Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht hat durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Prantl als Vorsitzende sowie die Richter des Oberlandesgerichts Mag. Schallhart und Mag. Eppacher als weitere Mitglieder des Senats in der Rechtssache der klagenden Partei A* , vertreten durch Dr. Arnold Trojer, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei B* , vertreten durch Längle Fussenegger Simma Rechtsanwälte Partnerschaft in Dornbirn, wegen EUR 95.304,12 s.A., über die Berufung der klagenden Partei (Berufungsinteresse EUR 95.304,12 s.A.) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 16.3.2025, ** 11, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Der Berufung wird keine Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen der Beklagtenvertretung binnen 14 Tagen die mit EUR 3.883,62 (darin EUR 647,27 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Berufungsgegenständlich ist, ob der Beklagte als vertragserrichtender Notar und Treuhänder den Kaufpreis für eine Liegenschaft verspätet an den Verkäufer (Kläger) ausgezahlt hat und daher Verzugszinsen zu leisten hat.
Der Kläger war im Jahr 2018 Eigentümer einer Liegenschaft bestehend aus einem Grundstück und wollte diese verkaufen. Er nahm Kontakt mit einer Baufirma auf und bot dieser die Liegenschaft zum Kauf an. Die Baufirma gab in weiterer Folge ein Kaufanbot ab, das der Kläger am 19.3.2018 annahm.
Dieses lautete auszugsweise wie folgt:
„Baugrundstück GST-NR [...]
[…]
Kaufgegenstand ist die neue parzellierte Liegenschaft gemäß dem Lageplan vom 24.11.2017 von [Vermessungsfirma], Umlegung Siedlungsgebiet [...] aus der Liegenschaft GST-NR [...] mit der Gesamtfläche von 1.657 m². Für den Kaufgegenstand sind wir bereit, den Gesamtkaufpreis in Höhe von EUR 977.630,-, das sind EUR 590,- pro m² zu bezahlen.
Der Kostenbeitrag für Umwidmung und Erschließung für die Gemeinde [...] von EUR 41.425,-- [wird] von uns bezahlt. Wir werden diesen Betrag der Gemeinde […] bezahlen. Der Kauf der Liegenschaft setzt die Erfüllung folgender Bedingungen voraus:
- Die Widmung als Bau-Misch-Gebiet sowie ausreichende rechtlich gesicherte Zufahrt.
- Die Freiheit von Kontaminationen und Altlasten.
- Die Lastenfreiheit der genannten Liegenschaften von bücherlichen und außerbücherlichen Lasten.
- Die Umwidmung in Bau-Wohngebiet.
[…]
Die Vertrags- und Treuhandabwicklung erfolgt durch Notar [der Beklagte].“
In der Folge wurde der Beklagte vom Kläger und der Baufirma mit der Errichtung eines Kaufvertrages und der treuhändigen Abwicklung beauftragt.
Der Kläger und die Baufirma unterfertigten am 02.05.2018 in den Räumlichkeiten der Baufirma einen Kaufvertrag, nachdem der Beklagte diesen vorgelegt hatte.
Der Vertrag lautet auszugsweise wie folgt:
„I. Grundbuchsstand; Umlegungsverfahren
1. […]
2. Der Grundbuchsstand […] stellt sich dar wie in Beilage ./I.
Ansonsten ist diese Liegenschaft frei von […] Lasten.
3. Diese Liegenschaft ist laut rechtsgültigem Flächenwidmungsplan […] derzeit teilweise als „Baufläche-Erwartungsland“ und teilweise als „Freifläche-Freihaltegebiet“ gewidmet. Die Liegenschaft GST-NR […] befindet sich derzeit in einem Umlegungsverfahren aufgrund des Raumplanungsgesetzes. Diesem Umlegungsverfahren ist der Lageplan vom 24.11.2017, [Vermessungsfirma], zugrunde gelegt. Es handelt sich dabei um das Umlegungsverfahren „Siedlungsgebiet […]“. Auf Grundlage dieser Planurkunde soll sodann aus der bestehenden GST-NR […] eine Bauliegenschaft mit insgesamt 1.657 m² hervorgehen.
