JudikaturOLG Graz

10Bs141/25y – OLG Graz Entscheidung

Entscheidung
16. Juli 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Graz hat durch die Richter Dr. Sutter (Vorsitz), Mag a . Tröster und Mag a. Haas in der Strafsache gegen A* B* und eine weitere Person wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB nach öffentlicher Verhandlung am 16. Juli 2025 in Anwesenheit des Oberstaatsanwalts Mag. Liensberger, LL.M., sowie des Angeklagten A* B* und seines Verteidigers Rechtsanwalt Mag. Wurnig über die Berufung dieses Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 15. April 2025, GZ **-47, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird mit der Maßgabe nicht Folgegegeben, dass nicht gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 14. Februar 2025, GZ **-23, Bedacht genommen wird.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

gründe:

Mit dem angefochtenen (mit Beschluss vom 26. Mai 2025 [ON 68] berichtigtem) Urteil wurde der am ** geborene A* B* – soweit hier relevant – des Verbrechens des (richtig:) schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach (richtig:) §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 2 zweiter Fall (iVm Abs 1 erster Fall), 15 StGB schuldig erkannt, „unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 14. Februar 2025, GZ **-23,“ nach § 130 Abs 2 StGB zur Zusatzfreiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt und gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Kostenersatz verpflichtet. Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wurde die Vorhaft von 25. Jänner 2025, 13.40 Uhr, bis 15. April 2025, 10.45 Uhr, auf die Strafe angerechnet.

Dem unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch zufolge hat A* B* in ** fremde bewegliche Sachen in einem EUR 5.000,00 übersteigenden Wert durch Einbruch in ein Gebäude, einen Lagerplatz und eine Wohnstätte mit dem Vorsatz weggenommen und wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Taten in der Absicht beging, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und er bereits zwei solche Taten begangen hat, und zwar

A. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit C* B* als unmittelbare Täter

B. A* B* alleine

C. A* B* und die abgesondert verfolgte T* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als unmittelbare Täter am 11. Jänner 2025 der E* und der U* GmbH Kupferkabel im Wert von EUR 1.500,00, indem sie eine Lagertüre aufbrachen.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über die Strafe mit dem Ziel der Herabsetzung und zumindest teilweisen bedingten Nachsicht der Strafe (ON 71.1).

Die Oberstaatsanwaltschaft Graz trat dem Rechtsmittel entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung hat keinen Erfolg.

A* B* wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 14. Februar 2025, GZ **-23, wegen des Vergehens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 12 dritter Fall, 127, 129 Abs 1 Z 1 StGB zur Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Im Anschluss an die Urteilsverkündung und die Rechtsmittelbelehrung meldete der (unvertretene; s. ON 22, 1) Angeklagte sofort das Rechtsmittel der „vollen Berufung“ an (ON 22, 7). Dessen (entgegen § 84 Abs 2 StPO) bloß mündlich erklärte „Zurückziehung“ in der (nur mehr die hier gegenständlichen Tatvorwürfe betreffenden) Hauptverhandlung am 15. April 2025 (ON 45, 10) entfaltet keine Wirkung (vgl. RIS-Justiz RS0132571, zuletzt 11 Os 110/20s).

Mangels Rechtskraft war daher auf dieses Urteil nicht gemäß § 31 StGB Bedacht zu nehmen ( Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB 15§ 31 Rz 10 mwN; zur – auch im Gegenstand – mangelnden Beachtlichkeit unter Nichtigkeitsaspekten [§§ 489 Abs 1, 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO] vgl. 14 Os 23/23y [Rz 11]).

Fallbezogen liegen allerdings die Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall nach § 39 Abs 1 StGB vor.

Dazu ist (mangels dazu bereits geschaffener Konstatierungsbasis; vgl. RIS-Justiz RS0134000) aus der ungarischen ECRIS-Auskunft vom 3. Juli 2025 festzustellen, dass die über A* B* mit Urteil des Miskolci Járásbiróság vom 14. September 2020, AZ **, wegen Diebstahls verhängte Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten bis 26. August 2022 und die über ihn mit Urteil des Miskolci Törvényszék vom 1. September 2021, AZ **, wegen (teils Einbruchs-)Diebstahls verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren bis 10. Dezember 2023 vollzogen wurde (Nr. 2 und 3 der ECRIS-Auskunft). Die hier in Rede stehenden Taten beging der Angeklagte nach Vollendung des 19. Lebensjahrs innerhalb der fünfjährigen Rückfallsverjährungsfrist (§ 39 Abs 2 StGB).

