JudikaturOLG Linz

4R71/25a – OLG Linz Entscheidung

Entscheidung
18. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht hat durch den Senatspräsidenten Mag. Gerhard Hasibeder als Vorsitzenden sowie MMag. Andreas Wiesauer und Mag. Stefan Riegler in der Rechtssache der Klägerin A* AG , FN **, **straße **, **, vertreten durch Dr. Bernhard Steinbüchler, Mag. Harald Mühlleitner, Mag. Georg Wageneder, MA, Mag. Dr. Martin M. Steinbüchler und Mag. Hubert Weidinger, Rechtsanwälte in St. Florian, gegen die Beklagten 1) B* GmbH , FN **, **, **, und 2) C* , geboren am **, Dachdecker und Spengler, **, **, beide vertreten durch die Puttinger Vogl Rechtsanwälte OG in Ried im Innkreis, wegen EUR 61.432,21 sA , über die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 4. Februar 2025, Cg*-28, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird keine Folge gegeben.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, der Klägerin die mit EUR 4.132,08 (darin enthalten EUR 688,68 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Die Gemeinde D* (kurz: Gemeinde) schloss mit der Erstbeklagten einen Werkvertrag über die Sanierung des Dachs eines ihrer Gebäude, in dem sich Mittelschule, Kindergarten und eine Mehrzweckhalle befinden. Der Zweitbeklagte ist Dienstnehmer der Erstbeklagten. Er führte am 2. September 2021 Flämmarbeiten am Dach des Gebäudes durch. Am selben Tag kam es dort zu einem Brand.

Die Klägerin als deren Brandschadenversicherung ersetzte der Gemeinde EUR 59.665,81 an Sanierungskosten und beauftragte einen Sachverständigen mit der Abwicklung des Schadensfalles. Dafür entstanden Kosten von EUR 1.766,40.

Die Klägerinbegehrt von den Beklagten den Ersatz des (der Höhe nach nicht mehr strittigen) Gesamtbetrags von EUR 61.432,21 sA mit der Begründung, der Brand sei durch die Flämmarbeiten des Zweitbeklagten verursacht worden. Dieser habe vor den Arbeiten den Untergrund nicht ausreichend überprüft und daher übersehen, dass in der Fassade „Windpapier“ verbaut gewesen sei, das sich durch die Flämmarbeiten entzündet habe. Das habe schließlich zum Brand und damit zu den Schäden an der Fassade und am Dachstuhl geführt. Davon abgesehen sei nach der ÖNORM B 3691 das direkte Aufflämmen von Bitumenbahnen auf Holzschalungen, Riegelkonstruktionen, Holzfaserplatten etc nicht zulässig und durch entsprechende Maßnahmen, etwa durch Verwendung von Kaltselbstklebebahnen, zu vermeiden. Die Erstbeklagte als Werkunternehmerin und der Zweitbeklagte als deren Gehilfe hafteten daher für die Schäden der Gemeinde, deren Ersatzansprüche nach § 67 VersVG auf die Klägerin übergegangen seien.

Die Beklagten bestritten, beantragten Klagsabweisung und wandten ein, sie hätten zuvor bereits an anderen Teilen des Gebäudes der Gemeinde Sanierungsarbeiten durchgeführt und bei der genauen Überprüfung des Untergrunds kein in der Fassade zwischen Holzunterkonstruktion und der Welleternitfassadenverkleidung angebrachtes „Windpapier“ entdeckt. Daher hätten sie nicht damit rechnen müssen, dass es an anderen Stellen der Fassade solches gebe. Dass die Beklagten Bitumenbahnen direkt auf Holzschalungen, Riegelkonstruktionen, Holzfaserplatten etc aufgeflämmt hätten, sei nicht richtig. Die Beklagten treffe daher kein Verschulden am Ausbruch des Brandes.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Erstgerichtder Klage statt. Seiner Entscheidung legte es den auf den Seiten 4 - 14 des Urteils wiedergegebenen Sachverhalt zugrunde, worauf gemäß § 500a ZPO verwiesen werden kann. Für das Berufungsverfahren wesentlich sind folgende – auszugsweise wiedergegebenen – Feststellungen (wobei die von den Beklagten bekämpften Feststellungen kursiv hervorgehoben sind):

