JudikaturOLG Wien

11R38/25a – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Erbrecht
21. Mai 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. in Primus als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. a Aigner und Mag. a Zwettler-Scheruga in der Rechtssache der klagenden Partei A* , geboren am **, **, vertreten durch die Putz-Haas Riehs-Hilbert Rechtsanwälte OG aus Wien, wider die beklagten Parteien 1. B* C* , geboren am **, 2. D* C* , geboren am **, beide **, beide vertreten durch Mag. Nora Podesser, Rechtsanwältin in Mannersdorf, wegen EUR 52.980,68 sA, über die Berufung der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 31.1.2025, GZ **-18, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 2.460,50 (darin EUR 410,08 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist die erbliche Tochter nach dem am 24.8.2022 verstorbenen Ing. E* C* (idF „Verstorbener“). Dessen Nachlass wurde den Beklagten als testamentarischen Erben jeweils zur Hälfte eingeantwortet.

Im Testament des Verstorbenen wurde hinsichtlich des Pflichtteils ua Folgendes festgelegt:

„PFLICHTTEILSMINDERUNG

Jedenfalls mindere ich den Pflichtteil meiner Tochter A*, geboren am **, aktuelle Adresse nicht bekannt, um die Hälfte, da zwischen uns kein familiäres Naheverhältnis besteht. Meine Tochter sucht keinen Kontakt zu mir und lehnt eine Kontaktaufnahme durch mich ab.“

Die Klägerin stammt aus einer Kurzzeitbeziehung zwischen dem Verstorbenen und ihrer im Jahr 2007 verstorbenen Mutter. Die Klägerin ist die einzige Nachkommin des Verstorbenen, der auch nicht verheiratet war.

Die Klägerin begehrte – nach einer vor Klagseinbringung und in der Klage bereits berücksichtigten Zahlung von EUR 65.000 – die (der Höhe nach unstrittige weitere) Zahlung von EUR 52.980,68 sA und brachte vor, ihr stehe der volle Pflichtteil zu. Man könne ihr bis zum Jahr 2016 jedenfalls keine Ablehnung der Kontakte zum Verstorbenen vorwerfen, da stets sie diejenige gewesen sei, die sich um die Aufrechterhaltung der Kontakte bemüht habe. Selbst ab diesem Zeitpunkt könne man ihr bestenfalls ein bloß passives Verhalten vorwerfen, welches den Erblasser noch nicht zur Pflichtteilsminderung berechtige. Darüber hinaus habe der Verstorbene selbst Anlass zum Meiden des Kontakts gegeben, da er der Klägerin bei einem Telefonat im Jahr 2005 zu verstehen gegeben habe, dass er kein Interesse an einem Kontakt oder überhaupt ihr als Person habe. Es wäre aufgrund dessen damals schon menschlich nachvollziehbar gewesen, wenn die Klägerin auch keine weiteren Versuche einer Kontaktaufnahme mit dem Verstorbenen unternommen hätte. Sie habe aber trotz dieser „Abfuhr“ noch etliche Jahre lang immer wieder Kontakt zu ihrem leiblichen Vater aufgenommen, bis es von diesem letztlich keinerlei Rückmeldung mehr gegeben habe.

Die Beklagten bestritten, beantragten Klagsabweisung und wandten ein, die Klägerin habe keinerlei Interesse gehabt, am familiären Leben des Verstorbenen teilzuhaben, habe keinen Kontakt zum Verstorbenen gesucht und eine Kontaktaufnahme durch ihn abgelehnt, weshalb er ihren Pflichtteil im Testament ausdrücklich um die Hälfte gemindert habe. Die Kindesmutter habe keinen Kontakt zwischen der Klägerin und dem Verstorbenen gewünscht. Der Verstorbene habe wiederholt versucht, insbesondere ab dem Teenageralter der Klägerin, ein familiäres Verhältnis mit ihr aufzubauen, was jedoch ihrerseits verweigert worden sei. Die Klägerin habe sich ausschließlich und auch inhaltlich nur dann bei ihm gemeldet, wenn sie Geld benötigt habe. Ab 2009 habe er einsehen müssen, dass seine Kontaktversuche auch künftig vergebens sein würden, weshalb ihm seither bestenfalls passives Verhalten vorzuwerfen sei, das eine Pflichtteilsminderung nicht ausschließe.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt.

