JudikaturOLG Wien

10R60/24b – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Schadenersatzrecht
14. April 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Atria als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Schober und Mag. Marchel in der Rechtssache der klagenden Partei A*, geb. am **, **, vertreten durch Mag. Gerhard-Josef Seidl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Mag. B* , geb. am **, Rechtsanwalt, vertreten durch Dr. Christoph Naske, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 136.257,66 s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30.09.2024, **-37, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 4.037,22 (darin EUR 672,87 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 26.11.2020 schlossen der Kläger als Käufer und C* als Verkäuferin einen Kaufvertrag über die Liegenschaft EZ ** KG ** mit der Liegenschaftsadresse D*, mit einem flächenmäßigen Gesamtausmaß von 397 m² (idF: „Liegenschaft E*“) ab. Dem Kaufvertrag lag ein Kaufpreis von EUR 250.000 zugrunde. § 7 des Vertrags sah das Erlöschen der wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen aus dem Vertrag bzw die Vertragsrückabwicklung vor, sollte der Kaufvertrag nicht bis spätestens 30.04.2021 von der Ausländergrundverkehrsbehörde genehmigt werden. Der Kläger ist serbischer Staatsbürger. Als Vertragserrichter schritt der Beklagte ein, der Rechtsanwalt ist. Er vertrat den Kläger und dessen Ehegattin, die ebenfalls serbische Staatsbürgerin ist, bereits in Angelegenheiten das Wohnungseigentumsobjekt in der F* (idF auch: „Objekt G*“), betreffend. Der Kläger und seine Gattin wurden damals Eigentümer dieses Objektes, welches im Wohnungseigentumsvertrag als „Werkstätte“ gewidmet ist und in Natur als Wohnung genutzt wird. Das Objekt besteht aus vier zusammengelegten Tops und ist wie eine Wohnung ausgestattet. Der Kläger wohnte dort teilweise mit seiner Ehefrau, die ihrerseits aber beabsichtigte, eine andere Wohnung zu kaufen. Über diese Wohnsituation wusste der Beklagte Bescheid. Dem Kläger und seiner Frau war auch das Erfordernis, die geplante Transaktion betreffend die Liegenschaft E* zum Zwecke ihrer Wirksamkeit von der Ausländergrundverkehrsbehörde genehmigen zu lassen, bekannt. Während der Vertragsverhandlungen wurde zudem erörtert, dass ein Ausländer nach dem Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz (=WrAuslGEG) nur eine Wohnung für seinen persönlichen Gebrauch kaufen könne, weshalb der Kläger im Gegensatz zu den ursprünglichen Vertragsentwürfen im Kaufvertrag über die Liegenschaft E* nicht mehr gemeinsam mit seiner Gattin, sondern allein als Käufer aufschien. Da die Verkäuferin der Liegenschaft E* durch die Ungewissheit, ob der Vertrag von der Ausländergrundverkehrsbehörde genehmigt werde, nicht „ewig“ an den Vertrag mit dem Kläger gebunden sein wollte und außerdem eine Eigentumswohnung in Aussicht hatte, die sie mit dem Kaufpreis aus der Transaktion über die Liegenschaft E* zu finanzieren beabsichtigte, wurde die in einem ursprünglichen Kaufvertragsentwurf vorgesehene aufschiebende Bedingung der Genehmigung durch die Ausländergrundverkehrsbehörde in eine auflösende umgewandelt. Vor Unterfertigung des Kaufvertrags in der Kanzlei des Beklagten wies dieser den Kläger darauf hin, dass es für die Erlangung der Genehmigung des Vertrags durch die Ausländergrundverkehrsbehörde wichtig sei, das Objekt F* rasch zu verkaufen. Der Kläger sicherte dem Beklagten zu, dass es zum Verkauf kommen und er ihm die einschlägigen Unterlagen zur Verfügung stellen werde. Am 23.12.2020 ersuchte der Beklagte den Kläger und seine Ehefrau per E-Mail um Übermittlung der erforderlichen Unterlagen für den Antrag auf Genehmigung nach dem WrAuslGEG. Am 27.12.2020 übermittelte die Gattin des Klägers der Kanzlei des Beklagten ein Konvolut an Unterlagen, darunter auch ein Kaufanbot für das Objekt G*. Der Beklagte telefonierte öfters mit dem Kläger und seiner Frau und erkundigte sich nach dem Stand der Kaufvertragsverhandlungen für das Objekt G*. Einmal wurde ihm mitgeteilt, dass es zu diesem Kaufvertrag nicht kommen werde und sich der Kläger nach neuen Käufern umschaue. Schließlich erhielt der Beklagte einen neuen Kaufvertragsentwurf für das Objekt G* und stellte daraufhin am 05.03.2021 bei der H* als Ausländergrundverkehrsbehörde den Antrag auf Genehmigung des Rechtsgeschäfts über die Liegenschaft E* nach dem WrAuslGEG. Den Kaufvertragsentwurf für das Objekt G* schloss er dem Antrag an. Mit E-Mail vom 17.03.2021 urgierte die Behörde weitere erforderliche Unterlagen beim Beklagten und setzte dafür eine dreiwöchige Frist. Sie wies in ihrer E-Mail auch darauf hin, dass ein Genehmigungsverfahren derzeit drei bis vier Monate in Anspruch nehme.