Im Bereich des Teils 1 [des Gebäudes der Gemeinde ] war ein Flachdach vorhanden. Die Mitarbeiter der Erstbeklagten, darunter sowohl der Geschäftsführer als auch der Zweitbeklagte, kiesten zuerst das Dach ab und trugen ca fünf bis sechs Bitumenschichten ab. In der Folge entfernten sie die verklebte Dämmung und befanden sie sich auf der Betonrohdecke. Sie entfernten die Fassadentafelverkleidung, um sehen zu können, wie sie die Selbstklebebahnen anschließen können, wobei sie die Fassadentafeln kürzen mussten, damit diese passend für den neuen Aufbau sind. In diesem Bereich war kein Windpapier, sondern Vlies vorhanden. Sie trugen daraufhin den Voranstrich sowie eine Dampfsperrschicht auf und brachten erneut die Wärme- und Gefälledämmung, die Folie sowie die Bekiesung an. Die Arbeiten im Bereich des Teils 1 dauerten circa zwei bis drei Tage.

Im Anschluss daran wählten die Mitarbeiter der Erstbeklagten für die Arbeiten am Teil 2 grundsätzlich dieselbe Arbeitsweise wie beim Teil 1. Allerdings beließen sie die Fassadenverkleidung an Ort und Stelle, weil sie davon ausgingen, dass auch hier kein Windpapier vorhanden sei und Regen gemeldet war und sie die Fläche wieder „dicht bringen“ wollten. Es handelte sich sohin um ein Provisorium und flämmten die Mitarbeiter der Erstbeklagten zunächst nur die Fläche, wobei unter anderem der Zweitbeklagte Flämmarbeiten ausführte. Zuerst flämmte der Zweitbeklagte auf der Betonrohdecke im Bereich der Fläche die Dampfsperre auf. Im Bereich des Hochzugs brachte der Zweitbeklagte eine Selbstklebebahn auf. Diese Selbstklebebahn wärmte der Zweitbeklagte hinter sich auf der Fläche auf, wobei nicht festgestellt werden konnte, wie weit dieses Aufwärmen vom Hochzug entfernt erfolgte. Für das Anwärmen benutzte er einen Propangas-Kantenaufschweißer der Fa. E*, der über einen kleinen Brennkopf verfügte. Die angewärmten Selbstklebebahnen schob er unter die Fassadentafeln hinein und verflämmte diese daraufhin mit dem Kantenaufschweißer zur Herstellung eines Übergangs bzw Abschlusses. In dem für ihn einsehbaren Bereich konnte der Zweitbeklagte kein Windpapier sehen. Entgegen der Ansicht des Zweitbeklagten befand sich jedoch auf der Traglatte der Faserzementplatte Windpapier und war dieses unmittelbar hinter den Faserzementtafeln befestigt.

Der Klebebereich der Dampfsperren-Hochzugsbahn befindet sich im oberen Hochzugsbereich und dem horizontalen, rückspringenden Versatz des Betonsockels. Um die Klebewirkung des Bitumens zu erhöhen, muss in etwa die Hälfte der Bahn angewärmt werden. Hierfür legt man die Bahn verkehrt auf einer geraden Fläche und erwärmt mit einem Flämmer die Klebemasse.

