition in K* lediglich risikoarm investieren wollte. Relevant zur Beurteilung der gegenständlichen Frage sind ausschließlich die Zeitpunkte der Investitionen in K*, und zu diesen Zeitpunkten wollte der Kläger nur risikoarm investieren. Das Erstgericht begründete auch überzeugend, warum für den Kläger eine mögliche Rendite nicht wichtiger war als die Sicherheit der Veranlagung und dass der Kläger als Alternativeranlagung sein Geld auf seinem Sparbuch belassen hätte. Das Argument, der Kläger habe prozesstaktisch ausgesagt, und er sei im Rahmen der Prozessvorbereitung entsprechend „gebrieft“ worden, überzeugt nicht; ein Hinweis darauf findet in den Verhandlungsprotokollen und auch im sonstigen Akteninhalt keine Grundlage. Wenn das Erstgericht aufgrund des gewonnenen persönlichen Eindrucks des Klägers von dessen Glaubwürdigkeit ausging, ist dies im Rahmen des ihm durch die freie Beweiswürdigung eingeräumten Ermessensspielraums gedeckt und seitens des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden; dass der Kläger – oder auch der Zeuge X* – auf einzelne Fragen erst auf Nachfrage jene Antworten gaben, auf denen die Feststellungen beruhen, schadet nicht. Dass der Kläger aufgrund der Grundstücke/Immobilien im Eigentum der K* von einem sicheren Investmeht mit bloß geringen Schwankungen ausging, ist verständlich; wesentlich ist auch, dass im Zuge der Beratungen die gegenständliche aus mehreren Gründen irreführende Werbebroschüre verwendet wurde, die diesen Eindruck vermittelte.

Dass sich der Kurs der Zertifikate ohne Finanzierung des Rückkaufs eigener Anteile anders, sprich volatiler, entwickelt hätte, ergibt sich schon aus den allgemein bekannten Gesetzmäßigkeiten von Angebot und Nachfrage. Wäre die richtige Information erteilt worden, dass die Nachfrage hinter dem Angebot zurückblieb, wäre der Preis der Wertpapiere und somit der Kurs gesunken. Auch setzte sich das Erstgericht detailliert (US S 34) mit dem Sachverständigengutachten ./77 auseinander und begründete, warum es trotz der Ausführungen des Sachverständigen zu den Feststellungen gelangte, dass richtige Ad-Hoc-Meldungen eine negative Kursentwicklung zur Folge gehabt hätten, dies dem Kläger bekannt geworden wäre und er – aufgrund der geringen Risikobereitschaft – nicht in K* investiert und das Geld auf dem Sparbuch belassen hätte. Aus dem Gutachten ergibt sich auch nicht mehr, als dass der Sachverständige den konkreten Einfluss der einzelnen Sachverhalte auf den Börsenkurs bei isolierter Betrachtung wegen der Vielzahl kursbestimmender Faktoren nicht zahlenmäßig bestimmen konnte. Im Übrigen ist auch eine – bei den K*-Zertifikaten unstrittig eingetretene - nachträgliche, tatsächliche Kursveränderung ein Indiz für die Kursbeeinflussungseignung der unterlassenen Information (RS0130033).

Der offenkundige zweimalige Fehler in den Feststellungen (Seite 22 Zeilen 1 und 7) „ […] von der Q* mit Finanzierung durch die C* F* AG […] “ wird vom Rechtsmittelgericht im Einklang mit dem Klagsvorbringen sowie den Ausführungen des Berufungswerbers so verstanden, dass es richtigerweise zu lauten hat „ […] von der Q* mit Finanzierung durch die K* […] “. Der Verweis des Erstgerichts auf einen im Urteil nicht enthaltenen „Pkt. 5“ in der bekämpften Feststellung F2 ist insofern irrelevant, als das Erstgericht ohnedies unmittelbar nach dem Verweis die entscheidungswesentliche Feststellung traf, dass W* X* K* nicht an seine Kunden empfohlen hätte, hätte er gewusst, dass ungefähr die Hälfte beziehungsweise ein Drittel der bei den Kapitalerhöhungen ausgegebenen Zertifikate mit Geldern der K* erworben wurden.

Auf die weiteren (schlüssigen) Argumente des Erstgerichts, die es für das vorsichtige Anlegerverhalten des Klägers ins Treffen führte, geht die Beweisrüge nicht ein. Wenn das Erstgericht davon ausgehend und nicht zuletzt unter Berücksichtigung des von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks des Klägers und des Zeugen X* zu den bekämpften Feststellungen gelangte, ist dies vor dem Hintergrund des ihm im Rahmen der freien Beweiswürdigung zukommenden Ermessens nicht zu beanstanden. Dass einzelne Beweisergebnisse, konkret einzelne Teile der Aussage des Klägers oder des Zeugen X* zu für den Beklagten günstigeren Tatsachenfeststellungen führen könnten, macht die Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht unrichtig und führt nicht automatisch dazu, dass statt der bekämpften Feststellungen Negativfeststellungen zu treffen wären.