Obwohl der Beklagte wusste, dass man bei der Ausländergrundverkehrsbehörde einen Antrag mit einem Kaufanbot für das bisherige Wohnobjekt stellen könne und dann eine Frist erhalte, binnen derer man den Kaufvertrag vorzulegen habe, stellte er den Antrag auf Genehmigung der Transaktion über die Liegenschaft E* nicht früher, weil er darauf wartete, dass ihm der Kläger den Verkauf des Objekts G* nachweise. Hätte der Beklagte den Kaufvertrag – und nicht nur das Kaufanbot bzw den Kaufvertragsentwurf – bekommen, hätte er versucht bei der Ausländergrundverkehrsbehörde zu intervenieren, um schneller eine Genehmigung zu erhalten. Das Objekt G* war bis 30.04.2021 noch immer nicht verkauft. Da nach Ablauf des 30.04.2021 keine Genehmigung des Kaufvertrags vom 26.11.2020 über die Liegenschaft E* durch die Ausländergrundverkehrsbehörde vorlag, teilte die Verkäuferin mit E-Mail vom 03.05.2021 mit, diesen Vertrag als gegenstandslos und sich als daran nicht weiter gebunden zu erachten. Am 12.11.2021 unterfertigte der Kläger einen Vertrag über den Kauf eines Objekts in ** mit einem flächenmäßigen Gesamtausmaß von 255 m² zu einem Kaufpreis von EUR 300.000.

Der Kläger begehrt die Zahlung von EUR 136.257,66 s.A. aufgrund der fehlerhaften Beratung und Vertretung durch den Beklagten, die zum Scheitern des Kaufvertrags über das Objekt E* und zur Notwendigkeit für den Kläger, ein anderes Objekt zu erwerben, geführt habe. Die Kaufpreisdifferenz, die Kosten für den Einbau einer Heizung und die Errichtung eines Wintergartens (das Objekt E* habe – im Gegensatz zum neuen Objekt – darüber verfügt), die Maklerkosten für die neue Liegenschaft sowie frustrierte Finanzierungs-, Anwalts- und Möbelkosten betreffend das Objekt E* seien durch das rechtswidrige und schuldhafte Handeln des Beklagten verursacht worden und ergäben insgesamt den mit der Klage geltend gemachten Betrag. Entgegen dem ursprünglichen Kaufvertragsentwurf, der die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Erwerbs der Liegenschaft E* als aufschiebende Bedingung vorgesehen habe, habe der Beklagte diese Bedingung in eine auflösende umgewandelt, ohne dies mit dem Kläger und seiner Gattin zu besprechen und sie gesondert darüber aufzuklären. Vereinbarungswidrig habe der Beklagte auch nicht schon am 03.12.2020 einen Antrag auf Genehmigung des Kaufvertrags bei der Ausländergrundverkehrsbehörde eingebracht, obwohl er in Kenntnis der damals vier- bis sechsmonatigen Dauer für das Bewilligungsverfahren gewesen sei. Obwohl die Gattin des Klägers um den Jahreswechsel 2020/2021 die vom Beklagten angeforderten Unterlagen übermittelt habe, habe dieser erst am 05.03.2021 den Genehmigungsantrag bei der Ausländergrundverkehrsbehörde gestellt, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem mit einer rechtzeitigen Bewilligung bis zum (allfälligen) Wirksamwerden der auflösenden Bedingung des Kaufvertrags mit 30.04.2021 nicht mehr zu rechnen gewesen sei. Mangels rechtzeitigen Handelns des Beklagten sei die Verkäuferin vom Vertrag zurückgetreten; der Kaufvertrag habe rückabgewickelt werden müssen. Beim Objekt des Klägers in der G* habe es sich außerdem um eine Werkstatt und keine Wohnung gehandelt; das Objekt wäre einer Genehmigung der Transaktion über die Liegenschaft E* daher nicht entgegengestanden. Für die Antragstellung bei der Ausländergrundverkehrsbehörde genüge außerdem zunächst – wie hier – die Vorlage eines Kaufanbots über die bisherige Wohngelegenheit; dann sei binnen einer Frist der tatsächliche Verkauf nachzuweisen. Dennoch habe der Beklagte hier eine zeitgerechte Antragstellung unterlassen und damit schuldhaft gehandelt.

