(1) Der Betriebsinhaber hat vor jeder Kündigung eines Arbeitnehmers den Betriebsrat zu verständigen, der innerhalb einer Woche hierzu Stellung nehmen kann.
(2) Der Betriebsinhaber hat auf Verlangen des Betriebsrates mit diesem innerhalb der Frist zur Stellungnahme über die Kündigung zu beraten. Eine vor Ablauf dieser Frist ausgesprochene Kündigung ist rechtsunwirksam, es sei denn, dass der Betriebsrat eine Stellungnahme bereits abgegeben hat.
(3) Die Kündigung kann beim Gericht angefochten werden, wenn
1. die Kündigung
a) wegen des Beitrittes oder der Mitgliedschaft des Arbeitnehmers zu Gewerkschaften;
b) wegen seiner Tätigkeit in Gewerkschaften;
c) wegen Einberufung der Betriebsversammlung durch den Arbeitnehmer;
d) wegen seiner Tätigkeit als Mitglied des Wahlvorstandes, einer Wahlkommission oder als Wahlzeuge;
e) wegen seiner Bewerbung um eine Mitgliedschaft zum Betriebsrat oder wegen einer früheren Tätigkeit im Betriebsrat;
f) wegen seiner Tätigkeit als Mitglied der Schlichtungsstelle;
g) wegen seiner Tätigkeit als Sicherheitsvertrauensperson, Sicherheitsfachkraft oder Arbeitsmediziner, als arbeitsmedizinischer Fachdienst oder als Fach- oder Hilfspersonal von Sicherheitsfachkräften oder Arbeitsmedizinern;
h) wegen der bevorstehenden Einberufung des Arbeitnehmers zum Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zuweisung zum Zivildienst (§ 12 Arbeitsplatzsicherungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 683);
i) wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer;
j) wegen seiner Tätigkeit als Sprecher gemäß § 177 Abs. 1
erfolgt ist oder
2. die Kündigung sozial ungerechtfertigt und der gekündigte Arbeitnehmer bereits sechs Monate im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, beschäftigt ist. Sozial ungerechtfertigt ist eine Kündigung, die wesentliche Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt, es sei denn, der Betriebsinhaber erbringt den Nachweis, dass die Kündigung
a) durch Umstände, die in der Person des Arbeitnehmers gelegen sind und die betrieblichen Interessen nachteilig berühren oder
b) durch betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegenstehen,
begründet ist.
(3a) Umstände gemäß Abs. 3 Z 2 lit. a, die ihre Ursache in einer langjährigen Beschäftigung als Nachtschwerarbeiter (Art. VII NSchG) haben, dürfen zur Rechtfertigung der Kündigung nicht herangezogen werden, wenn der Arbeitnehmer ohne erheblichen Schaden für den Betrieb weiter beschäftigt werden kann.
(3b) Umstände gemäß Abs. 3 Z 2 lit. a, die ihre Ursache in einem höheren Lebensalter eines Arbeitnehmers haben, der im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, langjährig beschäftigt ist, dürfen zur Rechtfertigung der Kündigung des älteren Arbeitnehmers nur dann herangezogen werden, wenn durch die Weiterbeschäftigung betriebliche Interessen erheblich nachteilig berührt werden. Bei älteren Arbeitnehmern sind sowohl bei der Prüfung, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, als auch beim Vergleich sozialer Gesichtspunkte der Umstand einer vieljährigen ununterbrochenen Beschäftigungszeit im Betrieb oder Unternehmen, dem der Betrieb angehört, sowie die wegen des höheren Lebensalters zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess besonders zu berücksichtigen. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt ihrer Einstellung das 50. Lebensjahr vollendet haben.
(3c) Hat der Betriebsrat gegen eine Kündigung gemäß Abs. 3 Z 2 lit. b ausdrücklich Widerspruch erhoben, so ist die Kündigung des Arbeitnehmers sozial ungerechtfertigt, wenn ein Vergleich sozialer Gesichtspunkte für den Gekündigten eine größere soziale Härte als für andere Arbeitnehmer des gleichen Betriebes und derselben Tätigkeitssparte, deren Arbeit der Gekündigte zu leisten fähig und willens ist, ergibt.