2.1 Der Beklagte bekämpft folgende Feststellungen zu seinem Wissen über den Inhalt der Werbebroschüre

- F6: „Die Werbebroschüren zu K*, wie etwa die Beilage ./A, gelangten dem Beklagten jedoch nach deren Veröffentlichung bzw. Aktualisierung jeweils zeitnah zur Kenntnis. Der Beklagte unternahm keine Schritte, um irreführende Angaben in derartigen Werbebroschüren – wie etwa zur Sicherheit der Veranlagung in K* - richtig zu stellen bzw. um die weitere Veröffentlichung und Verbreitung dieser Werbebroschüren zu verhindern.“

E6 : „ […] Mangels Kenntnis des Beklagten um irreführende Angaben in den Werbebroschüren und mangels Zuständigkeit unternahm er auch keine Schritte zur Vornahme von Änderungen oder Einstellung der weiteren Verwendung.

- F7: „Das Marketingkonzept zielte darauf ab, ein möglichst breites Publikum, insbesondere auch risikoaverse Sparbuchsparer und Bausparer für das Produkt K* zu interessieren. Durch die Bewerbung des Produkts als eine – im Gegensatz zu anderen Papieren am Aktienmarkt – von einem Kursrisiko unabhängige, sichere Immobilienveranlagung in Zeiten schwankender Märkte sollte dem Kunden ein falsches Bild von der Sicherheit des Produkts vermittelt werden und war dem Beklagten auch bewusst, dass Kunden mit K*-Zertifikaten Wertpapiere erwerben würden, die diese bei richtiger Information über die Sicherheit der Wertpapiere nicht erworben hätten.“

2.2 Die Beweiswürdigung des Erstgerichts zu den bekämpften Feststellungen (US 31f) ist ausführlich, überzeugend und schlüssig. Nachvollziehbar führt das Erstgericht aus, dass sich aus der Funktion des Beklagten als damaliges Vorstandsmitglied der C* F* (als Emissionsbank, Mitherausgeberin der Werbebroschüren, depotführende Bank der Q* und der K* sowie Vertragspartnerin des V*) ergibt, dass ihm diese Werbebroschüren zumindest nach ihrer Veröffentlichung oder Aktualisierung bekannt gewesen sein mussten, zumal in den Werbebroschüren selbst auf die C* F* AG konkret Bezug genommen wird und der Name „C*“ in diesen Verkaufsprospekten omnipräsent ist. Dem Erstgericht ist darin zuzustimmen, dass sich aufgrund der laufenden – gerichtsbekannten – Ausgabe und Aktualisierung der Prospekte ergibt, dass der Beklagte trotz Kenntnis der irreführenden Angaben in den Verkaufsprospekten keine Schritte setzte, den Inhalt der Werbebroschüren richtig zu stellen, insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen zur Sicherheit und zum bestehenden Investitionsrisiko bei Erwerb der K*-Zertifikate. Zu Recht schließt das Erstgericht die Kenntnis des Beklagten über den irreführenden Inhalt der Verkaufsprospekte hinsichtlich der Risikoträchtigkeit der K*-Zertifikate auch daraus, dass ihm die Unrichtigkeit der Ad-hoc-Meldungen bekannt war. Dass trotz nicht möglicher Platzierung eines erheblichen Anteils der jeweils emittierten K*-Zertifikate im Zuge der einzelnen Kapitalerhöhungen auch in den Werbebroschüren eine nicht zutreffende Sicherheit bei der Investition in die K*-Zertifikate suggeriert wurde, musste dem Beklagten folglich – wie das Erstgericht richtig festhält - klar sein. Das Erstgericht berücksichtigte die Aussage des Beklagten in der Beweiswürdigung ausführlich und hielt fest, dass ihm als Vorstandsmitglied und aufgrund der an ihn herangetragenen Informationen (etwa die Ad-hoc-Meldungen betreffend) klar gewesen sein musste, dass die Ad-hoc-Meldungen und auch die Werbebroschüren – selbst wenn er diese nicht formal freigegeben hat oder freigeben musste – einen irreführenden Inhalt haben, der dazu führte, dass Kunden in K*-Zertifikate investieren, was sie bei Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht getan hätten. Das Erstgericht hielt richtig fest, dass der Beklagte als Vorstandsmitglied der C* F* AG entsprechende Schritte hätte setzen müssen, um diese Irreführung hintanzuhalten. Die Beweiswürdigung des Erstgerichts ist überzeugend und keinesfalls – wie vom Beklagten behauptet – eine Scheinbegründung; die getroffenen positiven Feststellungen beruhen auf einer sorgfältigen Abwägung der Beweisergebnisse, so auch der Angaben des Beklagten (US Seite 31 dritter Absatz).

