15Ra34/25z – OLG Innsbruck Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Innsbruck hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Dr. Engers als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichts Mag. Vötter, die Richterin des Oberlandesgerichts Mag. Kitzbichler sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. RR Karlheinz Fagschlunger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir. RR Jürgen Fiedler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Mitglieder des Senats in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Dr. Bertram Grass – Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei Land B* , vertreten durch Advokaturbüro Santner Rudigier, Rechtsanwälte in Feldkirch, wegen Feststellung des aufrechten Bestands eines Dienstverhältnisses, über die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht vom 19.2.2025, **, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen zu Handen deren Vertreters die mit EUR 3.853,32 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die (ordentliche) Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war aufgrund des Dienstvertrags vom 19.4.2016 seit 1.5.2016 bei der Beklagten beschäftigt und wurde der C*gesellschaft m.b.H. (im Folgenden: Betriebsgesellschaft) als Pharmazeut zur Dienstleistung zugewiesen. Sein direkter Vorgesetzter war Mag. D*, der Leiter der pharmazeutischen Abteilung des Landeskrankenhauses E*. Der Kläger war seit 10.3.2021 stellvertretender Leiter der Anstaltsapotheke und wurde mit Schreiben vom 8.2.2023 von dieser Funktion enthoben.
Eine mit Dienstfreistellung verbundene Kündigung vom 13.10.2023 per 31.1.2024 bekämpfte der Kläger gerichtlich zu ** LG Feldkirch. Die Beklagte anerkannte sein Begehren auf Feststellung des aufrechten Bestands des Dienstverhältnisses als Landesangestellter bei der Beklagten auch über den 31.1.2024 hinaus. Mit dem von den beiden Geschäftsführern der Betriebsgesellschaft am 4.12.2023 unterfertigten und dem Kläger am 6.12.2023 zugestellten Schreiben wurde sein Dienstverhältnis per 31.3.2024 erneut gekündigt.
Anlässlich einer Teamsitzung am 25.11.2022, bei der neben dem Kläger ua sein direkter Vorgesetzter und dessen Gattin, die ebenfalls im Betrieb beschäftigt ist, anwesend waren, kam es zu einem verbalen Zerwürfnis zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten, wobei weder dessen konkreter Inhalt noch der Grund festgestellt werden kann. Nicht festgestellt werden kann, ob der Kläger ihn nicht als Vorgesetzten akzeptiert und dessen Funktion immer wieder in Frage gestellt hat. Jedenfalls sind die in weiterer Folge unternommenen Versuche einer Aussöhnung gescheitert.
Es kann nicht festgestellt werden, ob der Kläger über Monate seine koordinierenden Aufgaben im Arzneimittelinformationsteam vernachlässigt und keine Besprechungen sowie Schulungen abgehalten und dienstliche Aufträge nur per Mail verteilt hat. Auch nicht eruierbar ist, ob der Kläger es trotz Aufforderung unterlassen hat, sämtliche Mails an Mitarbeiterinnen der Apotheke bzw. des Medikamentendepots cc auch an den Leiter Personalmanagement zu schicken.
Für ein von der ÖGK mitfinanziertes Projekt hat der Kläger Datensätze nicht auf dem Speicherplatz auf dem geschützten Laufwerk der Apotheke abgespeichert und bereitgestellt, sondern zuhause bewahrt. Ob der Kläger, der zum Teil auch in ** eingesetzt war, dazu befugt war bzw. dies im Rahmen der Homeofficeregelung üblich war, kann nicht festgestellt werden. Diese Thematik wurde nach seiner Freistellung im Oktober 2023 von der Beklagten erstmals thematisiert.
Insoweit steht der Sachverhalt im Berufungsverfahren unbekämpft fest (§§ 2 Abs 1 ASGG, 498 Abs 1 ZPO).
Mit der am 19.12.2023 eingebrachten Klage begehrte der Kläger die Feststellung, sein Dienstverhältnis als Landesangestellter bei der Beklagten sei auch über den 31.3.2024 hinaus aufrecht; in eventu begehrte er die Aufhebung der von der Betriebsgesellschaft mit Schreiben vom 4.12.2023 ausgesprochenen Kündigung als unwirksam. Er brachte im Wesentlichen vor, die Beklagte wolle ihn „loswerden“. Ende 2022 sei er nicht bereit gewesen, sich bei seinem Vorgesetzten und dessen Frau für einen angeblich unangemessenen Ton zu entschuldigen. Nachdem ihm zweimal Vereinbarungen (zur künftigen Zusammenarbeit und eine Entschuldigung seinerseits beinhaltend) zur Unterschrift vorgelegt worden seien (12.12.2022 und 20.1.2022), die er nicht unterzeichnet habe und in einem Schreiben vom 2.2.2023 interne Kritik betreffend seinen direkten Vorgesetzten und dessen Gattin geäußert habe, sei ihm die Stellvertreterfunktion entzogen worden und habe sich die Situation verschlechtert. Es seien plötzlich Vorwürfe verbaler sexueller Belästigung im Raum gestanden und sei ihm eine weitere Vereinbarung (23.3.2023) vorgelegt worden, die er wiederum nicht unterzeichnet habe. Im Mai 2023 habe der Leiter Personalmanagement seinem anwaltlichen Vertreter berichtet, es gebe heftige Vorwürfe, ohne diese jedoch offenzulegen. Am 11.5.2023 habe der Personalleiter dem Kläger telefonisch erklärt, die Auswertung einer Evaluierung sei nicht derart, dass man das Dienstverhältnis mit ihm vorzeitig auflösen könne. Dennoch sei am 5.7.2023 eine Verwarnung ausgesprochen worden, für die es keine Veranlassung gegeben habe.