Dabei traf es die oben zusammengefasst wiedergegebenen sowie die auf Seiten 5 bis 8 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

In rechtlicher Hinsicht führte es aus, gemäß § 776 Abs 1 ABGB in der auf den Fall anzuwendenden Fassung des ErbRÄG 2015 könne der Verfügende den Pflichtteil letztwillig auf die Hälfte mindern, wenn er und der Pflichtteilsberechtigte zu keiner Zeit oder zumindest über einen längeren Zeitraum vor dem Tod des Verfügenden nicht in einem Naheverhältnis gestanden seien, wie es zwischen solchen Familienangehörigen gewöhnlich bestehe. Zwischen der Klägerin und dem Verstorbenen habe zu keinem Zeitpunkt eine für eine Vater-Tochter-Beziehung übliche enge geistig-emotionale Nahebeziehung im Sinne eines familiären Naheverhältnisses nach § 776 Abs 1 ABGB bestanden. Dieses Recht auf Pflichtteilsminderung stehe nach § 776 Abs 2 ABGB aber dann nicht zu, wenn der Verstorbene den Kontakt grundlos gemieden oder berechtigten Anlass für den fehlenden Kontakt gegeben habe. Das festgestellte Verhalten des Verstorbenen gegenüber der Klägerin rechtfertige es, ihm die Möglichkeit der Pflichtteilsminderung im Sinne des § 776 Abs 2 ABGB zu verwehren.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten wegen Aktenwidrigkeit, unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im Sinn einer Klagsabweisung abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

Voranzustellen ist, dass die Berufungswerber die Rechtsmittelgründe nicht getrennt ausführen, was nur dann nicht schadet, soweit sich die Zugehörigkeit der Ausführungen zu dem einen oder anderen Rechtsmittelgrund erkennen lässt (RISJustiz RS0041911). Unklarheiten gehen dabei zu ihren Lasten (RS0041761). Indem die Beklagten vom Erstgericht getroffene Feststellungen unter gleichzeitiger Anführung von Ersatzfeststellungen rügen und dabei ausführen, aufgrund welcher Beweisergebnisse das Gericht diese hätte treffen müssen, lässt ihr Rechtsmittel (auch) den Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung noch erkennen (RS0041851). Wenn sie sich also hinsichtlich mancher dieser bekämpften Feststellungen konkret auf eine (vom Berufungssenat verneinte) Aktenwidrigkeit beziehen, sind ihre diesbezüglichen Ausführungen auch im Rahmen der Beweisrüge einer Überprüfung zu unterziehen.

I. Zur Aktenwidrigkeit

1.Eine Aktenwidrigkeit haftet einer Entscheidung nur dann an, wenn der Inhalt einer Parteienbehauptung oder eines Beweismittels unrichtig wiedergegeben wurde und dies zur Feststellung eines fehlerhaften Sachverhalts in einem wesentlichen Punkt geführt hat (RS0007258; RS0043347).

Da – hier vorliegende – Erwägungen der Tatsacheninstanzen, weshalb ein Sachverhalt als erwiesen angenommen werden kann, in das Gebiet der Beweiswürdigung fallen (vgl RS0043284, RS0043347), werden die Berufungsausführungen im Rahmen der Beweisrüge behandelt. Aus Gründen der besseren Übersicht wird auch dort darauf eingegangen, warum entgegen der Annahme der Beklagten keine Aktenwidrigkeit, sondern ein Akt der Beweiswürdigung vorliegt.

2. Die Berufungswerber wollen darüber hinaus eine Aktenwidrigkeit in den Ausführungen des Erstgerichts verwirklicht sehen, dass die Aussagen der Zeugen F* und G* mit den Schilderungen der Klägerin im Wesentlichen übereinstimmen würden (Berufung S 8). Dabei führen sie aber an dieser Stelle weder an, welche konkreten Feststellungen sie aus diesem Grund als aktenwidrig bekämpfen wollen, noch hinsichtlich welcher konkreter Aussagen nach ihrem Dafürhalten Abweichungen vorliegen sollten, sodass der Berufungsgrund insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

II. Zur Beweisrüge

Die Berufung wendet sich gegen die nachfolgenden Feststellungen, an deren Stelle die jeweils im Anschluss angeführten Ersatzfeststellungen begehrt werden.