Das Erstgericht schließt sowohl aus den wirtschaftlichen und personellen Beziehungen und Doppelfunktionen als auch aus der Gestaltung der Werbebroschüre selbst zu Recht, dass die Werbemaßnahmen durch die E* F* und K* gemeinsam koordiniert wurden (Mitherausgeberschaft der E*); auch bezog das Erstgericht Punkt 3.8 des V* (./S) in die Überlegungen mit ein, warum der Werbefolder von der Prüfpflicht der E* umfasst war. Es wäre auch lebensfremd, wenn der Beklagte als Erbe der „C*-Dynastie“ und jahrzehntelanges Vorstandsmitglied der E* F*, die die längste Zeit nur ein sehr eingeschränktes Privatkundengeschäft hatte, die Werbelinie für K* nicht mitgestaltet, ja nicht einmal gekannt hätte, obwohl diese unter seinem Familiennamen veröffentlicht wurde und für ein komplett neues Geschäfts- und Gewinnmodell sorgte, das sich vorwiegend an private und sicherheitsorientierte Kleinanleger richtete. Der Vorwurf des Beklagten, dass die Feststellungen frei von Beweisen getroffen worden seien, geht ins Leere.

3.1 Der Beklagte bekämpft folgende Feststellungen zu den Kapitalerhöhungen:

- F8: „Dass zwischen 3. und 18.3.2005 42 Millionen junge Aktien im Gesamtwert von EUR 560 Millionen bei privaten und institutionellen Kunden platziert wurden und – wie in der Ad-hoc-Meldung ebenfalls ausgeführt - das Emissionsvolumen von EUR 560 Millionen für die Expansion der K* in langfristig vermietete Immobilienprojekte eingesetzt werde (./B), entsprach nicht den Tatsachen, da bei dieser Kapitalerhöhung 50% der neu ausgegebenen Zertifikate nicht bei Dritten am Kapitalmarkt platziert werden konnten, sondern von der Q* gezeichnet wurden.“

E8: „Dass zwischen 3. und 18.3.2005 42 Millionen junge Aktien im Gesamtwert von EUR 560 Millionen bei privaten und institutionellen Kunden platziert wurden, entsprach den Tatsachen, wobei 50% der neu ausgegebenen Zertifikate von der Q* gezeichnet wurden.“

- F9 : „Eine Richtigstellung der Ad-hoc-Meldung vom 22.3.2005 wurde weder beschlossen noch durchgeführt.“.

E9: „Einer Richtigstellung der Ad-hoc-Meldung vom 22.3.2005 bedurfte es nicht.“

- F10 : „Dass die Kapitalerhöhung der K*, die ursprünglich von 20.2.2006 bis 3.3.2006 angesetzt gewesen sei, erfolgreich beendet worden sei und wegen des starken Interesses von Privatanlegern und institutionellen Investoren wegen Überzeichnung vorzeitig geschlossen werden musste, entsprach nicht den Tatsachen, da bei dieser Kapitalerhöhung rund 37,8% der neu ausgegebenen Zertifikate nicht platziert werden konnten.“

E10: „Dass die Kapitalerhöhung der K*, die ursprünglich von 20.2.2006 bis 3.3.2006 angesetzt gewesen sei, erfolgreich beendet worden sei und wegen des starken Interesses von Privatanlegern und institutionellen Investoren wegen Überzeichnung vorzeitig geschlossen werden musste, entsprach den Tatsachen, wobei bei dieser Kapitalerhöhung rund 37,8% der neu ausgegebenen Zertifikate von der Q* gezeichnet wurden.“

- F11 : „Eine Richtigstellung der Ad-hoc-Meldung vom 27.02.2006 wurde weder beschlossen noch durchgeführt.“

E11: „Einer Richtigstellung der Ad-hoc-Meldung vom 27.02.2006 bedurfte es nicht.“

- F12: „Dass alle angebotenen 45 Millionen Aktien bei privaten und institutionellen Investoren platziert worden seien, entsprach nicht den Tatsachen, da bei dieser Kapitalerhöhung rund 13,2 Millionen Zertifikate (also rund 29,3% aller Zertifikate) nicht bei Dritten am Kapitalmarkt platziert wurden.“

E12: „Dass alle angebotenen 45 Millionen Aktien bei privaten und institutionellen Investoren platziert worden seien, entsprach den Tatsachen, wobei bei dieser Kapitalerhöhung rund 13,2 Millionen Zertifikate (also rund 29,3% aller Zertifikate) von der Q* gezeichnet wurden.“

- F13: „Auch dieses Mal konnten nicht alle geplanten 75 Mio. Stück K*-Zertifikate im Rahmen der Kapitalerhöhung tatsächlich am Markt untergebracht werden. Dass die Kapitalerhöhung vollständig platziert werden konnte, entsprach daher nicht den Tatsachen.“

E13: „Auch dieses Mal wurde ein Teil der Kapitalerhöhung von der Q* gezeichnet. Dass die Kapitalerhöhung vollständig platziert werden konnte, entsprach den Tatsachen.“