II. Kaufabrede
[Der Kläger] verkauft und übergibt hiermit seine Liegenschaft GST-NR […] an die [Baufirma], die diese Liegenschaft kauft und in ihr Alleineigentum übernimmt.
III. Kaufpreis
1. Als Kaufpreis wird […] ein Pauschalbetrag in Höhe von EUR 977.630,- vereinbart. […]
2. Dieser Kaufpreis ist binnen 14 Tagen nach allseitiger Unterfertigung dieses Vertrages […] zur treuhändigen Bezahlung an den Urkundenverfasser und Treuhänder [den Beklagten], und zwar auf das von ihm bekanntzugebende Treuhandkonto bei der C* AG fällig. Schuldbefreiende Wirkung tritt nur durch Überweisung auf das genannte Treuhandkonto ein. Im Falle des Zahlungsverzuges hat die Käuferin [Baufirma] Verzugszinsen in Höhe von 4 % p.a. zu leisten.
3. Der Treuhänder wird von sämtlichen Vertragsparteien – einseitig, unwiderruflich und auch über deren allfälligen Tod hinaus - beauftragt, den Treuhanderlag inklusive der auf dem Treuhandkonto aufgelaufenen Guthabenzinsen und abzüglich der Kapitalertragsteuer und der Kontoführungsspesen sowie der Immobilienertragssteuer an den Verkäufer [Kläger] auf ein von ihm bekanntzugebenes, inländisches Bankkonto zu überweisen, sobald die Käuferin [Baufirma] – mit Ausnahme von Belastungen, die auf ihre eigene Veranlassung hin im Grundbuch eingetragen wurden – lastenfrei Eigentümerin des aus dem Umlegungsverfahren hervorgehenden Grundstückes ist. Die Rechtskraft des Verbücherungsbeschlusses ist nicht abzuwarten.
[…]
V. Rücktrittsrecht
Für den Fall, dass das Umlegungsverfahren gemäß § 44 Raumplanungsgesetz eingestellt wird oder aufgrund des Ergebnisses des Umlegungsverfahrens das an die Stelle von Gst.Nr. […] tretende Grundstück nicht dem aus der Beilage II. ersichtlichen Grundstück entspricht, steht der Käuferin das Recht zu, den Rücktritt von diesem Kaufvertrag zu erklären und Rückabwicklung zu verlangen, wobei der rückzuerstattende Kaufpreis wertzusichern ist. Wertmesser ist der […] Verbraucherpreisindex 2015. […] Zuzüglich zu vorgenanntem Kaufpreis ist im Falle der Ausübung des Rücktrittsrechtes seitens des Verkäufers der von der Käuferin an die Gemeinde […] geleistete Kostenbeitrag für die Umwidmung und Erschließung im Betrag von € 41.425,-- rückzuerstatten, dieser Betrag ist ebenfalls wertzusichern.“
Die Parteien dieses Kaufvertrages gingen damals nach entsprechender Informationen durch die Gemeinde davon aus, dass das Umlegungsverfahren rasch abgeschlossen sein werde und teilten dies auch dem Beklagten mit. Daher überwies die Baufirma am 16.05.2018 den Kaufpreis, der am 17.05.2018 dem Treuhandkonto gutgeschrieben wurde. Die Baufirma war lediglich am Kauf eines Baugrundstückes interessiert.
Über Antrag der Gemeinde leitete die Landesregierung mit Verordnung vom 28.06.2019 ein Umlegungsverfahren nach den Bestimmungen der §§ 41 ff RPG ein. Das Umlegungsverfahren wurde im Grundbuch angemerkt.
Tatsächlich zog sich das Umlegungsverfahren in die Länge, weil eine Partei des Umlegungsverfahrens Rechtsmittel erhob. Dies führte dazu, dass der zunächst erlassene Umlegungsbescheid vom 12.01.2021 (ergänzt durch den Bescheid vom 02.02.2021) nicht sogleich in Rechtskraft erwuchs.