1. Feststellung: „[…] noch hatte der Verstorbene nach der Geburt ein Interesse an Kontakt mit seiner Tochter“. (US 5)

Ersatzfeststellung: „Der Verstorbene hatte seit der Geburt Interesse daran, seine Tochter kennen zu lernen. Dies wurde jedoch seitens der Kindesmutter verweigert.“

1.1. Als aktenwidrig rügen die Berufungswerber, es liege keine diesbezügliche Aussage des Erstbeklagten und der Zeugin H* vor, auf die sich das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung aber stütze. Aus der durch die Geburt der Klägerin unerwartet entstandenen finanziellen Belastung des Verstorbenen könne kein Rückschluss darauf gezogen werden, dass er kein Interesse an der Klägerin gehabt hätte.

Die gerügte Aktenwidrigkeit besteht nicht. Die Beklagten übersehen nämlich, dass die Zeugin H* im Gegenteil schon aussagte, die Mutter der Klägerin habe ihr erzählt, es gebe deshalb keinen Kontakt, weil der Verstorbene einen solchen nicht gewünscht habe (ON 17 S 16). Zwar ist richtig, dass sich die vom Erstgericht in der Beweiswürdigung zitierten Aussagen des Erstbeklagten auf die Zahlungen der Alimente beziehen, jedoch bewirkt eine bloße Schlussfolgerung oder Wertung der Gerichte keine Aktenwidrigkeit, sondern ist im Rahmen der Beweisrüge einer Überprüfung zu unterziehen (RS0043256; RS0043277).

1.2. Wenn das Erstgericht aus den Ergebnissen des Beweisverfahrens zu dem Schluss gelangte, dass neben der Mutter auch der verstorbene Vater nach der Geburt kein Interesse an einem Kontakt zeigte, so kann die Berufung keine stichhaltigen Gründe aufzeigen, warum die angefochtenen Feststellungen unzweifelhaft oder zumindest überwiegend wahrscheinlich unrichtig sein sollten (vgl Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO 5 § 482 Rz 3 mwN; Klauser/Kodek , JN-ZPO 18§ 467 ZPO E 40/1).

So sagte der Erstbeklagte etwa auch aus, der Verstorbene habe seinen Eltern nicht von der Schwangerschaft erzählt, die Mutter der Klägerin habe sich damals aufdringlich verhalten und die Situation sei schwierig gewesen, worin Anhaltspunkte für einen nicht gewünschten Kontakt gesehen werden können. Dass der Verstorbene nach der Geburt Interesse an einem Kontakt gehabt hätte, ergab sich aus der Aussage des Erstbeklagten jedenfalls nicht. Der Zeuge F* gab zwar an, der Verstorbene habe ihm mitgeteilt, die Mutter der Klägerin habe den Kontakt nicht gewünscht. Daraus ergibt sich aber nicht im Umkehrschluss, der Verstorbene habe in den Jahren nach der Geburt den Kontakt gesucht. Die Befragung der Klägerin ergab keine positive Aussage dazu, der Verstorbene wäre in der Zeit nach der Geburt an Kontakt interessiert gewesen. Auch die Zweitbeklagte sagte zu konkreten Kontaktaufnahmeversuchen des Verstorbenen erst ab einem Alter der Klägerin von 13 bis 14 Jahren aus (ON 17 S 12).

Bei dieser Gesamtschau bestehen gegen die vom Erstgericht vorgenommene Würdigung der Beweismittel daher keine Bedenken (vgl RS0040123).