Der Beklagte wendete im Wesentlichen ein, der Vertragsinhalt sei mit dem Kläger besprochen worden, insbesondere auch das Erfordernis der Genehmigung des Kaufvertrags über die Liegenschaft E* durch die Ausländergrundverkehrsbehörde bis spätestens 30.04.2021 als (auflösende) Bedingung für die Wirksamkeit des Kaufvertrags. Die Gestaltung des Genehmigungserfordernisses nach dem WrAuslGEG als aufschiebende Bedingung wäre für die Verkäuferin der Liegenschaft E* niemals akzeptabel gewesen; sie hätte einen derartigen Vertrag nie unterschrieben. Dem Kläger sei auch bekannt gewesen, dass er die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nur erzielen könne, wenn er seine bisherige Wohnmöglichkeit in der G* verkaufe. Solange er noch anderweitig wohnversorgt sei, fehle das für die Genehmigung des Erwerbs von neuem Wohnraum erforderliche soziale Interesse iSd § 4 WrAuslGEG. Trotz der Urgenzen des Beklagten habe der Kläger keinen Nachweis für den Verkauf des Objekts G* erbracht; die Vorlage eines bloßen Kaufanbots wäre für das grundverkehrsbehördliche Verfahren nicht ausreichend gewesen. Die Einbringung eines Genehmigungsantrags bei der Ausländergrundverkehrsbehörde wäre daher bis zum Schluss – dh dem allfälligen Eintritt der auflösenden Bedingung mit 30.04.2021 – aussichtslos gewesen. Grund für das Scheitern des Kaufvertrags über die Liegenschaft E* sei folglich kein Fehlverhalten des Beklagten, sondern ausschließlich der Umstand, dass der Kläger das Eigentum an seiner bisherigen Wohnmöglichkeit nicht aufgegeben habe.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Über den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt hinaus traf es die auf Seiten 4 bis 9 der Urteilsausfertigung ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird. Auf die bekämpfte Negativfeststellung wird gesondert im Rahmen der Behandlung der Beweisrüge eingegangen.

Rechtlich hielt das Erstgericht zunächst den Einwand, der Beklagte habe den Kläger nicht explizit und ausführlich über die Umwandlung des grundverkehrsbehördlichen Genehmigungserfordernisses betreffend den Kaufvertrag über die Liegenschaft E* von einer aufschiebenden in eine auflösende Bedingung aufgeklärt, für unbeachtlich. Die Verkäuferin hätte einen Kaufvertrag, der unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung durch die Ausländergrundverkehrsbehörde gestanden wäre, nicht abgeschlossen. Dass der Beklagte eine dahingehende Beratung des Klägers allenfalls unterlassen hätte, sei somit für den Schadenserfolg nicht ursächlich gewesen.

Weiters habe den Kläger die Beweislast dafür getroffen, dass der Beklagte durch die (verspätete) Antragstellung am 05.03.2021 bei der Ausländergrundverkehrsbehörde das Scheitern des Kaufvertrages und damit schuldhaft den geltend gemachten Schaden bewirkt habe. Dieser Beweis sei ihm aber nicht gelungen. § 4 Abs 1 WrAuslGEG verlange für die Darlegung eines sozialen Interesses am Erwerb einer Wohnung und damit zum Nachweis eines dringenden Wohnbedürfnisses die Aufgabe der bisherigen Wohnung. Der Verkauf des bisherigen Wohnobjektes sei in diesem Zusammenhang ein hinreichender Beweis, weil daraus auf ein persönliches Wohnbedürfnis an der neu erworbenen Wohnung geschlossen werden könne. Dem Kläger sei es aber nicht gelungen, das als Wohnung genutzte Objekt G* bis 30.04.2021 zu verkaufen, was einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrags über die Liegenschaft E* entgegengestanden wäre. Eine frühere Antragstellung durch den Beklagten hätte daher auch keine Bewilligung des Kaufvertrags durch die Ausländergrundverkehrsbehörde bis 30.4.2021 bewirkt.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des Urteils im Sinne einer Klagsstattgabe. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt .

