Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der Y A in B, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 2. April 2020, Zl. LVwG 301 4/2020 R17, betreffend Genehmigung nach dem Vorarlberger Grundverkehrsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrs Landeskommission Vorarlberg), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde, durch Bestätigung des Bescheides der belangten Behörde vom 17. Dezember 2019, der Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung der Genehmigung des Erwerbs zweier näher bezeichneter Grundstücke gemäß §§ 7 iVm. 8 Abs. 1 lit. d Vorarlberger Grundverkehrsgesetz (im Folgenden: GVG) abgewiesen. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG unzulässig sei.
2 In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht nach durchgeführter mündlicher Verhandlung fest, die Revisionswerberin sei chinesische Staatsangehörige und lebe seit 2014 in Vorarlberg. Sie sei seit 2015 mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet und habe mit diesem zwei Kinder, die ebenfalls österreichische Staatsbürger seien. Seit 1. März 2020 arbeite sie vollzeitbeschäftigt als Vertriebsmanagerin bei einem Vorarlberger Unternehmen mit einem zugesagten monatlichen Nettogehalt zwischen € 2.000, und 3.000, .
3 Auf den verfahrensgegenständlichen Grundstücken, die als Baufläche Wohngebiet gewidmet seien, befinde sich ein Gebäude (mit sechs Zimmern mit Gemeinschaftsbad und küche sowie einer großen Ferienwohnung). Diese Liegenschaft habe die Revisionswerberin seit 2014 vom bisherigen Eigentümer (einem Förderverein für Studentenunterkünfte, in dem ihr Ehemann Obmann und sie seine Stellvertreterin sei) gemietet und mit Kaufvertrag vom 12. April 2017 erworben und betreibe dort eine Privatzimmervermietung, die sie auch nach dem Eigentumserwerb weiterbetreiben wolle.
4 In rechtlicher Hinsicht sei aufgrund der chinesischen Staatsangehörigkeit der Revisionswerberin gegenständlich von einem Grunderwerb durch eine Ausländerin (§ 2 Abs. 7 lit. a iVm. § 7 Abs. 1 lit. a GVG) und somit von der Genehmigungspflicht des Rechtsgeschäfts auszugehen.
5 Gemäß § 8 Abs. 1 lit. d GVG dürfe die Genehmigung nur erteilt werden, wenn ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse am Rechtserwerb durch den Ausländer bestehe.
6 Dabei sei zu beachten, dass bei dieser Beurteilung auch private Interessen nicht unberücksichtigt blieben (Hinweis auf VfGH 22.9.2003, VfSlg. 16937), dass die Genehmigung aber voraussetze, dass die kulturellen, volkswirtschaftlichen oder sozialen Interessen über die privaten Interessen und Beweggründe der Vertragsparteien hinausgingen (VfGH 10.6.1988, VfSlg. 11689).
7 Entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin lägen die in § 8 Abs. 1 lit. d GVG genannten Interessen im gegenständlichen Fall nicht vor: Soweit die Revisionswerberin ein volkswirtschaftliches bzw. soziales Interesse damit begründe, dass der Weiterbetrieb der Privatzimmervermietung zur Bestreitung des Unterhalts für sie und ihre beiden Kinder dienen werde, sei einerseits zu entgegnen, dass dafür der gegenständliche Eigentumserwerb nicht erforderlich sei, weil die Revisionswerberin die Privatzimmervermietung auch weiterhin im Rahmen der Vereinbarung mit dem bisherigen Eigentümer weiterbetreiben könne. Andererseits verfüge die Revisionswerberin mittlerweile über eine Vollzeitanstellung als Vertriebsmanagerin und sei aufgrund des genannten monatlichen Einkommens nicht auf die Einnahmen aus der Privatzimmervermietung angewiesen. Vor diesem Hintergrund liege ein über das rein private Interesse der Revisionswerberin hinausreichendes volkswirtschaftliches oder soziales Interesse nicht vor.
8 Im Übrigen begründe der von der Revisionswerberin ins Treffen geführte Umstand, dass sie Räume des vom Kaufvertrag erfassten Gebäudes in den Sommermonaten vorwiegend an Besucher der Bregenzer Festspiele vermieten werde, noch kein kulturelles Interesse.
9 Auch die deklarierte Absicht der Revisionswerberin, die gegenständlichen Grundstücke für den Todesfall ihren beiden Söhnen übertragen zu wollen, ändere nichts am Fehlen des für den Rechtserwerb notwendigen kulturellen, volkswirtschaftlichen oder sozialen Interesses iSd. § 8 Abs. 1 lit. d GVG.