Nachdem die Gemeinde die Baufirma schriftlich darüber informiert hatte, dass sowohl der VfGH als auch der VwGH den Umlegungsbescheid bestätigt hatten, wurde der Beklagte am 09.02.2024 von der Baufirma darüber informiert. Er forderte daraufhin von der Landesregierung eine Ausfertigung des rechtskräftigen Bescheides an und veranlasste am Freitag, den 16.02.2024, die Überweisung des Kaufpreises abzüglich Steuern und Gebühren in Höhe von EUR 794.201,-- an den Kläger. Die Zahlung langte am Montag, 19.02.2024, auf dem Konto des Klägers ein.
Bereits am 18.9.2018 wurde das Eigentumsrecht der Baufirma an der Liegenschaft einverleibt. Der Beklagte ging damals noch davon aus, dass das Umlegungsverfahren schnell abgewickelt werden würde. Außerdem sollte dadurch der Baufirma eine Parteistellung im Umlegungsverfahren verschafft werden. Schließlich – so die Überlegung des Beklagten – könnte nach Abschluss des Umlegungsverfahrens der Kaufpreis sogleich an den Kläger ausbezahlt werden.
Hätte die Baufirma gewusst, dass das Umlegungsverfahren erst im Jahr 2024 rechtskräftig abgeschlossen ist, hätte sie den Kaufpreis nicht bereits 14 Tage nach Unterfertigung des Kaufvertrages an den Beklagten überwiesen. Stattdessen hätte sie entweder eine Bankgarantie gelegt oder den Abschluss eines Optionsvertrages in Erwägung gezogen. Die Baufirma wollte die Liegenschaft möglichst rasch bebauen.
Noch im Jahr 2018 wandte sich der Kläger an die Baufirma mit dem Anliegen, dass der Kaufpreis ausbezahlt werden möge. Letztere erklärte, dass man bis zum Abschluss des Umlegungsverfahrens zuwarten müsse, da sie Bauland erwerben wolle.
Von diesem im Berufungsverfahren nicht mehr strittigen Sachverhalt ist auszugehen.
Mit seiner Klage vom 20.11.2024 begehrt der Klägervom Beklagten Verzugszinsen in Höhe von 4 % aus EUR 794.201,-- für drei Jahre, sohin EUR 95.304,12 samt 4 % Zinseszinsen seit 3.4.2024. Die Baufirma habe am 18.9.2018 grundbücherlich lastenfreies Eigentum an der Liegenschaft erworben. Mit diesem Datum sei die Auszahlung des Treuhanderlags fällig gewesen. Der Beklagte habe sich ab diesem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger in Schuldnerverzug befunden und habe den Treuhanderlag erst am 16.2.2024 überwiesen. Der Beklagte habe seine Verpflichtung aus der Treuhandvereinbarung verletzt. Nach § 918 und § 1333 iVm § 1000 ABGB habe der Kläger Anspruch auf gesetzliche Zinsen.
Der Beklagte habe gegenüber dem Kläger seine Informations-, Aufklärungs- und Warnpflichten verletzt. Der Kläger sei der Meinung gewesen, dass er mit lastenfreier Eintragung der Baufirma im Grundbuch den Treuhanderlag erhalte. Dies habe der Absicht beider Vertragsparteien entsprochen. Dies ergebe sich aus Pkt V. des Kaufvertrags. Dort sei ein Rücktrittsrecht samt Rückzahlungsverpflichtung durch den Kläger für den Fall des Scheiterns des Umlegungsverfahrens vereinbart worden. Aufgrund eines Irrtums des Beklagten sei der Baufirma außerdem überschießend eine - im Umlegungsverfahren nicht in Bauland umgewidmete – Restfläche der Liegenschaft des Klägers einverleibt worden. Die Baufirma sei hinsichtlich dieser Fläche mit der Rückabwicklung einverstanden.