1. Beweisrüge:

1.1 Der Kläger bekämpft nachstehende Negativfeststellung:

Es kann nicht festgestellt werden, ob eine frühere Antragstellung (vor dem 05.03.2021) durch den Beklagten bei der Ausländergrundverkehrsbehörde dazu geführt hätte, eine Genehmigung der Transaktion über die Liegenschaft in ** [Anm: = Liegenschaft E*] bis zum 30.04.2021 zu erreichen und somit die Frist des § 7 des Kaufvertrages einzuhalten.

Begehrt wird stattdessen als Ersatzfeststellung:

„Eine frühere Antragstellung durch den Beklagten bei der Ausländergrundverkehrsbehörde hätte dazu geführt, eine Genehmigung der Transaktion über die Liegenschaft in ** bis zum 30.04.2021 zu erreichen und somit die Frist des § 7 des Kaufvertrages einzuhalten.“

Das Erstgericht habe die bekämpfte Negativfeststellung in seiner Beweiswürdigung darauf gestützt, dass der Kläger dem Beklagten bis zum 30.04.2021 keinen Kaufvertrag über sein bisheriges Wohnobjekt habe zukommen lassen; ob die Ausländergrundverkehrsbehörde daher bis zu diesem Zeitpunkt den Erwerb von neuem Wohnraum genehmigt hätte, sei nicht klar gewesen. Das Erstgericht übersehe hier aber, dass es sich beim bisherigen „Wohnobjekt“ des Klägers um eine Werkstätte handle, die nicht zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses geeignet gewesen sei und folglich seinem sozialen Interesse am Erwerb von neuem Wohnraum nicht entgegengestanden wäre. Auf die Vorlage eines Kaufangebots oder Kaufvertrags über das Objekt G* sei es für die Genehmigung durch die Ausländergrundverkehrsbehörde daher nicht angekommen; diese wäre auch ohne diese Unterlagen erteilt worden.

1.2 Grundsätzlich ist die hypothetische Beurteilung des Verfahrensausgangs bei Vornahme einer (unterlassenen) Prozesshandlung eine Frage der rechtlichen Beurteilung (vgl RS0115755, insb [T5]). Soweit das Erstgericht diese Frage aber auch auf Tatsachenebene prüfte, hat es seinen ihm im Rahmen der Beweiswürdigung zustehenden Ermessensspielraum nicht überschritten. Obwohl der Kläger wusste, dass er als Ausländer nur Eigentümer einer Wohngelegenheit sein dürfe und seine Frau ihrerseits ihre Mietwohnung erwerben wollte (vgl Protokoll ON 11.1 S 6), trieb er die Verkaufsverhandlungen betreffend das Objekt G* – hier war er noch mit seiner Gattin gemeinsam Eigentümer – nicht schnell voran. Der Beklagte führte dazu etwa aus, dass er sich deshalb ständig beim Kläger meldete, dieser ihm versicherte, er verkaufe das Objekt G* sehr schnell, vor allem weil er es auch zur Finanzierung der Liegenschaft E* brauche; es sei ihm zufolge immer nur von Tagen die Rede gewesen (vgl Protokoll ON 20.1 S 3). Ausgehend davon, dass der Beklagte nach seinem Dafürhalten in Absprache mit dem Kläger einen Kaufvertrag über dessen bisheriges Wohnobjekt für die Antragstellung bei der Ausländergrundverkehrsbehörde benötigte, war aufgrund der sich aus dem Beweisverfahren ergebenden Verzögerungen bei den Verkaufsbemühungen des Klägers im Sinne der bekämpften Negativfeststellung tatsächlich unklar, ob die Transaktion über das Objekt E* selbst bei Antragstellung vor dem 05.03.2021 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung gefunden hätte. Darauf, ob die Erteilung dieser Genehmigung rechtlich überhaupt vom (vollzogenen) Verkauf des früheren, als „Werkstätte“ gewidmeten Wohnungseigentumsobjekts des Klägers abhängig gewesen wäre, ist im Rahmen der Behandlung der Rechtsrüge einzugehen.