10 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (VwGH 27.4.2020, Ra 2019/11/0045, mwN). Dem Erfordernis einer gesonderten Zulässigkeitsbegründung wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. aus vielen die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).
14 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. zum Ganzen den Beschluss VwGH 23.4.2018, Ra 2018/11/0066, mwN).
15 Vorweg ist festzuhalten, dass die vorliegende Revision in den Ausführungen zu ihrer Zulässigkeit den zuvor dargestellten Anforderungen in großen Teilen nicht entspricht und insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt ist, als über weite Strecken die Argumentation des Verwaltungsgerichts bloß wiedergegeben und (im Sinne von Revisionsgründen) mit Gegenargumenten verknüpft wird.
16 Das Vorarlberger Gesetz über den Verkehr mit Grundstücken (kurz: GVG), LGBl. Nr. 42/2004 idF. LGBl. Nr. 5/2019, lautet auszugsweise:
„§ 7 Genehmigungspflicht
(1) Der Erwerb folgender Rechte durch Ausländer bedarf der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung:
a) das Eigentum an Grundstücken oder an Bauwerken im Sinne des § 435 ABGB;
...
§ 8 Voraussetzungen
(1) Der Rechtserwerb darf nur genehmigt werden, wenn
...
c) staatspolitische Interessen nicht beeinträchtigt werden und
d) ein kulturelles, volkswirtschaftliches oder soziales Interesse am Rechtserwerb durch den Ausländer besteht.
...“
17 Soweit die Revision zunächst ganz allgemein das Fehlen von hg. Judikatur zu § 8 GVG behauptet (womit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch keineswegs aufgezeigt wäre; vgl. etwa VwGH 20.02.2017, Ra 2016/11/0185), widerspricht sie sich selbst, indem sie danach hg. Judikate zu dieser Bestimmung anführt.
18 Soweit die Revision in ihren Zulässigkeitsausführungen (wiederholt) ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes behauptet, weil sich die „belangte Behörde“ (gemeint: das Verwaltungsgericht) mit den privaten Interessen der Revisionswerberin nicht auseinandergesetzt habe, ist sie (abgesehen davon, dass dieses Vorbringen wie das zusammengefasst wiedergegebene angefochtene Erkenntnis zeigt nicht den Tatsachen entspricht) darauf zu verweisen, dass damit ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dargetan wird (vgl. etwa VwGH 23.4.2020, Ra 2019/01/0309, mwN). Gleiches gilt für die behauptete (angebliche) Divergenz zwischen dem angefochtenen Erkenntnis und einer anderen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Vorarlberg zum GVG.
19 Soweit schließlich in der Zulässigkeitsbegründung wiederholt (aber ohne Belege aus der hg. Judikatur) die Auffassung vertreten wird, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung hätte bei Berücksichtigung der privaten Interessen der Revisionswerberin (die seit Jahren in Österreich wirtschaftlich tätig und integriert und mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei) erteilt werden müssen, weil ihr dadurch eine Erwerbsmöglichkeit zukomme, um den Unterhalt zu sichern, so ist sie auf gegenteilige hg. Judikatur zu verweisen. Die gemäß § 8 Abs. 1 lit. d GVG maßgebenden Interessen (bei denen es sich um öffentliche Interessen handelt; vgl. abermals VfGH 22.9.2003, VfSlg. 16937) können nicht schon durch die soziale Integration und die bisherige Berufstätigkeit begründet werden (vgl. etwa VwGH 31.7.1998, 97/02/0451, zur im Wesentlichen gleichen Genehmigungsvoraussetzung nach dem Burgenländischen Grundverkehrsgesetz; vgl. auch VwGH 3.10.2014, Ra 2014/02/0082). Insbesondere liegt ein soziales Interesse am Grundstückserwerb bzw. zur Schaffung einer Wohnmöglichkeit nicht vor, wenn das Wohnbedürfnis anders gedeckt werden kann bzw. wie vorliegend bei der Revisionswerberin, die die Grundstücke nach den Feststellungen zwecks Vermietung erwerben will anders gedeckt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24.5.1989, 88/02/0110 und 89/02/0023).
20 Das Zulässigkeitsvorbringen, das Verwaltungsgericht hätte sich mit der Zustimmung der Revisionswerberin zu einer allfälligen Auflage, die Grundstücke mittels Schenkungsvertrags auf den Todesfall an ihre die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Kinder zu übertragen, auseinandersetzen müssen, zeigt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht auf, weil ein solcher Vertrag nichts am Fehlen der genannten öffentlichen Interessen iSd. § 8 Abs. 1 lit. d GVG ändert.
21 Da die Revision somit keine Rechtsfragen aufzeigt, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 5. August 2021