Gegenstand der Bindung des Berufungsgerichts an den „Ausspruch des Gerichtes über die Schuld des Angeklagten und über das anzuwendende Strafgesetz“ gemäß § 295 Abs 1 erster Satz StPO ist das Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) und das darauf angewendete Strafgesetz (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO; vgl. RIS-Justiz RS0116586; Lendlin WK StPO § 260 Rz 27; Ratzin WK StPO § 295 Rz 15). An den vom Erstgericht angenommenen Strafrahmen hingegen besteht keine Bindung.

Strafbestimmend ist demnach § 130 Abs 2 StGB mit einer infolge zwingender Anwendung des § 39 Abs 1 StGB erweiterten Strafbefugnis von Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu siebeneinhalb Jahren.

Erschwerend ist, dass der Angeklagte (in Ungarn) schon fünf Mal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten verurteilt worden ist (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB; darin liegt trotz gleichzeitigen Vorliegens der Voraussetzungen der Strafschärfung nach § 39 Abs 1 StGB kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot; RIS-Justiz RS0091527).

Schuldsteigernd wirken die Tatwiederholung, (mit Ausnahme zu B.) die Tatbegehung in Gesellschaft und während bereits anhängigen Verfahrens (s. ON 2.7: Einvernahme als Beschuldigter am 21. September 2024), die Verwirklichung auch der (nicht strafnormierenden) Qualifikationen des § 128 Abs 1 Z 5 StGB und des § 130 Abs 1 StGB ( Riffel in WK 2StGB § 33 Rz 2) sowie der sehr rasche Rückfall nach der im engsten Sinne einschlägigen Verurteilung durch das Miskolci Törvényszék, AZ **, am 9. September 2024 und in Erwartung des Vollzugs der dort verhängten dreijährigen Freiheitsstrafe (Nr. 5 des ECRIS-Auszugs).

Mildernd hingegen ist, dass der Angeklagte ein reumütiges Geständnis abgelegt hat (§ 34 Abs 1 Z 17 erster Fall StGB; US 11 zweiter Absatz iVm ON 45, 3) und dass es (zu A.1., A.5., A.6., A.8. und A.10.) beim Versuch geblieben ist (§ 34 Abs 1 Z 13 zweiter Fall StGB).

Die teilweise Sicherstellung der Beute (zu A.4., A.7., A.9., B.1. und B.2.; US 7 erster und letzter Absatz; US 8 zweiter und dritter Absatz; US 9 erster, zweiter und letzter Absatz) mindert wegen des (zu A.1., A.4., A.5., A.8., A.9., A.10. und B.2. verursachten) hohen Sachschadens von insgesamt (mindestens) rund EUR 6.500,00 (US 6 erster Absatz; US 7 erster und zweiter Absatz; US 8 erster, zweiter und dritter Absatz; US 9 zweiter Absatz) die Schuld kaum.

Eine vom Berufungswerber relevierte Tatbeteiligung in nur untergeordneter Weise (§ 34 Abs 1 Z 6 StGB) kann sich wiederum bloß auf ein Verhalten beziehen, welches nach Art und Umfang für die Tatausführung nicht erheblich ist ( Riffel in WK 2StGB § 34 Rz 16). Dies trifft auf den als unmittelbarer (Mit-)Täter agierenden Angeklagten, der zudem (auch) selbst Türen mit einem Brecheisen aufbrach und eine Fensterscheibe einschlug (US 6 erster, zweiter und dritter Absatz), jedenfalls nicht zu (vgl. RIS-Justiz RS0090978). Die Behauptung geringerer Schuld infolge des längeren Zurückliegens der zuletzt am 9. September 2024 in Ungarn abgeurteilten Taten (nämlich lt. S. 9 bis 11 des ECRIS-Auszugs im Wesentlichen zwischen Oktober 2020 und März 2021) wird durch den Vollzug der zu Nr. 2 und Nr. 3 verhängten längeren Freiheitsstrafen bis 26. August 2022 bzw. 10. Dezember 2023 beträchtlich relativiert.

Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) und unter Beachtung des Verschlechterungsverbots eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten als jedenfalls tat- und schuldangemessen.

Eine auch nur teilweise (§ 43a Abs 3 StGB) bedingte Nachsicht der Sanktion ist mit Blick auf das massiv einschlägig getrübte Vorleben des Angeklagten spezialpräventiv kontraindiziert.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.