1.3 Das Berufungsgericht übernimmt damit den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt und legt ihn seiner weiteren Beurteilung zugrunde (§ 498 ZPO).

2. Rechtsrüge:

2.1 Dass der Beklagte deshalb gegenüber dem Kläger schadenersatzpflichtig sei, weil er ihn nicht (ausreichend) über die Umwandlung des Erfordernisses der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrags über die Liegenschaft E* von einer aufschiebenden in eine auflösende Bedingung aufgeklärt habe, greift die Berufung nicht mehr auf (vgl RS0043352 [T23, T26, T31]; RS0043317). Dessen ungeachtet darf auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden (§ 500a ZPO).

2.2 Der Berufung zufolge hätte der Beklagte nicht auf einen Verkaufsnachweis betreffend das Objekt G* warten müssen. Dieses Objekt sei nicht als Wohnung, sondern als Werkstätte gewidmet und wäre einem sozialen Interesse des Klägers am Erwerb von neuem Wohnraum nicht zuwider gelaufen. Die grundverkehrsbehördliche Bewilligung wäre daher auch ohne den Verkauf der Werkstätte in der G*, bei rechtzeitiger Antragstellung unmittelbar nach Vertragsabschluss am 26.11.2020, erteilt worden. Das Objekt G* sei nicht geeignet gewesen, das Wohnbedürfnis des Klägers zu befriedigen. Selbst im gegenteiligen Fall sei die bloße Vorlage eines Kaufanbots für die Genehmigung ausreichend gewesen, weil dann von der Behörde eine Frist erteilt worden wäre, innerhalb welcher der Verkauf des Objekts G* hätte nachgewiesen werden müssen.

2.3.1 Der Kläger stützt sich hier darauf, dass der Beklagte pflichtwidrig nicht früher die Genehmigung der Transaktion betreffend die Liegenschaft E* bei der Ausländergrundverkehrsbehörde beantragt und damit den geltend gemachten Schaden verursacht habe. Er wirft ihm damit eine Unterlassung vor, die für den konkreten Schadenserfolg nur dann ursächlich ist, wenn die Vornahme einer bestimmten Handlung den Eintritt des schädigenden Erfolges verhindert hätte und diese Handlung auch möglich gewesen wäre. Die Kausalität ist demnach zu verneinen, wenn derselbe Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun entstanden wäre. Die Beweislast dafür, dass der Schaden bei gebotenem Verhalten nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten auch im Fall der Anwendbarkeit des § 1298 ABGB (vgl 1 Ob 151/01i; RS0022900, insb [T8, T10, T11]; RS0022686, insb [T12 und T22]).

2.3.2 Diese Grundsätze gelten auch für die Beurteilung des Verhaltens eines Rechtsanwalts, der pflichtwidrig eine Prozesshandlung unterlässt. Anders als bei ärztlichen Behandlungsfehlern, bei denen der Oberste Gerichtshof von diesem Grundsatz ausnahmsweise abgegangen ist, ist dem Geschädigten bei Verletzung einer Aufklärungs- und Erkundungspflicht – oder einer sonstigen Pflicht – des Rechtsanwaltes der Nachweis der Kausalität des Verhaltens des Schädigers für den eingetretenen Schaden durchaus zuzumuten (vgl 1 Ob 151/01i; RS0106890). An einen für die Haftungsbegründung erforderlichen Kausalitätsbeweis bei Unterlassungen dürfen freilich keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden (vgl RS0022900 [T14]).