Der Beklagte bestritt, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und wendete ein, dass das ursprüngliche Grundstück teilweise als Baufläche-Bauerwartungsland und teilweise als Freifläche-Freihaltegebiet gewidmet gewesen sei und eine Größe von 2.592 m² gehabt habe. Nach dem Willen der Vertragsparteien sollte das aus dem behängenden Umlegungsverfahren hervorgehende Grundstück in Gestalt einer Baufläche im Ausmaß von 1.657 m² Gegenstand des Kaufvertrags sein. Die Eigenschaft als Baufläche und die vereinbarte Grundstücksgröße seien die Grundlage für die Einigung der Vertragsparteien gewesen. Da sich das Umlegungsverfahren verzögert habe, sei die Baufirma nicht lastenfreie Eigentümerin des aus dem Umlegungsverfahren hervorgehenden Grundstücks geworden. Der Beklagte habe keine Pflichten verletzt. Die Verzögerungen seien weder in der Sphäre des Beklagten entstanden, noch treffe diesen ein Verschulden. Der Beklagte als Treuhänder sei nicht Schuldner des Klägers, sondern lediglich Verwahrer. Die Bedingung nach Pkt III.3. des Kaufvertrags sei zunächst nicht erfüllt gewesen. Hinsichtlich der behaupteten Falschberatung bei der Vertragserrichtung sei nicht klar, worin das rechtmäßige Alternativverhalten des Beklagten bestehen hätte sollen. Wäre der Ausgang des Umlegungsverfahrens ungewiss gewesen, hätte der Kläger ebenfalls keine frühere Auszahlung erhalten. In diesem Fall wäre eine andere Vertragskonstruktion gewählt worden. Dem Kläger sei kein Schade entstanden. Ansprüche aus einer allfälligen Falschberatung im Jahr 2018 seien als Primärschaden bereits verjährt. Die klagsgegenständliche Zinsforderung sei auch der Höhe nach teilweise verjährt.
Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf es folgende weitere Feststellungen, wobei die vom Kläger als unrichtig gerügte Feststellung in Fettdruck wiedergegeben wird:
Der Beklagte übermittelte den Entwurf eines Kaufvertrags vorab an den Kläger. In den Kanzleiräumlichkeiten des Beklagten erläuterte der Beklagte dem Kläger über dessen Ersuchen den Vertrag, insbesondere auch die Passage betreffend das Rücktrittsrecht. Zudem erklärte er dem Kläger, dass der Kaufpreis nach Beendigung des Umlegungsverfahrens bezahlt werde.
In rechtlicher Hinsichtführte das Erstgericht aus, dass eine Verletzung der Treuhandpflichten den Treuhänder schadenersatzpflichtig mache. Die Vertragsauslegung nach §§ 914 ff ABGB ergebe jedoch, dass Kaufgegenstand nicht die gesamte Liegenschaft gewesen sei, sondern eine als Bauland gewidmete Teilfläche von 1.657 m², die aus dem anhängigen Umlegungsverfahren erst hervorgehen sollte. Der Kaufvertrag habe darauf gezielt, der Baufirma ein Baugrundstück zu verschaffen. Daher sei der rechtskräftige Abschluss des Umlegungsverfahrens notwendige Bedingung für die Zahlung des Kaufpreises gewesen. Die Rücktrittsmöglichkeit nach Pkt V. des Kaufvertrags sei zwar ein Indiz, dass der Kaufpreis bereits vor rechtskräftiger Erledigung des Umlegungsverfahrens zur Auszahlung gelangen sollte. Die explizite Anweisung an den Treuhänder sei allerdings anders formuliert gewesen. Dazu komme, dass die Baufirma mit einer Auszahlung des Kaufpreises vor Abschluss des Umlegungsverfahrens nicht einverstanden gewesen sei, sodass der Beklagte mit einem Konflikt zwischen den Treugebern konfrontiert gewesen sei. Zu einem Erlag bei Gericht sei der Beklagte nicht verpflichtet gewesen.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Berufung des Klägers aus den Rechtsmittelgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit einem auf Klagsstattgebung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben und macht seinerseits einen sekundären Feststellungsmangel geltend.