3.2Die rechtlichen Ausführungen des Beklagten, wonach die Kapitalerhöhungen entgegen der eben genannten Feststellung als „vollständig platziert" anzusehen wären und die Q* bei „richtiger“ Beweiswürdigung als „echte Dritte“ anzusehen sei, sind nicht zutreffend. Die Ad-hoc-Meldungen waren unrichtig, weil der Umstand verschwiegen wurde, dass die K* den Erwerb von Wertpapieren durch die Q* finanzierte. Unter Vorgriff auf die rechtliche Beurteilung ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei nach der Rechtsprechung des OGH um eine veröffentlichungspflichtige Insider-Information iSd § 48a Abs 1 Z 1 iVm § 48d Abs 1 BörseG handelt (10 Ob 86/14s [Erw 4.1]). Die in der Beweisrüge angestellte Argumentation des Beklagten, wonach die Kapitalerhöhungen als „vollständig gezeichnet“ zu bezeichnen wären und für die Q* keine Übernahmeverpflichtung bestanden habe, sind also in Wahrheit rechtliche Ausführungen, die der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen sind. Inwiefern der Kern der bekämpften Feststellungen dadurch auf Tatsachenebene in Zweifel gezogen werden sollte, ist nicht ersichtlich.

4.1 Der Beklagte bekämpft folgende Feststellungen zu den Ad-Hoc-Meldungen, seiner Involvierung bei deren Erstellung sowie seinem Wissen über sie :

- F14: „Ad-hoc-Meldungen betreffend die Kapitalerhöhungen der K* – darunter auch jene vom 22.3.2005, 27.2.2006, 9.11.2006 und 9.2.2007 – schickte Y* Z* vor deren Veröffentlichung an den Beklagten in seiner Funktion als Vorstand der E*.“

E14: „Ad-hoc-Meldungen betreffend die Kapitalerhöhungen der K* vom 22.3.2005, und 9.11.2006 schickte Y* Z* vor deren Veröffentlichung an den Beklagten als Vorstand der E*. Nicht festgestellt werden kann, dass eine solche Übermittlung vor Veröffentlichung an den Beklagten auch für die Ad-hoc-Meldungen betreffend die Kapitalerhöhungen der K* vom 27.2.2006, und 9.2.2007 erfolgte.

- F15: „Der Beklagte wurde über diese Ad-hoc-Meldungen vor deren Veröffentlichung von Y* Z* informiert und gab dieser teilweise auch Empfehlungen hinsichtlich der Formulierung dieser Ad-hoc-Meldungen ab.“

E15: „Der Beklagte gab hinsichtlich dieser Ad-hoc-Meldungen zu den Kapitalerhöhungen vor deren Veröffentlichung von Y* Z* keine Empfehlungen ab. Er gab teilweise in Einzelfällen Empfehlungen hinsichtlich der Formulierung von Ad-hoc-Meldungen zu anderen Themen ab, wenn um seinen Rat als Berater ersucht wurde.“

- F16 :„Der Beklagte wusste, dass die Kapitalerhöhungen der K* in den Jahren 2005 bis 2007 nicht vollständig bei Drittanlegern platziert worden waren und die K* den Erwerb eigener Zertifikate durch die Q* finanzierte. Er wusste auch, dass die Öffentlichkeit von diesen Umständen nicht informiert wird. Der Beklagte wusste, dass Y* Z* die ihm übersendeten Ad-hoc-Meldungen der K* nach Übermittlung an ihn veröffentlichen wird. Der Beklagte wusste, dass die festgestellten falschen Informationen in den Ad-hoc-Meldungen zur Irreführung geeignet waren und dass Anleger aufgrund der in den Ad-Hoc-Meldungen enthaltenen Informationen davon ausgehen, dass die Kapitalerhöhungen zur Gänze am Markt platziert werden und eine starke Nachfrage nach K*-Zertifikaten besteht und deshalb eine Investitionsentscheidung treffen, die sie bei Kenntnis der nicht platzierten Kapitalerhöhungen und der Rückkäufe nicht getätigt hätten.“

4.2 Der Beklagte hält den in der Beweiswürdigung (US 29f) vom Erstgericht hergestellten Bezug zur allgemeinen Lebenserfahrung (US 30) insbesondere deshalb für problematisch, weil es nicht zur allgemeinen Lebenserfahrung zähle, Vorstandsmitglied einer Bank oder überhaupt einer Aktiengesellschaft zu sein. Die richterliche Überzeugungsbildung besteht aber ganz wesentlich in der Prüfung der nach der Lebenserfahrung anzunehmenden Wahrscheinlichkeit für eine Tatsachenbehauptung (vgl Rechberger in Fasching/Konecny³ § 272 ZPO Rz 19). Um die Realitätsnähe eines vorgebrachten Sachverhalts beurteilen zu können, ist es freilich nicht erforderlich, jede dabei in Betracht kommende Erfahrung in eigener Person gemacht zu haben. Innere seelische Zustände (wie Kenntnisse oder Absichten), die einem unmittelbaren Beweis nicht zugänglich sind, können gleichwohl - beruhend auf einer Wertung der Beweise - durch logische Schlussfolgerungen aus äußeren Umständen festgestellt werden (vgl RS0043196). Das Erstgericht hat daher methodisch einwandfrei nach Erfahrungssätzen, die der allgemeinen Lebenserfahrung entnommen sind, aus Indizien auf den festgestellten Sachverhalt geschlossen. Dabei handelt es sich nicht um ein Schlussverfahren, das nur bei Bestehen einer Beweiserleichterung bzw bei herabgesetztem Beweismaß angewandt werden dürfte. Das Erstgericht setzte sich auch hier ausführlich, schlüssig und nachvollziehbar mit allen Beweisergebnissen auseinander und legte anschaulich dar, warum es zu den Feststellungen gelangte.