Die teilweise angewärmte Bitumenbahn wird hochgehoben, lagemäßig ausgerichtet auf den Untergrund (Betonsockel) gedrückt und flächig ausgestrichen. Jener Bahnenteil, welcher über den darunterliegenden niedrigeren Hochzugsbereich des Betonsockels führt, wird in einem zweiten Arbeitsschritt am Untergrund verflämmt. Hierzu wird der zurückgeklappte Lappen nach vorne gezogen. Mit einem Flämmer wird das Bitumen angeschmolzen, der Bitumenlappen wird stetig abgesenkt und mit offener Flamme am Untergrund verschweißt, sodass der Zweitbeklagte beim Teil 2 unmittelbar unter dem Zuluftspalt der Fassade mit offener Flamme arbeitete.

Der Zweitbeklagte klappte im waagrechten Bereich des Betonsockels die Hochzugsbahn zurück und flämmte diese am Betonsockel – sohin im unmittelbaren Zuluftbereich der hinterlüfteten Fassade – mit einer offenen Flamme. Brennbare Hölzer befanden sich circa 20 cm oberhalb des Versatzes. Ausfahrende Flammen und heiße Gase traten in den Hinterlüftungsbereich ein; dies war begünstigt durch den geringen Abstand zum unteren Zuluftbereich der hinterlüfteten Fassade und der dadurch bedingten Kaminwirkung. Somit bestand eine Brandgefahr an brennbaren Konstruktionsteilen der Fassade. Diese brennbaren Bauteile waren von den Fassadentafeln am Bauteil 2 überdeckt. Bei derartigen Flämmarbeiten können die Flammen bis über einen halben Meter und mehr ausfahren. Dieses Flämmen des Zweitbeklagten ist die Ursache des Brandschadens.

Das verkohlte Holz der horizontalen Lattung befindet sich unmittelbar im Nahbereich der Hochzugsbahnen und links davon; somit unmittelbar in dem Bereich, wo Flammen ausfahren und heiße Gase durch den Kamineffekt in die Unterkonstruktion eintreten konnten und hat das Flämmen den Brandschaden verursacht. Es sind keine anderen Ursachen für den Brandschaden denkbar.

Bei der Verarbeitung der gewählten Dampfsperrenhochzugsbahn stimmte der Zweitbeklagte sein Arbeitsverfahren unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten (Brandgefahr) gemäß der ÖNORM B3691:2019 nicht ab.

Die Arbeitsweise mit dem Flämmer im unmittelbaren Bereich unterhalb der Fassadenzuluftöffnung ist bei Vorhandensein von brennbaren, nicht einsehbaren Untergründen nicht fachgerecht. Arbeiten mit offener Flamme an unmittelbar angrenzenden, feuergefährdeten Unterkonstruktionen oder bei brandsensiblen Umgebungen lösen die Gefahr der Brandauslösung aus.

Werden Fügetechniken eingesetzt, bei welchen der Einsatz einer offenen Flamme ausgeschlossen werden kann, sind angrenzende Bauteile keiner Überprüfung des Untergrundes zu unterziehen, mit welchen das Vorhandensein von feuergefährdeten Unterkonstruktionen oder brandsensiblen Umgebungen festgestellt wird. Sobald – wie gegenständlich – mit offener Flamme gearbeitet wird und die Möglichkeit einer Brandentfachung besteht, ist jeder Bereich, in dem gearbeitet wird, einer Erkundungsmaßnahme zu unterziehen.

Beim Bauteil 2 führte der Zweitbeklagte Flämmarbeiten knapp unterhalb des Zuluftbereiches der Fassade durch. Nicht zurück geschnittene Fassadentafeln begünstigten einen Kamineffekt und erhöhten die Gefahr der Brandauslösung; dies ließ der Zweitbeklagte bei der Ausführung außer Acht.