Im ersten Kündigungsschreiben vom 13.10.2023 sei als Hauptkündigungsgrund die Diffamierung seines direkten Vorgesetzten und dessen Gattin genannt worden. Die Feststellungsklage gegen diese Kündigung habe mit einem Anerkenntnis der Beklagten geendet.
Die im vierseitigen zweiten Kündigungsschreiben genannten Vorwürfe zu sexistischen Äußerungen seien unrichtig und absurd. Es sei nicht nachvollziehbar, wodurch die Situation „an und für sich immer unerträglicher geworden sein solle“ und würden die Kündigungsgründe konstruiert wirken. Er habe weder seine Funktion als Koordinator des Arzneimittelinformationsteams vernachlässigt, noch sonstige Dienstpflichten verletzt. Für eine neue Kündigung hätte die Beklagte neue Kündigungsgründe darlegen müssen, was aufgrund seiner Freistellung ab 13.10.2023 nicht möglich sei. Auch ihre Behauptung, diese Vorwürfe seien erst nach der ersten Kündigung bekannt geworden, sei falsch. Sollte es tatsächlich zu irgendwelchen Verfehlungen seinerseits gekommen sein, die eine Kündigung im Sinne des § 54 LBedG 2000 rechtfertigen würden, wären diese allesamt verfristet. Der Personalleiter habe seit Mai 2023 von den Vorwürfen gewusst und der Leiter Personalmanagement jedenfalls ab 25.8.2023.
Die von den Geschäftsführern der Betriebsgesellschaft ausgesprochene Kündigung erzeuge keine Rechtswirkungen, da Dienstbehörde die ** Landesregierung sei.
Aus „prozessualer Vorsicht“ brachte der Kläger schließlich noch vor, die Kündigung sei sozialwidrig, da sie eine erhebliche finanzielle Schlechterstellung mit sich bringe und es handle sich um eine „Motivkündigung“ im Sinne des § 105 ArbVG, da sie nur deswegen ausgesprochen worden sei, weil er die ihm zum Jahreswechsel 2022/23 vorgelegten Vereinbarungen nicht unterschreiben habe wollen.
Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wendete zusammengefasst ein, der Kläger habe Kündigungsgründe nach § 90 Abs 1 lit b und § 94 Abs 1 lit c LBedG 2000 gesetzt. Er sei in einen Konflikt mit seinem direkten Vorgesetzten und dessen Ehefrau getreten. Nach seinem „eskalativen Verhalten“ anlässlich einer Sitzung am 25.11.2022 sei er nicht bereit gewesen, die Zusammenarbeit und Kommunikation zu verbessern. Im April 2023 hätten sich Mitarbeiterinnen an die Gleichbehandlungsstelle gewandt und von sexistischen Äußerungen berichtet. Da diese jedoch anonym bleiben hätten wollen, sei am 5.7.2023 anstelle einer Beendigung des Dienstverhältnisses eine Verwarnung ausgesprochen worden. Der Kläger habe stets die näheren Inhalte der gegen ihn erhobenen Vorwürfe wissen wollen, um sie den entsprechenden Mitarbeiterinnen zuordnen zu können. Zunächst seien nur folgende anonyme Äußerungen bekannt gewesen: „Sie soll den Busen nicht so herausstrecken, er könne sich nicht konzentrieren“ und die Aufforderung an eine Mitarbeiterin, sie solle für ihn „auf dem Tisch tanzen“.
Zuletzt hätten sich jedoch Mitarbeiterinnen direkt an den Leiter Personalmanagement gewandt. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger bereits (formwidrig) gekündigt und freigestellt gewesen. Die zu einem wesentlichen Teil auch neuen Vorwürfe seien gravierender als jene, die ursprünglich über die Gleichbehandlungsstelle vermittelt worden seien. Auch wenn die einzelnen Vorfälle länger zurück lägen, seien sie in arbeitsrechtlicher Hinsicht nicht „verfristet", weil sie der Personalleitung nicht bekannt gewesen seien. Dem Kläger seien folgende Äußerungen vorzuwerfen, wobei die ersten fünf erst nachträglich bekannt geworden seien:
* Über eine Kollegin, die wichtige Texte gegenliest und eine sehr gute Lektorin sei, habe er gemeint: „Sie ist nicht nur eine gute Lektorin. Sie kann auch sonst wohl gut lecken.“
* Eine Kollegin habe ein Klebeband von einem Roller abgerissen. Er sei daneben gesessen und habe zu diesem Reißgeräusch so gestöhnt, als ob er einen Orgasmus bekäme.
* Eine Mitarbeiterin habe er aufgefordert, für ihn „nackt auf dem Tisch zu tanzen".
* Zu einer Kollegin, die gerade Medikamentenbestellungen vorgenommen habe, habe er gesagt „scharf sind auch die, die Viagra bestellen".
* Über eine schwangere Mitarbeiterin, der übel gewesen sei, habe er gesagt, „die hat halt einen Braten in der Röhre“.
* Vor einer Mitarbeiterin habe er sich furchteinflößend aufgebaut und sie angeschrien, sie soll „verschwinden“.
* Eine Mitarbeiterin, die aufgrund von Rückenverspannungen den Rücken durchgestreckt habe, habe er sexistisch aufgefordert, „sie soll den Busen nicht so herausstrecken, er könne sich nicht konzentrieren“.
* Eine der betroffenen Mitarbeiterinnen habe aufgrund seiner immer wiederkehrenden anzüglichen Bemerkungen ihren Kleidungsstil geändert und knöpfe ihr Polohemd bis zum obersten Knopf zu.
* Bei einer Auseinandersetzung mit einer Arbeitskollegin habe er, der jene um Kopfeslänge überragt, sie nicht nur angeschrien, sondern die Tür so blockiert, dass sie den Raum nicht habe verlassen können.