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Zur Beweisrüge:
1.1 Anstelle der oben in Fettdruck wiedergegebenen Feststellung begehrt der Kläger festzustellen wie folgt:
„Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Kläger tatsächlich darüber aufgeklärt hat, dass der Kaufpreis erst nach Beendigung des Umlegungsverfahrens bezahlt werde, und es kann nicht festgestellt werden, ob der Kläger diese Erklärung des Beklagten in Zusammenhang mit den sonstigen Formulierungen im Kaufvertrag und mit der schriftlich vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung richtig verstanden hat.“
Es sei wenig glaubwürdig, dass sich der Beklagte ohne Aktenvermerk sechs Jahre nach Vertragserrichtung noch an diese Aufklärung erinnern könne. Auch stelle sich die Frage, warum der Vertrag diesbezüglich nicht konkreter gefasst worden sei und warum im Widerspruch dazu eine Rücktrittsmöglichkeit in den Vertrag Eingang gefunden habe.
1.2 Richtig ist, dass der Beklagte zum Aufklärungsgespräch keinen Aktenvermerk vorlegen konnte. Er konnte den Termin allerdings mit einem Kalendereintrag untermauern (PV Beklagter ON 7.3, S 14). Es ist nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht den Angaben des Beklagten zu diesem Beratungsgespräch folgte. Im Übrigen kann auf die nachvollziehbare Beweiswürdigung auf S 11 bis 12 des erstinstanzlichen Urteils verwiesen werden (§ 500a ZPO). Die bekämpfte Feststellung ist nicht korrekturbedürftig. Darüber hinaus würden auch die vom Kläger gewünschten (Negativ)Feststellungen zu keinem anderen rechtlichen Ergebnis führen (siehe unten Punkt 2.10).
2. Zur Rechtsrüge:
2.1 Der Kläger macht geltend, dass der rechtskräftige Abschluss des Umlegungsverfahrens nicht Bedingung für die Auszahlung des Treuhanderlags gewesen sei. Voraussetzung für den Kauf sei laut Kaufanbot nur die Verschaffung von Bau-Mischgebiet gewesen. Die Rücktrittsklausel in Pkt V. des Kaufvertrags widerspreche einer bedingten Auszahlung des Treuhanderlags. Auch der Kaufvertrag sei nicht aufschiebend bedingt zustande gekommen. Die Auskunft des Beklagten an den Kläger, dass der Kaufpreis erst nach Beendigung des Umlegungsverfahrens ausbezahlt werde, widerspreche der Absicht beider Parteien. Die Vertragsformulierung spreche für eine unbedingte Auszahlungsverpflichtung des Beklagten unmittelbar nach Verbücherung, weil beide Vertragsparteien ohnehin mit einem positiven Abschluss des Umlegungsverfahrens gerechnet hätten. Das Erstgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, wie ein redlicher Erklärungsempfänger den Kaufvertrag verstanden hätte. Ein redlicher Erklärungsempfänger wäre davon ausgegangen, dass der Kaufpreis bereits ab der lastenfreien Eintragung im Grundbuch zur Auszahlung fällig gewesen sei. Dazu komme, dass laut Kaufvertrag nur eine Fläche von 1.657 m² verkauft worden sei, die Baufirma mit Einverleibung vom 18.9.2018 jedoch Eigentum an der Gesamtfläche des ursprünglichen Grundstücks erworben habe (2.592 m²). Umso weniger hätte der Treuhandbetrag zurückbehalten werden dürfen.
Wäre die Auszahlungsbefugnis tatsächlich unklar gewesen, hätte der Beklagte den Treuhanderlag gerichtlich hinterlegen können. Durch die Rücktrittsklausel unter Pkt V. sei die Käuferin einseitig begünstigt worden. Die Auszahlungsbedingungen seien vom Beklagten unklar formuliert worden. Zu seinen Lasten sei davon auszugehen, dass er den Treuhanderlag sogleich nach grundbücherlicher Durchführung auszahlen hätte müssen (§ 915 ABGB).