2. Feststellung: „[…] der Verstorbene kam seinen finanziellen Verpflichtungen in Bezug auf den Unterhalt für die Klägerin nur unregelmäßig nach.“ (US 5)

Ersatzfeststellung: „Der Verstorbene war bemüht, seine Tochter finanziell zu unterstützen und Unterhalt zu leisten. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten war ihm dies jedoch nicht immer bzw. teilweise nicht in voller Höhe möglich. Die Klägerin leitete deshalb Exekutionsverfahren gegen ihren Vater ein.“

In Wahrheit streben die Beklagten hier Zusatzfeststellungen zu den Gründen für die unregelmäßigen Unterhaltszahlungen an, womit sie aber einen der Rechtsrüge zuzuordnenden sekundären Feststellungsmangel geltend machen.

3. Feststellung: „Die Klägerin war von diesem Telefonat jedoch enttäuscht, weil sie das Gefühl hatte, dass ihr Vater kein Interesse an einer Beziehung mit ihr hatte. Diese Ablehnung durch den Verstorbenen verletzte und kränkte die Klägerin sehr.“ (US 6)

Ersatzfeststellung: „Der Verstorbene wollte eine Beziehung zu seiner Tochter aufbauen. Die Klägerin jedoch lehnte persönliche Kontakte und auch Telefonate ab und beantwortete die Anrufe des Verstorbenen daher nicht. Sie selbst kontaktierte den Beklagten ausschließlich per E-Mail bezüglich Kindesunterhalt. Diese unpersönliche Form der Kommunikation wünschte der Verstorbene nicht.“

3.1. Als aktenwidrig rügt die Berufung, das Erstgericht habe seiner Feststellung die Aussagen der Klägerin und der Zeugin H* zugrundegelegt; tatsächlich habe die Klägerin angegeben, dass sie sich an den Inhalt dieses Telefonats gar nicht mehr erinnern könne (ON 17 S 3), und die Zeugin H* sei bei diesem Telefonat nicht anwesend gewesen. Es lägen daher keine Beweisergebnisse vor.

Entgegen der in der Berufung aufgestellten Behauptung sagte die Klägerin aber aus, sie könne sich gerade daran erinnern, dass sie auch dieses Telefonat als enttäuschend empfunden und abermals den Eindruck gehabt habe, dass kein großes Interesse an einer Beziehung mit ihr bestehe. Es sei ihr nur der „konkrete“ Inhalt nicht erinnerlich, womit sie offenbar nur zum Ausdruck brachte, dass sie den genauen Wortlaut nicht mehr wusste. Zur Aussage der Zeugin H* ist darauf zu verweisen, dass diese zwar angab, von dem Telefonat nur über die Klägerin zu wissen, aber aufgrund eigener Wahrnehmung darlegen konnte, die Klägerin sei daraufhin niedergeschlagen gewesen und es sei ihr damit nicht gut gegangen. Nichts anderes würdigt das Erstgericht, wenn es ausführt, die Zeugin sei der Klägerin auch damals nahegestanden, weshalb ihre Schilderungen zu den Enttäuschungen der Klägerin nachvollziehbar seien.

Damit liegt aber auch hier die aufgezeigte Aktenwidrigkeit nicht vor.

3.2. Die Beklagten erblicken eine dislozierte Feststellung in den beweiswürdigenden Ausführungen des Erstgerichts, nach denen die Klägerin „massiv gekränkt und verletzt“ gewesen sei. Eine solche liegt aber nicht vor, hat doch das Erstgericht – wie die unter diesem Punkt bekämpften Feststellungen zeigen –auch im Rahmen der Feststellung des Sachverhalts ausgeführt, die Klägerin sei sehr gekränkt und verletzt gewesen, und in der Beweiswürdigung lediglich unter Verwendung des Wortes „massiv“ statt „sehr“ auf diese Feststellung Bezug genommen.

Die Berufungswerber zitieren hier selbst die Aussage der Klägerin, wonach sie Handlungen des Verstorbenen wiederholt als Kränkung empfunden habe. Inwiefern ihr das vermittelte Gefühl der Enttäuschung abgesprochen werden sollte, nur weil ihr die jeweiligen genauen Wortlaute der Gespräche nicht mehr erinnerlich waren, erschließt sich für den Berufungssenat nicht und vermögen die Beklagten auch nicht mit gegenteiligen Beweisergebnissen aufzuzeigen. Zweifel an der Beweiswürdigung des Erstgerichts können sie damit nicht hervorrufen.