Der Kläger habe das Team intrigant manipuliert und gespalten; es habe zu zerbrechen gedroht. Er habe Fehler nur bei anderen gesucht, eigene Fehler nicht eingestanden, wodurch Mitarbeiterinnen noch mehr eingeschüchtert worden seien, sich – trotz Verwarnung - weiter uneinsichtig gezeigt und sich wie der Strahlemann mit der weißen Weste (O-Ton einer Mitarbeiterin) „aufgeführt“.
Zudem habe er über Monate seine koordinierenden Aufgaben im Arzneimittelinformationsteam vernachlässigt und seit Februar 2023 keine Besprechungen oder Schulungen abgehalten. Dadurch sei es zu erheblichen Problemen im Informationsfluss und Verwerfungen im Team gekommen. Ende Oktober habe bei einem Projekt festgestellt werden müssen, dass er wichtige Datensätze nicht auf dem dafür vorgesehenen Speicherplatz auf dem geschützten Laufwerk der Apotheke abgespeichert habe. Es habe sich herausgestellt, dass er diese Daten für den Zeitraum von März bis Oktober 2023 pflichtwidrig zuhause aufbewahrt habe.
Die Spannungen und Konflikte sowohl zwischen dem Kläger und dem Abteilungsleiter als auch im gespaltenen Team, die Diffamierungen und die hervorgekommenen massiven sexistischen Belästigungen hätten zur Vertrauensunwürdigkeit geführt, wodurch eine weitere Zusammenarbeit unmöglich sei.
Die Klage gegen die erste Kündigung sei lediglich aufgrund eines formalen Mangels anerkannt worden. Die hier gegenständliche zweite schriftliche Kündigung vom 4.12.2023 sei formal richtig ausgesprochen worden; und zwar durch die Betriebsgesellschaft, die in Dienstrechtsangelegenheiten der Landesbediensteten, die in Krankenanstalten tätig sind, mit der Vertretung des Landes als Dienstgeber beauftragt sei, vertreten durch deren beide Geschäftsführer.
Die vom Kläger ohnehin nur hilfsweise geltend gemachte Kündigungsanfechtung gemäß §105 ArbVG werde - ebenso hilfsweise – bestritten.
Mit Urteil vom 19.2.2025 gab das Erstgericht dem Hauptbegehren statt und traf über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus folgende weitere Feststellungen, wobei die im Berufungsverfahren von der Beklagten mit Beweisrüge angefochtenen Sachverhaltsannahmen in Fettdruck hervorgehoben sind:
„(1) Spätestens im März/April 2023 erfuhr die Beklagte, dass eine oder mehrere Mitarbeiterinnen, darunter Mag. F*, sich wegen anzüglicher Äußerungen des Klägers beschwert hatten, wobei zumindest der Leiter Personalmanagement schon zu einem früheren Zeitpunkt über den Vorwurf dieser Mitarbeiterin informiert war.“
Das Ergebnis der sodann von der Beklagten unter Beiziehung der Gleichbehandlungsbeauftragten durchgeführten Erhebungen durch Befragung der Mitarbeiterinnen der Apotheke am 10.5.2023 wurde anlässlich einer vom Personalleiter initiierten Mitarbeitersitzung am 17.5.2023 bekannt gegeben. Der Personalleiter erklärte den Anwesenden, darunter alle Mitarbeiter der Apotheke, der Kläger sowie der Betriebsratsvorsitzende, dass aus den Antworten der Befragten keine dienstrechtlichen Konsequenzen abgeleitet werden könnten, allerdings der Kläger eine Verwarnung erhalte, die im Personalakt vermerkt werde. Dem Kläger wurde auf Nachfrage vom Personalleiter im Juli 2023 mitgeteilt, die Vorwürfe verbaler sexueller Belästigung seien kein Thema mehr.
Am 3.8.2023 widersprach der Betriebsrat der Kündigungsabsicht der Beklagten. Am 24.8.2023 teilte der Leiter Personalmanagement dem Betriebsrat mit, es gebe weitere Vorwürfe gegen den Kläger wegen sexistischer Äußerungen.
(2) Es kann nicht festgestellt werden, ob sich der Kläger gegenüber Arbeitnehmerinnen der Beklagten anzüglich, sexuell belästigend oder übergriffig verhalten hat.
Es kann nicht festgestellt werden, ob er über eine Kollegin, die wichtige Texte gegenliest und eine sehr gute Lektorin ist, meinte: „Sie ist nicht nur eine gute Lektorin. Sie kann auch sonst wohl gut lecken.“
Es kann nicht festgestellt werden, ob er, während eine Kollegin ein Klebeband von einem Roller abgerissen hat, so stöhnte, als ob er einen Orgasmus bekäme.
Es kann nicht festgestellt werden, ob er eine Mitarbeiterin aufforderte, für ihn „nackt auf dem Tisch zu tanzen".
Es kann nicht festgestellt werden, ob er zu einer Kollegin, die gerade Medikamentenbestellungen vornahm, sagte „scharf sind auch die, die Viagra bestellen".
Es kann nicht festgestellt werden, ob er über eine schwangere Mitarbeiterin, der übel war, sagte, „die hat halt einen Braten in der Röhre“.
Es kann nicht festgestellt werden, ob eine Mitarbeiterin sich nicht in der Lage gesehen hat, mit dem Kläger weiter zusammenzuarbeiten und einen Antrag auf dringende Versetzung stellte.“
Es kann nicht festgestellt werden, ob er sich vor einer Mitarbeiterin furchteinflößend aufgebaut und sie angeschrien hat, sie soll „verschwinden“.
Es kann nicht festgestellt werden, ob er eine Mitarbeiterin, die aufgrund von Rückenverspannungen ihren Rücken durchgestreckte, aufforderte, „sie soll den Busen nicht so herausstrecken, er könne sich nicht konzentrieren“.