Aus der vom Beklagten vorgetragenen Rolle als beratender Vertreter der BA* bei der Boardsitzung am 19.4.2005 und der Tatsache, dass der Beklagte – nach seinen Angaben – erst nach der Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldung von deren Unrichtigkeit erfahren haben will, erschließt sich kein Grund, wieso er nicht auf eine Richtigstellung drängte und die weiteren – inhaltsgleichen – Ad-hoc-Meldungen der folgenden Kapitalerhöhungen kritisch hinterfragte.

Die Ausführungen, dass aufgrund der (behaupteterweise) errichteten Vertraulichkeitsbereiche keine Wissenszurechnung an die juristische Person – und damit im Ergebnis auch nicht an den Beklagten als Teil des Vorstands - erfolgen könne, gehen am Thema vorbei. Gegenstand der bekämpften Feststellungen ist die (tatsächliche) Kenntnis des Beklagten über die hier wesentlichen Umstände. Um eine – der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende – Wissenszurechnung an ihn aufgrund der Kenntnis anderer Personen geht es daher nicht. Die Schaffung von Vertraulichkeitsbereichen und die europäische „compliance defence“ verbietet es auch nicht (wie die Berufung meint), aus anderen Umständen auf ein solches Wissen des Beklagten zu schließen. Auf Tatsachenebene schließt die Einrichtung von Vertraulichkeitsbereichen nicht aus, dass diese wider besseres Wissen nicht eingehalten werden.

Im Hinblick auf die nochmals thematisierte Richtigkeit der Ad-Hoc-Meldungen wird auf Punkt 3.2 verwiesen.

Das Erstgericht setzte sich detailliert mit den vorliegenden E-Mails der Zeugin Z*, den Antworten des Beklagten und der Frage der Weiterleitung der Ad-Hoc-Mitteilungen auseinander, weiters berücksichtigte es die gegenteilige, seine Rolle bei der Erstellung der Ad-hoc-Meldungen relativierende Aussage des Beklagten, weshalb die Beweiswürdigung des Erstgerichts auch aus diesem Grund nicht zu beanstanden ist. Bedenken gegen die beweiswürdigenden Überlegungen des Erstgerichts vermag der Beklagte auch hier nicht aufzuzeigen.

Gegen die Feststellung des „Wissens“ des Beklagten über Investitionsentscheidungen am Markt führt der Beklagte das im Strafverfahren eingeholte Sachverständigengutachten ./77 ins Treffen, wonach sich der Einfluss von einzelnen Sachverhalten auf die Volatilität zahlenmäßig nicht bestimmen lasse. Dabei übergeht der Beklagte, dass laut dem Sachverständigengutachten (auch) die ihm zur Last gelegten Handlungen oder Unterlassungen bei Kenntnis des Marktes zumindest abstrakt geeignet gewesen wären, Einfluss auf Börsenkurs und Volatilität der K*-Zertifikate auszuüben (./77 S 5). Daher sind auch die weiteren Schlussfolgerungen des Erstgerichts zum „Wissen“ des Beklagten unbedenklich. Ausgehend von dem Wissen um die Unrichtigkeit der genehmigten Ad-Hoc-Meldungen ergibt sich zwingend der Schluss, dass dem Beklagten auch bewusst sein musste, dass Anleger auf dieser Basis eine Investitionsentscheidung treffen würden, die sie bei Kenntnis der nicht platzierten Kapitalerhöhungen und der Rückkäufe nicht gewollt hätten. Schließlich wurde durch die Ad-Hoc-Meldungen eine tatsächlich gerade nicht bestehende sehr hohe Nachfrage nach K*-Zertifikaten suggeriert. Es mag zwar sein, dass das (hypothetische) Verhalten des Marktes nicht mit der für das Strafverfahren notwendigen Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden kann, darum geht es jedoch bei der bekämpften Feststellung nicht.