In rechtlicher Hinsichtgelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass der Zweitbeklagte „nach dem Leistungsstandard seiner Berufsgruppe und der üblichen Sorgfalt“ vor Beginn der Flämmarbeiten den Untergrund überprüfen hätte müssen. Es hätte ihm bekannt sein müssen, dass Arbeiten mit offener Flamme an unmittelbar angrenzenden, feuergefährdeten Unterkonstruktionen oder bei brandsensiblen Umgebungen einen Brand auslösen können. Ein „einschlägiger Fachmann“ (§ 1299 ABGB) hätte deshalb den Umkreis seines Arbeitsbereichs visuell auf brennbares Material kontrolliert und in diesem Zusammenhang auch die Gefahr durch Wärmefortleitung (Kamineffekt) geprüft. Der Zweitbeklagte hätte es in Betracht ziehen müssen, dass sich in den für ihn nicht einsehbaren Bereichen brennbare Materialien (wie zB Windpapier) befinden könnten, die von außen nicht sichtbar seien. Eine diesbezügliche Kontrolle habe er aber nicht durchgeführt, sodass ihn ein Verschulden treffe. Für den Schaden hafte auch die Erstbeklagte, weil das Vorgehen des Zweitbeklagten derart nachlässig gewesen sei, dass von dessen habitueller Untüchtigkeit im Sinn des § 1315 ABGB auszugehen sei. Da die Erstbeklagte den Zweitbeklagten als ihren Besorgungsgehilfen eingesetzt habe, müsse sie für die von diesem verursachten Schäden – unabhängig davon, ob ihr dessen Untüchtigkeit bekannt gewesen sei oder nicht – einstehen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten wegen unrichtiger Tatsachenfeststellungen aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung (einschließlich sekundärer Feststellungsmängel). Sie beantragen, das Urteil dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung keine Folge zu geben.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Tatsachenrüge:

Mit ihrer Tatsachenrüge bekämpfen die Beklagten (gesamthaft) mehrere Feststellungen (siehe Berufung S 2 f), an deren Stelle sie dementsprechende Ersatzfeststellungen (Berufung S 4) begehren. Ihre Begründung erschöpft sich darin, dass sowohl der Geschäftsführer der Erstbeklagten als auch der Zweitbeklagte ausgeschlossen hätten, dass auf einer Holzkonstruktion Heißarbeiten ausgeführt worden seien. Das Anwärmen der Kaltselbstklebebahn sei zwar mit einem Flämmer erfolgt, aber nicht im Bereich des Hochzugs, sondern im Bereich des Flachdachs. Der Geschäftsführer der Erstbeklagten habe zudem glaubhaft und nachvollziehbar ausgesagt, dass die Arbeiten rund 1,5 bis 2 Meter entfernt stattgefunden haben müssen, weil sich der Zweitbeklagte andernfalls selbst verbrannt hätte (Berufung S 3 letzter Absatz bzw S 4 erster Absatz).

Vorauszuschicken ist, dass das weitere Argument der Beklagten, die Feststellungen seien in sich widersprüchlich, im Rahmen der Rechtsrüge zu behandeln ist. Denn – wie die Beklagten selbst zutreffend erkennen – verhindern widersprüchliche Feststellungen eine abschließende rechtliche Beurteilung, sodass in einem solchen Fall letztendlich ein sekundärer Feststellungsmangel vorliegt (RS0042744), den die Beklagten in diesem Zusammenhang ohnehin auch geltend machen.

Bei der Behandlung einer Beweisrüge hat das Berufungsgericht nur zu überprüfen, ob das Erstgericht die ihm vorliegenden Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat, jedoch nicht, ob seine Feststellungen mit der objektiven Wirklichkeit tatsächlich übereinstimmen. Gemäß § 272 ZPO obliegt die Beweiswürdigung primär dem erkennenden Gericht. Dieses hat nach sorgfältiger Überzeugung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des gesamten Verfahrens zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht. Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass in den Akten einzelne Beweisergebnisse existieren, die für den Prozessstandpunkt des Berufungswerbers sprechen, reicht im Allgemeinen noch nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung mit dem Ergebnis aufzuzeigen, dass die erstinstanzlichen Feststellungen abgeändert werden müssen. Die Beweisrüge muss also überzeugend darlegen, dass die getroffenen Feststellungen entweder überhaupt zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen (RI0100099).