Es kann nicht festgestellt werden, ob eine Mitarbeiterin aufgrund immer wiederkehrender anzüglicher Bemerkungen des Klägers ihren Kleidungsstil änderte und nun ihr Polohemd bis zum obersten Knopf zuknöpft.
Es kann nicht festgestellt werden, ob bei einer Auseinandersetzung mit einer Arbeitskollegin der Kläger diese angeschrien und die Tür so blockiert hat, dass sie den Raum nicht verlassen hat können.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, gemäß § 94 LBedG könne nach mindestens fünfjähriger ununterbrochener Dienstzeit beim Land das Dienstverhältnis durch den Dienstgeber nur mehr mit Angabe des Grundes gekündigt werden. Ein Grund, der den Dienstgeber insbesondere zur Kündigung berechtige, stellte ua ein gröblich pflichtwidriges dienstliches oder außerdienstliches Verhalten dar. Die Beweislast des Vorliegens eines Kündigungsgrundes iSd § 94 LBedG 2000 liege bei der Beklagten, der es ausgehend vom festgestellten Sachverhalt nicht gelungen sei, einen solchen nachzuweisen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die rechtzeitige Berufung der Beklagten aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und (erkennbar) unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil nach Durchführung einer Berufungsverhandlung im Sinn einer Klagsabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner ebenfalls rechtzeitigen Berufungsbeantwortung , dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung, ob eine Berufungsverhandlung im Einzelfall erforderlich ist, steht seit der Änderung des § 480 Abs 1 ZPO und dem Außerkrafttreten des § 492 ZPO durch das BBG 2009 generell im Ermessen des Berufungsgerichts. Nach ständiger Rechtsprechung stellt es keinen Verfahrensmangel dar, die Berufung in nichtöffentlicher Sitzung zu erledigen, wenn – wie hier – eine abschließende Sacherledigung ohne eine Berufungsverhandlung möglich ist. Das Unterbleiben einer beantragten mündlichen Berufungsverhandlung begründet auch keine Nichtigkeit. Die „Neuregelung“ in § 480 ZPO, wonach eine Berufungsverhandlung nur noch erforderlichenfalls – etwa aufgrund der Komplexität der zu entscheidenden Rechtssache – von Amts wegen anzuberaumen ist, verstößt zudem nicht gegen Art 6 MRK und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (RS0127242, RS0125957, RS0126298; 8 ObA 65/11h). Mangels besonderer Komplexität des vorliegenden Verfahrens besteht sohin kein Anlass, eine öffentliche und mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
Mehrere Berufungsgründe sind grundsätzlich nicht gemeinsam auszuführen. Sofern die Ausführungen aber mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, welcher Berufungsgrund dargestellt werden soll, darf die Berufung nicht gemäß § 474 Abs 2 ZPO verworfen werden. Sind die Rechtsmittelgründe unzulässigerweise nicht getrennt ausgeführt, gehen Unklarheiten zu Lasten des Rechtsmittelwerbers (RS0041761).
1. Zur Verfahrensrüge
Die Berufungswerberin argumentiert, das Erstgericht habe sich bei der Begründung der bekämpften Feststellungen inhaltlich nicht mit den positiven Beweisergebnissen - der Aussage des Leiters Personalmanagement und den Beilagen ./2, ./4, ./6 und ./7. - auseinandergesetzt. Selbst der Kläger habe zu diesen Themen keine widerstreitende Aussage gemacht. Damit macht sie erkennbar einen Begründungsmangel geltend, der jedoch nicht vorliegt.
1.1.Es ist in knapper, überprüfbarer und logisch einwandfrei nachvollziehbarer Form darzulegen, warum das Gericht auf Grund bestimmter Beweis- oder Verhandlungsergebnisse bestimmte Tatsachen feststellt oder für den Ausgang des Rechtsstreits erhebliche Tatsachen nicht feststellen kann, damit sowohl die Parteien als auch das Rechtsmittelgericht die Schlüssigkeit seines Werturteils überprüfen können (RS0040122). Das Vorliegen eines Begründungsmangels wurde in der Rechtsprechung ua bei bloß formelhafter Beweiswürdigung bejaht oder wenn in der Beweiswürdigung auf gegenteilige Beweisergebnisse nicht eingegangen wird, wenn für entscheidungswesentliche Feststellungen jegliche Beweiswürdigung fehlt oder im Rahmen der Beweiswürdigung wesentliche Teile des Prozessstoffs außer Acht gelassen werden ( Pochmarski/ Tanczos/Kober,Berufung in der ZPO 4 , S 118-120).
1.2. Hier hat sich das Erstgericht überprüfbar mit der Aussage des Leiters Personalmanagement und jener des Klägers auseinandergesetzt und auch die Beilagen nicht außer Acht gelassen, sondern in die Beweiswürdigung einbezogen. Es hat die Problematik der Beweiswürdigung aufgrund der nicht vorliegenden Aussagen der allenfalls betroffenen Mitarbeiterinnen konkret behandelt und schließlich einer überprüfbaren Wertung unterzogen. Ein Begründungsmangel liegt daher aufgrund dieser mit der Aktenlage konform gehenden Ausführungen nicht vor.
2. Zur Beweisrüge:
Die Rechtsmittelwerberin begehrt – überwiegend wörtlich wiedergegeben - folgende Feststellungen zu (2):
„Der Leiter Personalmanagement wurde schon im Jahr 2022 von der Gleichbehandlungsbeauftragten informiert, dass es am Landeskrankenhaus E* einen Vorfall gegeben habe, bei der eine Mitarbeiterin von einer Führungskraft aufgefordert worden sei, dass sie auf dem Tisch tanze. Es wurde das Thema bei der Gleichbehandlungsbeauftragten vermerkt.