5. Zur Beweisrüge des Berufungsgegners:

Auch der Berufungsgegner erhebt in seiner Berufungsbeantwortung eine Beweisrüge, mit der er folgende Feststellung bekämpft:

- F : „Ob die Ad-hoc-Meldungen vom 22.3.2005, 27.2.2006, 9.11.2006 und 9.2.2007 jeweils erst nach Genehmigung des Beklagten veröffentlicht wurden bzw. ob es überhaupt eine Genehmigung oder Freigabe dieser Ad-hoc-Meldungen durch den Beklagten gab, kann nicht festgestellt werden.“

Stattdessen begehrt der Berufungsgegner nachfolgende Ersatzfeststellung:

E : „Die Ad-Hoc-Meldungen vom 22.3.2005 bis 9.2.2007 wurden erst nach Genehmigung des Beklagten veröffentlicht.“

Das Erstgericht begründete die bekämpfte Negativfeststellung in seiner Beweiswürdigung (US 30) damit, dass sich weder aus der vorgelegten E-Mail-Korrespondenz noch aus den Aussagen der Zeugin Z* oder des Beklagten eindeutig ergebe, dass die Veröffentlichung der Ad-hoc-Meldungen jeweils von der Genehmigung des Beklagten zwingend abhängig gewesen sei.

Wenn das Erstgericht bei den vorliegenden Beweisergebnissen lediglich Negativfeststellungen traf, verlässt es nicht die Grenzen der freien Beweiswürdigung, deren Einhaltung das Berufungsgericht zu untersuchen hat. Dass auch eine andere Tatsachenfeststellung möglich gewesen wäre, zeigt noch keine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung auf. Im Übrigen schadet die Negativfeststellung der Rechtsposition des Klägers ebenso wenig wie die begehrte Ersatzfeststellung sie verbessert, stellte das Erstgericht doch ohnedies fest, dass die Ad-hoc-Meldungen dem Beklagten vor deren Veröffentlichung zur Kenntnis gelangten und er sich nicht gegen die Veröffentlichung aussprach. Daraus zog das Erstgericht den zutreffenden rechtlichen Schluss, dass dem Beklagten eine Beteiligung an der Verletzung der Ad-hoc-Meldepflicht vorzuwerfen sei.

6. Zusammengefasst sind die vom Beklagten begehrten Ersatzfeststellungen (größtenteils Negativfeststellungen) und auch die vom Kläger begehrte Ersatzfeststellung nicht zu treffen, es hat bei den vom Erstgericht getroffenen Feststellungen zu bleiben. Das Berufungsgericht übernimmt daher auch sämtliche bekämpften Feststellungen und legt auch diese der rechtlichen Beurteilung zugrunde.

II. Zur Rechtsrüge :

Das Oberlandesgericht Wien hat sich in jüngerer Vergangenheit in mehreren Entscheidungen in Parallelverfahren mit der Haftung des Beklagten beschäftigt und diese (auch) aufgrund der unrichtigen Ad-Hoc-Meldungen bejaht (33 R 43/25y, 33 R 152/24a, 3 R 191/24s, 5 R 122/24h, 5 R 76/24v, 1 R 134/23t, 2 R 103/24t).

1. Zur Haftung des Beklagten iZm der Werbung :

Der Beklagte stützt sich darauf, dass das Erstgericht keine (aktiven) Beteiligungshandlungen des Beklagten an irreführender Werbung – und daher kein „Bewirken“ des Vertrags iSd § 874 ABGB – festgestellt habe. Die bloße Kenntnis der Werbebroschüren begründe keine Haftung. Ein Unterlassen sei nicht relevant, weil keine Verpflichtung zu einem Tun bestanden habe.

1.1Das OLG Wien hat die Haftung des Beklagten als Vorstand der E* (auch) wegen unterlassenen Einschreitens gegen die irreführende Werbung bereits bejaht (vgl insb 4 R 50/22k, 1 R 134/23t, 5 R 76/24v, 1 R 164/24h, 33 R 152/24a) und dabei insbesondere an der Rechtsprechung zur Haftung gesellschaftsrechtlicher Organe für Wettbewerbsverstöße in Unternehmen ihrer (Kapital-)Gesellschaft angeknüpft. Demnach haften diese Organe – nicht nur im Hinblick auf § 18 UWG, sondern nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen – deliktisch nicht nur für Wettbewerbsverstöße, die sie selbst begangen haben oder an denen sie beteiligt waren, sondern auch wenn sie diese Wettbewerbsverstöße trotz Kenntnis nicht abstellen (vgl RS0079521, insb [T6]; OLG Wien 5 R 128/20k).

1.2Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall. Demnach traf den Beklagten wegen seiner Vorstandsfunktion für die E*, die irreführende Werbeunterlagen zu vertreten hat, jedenfalls bei gegebener Kenntnis die Pflicht, der Irreführung durch diese Werbeunterlagen entgegenzuwirken, und damit auch eine Haftung für diesbezügliche Unterlassungen. Den Beweis, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen wäre, gegen die Rechtsverletzung (durch Mitarbeiter oder andere Vorstandsmitglieder) einzuschreiten (vgl RS0079521), hat der Beklagte nicht angetreten. Weil die Unterlassung von entsprechendem (Eventual-)Vorsatz getragen war, haftet der Beklagte gegenüber dem Kläger als dem geschädigten Anleger selbst deliktisch.