2.3.3 Hängt der Erfolg der Schadenersatzklage gegen den Rechtsanwalt deshalb davon ab, ob dem Kläger durch den Anwaltsfehler ein Schaden entstanden ist, muss das Gericht den mutmaßlichen Verlauf und Ausgang des Vorprozesses unter der Voraussetzung ermitteln, dass sich der Anwalt richtig verhalten hätte. Zu fragen ist, wie der Mandant bei pflichtgemäßem Anwaltsverhalten gestellt wäre. Bestand die Pflichtverletzung des Anwaltes in einem positiven Tun, so ist zu prüfen, wie sich das Vermögen des Verletzten ohne die pflichtwidrige Handlung entwickelt hätte; liegt eine pflichtwidrige Unterlassung vor, so muss untersucht werden, wie die Dinge bei pflichtgemäßem positiven Tun gelaufen wäre. Bei diesem sogenannten hypothetischen Inzidentprozess hat das mit dem Schadenersatzbegehren befasste Gericht (das „Regressgericht“) bei einer behaupteten Unterlassung (unterlassene Beratung, unterlassene Erhebung eines Rechtsmittels, unterlassene Stellung eines Antrages ua) den Vorprozess hypothetisch nachzuvollziehen und zu beurteilen, wie das Verfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geendet hätte. Die Frage, wie sich die Geschehnisse entwickelt hätten, wenn der Schädiger pflichtgemäß gehandelt hätte, lässt sich naturgemäß nie mit letzter Sicherheit beantworten, weil dieses Geschehen eben nicht tatsächlich stattgefunden hat (vgl 1 Ob 151/01i mwN; RS0022900 [T14]; Schacherreiter in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.09 § 1299 Rz 36 f).

2.4 Den Kläger traf somit hier die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden, hätte der Beklagte schon vor dem 05.03.2021 – in zeitlicher Nähe zum Abschluss des Kaufvertrags über die Liegenschaft E* am 26.11.2020 – den Antrag auf Genehmigung dieses Vertrags bei der Ausländergrundverkehrsbehörde gestellt, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten, dass die Genehmigung also bis längstens 30.04.2021 erteilt worden wäre. Es ist dabei darauf abzustellen, wie die Ausländergrundverkehrsbehörde (und nicht das jeweils zuständige Entscheidungsorgan) bis 30.4.2021 richtigerweise entschieden hätte (vgl Schacherreiter aaO Rz 37) bzw ob sie iSd Berufungsvorbringens überhaupt einen Verkaufsnachweis betreffend das Objekt G* zur Erteilung der Bewilligung benötigt hätte, bejahendenfalls, welchen – ein bloßes Kaufanbot, einen Kaufvertragsentwurf oder den (unterfertigten) Kaufvertrag selbst. Dazu sind § 4 Abs 1 WrAuslGEG und die dazu vorliegende Rechtsprechung näher zu beleuchten:

2.4.1 Das WrAuslGEG verfolgt das Ziel, dass Rechte anGrundstücken in ** primär durch österreichische Staatsbürger erworben werden. § 4 Abs 1 S 2 WrAuslGEG verlangt in diesem Zusammenhang den Bestand entweder eines volkswirtschaftlichen oder eines sozialen Interesses am Zustandekommen des Rechtsgeschäftes. Für die Genehmigungstatbestände des § 4 Abs 1 WrAuslGEG gilt generell, dass der Gesetzgeber eine Relevanzschwelle eingezogen wissen wollte, sodass beispielsweise erst ein volkswirtschaftliches oder soziales Interesse von nicht bloß geringfügigem Ausmaß ein Rechtsgeschäft genehmigungsfähig macht (vgl VwGH Ra 2018/11/0069). Sehr wohl kann dabei die Abdeckung eines dringenden und tatsächlichen Wohnbedürfnisses des Ausländers im Fall, dass dieser auch tatsächlich sein Wohnbedürfnis im gekauften Wohnobjekt befriedigen wird, das Vorliegen eines sozialen Interesses iSd § 4 Abs 1 S 2 WrAuslGEG indizieren. Zwischen der Genehmigung des Rechtsgeschäfts und der Realisierung des sozialen Interesses muss aber ein Bedingungsverhältnis vorliegen. Kann das jeweilige soziale Interesse auch ohne die Genehmigungserteilung erreicht werden, ist das Vorliegen dieses Genehmigungstatbestands zu verneinen (vgl LVwG Wien VGW-101/042/13559/2020 VGW-101/042/13560/2020; LVwG Wien VGW-101/042/5703/2020). Ist der Ausländer bereits Eigentümer einer Wohnung oder eines Wohngebäudes, welches geeignet ist, sein Wohnbedürfnis zu befriedigen, so steht § 4 einem weiteren Erwerb entgegen. Beabsichtigt er seine Wohnstätte zu verlegen, indem er eine andere Wohnung erwerben und seine bisherige Wohnung veräußern will, so hat er dies plausibel darzulegen. Der Verkauf seiner bisherigen Wohnung ist deshalb ein hinreichender Beweis, weil dieser auf ein persönliches Wohnbedürfnis an der neu erworbenen Wohnung schließen lässt ( Müller in Lienbacher ua,Grundverkehrsgesetze, Teil Wien § 4 WrAuslGEG Nr 40). Ein soziales Interesse am Grundstückserwerb bzw zur Schaffung einer Wohnmöglichkeit liegt insbesondere dann nicht vor, wenn das Wohnbedürfnis anders gedeckt werden kann bzw tatsächlich anders gedeckt wird (vgl VwGH Ra 2020/11/0058 mwN). Ist der erwerbende Ausländer bereits Eigentümer mehrerer Eigentumswohnungen, muss er in der Lage sein, mit diesen Wohnungen seinen primären Wohnbedarf und den seiner im selben Haushalt lebenden Familienangehörigen zu decken. Ist eine dieser Wohnungen in einem desolaten und nicht bewohnbaren Zustand, so hat er ein allfällig bestehendes Wohnbedürfnis dadurch abzudecken, dass er die bereits in seinem Eigentum befindlichen Wohnungen saniert. Der Erwerb einer weiteren Liegenschaft oder Wohnung ist in einem solchen Fall nicht gerechtfertigt (vgl MülleraaO Nr 58; vgl auch VwGH Ra 2018/11/0069, wo ua eine zuvor erfolgte Genehmigung des Erwerbs einer Eigentumswohnung zu Wohnzwecken der Genehmigung des Erwerbs einer weiteren Liegenschaft entgegenstand). Jedenfalls handelt es sich bei der Genehmigung eines derartigen Rechteerwerbs durch Ausländer um eine Ausnahme von der Regel, weshalb es Sache des Antragstellers ist, die anspruchsbegründenden Tatsachen unter Anbot von Beweise zu behaupten; er hat insofern zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts beizutragen (vgl VwGH 2013/02/0223; VwGH 97/02/0451).