Erst nach der ersten Kündigung, mit bereits erfolgter Dienstfreistellung bzw. Enthebung vom Dienst, erfuhr der Leiter Personalmanagement in einem persönlichen Gespräch mit der früheren Mitarbeiterin Mag. F*, dass der Kläger zu ihr gesagt hat: „Tanz für mich oben ohne auf dem Tisch.“ Sie hat ihm dies tränenüberströmt bei ihm im Büro erzählt und auf ihn sehr eingeschüchtert gewirkt. Ihr ging es um das persönliche Verhalten des Klägers. Sie habe Angst und sie empfinde das abwertend, knüpfe jetzt ihr Poloshirt bis oben hin zu. Sie hat ihm auch gesagt, sie halte das nicht mehr aus und wisse nicht mehr, wie das weitergehen solle. Sie sage ihm dies jetzt nur einmal und wolle es nie wieder wiederholen. Sie fühle sich eingeschüchtert.
Diese Mitarbeiterin hat bei einem Projekt mitgearbeitet, das der Kläger geleitet hat. Sie wollte dann eine Versetzung innerhalb der Abteilung Apotheke, was auch im Herbst 2023 umgesetzt wurde. Aufgrund dessen wurde dieses Projekt gestoppt, weil die Personalkapazität dann dort gefehlt hat. Diese Mitarbeiterin hat im Herbst 2024 gekündigt. Die Kündigung steht im Zusammenhang mit dem Kläger. Sie hat anlässlich einer Team-Supervision, bei der Mitarbeiterinnen im Jahr 2024 erzählt haben, was sie für Vorfälle mit dem Kläger erlebt haben, nicht teilgenommen, weil sie psychisch so belastet sei. Eine Woche später war sie im Krankenstand und wurde dies im Beisein eines Supervisors reflektiert in der Hoffnung, dass die Mitarbeiterin bleiben werde. Sie hat trotzdem kurz darauf gekündigt.
Im Jahr 2022 wusste der Leiter Personalmanagement nur etwas über „auf dem Tisch tanzen“. Erst im persönlichen Gespräch nach der ersten Kündigung erfuhr er den sexistischen Zusatz „oben ohne“. Der Kläger, der Mag. F* im Rahmen eines Projektes vorgesetzt war, hatte ihr konkret gesagt: „Tanz für mich oben ohne auf dem Tisch.“
Ebenfalls nach der ersten Kündigung hat der Zeuge von dem Vorwurf mit dem Klebeband erfahren. Er hatte Mag. G* eingeladen, weil er wissen musste, um was es jetzt tatsächlich geht. Nach der Zurücknahme der ersten Kündigung ist nämlich ein extremer Druck entstanden. Es war klar, das müsse jetzt zur Chefsache gemacht werden. Es entstand eine sehr hohe Konflikt-Dynamik. Von Mag. G* erfuhr der Leiter Personalmanagement in diesem Zusammenhang das sie selbst betreffende mit dem „Busen herausstrecken“ sowie das mit dem „Lecken“, „Reißen, Klebeband“, „Braten in der Röhre“, das andere Kolleginnen betroffen hat.
Das Ergebnis der Aufarbeitung wurde dann der Beklagtenvertretung übermittelt und in das Kündigungsschreiben eingearbeitet. Der Inhalt des Kündigungsschreibens enthält eine Aufzählung der die Ehre und Würde verletzenden, sexistischen und einschüchternden Äußerungen und das Ergebnis der nach der ersten Kündigung durchführen Aufarbeitung.
Über eine Kollegin, die wichtige Texte gegenliest und eine sehr gute Lektorin ist, meinte der Kläger: „Sie ist nicht nur eine gute Lektorin, sie kann auch sonst wohl gut lecken.“
Eine Kollegin hat ein Klebeband von einem Roller abgerissen. Der Kläger saß daneben und hat zu diesem Reißgeräusch so gestöhnt, als ob er einen Orgasmus bekäme.
Die frühere Mitarbeiterin Mag. F* hat er aufgefordert, „oben ohne auf dem Tisch zu tanzen“. Sie empfand das als abwertend, hatte Angst und sagte, sie knüpfe jetzt ihr Poloshirt bis oben hin zu.
Zu einer Kollegin, die gerade Medikamentenbestellungen vorgenommen hat, hat er gesagt „scharf sind auch die, die Viagra bestellen“.
Über eine schwangere Mitarbeiterin, der übel war, hat er gesagt, „die hat halt einen Braten in der Röhre“.
Mag. G* hat er sexistisch aufgefordert „sie soll den Busen nicht so herausstrecken“.
Dem Leiter Personalmanagement wurde aufgrund der von ihm geführten Einzelgespräche mit drei Mitarbeiterinnen vermittelt, dass ein Thema der Angst und Einschüchterungen vorliegt. Vor der ersten Kündigung wurde ihm nur mitgeteilt, dass es, immer noch unter der Wahrung der Anonymität, um ein Verhalten gehe, das die Mitarbeiterinnen als verbal übergriffig empfunden hätten und ein Klima der Angst erzeuge.