1.3 Auf die Frage der Ressortzuständigkeit des Beklagten kommt es dabei nicht an. Der haftungsbegründende Vorwurf liegt nicht darin, dass er dafür zuständig gewesen wäre, für eine ordnungsgemäße Werbebroschüre zu sorgen, sondern darin, dass er nicht einschritt, nachdem er bereits positiv wusste, dass die Broschüre irreführend war (vgl OLG Wien 5 R 76/24v). Sekundäre Feststellungsmängel liegen in diesem Zusammenhang mangels rechtlicher Relevanz der begehrten Zusatzfeststellungen nicht vor.

1.4 Die Berufung führt aus, eine Garantenstellung der C* F* gegenüber Anlegern aufgrund des V* hinsichtlich Werbemaßnahmen liege nicht vor, woraus folge, dass dem Beklagten keine haftungsbegründenden Handlungen oder Unterlassungen vorgeworfen werden könnten.

Hier ist eine deliktische (Außen-)Haftung wegen eines Beitrags zu einer Schutzgesetzverletzung zu beurteilen. Auch für Handlungen, die der Emittentin zuzurechnen sind, kann ein Dritter als Beteiligter verantwortlich sein, was – nach den Grundsätzen der Zurechnung der Handlungen von Repräsentanten – die Haftung der Emissionsbank zur Folge haben kann, ohne dass es dabei darauf ankäme, auf welcher konkreten vertraglichen Grundlage die Bank mit der Emittentin zusammenarbeitete (vgl 10 Ob 86/14s; RS0009173).

Das Erstgericht stellte fest, dass die E* die Broschüren und Fact Sheets für den Verkauf von K*-Zertifikaten im gemeinsamen Zusammenwirken mit der O* erstellte, mit der K* koordinierte und sie veröffentlichte. Die E* war in Kenntnis des Werbematerials und hatte die Nutzung ihrer Firma auf der Rückseite genehmigt (US 16f). Auch gelangte der Inhalt der Werbebroschüren dem Beklagten nach der Veröffentlichung bzw. Aktualisierung zeitnah zur Kenntnis. Schon die Mitwirkung an der Erstellung und Verbreitung der Broschüre ist ein der E* zuzurechnender Beitrag zur Irreführung von Anlegern durch die K*. Aus der Organstellung des Beklagten ergibt sich, dass seine von Vorsatz getragene Duldung einer aktiven Beteiligung gleichzuhalten ist (vgl OLG Wien zu 5 R 76/24v).

Im Übrigen legt Punkt 3.8 des V* ausdrücklich eine Zustimmungsverpflichtung der C* F* (E*) „ vor Verwendung jedweden Marketing-, Werbe- bzw Informationsmaterials “ fest, was nach dem Wortlaut und im Zusammenhang mit dem vorangehenden Satz, wonach Marketing- und Werbemaßnahmen „ koordiniert “ werden, uneingeschränkt auch für den Inhalt von Werbebroschüren gilt. (Auch) aus diesem Grund hat das OLG Wien die Haftung des Beklagten für Anlegerschäden bereits bejaht (vgl 33 R 127/21w, 1 R 134/23t, 5 R 76/24v; 1 R 163/24h).

1.5Das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft haftet gemeinsam mit der juristischen Person für eine „absichtliche Schadenszufügung“ nach § 1295 Abs 2 ABGB, wenn für seine Person die erforderliche Wissens- und Willenskomponente erfüllt ist; bedingter Vorsatz genügt (OLG Wien 33 R 127/21w = RW0001014). „Absichtlichkeit“ nach § 5 Abs 2 StGB in dem Sinn, dass es dem Täter auf die Verwirklichung des Tatbildes geradezu ankommt, ist nicht erforderlich. Das Erstgericht hat die Willenskomponente mit der Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass der Beklagte „wusste“ bzw. ihm „bewusst war“, dass Anleger Wertpapiere erwerben würden, die sie bei richtiger Information über die Sicherheit der Wertpapiere nicht erworben hätten. Aus dem Urteil geht insgesamt deutlich hervor (vgl US 19-20, 34), dass das Erstgericht darunter (zumindest) ein Sich-Abfinden verstand und nicht bloß meinte, der Beklagte hätte lediglich bewusst daran gedacht (was nach der Judikatur zu § 5 StGB für die Annahme eines Eventualvorsatzes nicht ausreichte, vgl RS0089018; RS0089001). Keinen Bedenken begegnet es daher, wenn das Erstgericht, ausgehend von den getroffenen Feststellungen zum Kenntnisstand des Beklagten auf das Vorliegen eines (Eventual-)Vorsatzes schloss.