Das gelingt den Berufungswerbern jedoch nicht. Sie übergehen nämlich, dass der Sachverständige DI F* in seinem Gutachten letztendlich ausgeführt hat, dass keine anderen Ursachen als die Flämmarbeiten des Zweitbeklagten für den Brand in Betracht kommen („mir fallen keine anderen Ursachen ein“, S 4/ON 25.2). Insoweit hat er sich auch mit der „technischen Unmöglichkeit der Brandauslösung“ bzw mit dem Abstand des Flämmers von den entzündlichen Bauteilen auseinandergesetzt (aaO bzw S 40/ON 14). Dabei konnte sich der Sachverständige auf die Brandspuren stützen, mit denen er die Wirkmechanismen nachvollziehbar und schlüssig erklären konnte (S 35 f/ON 14). Die oa Aussagen des Geschäftsführers der Erstbeklagten und des Zweitbeklagten können das nicht entkräften. Denn nach den unbedenklichen Schlussfolgerungen des Sachverständigen kann der Brand nicht anders erklärt werden, als dass die Flämmarbeiten – anders als von diesen geschildert – doch zu nahe am Zuluftbereich des Hochzugs stattfanden. Die diesbezügliche weitere Feststellung, dass keine andere Brandursache denkbar ist (US 9, zweiter Absatz), haben die Beklagten im Übrigen gar nicht bekämpft.

Damit erweist sich die Tatsachenrüge als unberechtigt.

2. Zur Rechtsrüge:

2.1. Als sekundären Feststellungsmangel machen die Beklagten einen Widerspruch in den Feststellungen geltend. Das Erstgericht habe einerseits eine non-liquet-Feststellung hinsichtlich des Umstandes, wo die Flämmarbeiten verrichtet worden seien, getroffen. „Im weiteren Sachverhalt“ habe es aber mehrfach Bezug darauf genommen, dass die Arbeiten im unmittelbaren Nahbereich des Zuluftbereichs stattgefunden hätten (Pkt II.2 der Berufung).

Der behauptete Widerspruch liegt allerdings – wie die Klägerin in ihrer Berufungsbeantwortung zutreffend aufzeigt – nicht vor. Die angesprochene non-liquet-Feststellung betrifft nämlich das vorherige Aufwärmen der Selbstklebebahnen (zwecks Anbringung im Bereich unter den Fassadentafeln). Die weiteren Feststellungen beziehen sich hingegen auf den anschließenden Arbeitsschritt des Verflämmens bzw Verschweißens der (bereits platzierten) Kaltselbstklebebahnen mit dem Untergrund. Der geltend gemachte sekundäre Feststellungsmangel in Form widersprüchlicher Feststellungen liegt daher nicht vor.

2.2. Mit der Rechtsrüge (ieS) wenden sich die Beklagten zunächst gegen die vom Erstgericht angenommene Haftung der Erstbeklagten für das Verhalten des Zweitbeklagten gemäß § 1315 ABGB. Eine besonders gravierende Sorgfaltspflicht des Zweitbeklagten liege nicht vor. Vor diesem Hintergrund könne aus seinem einmaligen Fehlverhalten keine habituelle Untüchtigkeit im Sinne des § 1315 ABGB abgeleitet werden.

Auch wenn den Beklagten beizupflichten ist, dass in der hier vorliegenden Konstellation nicht von einer habituellen Untüchtigkeit des Zweitbeklagten ausgegangen werden kann, ist für sie damit nichts zu gewinnen. Der Zweitbeklagte hat den Brand nämlich im Zuge von Arbeiten verursacht, die die Erstbeklagte aufgrund des mit der Gemeinde geschlossenen Werkvertrags durchführte. Damit war der Zweitbeklagte (im Auftrag der Erstbeklagten) bei der Erfüllung des Werkvertrags tätig, weshalb er Erfüllungsgehilfe im Sinn des § 1313a ABGB war (vgl RS0028566, RS0121745, RS0028425). Nach dieser Bestimmung haftet die Erstbeklagte für dessen Verschulden (siehe dazu unten Pkt 2.3) wie für ihr eigenes. Somit kommt es auf das Vorliegen einer „habituellen Untüchtigkeit“ gar nicht an, weshalb die diesbezüglichen Rechtsausführungen ihr Ziel verfehlen.