Dazu ist zu erwägen:
2.2 Es sind zwei Vertragsverhältnisse zu unterscheiden: Der zwischen dem Kläger und der Baufirma abgeschlossene Kaufvertrag und die zwischen dem Kläger, der Baufirma und dem beklagten Notar abgeschlossene Treuhandvereinbarung .
Der Begriff der Treuhand ist im österreichischen Recht nicht geregelt, sein Inhalt richtet sich im Einzelnen nach den Parteienvereinbarungen (RS0010444 [T12]). Die – hier vorliegende – mehrseitige Treuhand dient der Zug-um-Zug-Erfüllung synallagmatischer Verträge, insbesondere von Liegenschaftskaufverträgen. Der die Treuhandabrede verfassende Treuhänder muss dafür sorgen, dass diese ihren Zweck erfüllt, und hat den Abwicklungsmodus exakt zu regeln (vgl Rubin in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.03 § 109 Rz 80).
Beim Abschluss der Treuhandabrede ist besonderes Augenmerk auf die Formulierung der Auszahlungsbedingungen zu legen. Diese sind möglichst genau und unmissverständlich zu formulieren, da der Treuhänder zur selbstständigen Beurteilung hinsichtlich ihres Vorliegens verpflichtet ist. Maßgebend für die Befugnis des Treuhänders zur Auszahlung der Treuhandvaluta ist, dass alle in der Treuhandabrede vereinbarten Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu kann auch ein rechtskräftiger Bewilligungsbescheid einer Behörde gehören (vgl Urbanek , Die treuhändige Abwicklung von Liegenschaftskaufverträgen durch Notare und Rechtsanwälte, Wien 1999, 125 f).
2.3 Mit dem Beklagten ist zunächst davon auszugehen, dass er nicht Schuldner aus dem Kaufvertrag war. Sehr wohl war er jedoch Schuldner des Klägers aus der Treuhandvereinbarung. Der Beklagte war verpflichtet, nach Vorliegen der Auszahlungsbedingungen den Treuhanderlag an den Kläger auszufolgen. Sollte ein Verzug vorgelegen haben, kämen Verzugszinsen nach § 918 und § 1333 Abs 1 iVm § 1000 Abs 1 ABGB grundsätzlich in Betracht.
2.4 Hier ist die Auslegung der in Pkt III.3. des Kaufvertrags vereinbarten Auszahlungsbedingungen strittig. Demnach war der Treuhänder beauftragt, den Treuhanderlag an den Kläger zu überweisen, sobald die Baufirma lastenfrei Eigentümerin des aus dem Umlegungsverfahren hervorgehenden Grundstücks ist, wobei die Rechtskraft des Verbücherungsbeschlusses nicht abzuwarten war.
Unter Pkt I.3. des Kaufvertrags war festgehalten, dass ein Umlegungsverfahren behängt und aus dem bestehenden Grundstück des Klägers (mit einer Gesamtfläche von 2.592 m² – Grundbuchsauszug in Beilage ./1) eine Bauliegenschaft mit insgesamt 1.657 m² hervorgehen soll.
In Punkt V. des Kaufvertrags wurde der Baufirma für den Fall des Scheiterns des Umlegungsverfahrens der Rücktritt vom Vertrag eingeräumt und der Kläger zur Rückerstattung des Kaufpreises samt Wertsicherung verpflichtet.
2.5 Zu welchem Zeitpunkt der Beklagte zur Ausfolgung des Treuhanderlags an den Kläger verpflichtet war, ist durch Vertragsauslegung zu lösen.