Die Gleichbehandlungsbeauftragte hatte ursprünglich mitgeteilt, dass es um die Apotheke gehe und um den Kläger. Da es dann nach der „Zurücknahme der ersten Kündigung“, gemeint wohl das Anerkenntnis der ersten Kündigungsanfechtung, zunehmend eine Dynamik in der Sache gegeben hat, hat er der Gleichbehandlungsbeauftragten angeboten, dass sie den betroffenen Mitarbeiterinnen seine Kontaktdaten zur Verfügung stellen könne und diese mit ihm das Gespräch suchen können. Das haben in weiterer Folge drei Mitarbeiterinnen gemacht. Dabei haben sie sich ihm gegenüber geöffnet und ihm diese Vorwürfe erzählt. Sie haben, nachdem die erste Kündigung zurückgezogen wurde, auch gesagt, „wie geht es jetzt weiter, wir halten das nicht mehr aus.“
Die Rechtsmittelwerberin argumentiert, das Erstgericht habe die getroffenen Negativfeststellungen lediglich damit begründet, es lägen nur Aussagen vom Hörensagen vor, da die Beklagte auf die Einvernahme der betroffenen Mitarbeiterinnen und weiterer Zeugen verzichtet habe. Auch wenn das Erstgericht die psychische Problematik erkannt habe, hätte es der Aussage des Leiters Personalmanagement und der Beilage ./6 mehr Gewicht zukommen lassen und die begehrten Feststellungen treffen müssen. Aus Beilage ./6 ergebe sich, dass Mag. G* „große Angst“ vor diesem „Mann mit den mehreren Gesichtern“ habe. Sie habe auch „Angst davor, später von ihm direkt belangt“ zu werden, weil er „ein Mensch sei, der niemals Ruhe geben werde“. Sie habe dem Beklagtenvertreter bei diesem Gespräch auch die Frage gestellt, ob sie verpflichtet sei, eine Zeugenaussage abzulegen und ob sie darauf „psychologisch vorbereitet“ werde.
Auch wenn sich das Gericht bei seiner Beweiswürdigung nicht mit jedem einzelnen Beweisergebnis auseinandersetzen müsse, lägen zu vier der oben genannten fünf, erstinstanzlich negativ festgestellten sexistischen und diskriminierenden Äußerungen des Klägers nur positive Beweisergebnisse vor; nämlich die Zeugenaussage des Leiters Personalmanagement und der vorgenannte Aktenvermerk des Beklagtenvertreters in Beilage ./6. Dem stehe kein widerstreitendes Beweisergebnis gegenüber. Inhaltlich gestützt würden diese Beweisergebnisse durch die Verwarnung vom 5.7.2023, (Beilage ./2), die Verständigung von der Kündigungsabsicht (Beilage ./7) und das eigentliche Kündigungsschreiben (Beilage ./4). Dazu habe der Kläger sogar wahrheitswidrig ausgesagt, ihm seien die inhaltlichen Gründe für die Kündigung nie mitgeteilt worden; zudem habe er nur einen der Vorwürfe bestritten.
2.1.Die gesetzmäßige Ausführung einer Beweisrüge verlangt vom Rechtsmittelwerber, dass er deutlich zum Ausdruck bringt, a) welche konkrete Feststellung bekämpft wird, b) infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, c) welche Feststellung begehrt wird und d) aufgrund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre (vgl RS0041835 [T4]).
2.2. Diesen Anforderungen wird die Beweisrüge teilweise nicht gerecht, da einerseits die Negativfeststellung zu einer Bemerkung während einer Rückstreckung nicht bekämpft wurde und andererseits der zu (1) bekämpften Feststellung keine begehrte Feststellung gegenüber steht, weshalb dieser Teil der Beweisrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt wurde. Der Beklagten ist jedoch beizupflichten, dass sich aus der vom Erstgericht getroffenen Feststellung zu (1) in der Gesamtbetrachtung nicht ableiten lässt, dass der Leiter Personalmanagement schon zu diesem Zeitpunkt März/April 2023 oder früher den Namen der Melderin wusste, sondern dient die vom Erstgericht erfolge namentliche Nennung wohl ausschließlich der Klarstellung, dass die zu diesem Zeitpunkt März/April 2023 bekannte Beschwerde diese Mitarbeiterin betraf.
2.3.Auch jener Teil der gewünschten Feststellungen zu (2), die nicht die von der Beklagten im Kündigungsschreiben behaupteten Äußerungen betreffen, insbesondere jene zum Ablauf der Geschehnisse, stehen nicht im erforderlichen Austauschverhältnis zu den bekämpften Feststellungen (RI0100145). Daher muss die Beweisrüge insoweit ebenfalls ins Leere gehen.
Ob dieser Teil des Rechtsmittels als Geltendmachung eines sekundären Feststellungsmangels zu qualifizieren ist, kann dahinstehen, da - wie noch ausgeführt wird – der Beweisrüge auch hinsichtlich der vom Erstgericht getroffenen Negativfeststellungen zu den behaupteten Äußerungen inhaltlich kein Erfolg beschieden ist; daher ist der zeitliche Ablauf rechtlich nicht relevant bzw. stünden die gewünschten Feststellungen (teilweise) im Widerspruch zu den übernommenen Sachverhaltsannahmen, sodass ein rechtlicher Feststellungsmangel erfolgreich nicht geltend gemacht werden kann (vgl RS0053317 [T1]).
2.4.Bei der Behandlung einer Beweisrüge ist zu überprüfen, ob das Erstgericht die ihm vorliegenden Beweisergebnisse nach der Aktenlage schlüssig gewürdigt hat (vgl RI0100099). Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, rechtfertigt die Annahme der Bedenklichkeit der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanz in aller Regel nicht. Vielmehr kann einer Beweisrüge erst dann Erfolg beschieden sein, wenn stichhaltige Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht angestellten Erwägungen ins Treffen geführt werden, da es gerade im Wesen der freien Beweiswürdigung liegt, einander widersprechende Beweisergebnisse gegeneinander abzuwägen und wertend zu gewichten (RS0043175). Dazu ist darzulegen, dass wenigstens bedeutend überzeugendere Beweisergebnisse für andere Feststellungen vorliegen (RI0100099).