(4) Der Betriebsinhaber hat den Betriebsrat vom Ausspruch der Kündigung zu verständigen. Der Betriebsrat kann auf Verlangen des gekündigten Arbeitnehmers binnen einer Woche nach Verständigung vom Ausspruch der Kündigung diese beim Gericht anfechten, wenn er der Kündigungsabsicht ausdrücklich widersprochen hat. Kommt der Betriebsrat dem Verlangen des Arbeitnehmers nicht nach, so kann dieser innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf der für den Betriebsrat geltenden Frist die Kündigung selbst beim Gericht anfechten. Hat der Betriebsrat innerhalb der Frist des Abs. 1 keine Stellungnahme abgegeben, so kann der Arbeitnehmer innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung diese beim Gericht selbst anfechten; in diesem Fall ist ein Vergleich sozialer Gesichtspunkte im Sinne des Abs. 3c nicht vorzunehmen. Nimmt der Betriebsrat die Anfechtungsklage ohne Zustimmung des gekündigten Arbeitnehmers zurück, so tritt die Wirkung der Klagsrücknahme erst ein, wenn der vom Gericht hiervon verständigte Arbeitnehmer nicht innerhalb von 14 Tagen ab Verständigung in den Rechtsstreit eintritt. Hat der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung innerhalb der in Abs. 1 genannten Frist ausdrücklich zugestimmt, so kann der Arbeitnehmer innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung diese beim Gericht anfechten, soweit Abs. 6 nicht anderes bestimmt.
(4a) Bringt der Arbeitnehmer die Anfechtungsklage innerhalb offener Frist bei einem örtlich unzuständigen Gericht ein, so gilt die Klage damit als rechtzeitig eingebracht.
(5) Insoweit sich der Kläger im Zuge des Verfahrens auf einen Anfechtungsgrund im Sinne des Abs. 3 Z 1 beruft, hat er diesen glaubhaft zu machen. Die Anfechtungsklage ist abzuweisen, wenn bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein anderes vom Arbeitgeber glaubhaft gemachtes Motiv für die Kündigung ausschlaggebend war.
(6) Hat der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung innerhalb der in Abs. 1 genannten Frist ausdrücklich zugestimmt, so kann die Kündigung gemäß Abs. 3 Z 2 nicht angefochten werden.
(7) Gibt das Gericht der Anfechtungsklage statt, so ist die Kündigung rechtsunwirksam.
Rückverweise
ArbVG · Arbeitsverfassungsgesetz
§ 105 Anfechtung von Kündigungen
(1) Der Betriebsinhaber hat vor jeder Kündigung eines Arbeitnehmers den Betriebsrat zu verständigen, der innerhalb einer Woche hierzu Stellung nehmen kann. (2) Der Betriebsinhaber hat auf Verlangen des Betriebsrates mit diesem innerhalb der Frist zur Stellungnahme über die Kündigung zu beraten. Ein…
§ 107 Anfechtung durch den Arbeitnehmer
…sind, solche aber nicht bestehen, kann der betroffene Arbeitnehmer binnen zwei Wochen nach Zugang der Kündigung oder der Entlassung diese beim Gericht anfechten. § 105 Abs. 4a ist anzuwenden.…
§ 170 Bestimmungen in Zusammenhang mit COVID-19
…worden ist. (2) Der Fortlauf einer am 16. März 2020 laufenden oder nach diesem Tag zu laufen beginnenden Frist nach §§ 105 Abs. 4 oder 107 wird bis 30. April 2020 gehemmt. (3) Betriebsvereinbarungen nach § 97 Abs. 1 Z 13…
§ 106 Anfechtung von Entlassungen
…Verlangen des Betriebsrates mit diesem die Entlassung zu beraten. (2) Die Entlassung kann beim Gericht angefochten werden, wenn ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 105 Abs. 3 vorliegt und der betreffende Arbeitnehmer keinen Entlassungsgrund gesetzt hat. Die Entlassung kann nicht angefochten werden, wenn ein Anfechtungsgrund im Sinne des §…
BUAG · Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz
§ 13q Kündigung
…Kündigung, die der Arbeitgeber wegen der Inanspruchnahme von Überbrückungsgeld vor dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt ausspricht, kann bei Gericht angefochten werden. § 105 Abs. 5 ArbVG gilt sinngemäß.…
AVRAG · Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz
§ 15 Kündigung
…Anspruch genommenen Maßnahme nach den §§ 11 bis 14, 14c und 14d ausgesprochen wird, kann bei Gericht angefochten werden. § 105 Abs. 5 ArbVG gilt sinngemäß. Bei Maßnahmen nach den §§ 2, 2i, 11b, 14 Abs. 1 Z 2, 14c und 14d hat der…
§ 9 Sicherheitsvertrauenspersonen, Sicherheitsfachkräfte, Arbeitsmediziner
…vorzunehmen. Ist keine rechtzeitige Verständigung der Interessenvertretung der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber erfolgt, so verlängert sich die Anfechtungsfrist nach Abs. 2 oder § 105 ArbVG für die Sicherheitsvertrauensperson um den Zeitraum der verspäteten Verständigung, längstens jedoch auf ein Monat ab Zugang der Kündigung oder Entlassung. Die Rechte des Betriebsrates nach…