Bei der Auslegung von Verträgen nach § 914 ABGB ist ausgehend vom Wortlaut der Vereinbarung die Absicht der Parteien zu erforschen. Lässt sich einer vom objektiven Erklärungswert abweichender Wille der Parteien nicht feststellen (RS0017915 [T28], RS0017834), ist der Vertrag unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs (vgl RS0017902) und der Übung des redlichen Verkehrs (vgl RS0017781) so auszulegen, wie er für einen redlichen und verständigen Empfänger zu verstehen war (vgl RS0113932). Nach der Unklarheitenregelung des § 915 ABGB gehen undeutliche Äußerungen zum Nachteile desjenigen, der sich derselben bedient hat.
Die Treuhandabrede ist, soweit sie Auslegungsspielräume belässt, nach Maßgabe des abzuwickelnden Grundgeschäfts auszulegen ( Rubin in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.03§ 102 Rz 171 [Stand 1.3.2017, rdb.at]). Die Treuhandverpflichtung ist jedenfalls und auch vorrangig nach dem Zweck des Treuhandgeschäfts zu beurteilen (RS0107334 [T2]).
2.6 Aus diesen Rechtsgrundsätzen folgt zunächst, dass der vom Kläger behauptete sekundäre Feststellungsmangel nicht vorliegt. Wie ein redlicher Erklärungsempfänger die Auszahlungsbedingungen verstanden hätte, ist keine Tat-, sondern Rechtsfrage.
2.7 Nicht richtig ist, dass Kaufbedingung das Vorliegen von Bauland-Mischgebiet gewesen sei. Bereits im Kaufanbot vom 19.3.2018 wurde die Umwidmung in Bau-Wohngebiet als ausdrückliche Bedingung genannt.
Sowohl aus der Kaufabrede Pkt I.3. als auch aus der Treuhandvereinbarung Pkt III.3. des Kaufvertrags ergibt sich klar, dass die Baufirma nur ein Baugrundstück erwerben wollte, und zwar jenes, das aus der bestehenden Liegenschaft durch das Umlegungsverfahren hervorgehen sollte.
Der Vertragsformulierung ist zu entnehmen, dass das kaufgegenständliche Grundstück rechtlich noch gar nicht existent war ( „des aus dem Umlegungsverfahren hervorgehenden Grundstücks“ ). Dieser Umstand wurde nur dadurch verschleiert, dass – irrtümlich – vorzeitig das gesamte klägerische Grundstück der Baufirma einverleibt wurde (siehe Pkt II. und IX. des Kaufvertrags). Der Kläger bringt dazu selbst vor, dass diese Übertragung überschießend gewesen sei. Nur aufgrund dessen konnte die Baufirma überhaupt grundbücherliche Eigentümerin noch vor rechtskräftigem Abschluss des Umlegungsverfahrens werden. Richtigerweise hätte das Umlegungsverfahren abgewartet werden müssen, damit das Teilgrundstück, das erst aus dem Umlegungsverfahren hervorgehen sollte, überhaupt grundbücherlich auf die Baufirma übertragen werden hätte können.
Für einen redlichen Erklärungsempfänger war daher klar, dass die Rechtskraft des Umlegungsverfahrens abgewartet werden musste, bevor der Kaufpreis fließen sollte.
Dass der Beklagte die Treuhandvaluta nicht vor Rechtskraft des Umlegungsverfahrens an den Kläger auszahlen durfte, ergibt sich auch aus seiner Pflicht, die Interessen nicht nur eines, sondern beider Treugeber zu wahren (RS0107334). Hätte der Beklagte dem Kläger schon vor Abschluss des Umlegungsverfahrens den Kaufpreis ausgefolgt, wären die Interessen der Baufirma massiv beeinträchtigt gewesen. Hätte der Kläger zB, wie von ihm beabsichtigt, den Kaufpreis sogleich weitergeschenkt, hätte die Baufirma trotz ihres Rücktrittsrechts diesen Betrag nur mehr erschwert vom Kläger einbringlich machen können.
Daraus folgt, dass auch aus der Unklarheitenregelung des § 915 ABGB für den Kläger nichts zu gewinnen ist. Eine frühzeitige Auszahlung des Kaufpreises an den Kläger wäre nämlich nicht zu Lasten des Beklagten, sondern der Baufirma gegangen. Die Formulierung der Treuhandabrede ist in rechtlicher Hinsicht zudem nicht (alleine) der Baufirma, sondern auch dem Kläger zuzurechnen, weil auch dieser den Beklagten mit der Formulierung der Treuhandabrede beauftragt hatte.