2.4.2 Davon ausgehend bedurfte es auch im Fall des Klägers vor Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung einer näheren Prüfung, ob ihm eine andere Wohngelegenheit zur Verfügung steht, mit der er sein Wohnbedürfnis deckt bzw decken kann. Dass das Objekt G* zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses geeignet ist und er es auch teilweise bewohnt hat, ist eindeutig den Feststellungen über die Ausstattung als Wohnung, unter anderem mit einer Dusche, einer Toilette und Schlafmöglichkeiten, zu entnehmen. Die in diesem Zusammenhang begehrten Feststellungen, die dieses Objekt als Werkstätte und nicht als Wohnung definieren sollen, werfen keine mangelhafte Feststellungsgrundlage auf, weil das Erstgericht dazu – unbekämpft - die zuvor zitierten Tatsachenfeststellungen getroffen hat. Auch wenn diese von den Vorstellungen des Klägers abweichen, können insoweit keine sekundären Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden (vgl RS0053317 [T1]; RS0043480 [T15, T19]).

2.4.3 Darauf, dass das Objekt G* als „Werkstätte“ gewidmet ist, kommt es nach der oben dargestellten verwaltungsgerichtlichen Judikatur auch gar nicht an. Diese stellt primär auf die Frage ab, ob eine andere Wohngelegenheit – unabhängig vom Rechtsgrund, der zu deren Nutzung berechtigt – zur Verfügung steht. So begründet der Erwerb eines Hälfteanteils an einer Liegenschaft unter Ehegatten, auf der diese bereits wohnen, kein soziales Interesse nach dem Ausländergrundverkehrsrecht (vgl Müller aaO Nr 44; LVwG Wien VGW-101/042/5703/2020). Dass sich eine Eigentumswohnung eines Ausländers in einem desolaten Zustand befindet, rechtfertigt nicht die Genehmigung des Erwerbs einer neuen Wohnung durch den Ausländer; vielmehr wird von diesem sogar die Sanierung der bereits bestehenden Wohnmöglichkeit verlangt (vgl Müller aaO Nr 58).