Die in dem Zusammenhang relevierte Aktenwidrigkeit, es läge kein Beweisergebnis dazu vor, dass die Klägerin massiv gekränkt oder verletzt gewesen sei, ist aufgrund der eben dargestellten Aussage der Klägerin nicht gegeben.

3.3.Schließlich ist darauf zu verweisen, dass zwischen der bekämpften Feststellung und der Ersatzfeststellung ein inhaltlicher Widerspruch bestehen muss (RS0041835 [T2]). Die gewünschten Ersatzfeststellungen enthalten aber teilweise zusätzliche Inhalte zu Kontakten, welche von den bekämpften Feststellungen, die sich nur mit dem Telefonat rund um den 18. Geburtstag der Klägerin befassen, gar nicht behandelt werden Die Beweisrüge ist daher insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Die Berufungswerber kommen auf diese Ersatzfeststellungen im weiteren noch zurück, worauf in Punkt 7. der Beweisrüge eingegangen wird.

4. Feststellung: „Der Verstorbene erschien weder zum Begräbnis noch zur Abschiedsfeier.“ (US 6)

Ersatzfeststellung: „Der Verstorbene war bei der Verabschiedung anwesend. Er wollte seiner Tochter emotional in dieser schwierigen Zeit nach dem Tod der Mutter beistehen, was die Klägerin jedoch ablehnte. Anlässlich der Verabschiedung verweigerte die Klägerin die persönliche Kontaktaufnahme durch den Verstorbenen“ .

Nach dem Vorbringen der Klägerin gab es, so wie vom Erstgericht festgestellt, ein Begräbnis und eine Verabschiedung. Vom Begräbnis ist in den Ersatzfeststellungen keine Rede, weshalb die Beklagten im Ergebnis den Entfall der diesbezüglichen Feststellung begehren und die Beweisrüge insofern nicht gesetzmäßig ausführen (RS0041835 [T3]).

Zur „Verabschiedung“ berufen sich die Beklagten auf ihre eigenen Aussagen und setzen sich dabei nicht mit der Aussage der Klägerin auseinander, die angab, sie glaube nicht, ihren Vater bei der Abschiedsfeier gesehen zu haben. Der Zeugin H*, die eine Anwesenheit „mit Sicherheit“ ausschloss, wollen sie die Glaubwürdigkeit mit dem Argument absprechen, es sei evident, dass diese nicht jede Person in der Messe habe wahrnehmen können.

Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, reicht aber noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen (RES0000012; RS0041830). Der Erstbeklagte will dazu eine Email gefunden haben, in der über die Stimmung bei der Verabschiedung gesprochen worden sei (ON 17 S 9 und 13), legte diese im Verfahren jedoch nicht als Beweismittel vor. Die Zweitbeklagte meinte, der Vater sei bei der Verabschiedung gewesen, war aber im Gegensatz zur Klägerin oder der genannten Zeugin selbst nicht dort anwesend. Bedenken an der Beweiswürdigung vermögen die Beklagten auch hier nicht aufzuzeigen. Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich das Gericht aufgrund seiner Überzeugung für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen entscheidet, die mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann (RS0043175).

5. Feststellung: „Danach riss der persönliche Kontakt zwischen der Klägerin und dem Verstorbenen abermals ab und reduzierte sich innerhalb der nächsten Jahre auf wenige Emails und Anrufe.“ (US 6)

Ersatzfeststellung: „Danach riss der persönliche Kontakt zwischen der Klägerin und dem Verstorbenen aufgrund der Ablehnung durch die Klägerin abermals ab. Die Anrufe des Verstorbenen beantwortete die Klägerin nicht. Es kam nur dann zu E-Mailkorrespondenz, wenn die Klägerin vom Verstorbenen Geld forderte.“

Auch hier ist die Beweisrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil die Ersatzfeststellungen über den Umfang der bekämpften Feststellungen hinausgehen und damit der gebotene Widerspruch nicht gegeben ist (vgl Punkt 3.). Sekundäre Feststellungsmängel liegen nicht vor, da die begehrten Ersatzfeststellungen im Widerspruch zu weiteren von den Berufungswerbern bekämpften Feststellungen stehen, die unter Punkt 7. der Beweisrüge behandelt werden und auf die sie dort wieder zurückkommen (vgl RS0053317 [T3]).