2.8 Pkt V. des Kaufvertrags steht dieser Auslegung nicht entgegen. Vertraglich war ein Rücktrittsrecht der Baufirma bei Scheitern des Umlegungsverfahrens vorzusehen, da ansonsten der Kaufvertrag trotz Wegfalls der Geschäftsgrundlage aufrecht geblieben wäre. Die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers hätte in diesem Fall der Beklagte erfüllt, indem dieser den noch auf dem Treuhandkonto erliegenden Kaufpreis an die Baufirma rücküberwiesen hätte.
Für die hier zu klärende Rechtsfrage ist unerheblich, ob die vereinbarte Wertsicherung für den Kläger möglicherweise benachteiligend war. Das Rücktrittsrecht und die Wertsicherung wurden ohnehin nie schlagend.
2.9 Es lag daher weder ein objektiver noch ein subjektiver Zahlungsverzug nach § 918 ABGB von Seiten des Beklagten vor. Der Kläger kann keine Verzugszinsen verlangen.
2.10 Auch aus schadenersatzrechtlicher Sicht ist für den Kläger nichts zu gewinnen. Wie bereits dargelegt, durfte der Beklagte den Treuhanderlag erst nach Abschluss des Umlegungsverfahrens auszahlen, es lag kein schuldhafter Verzug vor.
Auch eine andere Formulierung der Auszahlungsbedingungen oder eine andere Aufklärung des Klägers hätten zu keinem anderen Ergebnis geführt.
Wären die Auszahlungsbedingungen genauer definiert worden, hätte dort der Absicht der Parteien entsprechend aufgenommen werden müssen, dass die Auszahlung erst nach Rechtskraft des Umlegungsverfahrens erfolgt. Ansonsten hätte die Baufirma dem Kaufvertrag und der Treuhandabwicklung nicht zugestimmt (dislozierte Feststellung US 16 iVm US 10 zweiter Absatz).
Der Kläger macht auch nicht geltend, dass er bei entsprechender Aufklärung den Kaufvertrag nicht abgeschlossen und einen besseren Käufer gefunden hätte. Dafür gibt es auch keinerlei Anhaltspunkte. Auch ein anderer Käufer hätte den gewünschten Kaufpreis nur für Bauland gezahlt und hätte das Umlegungsverfahren abgewartet werden müssen, sodass auch hier der Geldbetrag nicht früher für eine allfällige Veranlagung zur Verfügung gestanden wäre. Einer ausdrücklichen Feststellung, dass dem Kläger kein Schade entstanden sei, bedarf es daher nicht (sekundärer Feststellungsmangel in der Berufungsbeantwortung).
Der Kläger behauptete auch nicht und liegen dafür keine Anhaltspunkte vor, dass er bessere Zinsen erhalten hätte, wenn der Treuhandbetrag nach § 1425 ABGB gerichtlich hinterlegt worden wäre. Zur Erzielung banküblicher Zinsen war der Treuhänder ohnehin verpflichtet ( Urbanek , Die treuhändige Abwicklung von Liegenschaftsverträgen durch Notare und Rechtsanwälte, Wien 1999, S 123).
2.11 Die angefochtene Entscheidung war zu bestätigen und dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
3. Zur Kostenentscheidung und Revisionszulässigkeit:
3.1 Die Kostenentscheidung im Berufungsverfahren stützt sich auf §§ 50, 41 ZPO. Der Beklagte hat die Kosten der Berufungsbeantwortung richtig verzeichnet.
3.2 Rechtsfragen erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO waren nicht zu lösen. Die Auslegung einer Treuhandvereinbarung unterliegt wie die Vertragsauslegung allgemein der Einzelfallbeurteilung (RS0112106 [T19], RS0044358 [T34]).
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