2.3. Soweit die Beklagten schließlich in ihrer Rechtsrüge (Pkt [richtig:] II.1.2 der Berufung) ein Verschulden des Zweitbeklagten mit der Begründung verneinen, es stehe nicht fest, wo genau die Flämmarbeiten durchgeführt worden seien, gehen sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Die Rechtsrüge ist daher nicht gesetzmäßig ausgeführt und kann deshalb keiner Behandlung zugeführt werden (RS0043312 [T14], RS0043603 [T8]). Auch ansonsten trifft es nicht zu, dass der Zweitbeklagte die „übliche Sorgfalt“ eingehalten hätte, wäre er doch nach dem an einen durchschnittlichen Dachdecker anzulegenden Sorgfaltsmaßstab verpflichtet gewesen, sich einerseits näher über die Beschaffenheit des Untergrunds zu vergewissern und andererseits nicht mit einem Flämmer im unmittelbaren Bereich unterhalb der Fassadenzuluftöffnung zu arbeiten (US 10 ff).

2.4. Sofern die Berufung überhaupt auch auf diese Frage abzielt, ist noch darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung eine Haftung des Erfüllungsgehilfen selbst gegenüber dem Gläubiger des Geschäftsherrn wegen der Verletzung der Pflichten aus dem Schuldverhältnis zwar nicht in Betracht kommt. Der Erfüllungsgehilfe haftet aber dann, wenn sein Verhalten unabhängig von der Existenz des Schuldverhältnisses rechtswidrig ist, er also deliktisch handelt (vgl RS0022481, RS0022801, 3 Ob 228/21g; siehe dazu im Detail Koziol, Haftpflichtrecht II³ D/2, Rz 66 ff). Zum Delikt wird ein Verhalten, so auch das eines Gehilfen, erst dann, wenn – unabhängig von einer rechtsgeschäftlichen Sonderverbindung geltende – allgemeine oder in konkreten Schutzgesetzen enthaltene Verhaltensnormen verletzt werden. Die Beeinträchtigung absoluter geschützter Rechtsgüter kann die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nur indizieren, aber nicht schon schlechthin begründen. Diese Rechtswidrigkeit kann nur auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung gefunden werden (vgl RS0022656, RS0022917, 3 Ob 228/21g). Verursacht ein Dachdecker aufgrund ungenügender Vorkehrungen bzw unsachgemäßer Flämmarbeiten einen Brand (und damit einen Eingriff in das Eigentum des Gläubigers als absolut geschütztes Rechtsgut) muss die Interessensabwägung zur Bejahung einer (deliktischen) Haftung führen. Ob die ÖNORM B 3691:2019 im Besonderen bzw die vom Sachverständigen ansonsten dargestellten Sorgfaltsvorschriften im Allgemeinen als Schutzgesetze im Sinn des § 1311 ABGB angesehen werden können, kann daher dahingestellt bleiben (vgl etwa RS0038622 [T3, T5]). Auch der Zweitbeklagte als Erfüllungsgehilfe haftet daher (gemäß der zweiten Alternative des § 1302 zweiter Satz ABGB solidarisch mit der Erstbeklagten) der Klägerin für die auf sie übergegangenen Schäden ihrer Versicherungsnehmerin.

Zusammengefasst hat daher das Erstgericht der Klage – im Ergebnis – zu Recht gegenüber beiden Beklagten stattgegeben, weshalb der Berufung ein Erfolg zu versagen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf den §§ 50 iVm 41 ZPO.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil keine Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen waren.