6. Feststellung: „Sowohl die Klägerin als auch der Verstorbene empfanden den Ablauf dieses Telefonats subjektiv als Kränkung durch den jeweils anderen. Die Klägerin war abermals […] sehr gekränkt und verletzt […]. Die Klägerin fühlte sich dadurch überrumpelt […]. Trotz ihrer neuerlichen Kränkung und Belastung erkundigte sich die Klägerin nach diesem Telefonat nochmals bei ihrem Vater, wie es ihm geht.“ (US 6)

Ersatzfeststellung: „Der Verstorbene erreichte die Klägerin überraschend telefonisch. Er wusste aus der Vergangenheit, dass er von der Klägerin keinen Rückruf erhalten wird. Er wollte ihr die Nachricht über seine letale Erkrankung unbedingt so persönlich wie möglich überbringen, weshalb er dies in dem Telefonat fernmündlich kommunizierte, zumal die Klägerin persönliche Treffen ablehnte. Die Klägerin reagierte äußerst abweisend. Dies enttäuschte den Verstorbenen zutiefst. Danach erfolgte keine weitere Rückfrage durch die Klägerin zu seinem Gesundheitszustand und ließ sie ihn im Stich.“

6.1. Wenn die Beklagten zum Thema der Kränkung und Überrumpelung der Klägerin wiederum auf einen Entfall der dazu getroffenen Feststellungen abzielen, führen sie die Beweisrüge nicht gesetzmäßig aus (vgl dazu bereits Punkt 4.). Dass auch der Verstorbene bei dem Telefonat enttäuscht wurde, stellte das Erstgericht ohnehin fest.

Soweit zusätzlich die Gründe des Verstorbenen für die Mitteilung der Krebserkrankung bei diesem Telefonat festgestellt werden sollen, wird ein der Rechtsrüge zuzuordnender sekundärer Feststellungsmangel releviert.

Somit verbleibt der letzte Satz zu prüfen, der einen Kontakt seitens der Klägerin nach diesem Telefonat behandelt. Aus der von den Berufungswerbern herangezogenen Aussage der Zweitbeklagten ergibt sich nichts Gegenteiliges, ebensowenig aus jener des Zeugen F*, der vielmehr angab, keine Wahrnehmungen dazu zu haben, ob es nach den „Geschehnissen 2012“ noch Kontakt zwischen der Klägerin und ihrem Vater gab. Die Beklagten zeigen damit auch in diesem Punkt keinen Grund auf, die Würdigung des Erstgerichts zu beanstanden.

6.2. Es bedarf keines Eingehens auf die vermeintlich disloziert in der Beweiswürdigung enthaltenen „Feststellungen“, dass der Verstorbene nur wenig Einfühlungsvermögen gegenüber seiner Tochter gezeigt habe, da er die Krebsdiagnose auf unpassende Weise mitgeteilt habe (S 4 der Berufung), da es sich bei den Ausführungen des Erstrichters klar erkennbar um Erwägungen zu der Feststellung handelt, warum sich die Klägerin vom Telefonat überrumpelt gefühlt hatte. Die in der Berufung als „dislozierte Feststellungen“ zitierten Passagen sind damit nicht dem Tatsachenbereich zuzuordnen, sondern Teil der Beweiswürdigung.