2.5. Das Erstgericht hielt nachvollziehbar fest, es gebe keine Aussage einer Mitarbeiterin als direkte Zeugin oder Betroffene zu einer vom Kläger geäußerten (sexuell) belästigenden oder herabwürdigenden Bemerkung. Die vom Leiter Personalmanagement vorgenommene Einschätzung der Glaubwürdigkeit einer Person könne die gerichtliche Beweiswürdigung nicht ersetzen. Die Urkunden seien keinesfalls geeignet, den behaupteten Sachverhalt positiv festzustellen und habe der Kläger einen ruhigen, zum Teil selbst betroffenen Eindruck, gemacht, aus dem allein jedoch keine für oder gegen die Vorwürfe sprechende Überzeugung gewonnen werden habe können. Insgesamt habe mangels sicherer Beweisergebnisse der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden können.
2.6.Dem Beweis vom Hörensagen (Zeugenaussage über die Wahrnehmungen eines Dritten) ist im allgemeinen mit Vorsicht zu begegnen; er kann aber herangezogen werden, wenn kein unmittelbarer Beweis zur Verfügung steht und ist dann vom Richter frei zu würdigen (RS0114723; 6 Ob 22/17d; 7 Ob 301/00s).
In Einzelnen ist dem Rechtsmittel zu entgegnen:
Zunächst ist festzuhalten, dass die Sekretärin im Betriebsratsbüro nicht aussagte, eine Mitarbeiterin hätte ihr von einem Vorkommnis mit dem Kläger berichtet. Der Betriebsratsvorsitzende erzählte von Mag. F*, die ihm im März/April 2023 erbost erzählt hätte, es würden nunmehr längst 6-9 Monate vergangene Vorkommnisse („auf dem Tisch tanzen“) instrumentalisiert. Sie hätte die Angelegenheit mit dem Kläger geklärt und wäre es für sie erledigt. Genaueres konnte er nicht beitragen.
Der Leiter Personalmanagement hingegen gab an, im Herbst 2023 mit Mag. G*, Mag. F* und der Frau des direkten Vorgesetzten des Klägers sehr eindrückliche Gespräche geführt zu haben. Bei der Gattin des direkten Vorgesetzten des Klägers habe es sich nicht um anzügliche oder sexistische Äußerungen gehandelt. Sie habe sich in ihrer Fachapothekenstellung abgewertet geführt und es als verletzend empfunden, dass der Kläger in den Raum stelle, sie habe ihre Stelle nur aufgrund ihres Gatten. Mag. F* sei die Betroffene der Bemerkung „oben ohne tanzen“ und zum „Kleidungsstil“. Mag. G* sei die Betroffene der Bemerkung nach der Streckung ihres Rückens und einmal sei sie vom Kläger - während er die Tür blockiert habe - angeschrien worden, wodurch sie den Raum nicht verlassen habe können. Der Zeuge habe die Mitteilungen der beiden Mitarbeiterinnen als glaubwürdig erachtet.
Die Bemerkungen zur Lektorin, zum Reißgeräusch des Klebebands und zur schwangeren Mitarbeiterin seien von Mag. G* geschildert worden und beträfen andere Mitarbeiterinnen.
Damit stellen diese Schilderungen gegenüber dem Leiter Personalmanagement bereits „Hörensagen“ dar und gibt es dazu keine konkretisierenden Beweisergebnisse. Bei diesen Bemerkungen ist überhaupt nicht hervorgekommen, welche Mitarbeiterin es betroffen haben soll; zu jener Bemerkung bei der Medikamentenbestellung ergab die Beweisaufnahme überhaupt keine Ergebnisse.
Der Leiter Personalmanagement ist trotz umfangreicher Schilderung insgesamt zu den wesentlichen Fragen vage geblieben. Im Jahr 2022 sei er von der Gleichbehandlungsbeauftragten informiert worden, am LKH E* sei eine Mitarbeiterin von einer Führungskraft aufgefordert worden, auf dem Tisch zu tanzen. Namen seien nicht genannt worden, weshalb es nur vermerkt worden sei. Im Frühjahr 2023 sei er erneut von der Gleichbehandlungsbeauftragten kontaktiert worden, da zwei Mitarbeiterinnen bei ihr gewesen seien und es sich wieder um den gleichen Mitarbeiter handle. Parallel dazu sei er von der Personalabteilung E* von der „eskalativen“ Sitzung am 15.11.2022 informiert worden. Mag. G* sei bereits im Mai 2023 aus der Anonymität getreten, was ihm jedoch nicht mitgeteilt worden sei.
Somit ist im Beweisverfahren in keinster Weise hervorgekommen, welcher Mitarbeiterin gegenüber zu welchem Zeitpunkt bei welcher Gelegenheit der Kläger welche Äußerung getätigt haben soll. Schon unter diesem Gesichtspunkt kann der Aussage dieses Zeugen kein entscheidendes Gewicht zukommen. Zudem ist seine Schilderung, Mag. F* hätte wegen dem Kläger im Herbst 2024 gekündigt ohne weitere dies stützende Beweisergebnisse nicht völlig nachvollziehbar, da sie laut seinen Angaben bereits im Herbst 2023 versetzt worden sei und der Kläger ab 13.10.2023 dienstfreigestellt war. Der Whatsapp-Verkehr des Klägers mit Mag. F* legt wiederum eher ein kollegial-freundschaftliches Verhältnis im Zeitraum vom 17.10.2022 bis 16.5.2023 nahe (Beilage ./Y).
Auffallend ist ebenfalls das Fehlen bzw die unterlassene Vorlage jeglicher schriftlicher Dokumentation seitens der Beklagten zu den damaligen Gesprächen, Überlegungen und weiteren Schritten. Es handelt sich um verbale Äußerungen zu nicht eruierbaren Zeitpunkten seit 2022, weshalb naturgemäß die möglichst genauen Umstände, zu welcher Gelegenheit in welchem Kontext welche Aussage gefallen ist und in weiterer Folge wann der Beklagten welche Informationen vorlagen, wesentlich sind.