2.4.4 Demgemäß mussten auch hier das Interesse des Klägers an der Aufgabe der bisherigen Wohnmöglichkeit(en) und jenes am Erwerb von neuem Wohnraum gegeneinander abgewogen werden. Die Widmung des Objekts G* als Werkstätte hindert per se nicht die Nutzung als Wohnung, wenn eine entsprechende Umwidmung angestrebt wird; dass das Objekt beim seinerzeitigen Erwerb durch den Kläger und seine Gattin schon als Wohnung ausgestattet war und derart genutzt wurde, erhellt aus dem damals abgeschlossenen Kaufvertrag (feststellbar aus Blg ./8 S 3; vgl RS0040321); der Kläger hat das Objekt auch tatsächlich – zusammen mit seiner Ehefrau – bewohnt (siehe dazu auch die Kaufvertragsentwürfe zur Liegenschaft E* zu Blg ./2, ./4 und ./7 [daraus feststellbar; vgl wiederum RS0040321], in denen die bisherigen Wohnanschriften des Klägers und seiner Gattin mit „F*“ angegeben wurden). Nicht völlig unerheblich erscheint in diesem Zusammenhang, dass der Kläger und seine Frau mit dem Verkauf des Objekts G* gemeinsames Eigentum aufgeben, der Kläger die Liegenschaft E* aber allein erwirbt. Erhebungswürdig ist daher auch die Frage, ob diese Liegenschaft nunmehr als Ehewohnung dient oder dafür bereits eine andere Wohngelegenheit zur Verfügung steht. Jedenfalls hätte der Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht plausibel darlegen müssen, dass er das Objekt G* aus guten Gründen aufgibt und eine andere Wohngelegenheit (etwa jene, die seine Gattin zu erwerben beabsichtigte) – zB mangels Eignung – nicht zur Verfügung steht.

2.4.5 Ob die konkret zuständige Ausländergrundverkehrsbehörde tatsächlich Informationen dazu abverlangt hätte, ist nicht maßgeblich, weil hier vielmehr darauf abzustellen ist, wie richtig zu entscheiden gewesen wäre (s.o.; vgl auch RS0115755). Wie die endgültige Entscheidung gelautet hätte, muss aber gar nicht beurteilt werden, weil sich hier nur die Frage stellt, in welchem Ausmaß der Verkauf des Objekts G* für die (allfällige) Erlangung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bis zum 30.4.2021 zu gewichten bzw welcher Nachweis dafür erforderlich gewesen wäre. Wie schon unter Punkt 2.4.4 erörtert, hätten die Hinweise auf alternative Wohnmöglichkeiten des Klägers die Genehmigung des Erwerbs von neuem Wohnraum erschwert. Es hätte jedenfalls der plausiblen Darlegung der dahinter stehenden Gründe bedurft, um ein soziales Interesse iSd § 4 Abs 1 S 2 WrAuslGEG zu rechtfertigen. Dabei wäre – in Betrachtung des hypothetischen Verfahrensverlaufs – dem tatsächlichen Verkauf des Objekts G* große Bedeutung beizumessen gewesen; die Vorlage eines bloßen Kaufanbots oder Kaufvertragsentwurfs betreffend das Objekt G* hätte für die Erteilung der Genehmigung des Rechtsgeschäfts über die Liegenschaft E* nicht gereicht.

2.4.6 Vor diesem Hintergrund ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen (vgl 9 Ob 22/15y ua), dass ohne aussagekräftigen Nachweis hinreichend gediehener Verkaufsverhandlungen über das Objekt G* – der am ehesten erst durch Vorlage eines (unterfertigten) Kaufvertrags hätte erbracht werden können – der Erwerb der Liegenschaft E* durch den Kläger bis 30.4.2021 nicht grundverkehrsbehördlich genehmigt worden wäre; dem Kläger gelang es den Feststellungen zufolge auch nicht, das Objekt G* bis zu diesem Zeitpunkt zu verkaufen.

Damit wäre der geltend gemachte Schaden aber selbst dann eingetreten, wenn der Beklagte schon vor dem 05.03.2021 in zeitlicher Nähe zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vom 26.11.2020 einen Antrag auf Genehmigung des Rechtsgeschäfts über die Liegenschaft E* gestellt hätte. Dass er eine frühere Antragstellung unterlassen hat, ist somit für den konkreten Schadenserfolg nicht ursächlich.

3. Der Berufung ist daher der Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Die Beurteilung des hypothetischen Verfahrensverlaufs im Vorprozess durch das „Regressgericht“ hängt in der Regel von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl zB 10 Ob 48/22i; 1 Ob 8/24v), weshalb auch hier keine Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufgeworfen werden und die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.