7. Feststellung: [In weiterer Folge reduzierte sich der Kontakt (…), wobei diese] „von der Klägerin und nicht vom Verstorbenen ausgingen“ , […] vom Verstorbenen auf die Geburtstagsglückwünsche der Klägerin sodann überhaupt keine Reaktion mehr erfolgte. Diese völlig ausgebliebene Reaktion des Verstorbenen veranlasste die Klägerin dazu, auch mit den schriftlichen Geburtstags- und Weihnachtswünschen aufzuhören, da sie davon ausging, dass der Verstorbene eine Kontaktaufnahme durch sie nicht wollte, daher ablehnte.“ (US 6f) „Die Klägerin hat einen Kontakt mit dem Verstorbenen zu keinem Zeitpunkt abgelehnt und auch nicht dessen Kontaktaufnahmeversuche ignoriert. Vielmehr versuchte die Klägerin […] Kontakt mit dem Verstorbenen aufzunehmen und so eine Beziehung mit ihrem Vater aufzubauen. Der Verstorbene verhielt sich […] allerdings insoweit ablehnend, als seine Tochter nach sämtlichen Kontaktaufnahmeversuchen letztlich enttäuscht und gekränkt war, weil ihr der Verstorbene dabei stets den Eindruck vermittelte, kein (ernsthaftes) Interesse an Kontakt und einer Beziehung mit ihr zu haben.“ (US 7) „[…]im Jahr 2016 hatte die Klägerin durch das Ausbleiben jeglicher Reaktion auf ihre Geburtstagswünsche endgültig den Eindruck, dass der Verstorbene eine Kontaktaufnahme mit [ihr] gänzlich ablehnt.“ (US 7)

Ersatzfeststellung: „Der Verstorbene war stolz auf seine Tochter und erzählte seinen Freunden und seiner Familie von ihr. Auch seiner Lebensgefährtin legte er sofort offen, eine Tochter zu haben, obwohl zu diesem Zeitpunkt der Kontakt durch die Kindesmutter und die Klägerin selbst verweigert wurde. Der Verstorbene versuchte jahrelang vergeblich, mit der Klägerin in Kontakt zu treten bzw. einen solchen aufzubauen. Sie ignorierte jedoch sämtliche Kontaktaufnahmen, beantwortete seine Anrufe nicht. Auch bei den wenigen persönlichen Kontakten verhielt sie sich abweisend. Er freute sich auf seine 50er-Feier, welche die Klägerin über seine Einladung besuchte, und stellte sie freudig Familienmitgliedern und Freunden vor. Bereits während dieser Feier verweigerte die Klägerin die persönliche Interaktion mit dem Verstorbenen jedoch und verbrachte die Feier mit ihrer Schulfreundin bzw. an der Bar. Nach dieser Feier ignorierte die Klägerin wieder sämtliche Kontaktaufnahmeversuche. Auch zu weiteren Familienfeiern, zu denen der Verstorbene sie einlud, erschien die Klägerin nicht. Als die Klägerin die Nachricht über die Krebserkrankung äußerst gleichgültig aufnahm, das Telefonat rasch beenden wollte, und weiteren Kontakt ablehnte, musste der Verstorbene schließlich einsehen, dass er keine Vater-Tochter-Beziehung, wie von ihm gewünscht, aufbauen konnte. Die Klägerin teilte ihrem Vater sogar schriftlich mit, dass sie keinen Kontakt wollte.“

Das Erstgericht konnte sich aus eigener Wahrnehmung ein genaues Bild von der Persönlichkeit und der Glaubwürdigkeit der von ihm vernommenen Personen machen. Dementsprechend hat das Berufungsgericht die Beweiswürdigung nur daraufhin zu untersuchen, ob die Grenzen der freien Beweiswürdigung eingehalten wurden. Das Erstgericht hat seine Entscheidungsfindung (auch) zur Frage der Kontaktaufnahmen in diesem Sinn ausführlich und schlüssig begründet.