Im einem vor der ersten Kündigung verfassten E-Mail vom 25.8.2023 (Beilage ./X) schildert der Leiter Personalmanagement Beschwerden von drei Mitarbeiterinnen, die sich an die Personalleitung gewandt hätten. Seine Aussage, die Gespräche mit den drei Frauen hätten erst nach der „Zurücknahme der ersten Kündigung“ stattgefunden, überzeugt daher nicht; dies auch in Zusammenschau mit der Aussage des Betriebsratsvorsitzenden. Dieser gab dazu an, als der Leiter Personalmanagement am 24.8.2023 im Betriebsratsbüro gewesen sei, habe er von mehreren Vorfällen gesprochen und dass ihm die Damen „das Büro einrennen würden“.
Entgegen der Meinung der Berufungswerberin ist auch die Verwarnung kein überzeugendes Beweismittel, da ihr kein konkreter Sachverhalt zu entnehmen ist und der Zeitpunkt mehr als einen Monat nach der Mitarbeiterinnenbefragung liegt. Unklar blieb auch das konkrete Ergebnis dieser Befragung, deren Fragenkatalog nicht vorliegt.
Abgesehen davon, dass der Kläger die einzelnen Vorwürfe auch inhaltlich bestritt, kann nicht von einer objektiv wahrheitswidrigen Aussage seinerseits zur unterlassenen Mitteilung der Kündigungsgründe ausgegangen werden. Seine Aussage, diese Gründe seien ihm nicht mitgeteilt worden, kann problemlos auf eine von der Beklagten nicht durchgeführte mündliche Mitteilung bezogen werden. In der schriftlichen Ankündigung der Kündigung und dem Kündigungsschreiben sind sie ihm gegenüber erstmals explizit angeführt.
2.7. Die Beweiswürdigung des Erstgerichts ist daher insgesamt nicht zu beanstanden.
3. Zur Rechtsrüge
Die Beklagte argumentiert, sie habe mit Schriftsatz vom 12.2.2025 (ON 20) weiteres Vorbringen zum Betriebsklima erstattet, das vom Kläger nicht substantiiert bestritten worden sei. Das Erstgericht hätte „bei richtiger Beweiswürdigung und richtiger rechtlicher Beurteilung“ folgenden Sachverhalt ergänzend feststellen müssen, womit sich die Kündigung als begründet und berechtigt erweise:
„Der Kläger hat mit seinem Verhalten ein konstantes Gefühl der Angst und Bedrohung bei einigen Mitarbeiterinnen erzeugt. Er hat bis zuletzt mit seiner Uneinsichtigkeit dafür gesorgt, dass der Konflikt weiter eskaliert ist, und die Mitarbeiterinnen zunehmend verzweifelt sind. Ohne die Trennung vom Kläger wäre das Team in der Apotheke auseinandergebrochen, mit gravierenden Auswirkungen auf die intramurale pharmazeutische Versorgung der Krankenhäuser der Beklagten. Seit der Kläger nicht mehr im Team ist, hat sich die Situation beruhigt.“
3.1. Damit macht die Beklagte in der Beweisrüge erkennbar einen sekundären Feststellungsmangel geltend, dessen Geltendmachung der Rechtsrüge zuzuordnen ist(RS0043603 [T7]) .
Ein - wie von der Rechtsmittelwerberin ebenfalls argumentiert - Geständnis nach § 267 Abs 1 ZPO liegt unter sorgfältiger Berücksichtigung des gesamten Inhalt des gegnerischen Vorbringens nicht vor, da der Kläger die ihm vorgeworfenen Verhaltensweisen und Äußerungen ausdrücklich bestritten und zum Konflikt mit seinem Vorgesetzten sowie zum Bestreben der Beklagten, das Dienstverhältnis mit ihm zu beenden, gegenteiliges Vorbringen aufgestellt hat, wonach er die Tätigkeit seines direkten Vorgesetzten und dessen Ehefrau in derselben Apotheke kritiklos hinnehmen solle und die Beklagte seit einem Bericht seinerseits über Probleme im Arzneimittelinformationsteam aufgrund dieser Verbindung der beiden und weiterer Kritikpunkte versuche, ihn „loszuwerden“. Zu seinem Verhalten gebe es dem Personalleiter Ende Jänner 2023 überreichte wertschätzende Stellungnahmen von Mitarbeitern.
Die Feststellungsgrundlage ist nur dann mangelhaft, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind und dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahren zu prüfen waren. Werden aber zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Feststellungen getroffen, so ist es ein Akt der Beweiswürdigung, wenn die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen werden(RS0053317 [T3]).
Zunächst ist anzuführen, dass dieser Schriftsatz mit der Überschrift „Verzicht auf Zeugen“ mangels Vortrag in der Verhandlung keinen Eingang in das Verfahren gefunden hat. Selbst bei gegenteiliger Annahme stellen die als fehlend behaupteten Feststellungen lediglich eine Zusammenfassung der Auswirkungen des behaupteten, aber nicht nachweisbaren Verhalten des Klägers dar. Da ein nicht festgestelltes ungebührliches Verhalten auch nicht Niederschlag im Betriebsklima gefunden haben kann, ist ein sekundärer Feststellungsmangel jedenfalls zu verneinen.
4. Somit war der Berufung insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf §§ 2 Abs 1 ASGG, 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO. Aufgrund dieser Bestimmungen stehen dem Kläger die rechtzeitig und tarifmäßig verzeichneten Kosten seiner Berufungsbeantwortung zu.
Da eine Rechtsfrage mit der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zu lösen war, ist auszusprechen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig ist (§§ 2 Abs 1 ASGG, 500 Abs 2 Z 3, 502 Abs 5 Z 4 ZPO).