PBVG · Post-Betriebsverfassungsgesetz
§ 61 Rechtsstellung der Mitglieder der Organe der Jugendvertretung
… 4 und 6 ist sinngemäß anzuwenden. (4) Die Kündigung eines Arbeitnehmers kann gemäß § 72 Abs. 1 in Verbindung mit § 105 ArbVG auch mit der Begründung angefochten werden, daß der Grund zur Kündigung 1. in seiner früheren Tätigkeit als Mitglied eines Organs der Jugendvertretung, 2. in seiner…
ARG · Arbeitsruhegesetz
§ 12b Vorübergehend auftretender besonderer Arbeitsbedarf
…Aufstiegsmöglichkeiten und der Versetzung. Werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer deswegen gekündigt, können sie die Kündigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei Gericht anfechten. § 105 Abs. 5 ArbVG gilt sinngemäß. (4) Die Betriebsvereinbarung bzw. die schriftliche Einzelvereinbarung muss, sofern sie für wiederkehrende Ereignisse abgeschlossen wird, den Anlass umschreiben.…
TMSchG 2005 · Mutterschutzgesetz 2005 - TMSchG 2005, Tiroler
§ 22 § 22
…wegen eines beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen aufgeschobenen Karenzurlaubes kann innerhalb von zwei Wochen ab Zugang der Kündigung bei Gericht angefochten werden. § 105 Abs. 5 ArbVG gilt sinngemäß. Der Dienstgeber hat auf ein schriftliches Verlangen der Dienstnehmerin eine schriftliche Begründung der Kündigung auszustellen. Die Dienstnehmerin muss die schriftliche Begründung bei sonstigem…
§ 32 § 32
…Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes, so kann eine Kündigung wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Teilzeitbeschäftigung bei Gericht angefochten werden. § 105 Abs. 5 ArbVG gilt sinngemäß. Der Dienstgeber hat auf ein schriftliches Verlangen der Dienstnehmerin eine schriftliche Begründung der Kündigung auszustellen. Die Dienstnehmerin muss die schriftliche Begründung bei sonstigem…
Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz
§ 35d Kündigungs-, Entlassungsschutz und Schutz vor Benachteiligung
…in Abs. 1 angeführten Maßnahmen oder Rechte gekündigt oder entlassen worden zu sein, kann die Kündigung oder Entlassung bei Gericht angefochten werden. § 105 ArbVG gilt sinngemäß. (4) Dienstnehmerinnen oder Dienstnehmer, die ihren Anspruch auf das nach Kollektivvertrag zustehende Entgelt geltend machen, dürfen als Reaktion darauf nicht benachteiligt werden.…
§ 42a Höchstgrenzen der Arbeitszeit
…Aufstiegsmöglichkeiten und der Versetzung. Werden Dienstnehmerinnen oder Dienstnehmer deswegen gekündigt, können sie die Kündigung innerhalb einer Frist von zwei Wochen bei Gericht anfechten. § 105 Abs. 5 ArbVG gilt sinngemäß. (7) Diese Höchstgrenzen dürfen auch beim Zusammentreffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit Arbeitszeitverlängerungen nicht überschritten werden.…
§ 35b Schutzmaßnahmen für Sicherheitsvertrauenspersonen, Sicherheitsfachkräfte, Arbeitsmediziner
…vorzunehmen. Ist keine rechtzeitige Verständigung der Interessenvertretung der Dienstnehmer durch den Dienstgeber erfolgt, so verlängert sich die Anfechtungsfrist nach Abs. 2 oder § 105 ArbVG für die Sicherheitsvertrauensperson um den Zeitraum der verspäteten Verständigung, längstens jedoch auf ein Monat ab Zugang der Kündigung oder Entlassung. Die Rechte des Betriebsrates werden…
MSchG · Mutterschutzgesetz 1979
§ 15n Kündigungs- und Entlassungsschutz bei einer Teilzeitbeschäftigung
…dem Ablauf des vierten Lebensjahres des Kindes, kann eine Kündigung wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen Teilzeitbeschäftigung bei Gericht angefochten werden. § 105 Abs. 5 ArbVG gilt sinngemäß. Der Dienstgeber hat auf ein schriftliches Verlangen der Dienstnehmerin eine schriftliche Begründung der Kündigung auszustellen. Die Dienstnehmerin muss die schriftliche Begründung bei sonstigem…
§ 15b Aufgeschobene Karenz
…Vereinbarung mit dem neuen Dienstgeber. (7) Eine Kündigung wegen einer beabsichtigten oder tatsächlich in Anspruch genommenen aufgeschobenen Karenz kann bei Gericht angefochten werden. § 105 Abs. 5 ArbVG gilt sinngemäß. Der Dienstgeber hat auf ein schriftliches Verlangen der Dienstnehmerin eine schriftliche Begründung der Kündigung auszustellen. Die Dienstnehmerin muss die schriftliche Begründung bei sonstigem…