Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag. Wieland und Mag a . Haas in der Strafsache gegen A*wegen des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 12 dritter Fall, 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB nach öffentlicher Verhandlung am 23. September 2025 in Anwesenheit der Oberstaatsanwältin Mag a . Dexer sowie des Angeklagten und seines Verteidigers Rechtsanwalt Mag. Beck über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 14. Februar 2025, GZ **-23, zu Recht erkannt:
Auf die Berufung wegen Nichtigkeit wird keine Rücksicht genommen.
Der Berufung wegen der Aussprüche über die Schuld und die Strafe wird mit der Maßgabe nicht Folgegegeben, dass die Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 15. April 2025, GZ **-47, in Verbindung mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 16. Juli 2025, AZ 10 Bs 141/25y, als Zusatzstrafe zu gelten hat.
Der Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche wird Folge gegeben, das Adhäsionserkenntnis aufgehoben und die Privatbeteiligte B* GmbH mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am ** geborene A* des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 12 dritter Fall, 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB schuldig erkannt, nach § 129 Abs 1 StGB zur Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Kostenersatz verpflichtet. Zudem wurde er gemäß § 369 Abs 1 StPO schuldig erkannt, der Privatbeteiligten B* GmbH binnen 14 Tagen einen Schadenersatzbetrag von EUR 90,00 zu bezahlen.
Demnach hat A* am 21. September 2024 in ** dazu beigetragen, der B* GmbH fremde bewegliche Sachen, und zwar Kupferkabel im EUR 5.000,00 nicht übersteigenden Wert von rund EUR 90,00, mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, durch Einbruch wegzunehmen, indem er Aufpasserdienste leistete und Wache hielt, während die abgesondert verfolgte C* durch eine Lücke im Zaun in den Lagerplatz der B* GmbH kletterte, mit einer Gartenschere die Kabel in transportfähige Stücke zuschnitt und sich die beiden in weiterer Folge mit der Beute zu Fuß entfernten.
Im Anschluss an die Urteilsverkündung und die Rechtsmittelbelehrung meldete der (unvertretene; s. ON 22, 1) Angeklagte sofort das Rechtsmittel der „vollen Berufung“ an (ON 22, 7). Seine (entgegen § 84 Abs 2 StPO) bloß mündlich erklärte „Zurückziehung“ in der (andere Tatvorwürfe betreffenden) Hauptverhandlung am 15. April 2025 (ON 45, 10) entfaltete keine Wirkung (vgl. RIS-Justiz RS0132571, zuletzt 11 Os 110/20s). Die als Rechtsmittelausführungen zu wertenden Eingaben des Angeklagten ON 44.1, ON 60 und ON 73, 5 ff (Übersetzungen in ON 49.1, ON 67.2 und ON 73, 3 f) sowie ein an den Vorsitzenden des Berufungsgerichts adressiertes Schreiben vom 15. September 2025 langten in der Folge jeweils außerhalb der vierwöchigen Frist des § 467 Abs 1 (iVm § 489 Abs 1) StPO bei Gericht ein.
Die Oberstaatsanwaltschaft Graz trat dem Rechtsmittel entgegen.
Die Berufung hat teilweise Erfolg.
Der Angeklagte hat weder bei der Anmeldung der Berufung noch in einer (innerhalb der gesetzlichen Ausführungsfrist eingelangten) Berufungsschrift deutlich und bestimmt erklärt, welche Nichtigkeitsgründe er geltend machen will. Auf seine Berufung wegen Nichtigkeit ist daher gemäß § 467 Abs 2 iVm § 489 Abs 1 StPO keine Rücksicht zu nehmen.
Von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeitsgründe haften dem Urteil nicht an.
Dem Umstand, dass der Angeklagte nach den auf US 3 erster Absatz festgestellten Tatsachen als unmittelbarer Täter (vgl. RIS-Justiz RS0089537 [insbesondere T3]) und nicht als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) zu verurteilen gewesen wäre, kommt angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen keine Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0090648).
Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld ist nicht berechtigt.