Unzutreffend ist das Berufungsvorbringen, dass zur Begründung der Haftung die Feststellung eines auf einen Schaden der Anleger durch Kursverluste gerichteten Vorsatzes erforderlich wäre. Der Vorsatz des listig Irreführenden muss sich darauf beziehen, dass der andere Teil irrt und dass dieser Irrtum einen Einfluss auf den Willensentschluss hat (RS0014765). Der Schaden, den der Anleger durch das irrtumsbehaftet zustande gekommene Rechtsgeschäft erleidet, braucht nicht vom Vorsatz umfasst zu sein. Im Übrigen reicht es zur Annahme eines Schadens bereits aus, dass die Zusammensetzung des Vermögens des Geschädigten nach dem schadensbegründenden Ereignis nicht seinem Willen entspricht (RS0022537 [T12]; vgl OLG Wien 5 R 76/24v; 1 R 163/24h).

2. Zur Haftung des Beklagten iZm Ad-hoc-Meldungen:

Im Zusammenhang mit den Kapitalerhöhungen erkannte der Oberste Gerichtshof aufgrund des auch hier feststehenden Sachverhalts einen Verstoß der K* gegen § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG (irreführende Informationsverbreitung) sowie eine Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht des § 48d BörseG (4 Ob 239/14x). Entscheidend ist das Verschweigen der Tatsache, dass der Erwerb der Wertpapiere durch die Q* mit Geldern der K* finanziert wurde und nur auf diesem Weg eine „vollständige Platzierung“ erreicht werden konnte. Darauf, dass die im V* enthaltene Übernahmeverpflichtung der C* F* auf die Q* überbunden wurde, stellte der OGH dabei nicht ab, sodass sich weitere rechtliche Ausführungen hierzu erübrigen. Sekundäre Feststellungsmängel liegen in diesem Zusammenhang nicht vor.

Normadressat der Ad-hoc-Meldepflicht ist die Emittentin (10 Ob 86/14s). Zur möglichen deliktischen Haftung Dritter ist auf obige Ausführungen zu verweisen. Zwar konnte nicht festgestellt werden, dass der Beklagte die Ad-hoc-Meldungen genehmigte, jedoch gelangten ihm die Meldungen vorihrer Veröffentlichung zur Kenntnis, und er sprach sich nicht gegen die Veröffentlichung aus. Der Beklagte gab teilweise auch Empfehlungen hinsichtlich der Formulierung der Meldungen ab und er wusste weiters, dass die Ad-Hoc-Meldungen nach der Übermittlung an ihn veröffentlicht werden würden. Eine derartige „Genehmigung“ qualifizierte der OGH als taugliche Beitragshandlung (10 Ob 86/14s). Dem Beklagten ist somit eine Beteiligung an der Verletzung der Ad-hoc-Meldepflicht vorzuwerfen. Weil der Beklagte diese (aktiven) Beitragshandlungen in Ausübung seiner Funktion als Organ der C* F* setzte, sind sie dieser zuzurechnen (vgl 10 Ob 86/14s).

Entgegen der Rechtsrüge liegen auch keine sekundären Feststellungsmängel darin, dass das Erstgericht keine Feststellungen zu Vertraulichkeitsbereichen traf. Da das Wissen des Beklagten positiv feststeht, stellen sich keine Fragen der Wissenszurechnung oder des Wissenmüssens. Soweit der Beklagte in der Rechtsrüge aus dem Bestehen von Vertraulichkeitsbereichen ableiten will, dass er nicht über die entsprechenden Informationen verfügt hätte, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt (vgl OLG Wien 1 R 134/23t, 5 R 76/24v).

3. Mit Erfolg bekämpft der Beklagte den Zinszuspruch mit 5.2.2007, sohin jenem Tag, an dem der Kläger die letzten K*-Zertifikate verkauft hat. Tatsächlich gebührten die Zinsen erst ab Klagszustellung.

Schadenersatzansprüche müssen erst beziffert fällig gestellt werden, bevor Verzugszinsen verlangt werden können (RS0023392). Dass er seine Ansprüche bereits vor Einbringung der Klage gegenüber dem Beklagten beziffert fällig gestellt hätte, behauptet der Kläger nicht. Es ist daher davon auszugehen, dass die Fälligstellung erst mit Zustellung der Klage und damit am 27.2.2023 (ON 2) erfolgte, sodass der Beklagte erst ab dem folgenden Tag Verzugszinsen schuldet.

Die Berufung ist daher in Ansehung des Beginns des Zinsenlaufes berechtigt; im Übrigen war ihr ein Erfolg zu versagen.

Da die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens streitwert- und kostenneutral ist (vgl § 54 Abs 2 JN), erfordert die Teilabweisung keine neue Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens.

4.Die Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren beruht auf den §§ 43 Abs 2, 50 ZPO, die ERV-Gebühr für die Berufungsbeantwortung beträgt lediglich EUR 2,60.

5.Die Frage der Haftung des Beklagten, insbesondere wegen (vorsätzlicher) Unterlassung der Verhinderung von Rechtsverletzungen, hat über den Einzelfall hinaus Bedeutung. Die ordentliche Revision war daher zuzulassen (§ 502 Abs 1 ZPO).