Warum aus der Lebenserfahrung ableitbar sein soll, dass ein Kind, das keinen Kontakt zu einem Elternteil hat und sich einen solchen wünscht, über die Jahre sämtliche Korrespondenz sammle, spontan Daten und Inhalte wiedergeben könne und kränkende Worte sowie Dauer und Inhalte von Gesprächen jedenfalls im Detail noch wissen müsse, ist nicht nachvollziehbar, zumal Menschen mit derartigen Belastungssituationen in ganz unterschiedlicher Weise umgehen. Manche mögen vielleicht Erinnerungen sammeln, während andere eher verdrängen. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, wie von den Beklagten behauptet, lässt sich dazu nicht aufstellen. Die Ereignisse rund um die festgestellten Kontaktaufnahmen liegen teilweise Jahrzehnte zurück, sodass allfällige Erinnerungslücken schon daraus erklärbar sind. Das Erstgericht begründete schlüssig, warum es der Aussage der Zeugin H* folgte. Das von den Beklagten vorgetragene Argument, die Zeugin habe großteils Erzählungen der Klägerin weitergegeben, überzeugt nicht, da umgekehrt die Beklagten und der Zeuge F* ihrerseits aus Erzählungen des Beklagten berichteten. Im Übrigen erwähnt das Erstgericht in seiner Begründung ausdrücklich gerade auch eigene Wahrnehmungen der Zeugin. Was sich für den Prozessstandpunkt der Beklagten aus der Aussage der Zeugin G* ergeben soll, führen sie nicht näher aus. Die Zeugin machte keine Angaben dazu, von wem der mangelnde Kontakt ausging. Wenn das Erstgericht der Beilage ./1 keine Bedeutung zumaß, begründet dies keine Zweifel an der Beweiswürdigung. Daraus geht weder hervor, die Klägerin hätte zugesagt, zur Geburtstagsfeier ihres väterlichen Großvaters zu kommen, noch, dass sie den Kontakt verweigert hätte, sondern lediglich, dass sie zuvor telefonisch nicht erreichbar war.

Überzeugende Argumente, die gegen die vom Erstgericht aus den vorliegenden Beweisergebnissen gezogenen Tatsachenschlüsse sprechen, werden in der Berufung nicht ins Treffen geführt.

8. Schließlich beanstanden die Berufungswerber weitere angeblich disloziert in der Beweiswürdigung enthaltene Feststellungen (Berufung S 6 und 7), nämlich „dass die Klägerin den Kontakt mit dem Verstorbenen und seiner Familie nicht ablehnte, sondern vielmehr ersehnte“ (US 9) und „dass der Verstorbene gegenüber seinem Umfeld versucht hätte, seine ablehnende Haltung gegenüber seiner Tochter zu kaschieren, zumal er nur wenige Informationen teilte“ (US 11).

Für die Beurteilung, ob es sich bei außerhalb der Feststellungen vorzufindenden Urteilsausführungen um (allfällige weitere) Tatsachenfeststellungen handelt, kommt es auf die Qualität der Aussage in den Entscheidungsgründen eines Urteils an (3 Ob 88/17p mwN). Erkennbar handelt es sich hier um Erwägungen des Erstgerichts im Rahmen der Beweiswürdigung, warum es die Gründe für den mangelnden Kontakt beim Verstorbenen und nicht bei der Klägerin sah, denen der Charakter von Tatsachenannahmen nicht zukommt, weshalb sich ein Eingehen darauf erübrigt.

9. Zusammengefasst erweist sich d ie Beweisrüge als unbegründet. Das Berufungsgericht übernimmt daher die Feststellungen des Erstgerichts als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt sie seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde.

III. Zur Rechtsrüge

1.Zu den im Rahmen der Beweisrüge begehrten Zusatzfeststellungen ist festzuhalten, dass die Feststellungsgrundlage nur dann mangelhaft ist, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind (RS0053317).

Zusatzfeststellungen zu den Gründen für die unregelmäßigen Unterhaltszahlungen oder zu eingeleiteten Exekutionsverfahren sind rechtlich nicht von Relevanz, da Bemühungen zur Leistung von Unterhaltszahlungen oder Verfahrensführungen keine – hier allein zu beurteilende - Kontaktaufnahme darstellen.

Soweit zum Telefonat im Jahr 2012 zusätzlich die Gründe des Verstorbenen für die Mitteilung seiner Krebserkrankung am Telefon festgestellt werden sollen, erweist sich auch dies nicht als relevant, da die Motive des Verstorbenen nichts an der Feststellung ändern können, dass sich die Klägerin durch das Telefonat überrumpelt fühlte.

2.Da die Rechtsrüge von den bindenden Feststellungen des Erstgerichts auszugehen hat, führen die Beklagten diesen Berufungsgrund im Übrigen insoweit nicht prozessordnungsgemäß aus, als sie der Rechtsrüge ihren davon abweichenden Wunschsachverhalt zugrundelegen (RS0043603 [T2]; RS0043312 [T12, T14]).

IV.Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

V.Die Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.