Gegen die auf einer lebensnahen Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite bestehen keine Bedenken (vgl. § 489 Abs 1 iVm § 473 Abs 2 StPO).
Das Erstgericht hat alle relevanten Beweismittel vollständig ausgeschöpft und eine an allgemeinen Erfahrungssätzen und den Denkgesetzen der Logik orientierte Beweiswürdigung (US 3 f) vorgenommen.
Die Sachverhaltsannahmen zum objektiven Tatgeschehen stützte das Erstgericht überzeugend auf die Belastungsangaben des unmittelbaren Tatzeugen D* (ON 2.9 iVm ON 22, 4 f), der den Angeklagten und die abgesondert verfolgte C* bei der Tatausführung filmte (ON 4). Bei dieser Sachlage verwarf das Erstgericht die (den Diebstahl ohnedies eingestehende, in der Hauptverhandlung – letztlich – aber die einbruchsweise Sachwegnahme in Abrede stellende) Einlassung des Angeklagten (ON 2.7 iVm ON 22, 3 f) gut nachvollziehbar als Schutzbehauptung.
Lebensnah ist fallbezogen auch die erstgerichtliche Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem äußeren Geschehen iVm dem einschlägig belasteten Vorleben des Angeklagten und seinem Zugeständnis, er habe Kupferkabel stehlen und anschließend verkaufen wollen (ON 22, 4).
Daran Bedenken zu wecken gelingt dem Berufungswerber mit seinem in der Berufungsverhandlung erstatteten Vorbringen, auf dem von D* angefertigten Video sei er nicht zu sehen, er sei „bloß auf der Straße gestanden“ und habe C* sogar von der Tat abhalten wollen, nicht.
Auch die Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe hat im Ergebnis keinen Erfolg.
Mit – am 16. Juli 2025 infolge des Urteils des Oberlandesgerichts Graz zum AZ 10 Bs 141/25y in Rechtskraft erwachsenem – Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 15. April 2025, GZ **-47, wurde A* des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB schuldig erkannt und hierfür zur Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Nachdem die dort abgeurteilten Taten zwischen 20. Dezember 2024 und 25. Jänner 2025, somit vordem hier angefochtenen Urteil verübt wurden und daher alle Taten gemeinsam abgeurteilt hätten werden können, ist im Rahmen dieser Berufungsentscheidung gemäß § 31 Abs 1 StGB darauf (originär) Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0090964; Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 15 § 31 Rz 10).
Fallbezogen liegen zudem die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 StGB vor. Dazu ist (mangels dazu bereits geschaffener Konstatierungsbasis; vgl. RIS-Justiz RS0134000) aus der ungarischen ECRIS-Auskunft vom 3. Juli 2025 (ON 79.9) festzustellen, dass die über A* mit Urteil des E* vom 14. September 2020, AZ **, wegen Diebstahls verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten bis 26. August 2022 und die über ihn mit Urteil des F* vom 1. September 2021, AZ **, wegen (teils Einbruchs-)Diebstahls verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren bis 10. Dezember 2023 vollzogen wurde (Nr. 2 und 3 der ECRIS-Auskunft). Die hier in Rede stehende Tat beging der Angeklagte nach Vollendung des 19. Lebensjahrs innerhalb der fünfjährigen Rückfallsverjährungsfrist (§ 39 Abs 2 StGB).
Gegenstand der Bindung des Berufungsgerichts an den „Ausspruch des Gerichtes über die Schuld des Angeklagten und über das anzuwendende Strafgesetz“ gemäß § 295 Abs 1 erster Satz StPO ist das Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) und das darauf angewendete Strafgesetz (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO; vgl. RIS-Justiz RS0116586; Lendlin WK StPO § 260 Rz 27; Ratzin WK StPO § 295 Rz 15). An den vom Erstgericht angenommenen Strafrahmen hingegen besteht keine Bindung.
Strafnormierend ist demnach § 129 Abs 1 StGB mit einer infolge zwingender Anwendung des § 39 Abs 1 StGB erweiterten Strafbefugnis von Freiheitsstrafe bis zu viereinhalb Jahren.
Unter Einbeziehung der Strafzumessungsgründe des Vor-Urteils (RIS-Justiz RS0091425) ist erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Taten (§ 33 Abs 1 Z 1 StGB) und dass der Angeklagte (in Ungarn) schon fünf Mal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten verurteilt worden ist (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB; darin liegt trotz gleichzeitigen Vorliegens der Voraussetzungen der Strafschärfung nach § 39 Abs 1 StGB kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot; RIS-Justiz RS0091527).
Schuldsteigernd (§ 32 StGB) wirken – in Ansehung des Bedachtnahme-Urteils – (mit Ausnahme zu dort B.) die Tatbegehung in Gesellschaft und die Verwirklichung auch der (nicht strafnormierenden) Qualifikationen des § 128 Abs 1 Z 5 StGB und des § 130 Abs 1 StGB ( Riffel in WK 2StGB § 33 Rz 2) sowie – allgemein – die Tatbegehung trotz Festnahme nach Betretung auf frischer Tat und Einvernahme als Beschuldigter von (u.a.) Wohnungseinbrüchen am 25. und 26. Jänner 2025 (ON 29.4 und ON 29.8 iVm ON 29.10) bzw. während bereits anhängigen Verfahrens (s. ON 2.7: Einvernahme als Beschuldigter am 21. September 2024) und der äußerst rasche Rückfall nach der im engsten Sinne einschlägigen Verurteilung durch das F*, AZ **, am 9. September 2024 und in Erwartung des Vollzugs der dort verhängten dreijährigen Freiheitsstrafe (Nr. 5 des ECRIS-Auszugs).
Mildernd hingegen ist, dass – in Ansehung des Bedachtnahme-Urteils – der Angeklagte ein reumütiges Geständnis abgelegt hat (§ 34 Abs 1 Z 17 erster Fall StGB) und dass es (zu dort A.1., A.5., A.6., A.8. und A.10.) beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StGB).
Die teilweise Sicherstellung der Beute (zu A.4., A.7., A.9., B.1. und B.2. des Bedachtnahme-Urteils) mindert wegen des (zu dort A.1., A.4., A.5., A.8., A.9., A.10. und B.2. verursachten) hohen Sachschadens von insgesamt (mindestens) rund EUR 6.500,00 die Schuld kaum.
Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) und unter Beachtung des Verschlechterungsverbots eine Zusatz-Freiheitsstrafe von sechs Monaten als jedenfalls tat- und schuldangemessen.
Eine bedingte Nachsicht der Sanktion scheidet fallbezogen mit Blick auf die einschlägigen Vorstrafen und den raschen, die Voraussetzungen des § 39 Abs 1 StGB verwirklichenden Rückfall während anhängigen Verfahrens aus spezialpräventiven Gründen aus.
Teilweise berechtigt ist allerdings die Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche.
Aus dem Abschlussbericht vom 10. Oktober 2024 ergibt sich lediglich, dass G* (dessen Hauptwohnsitzadresse nicht mit der Anschrift der Privatbeteiligten ident ist, s. ON 2.1, 1 f) „im Zuge der Sachverhaltsdarstellung“ über seine Rechte als Opfer belehrt worden sei und sich „im Namen der B* einer Privatbeteiligung an[geschlossen] und […] Schadloshaltung in vollem Umfang [gefordert]“ habe (ON 2.2, 1), sowie dass durch den Vorfall ein (durch keine Versicherung gedeckter) Schaden von ca. EUR 90,00 entstanden sei (ON 2.2, 2). Ob der Genannte (rechtsgeschäftlich oder organschaftlich) zur Vertretung der B* GmbH für die Geltendmachung des Schadens bevollmächtigt war, lässt sich aus den Akten hingegen nicht beurteilen. Solcherart bieten die Ergebnisse des Strafverfahrens keine ausreichende Grundlage für eine auch nur teilweise Beurteilung des privatrechtlichen Anspruchs, weshalb des Adhäsionserkenntnis zu kassieren und die Privatbeteiligte nach § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg zu verweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
Rückverweise