10Ob29/25z – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hargassner als Vorsitzenden, den Vizepräsidenten Hon. Prof. PD Dr. Rassi, die Hofräte Dr. Annerl und Dr. Vollmaier sowie die Hofrätin Dr. Wallner Friedl in der Rechtssache der klagenden Partei S* GmbH, *, vertreten durch die Wallner Jorthan Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei V* AG, *, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 25.380 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. Jänner 2025, GZ 12 R 40/24z 55, mit dem der Berufung der klagenden Partei nicht, hingegen jener der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 25. Oktober 2024, GZ 14 Cg 35/22t 49, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben und das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.454,53 EUR (darin enthalten 226,09 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 1.294.53 EUR (darin enthalten 206,69 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 259,42 EUR (Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Am 10. Oktober 2018 schloss die Klägerin, vertreten durch ihren Geschäftsführer, mit einer Fahrzeughändlerin einen Kaufvertrag über einen Pkw VW Touareg R-Line 3,0 TDI SCR 4 motion mit einem Kilometerstand von 201 km und einer Erstzulassung im Oktober 2018. Als Liefertermin wurde „Dezember 2018“ vereinbart. Herstellerin des Fahrzeugs ist die Beklagte. Das Fahrzeug unterliegt unstrittig dem Anwendungsbereich der VO 715/2007/EG.
[2] Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang . Zum Verfahrensgang im ersten Rechtsgang wird auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 10 Ob 7/24p verwiesen.
[3] Das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters ist abschließend geklärt.
[4] Die Klägerin begehrte, soweit im Revisionsverfahren noch relevant, von der Beklagten als Fahrzeugherstellerin 25.380 EUR sA (30 % des Kaufpreises) an Schadenersatz. Ergänzend brachte sie im zweiten Rechtsgang vor, sie sei mittlerweile Eigentümerin des Fahrzeugs und habe dieses im März 2023 von der Leasinggeberin erworben. Sie stütze ihr Begehren aber ausdrücklich nicht auf dieses Rechtsgeschäft. Die Ansprüche der Klägerin würden rein eventualiter auf eine Abtretung gestützt werden. Primär werde ein eigener Schaden geltend gemacht, weshalb auch die Zahlung an die Klägerin begehrt werde. Daher liege auch keine Ungültigkeit der Abtretungsvereinbarung vor. Die Abtretung umfasse zudem auch eine Zahlung an die Klagevertreterin, die als Treuhänderin eine Zahlung entsprechend der Abtretungsvereinbarung an die Anspruchsinhaberin auszahlen würde.
[5] Die Beklagte bestritt und wandte im zweiten Rechtsgang ergänzend ein, dass der von der Klägerin behauptete Schaden nicht in ihrem Vermögen eingetreten und das dahingehende Klagebegehren unschlüssig sei. Der Kaufpreis sei von der Leasinggeberin bezahlt worden, die Klägerin habe von Anfang an beabsichtigt, das Fahrzeug als Leasingfahrzeug zu nutzen. Die gegenständliche Abtretungserklärung sei rechtlich ohne Relevanz, weil diese Abtretung lediglich dazu berechtige, einen allfälligen Schaden der Leasinggeberin dergestalt klagsweise geltend zu machen, dass die Zahlung an die Leasinggeberin zu begehren sei. Das Klagebegehren laute jedoch darauf, der Klägerin (Leasingnehmerin) einen Teil des Kaufpreises zu erstatten. Dieses Klagebegehren sei von der Abtretungserklärung nicht gedeckt. Unbeachtlich sei, auf welches Konto die Zahlung zu erfolgen habe.
[6] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 4.320 EUR sA Folge und wies das Mehrbegehren ab. Zwischen Kauf- und Leasingvertrag bestehe keine Einheit. Schadenersatz stehe in Höhe von 5 % des bei Mängelfreiheit angemessenen Kaufpreises zu.
[7] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht, jedoch jener der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab. Die vertragliche Einheit zwischen Kauf- und Leasingvertrag sei zu bejahen. Die Klägerin habe nicht behauptet, dass die geltend gemachten Ansprüche von der in der Abtretungserklärung enthaltenen Einschränkung nicht umfasst seien. Sie komme im Berufungsverfahren auch nicht mehr darauf zurück.
[8] Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht nachträglich zu, weil die höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der vertraglichen Einheit zwischen Kauf- und Leasingvertrag allem Anschein nach zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Klarstellung bedürfe.
[9] Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag auf vollständige Klagsstattgebung, hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
[10] Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung der Revision, in eventu deren Abweisung.
[11] Die Revision der Klägerin ist zulässig und teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[12] Die Revision macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass das Berufungsgericht einerseits von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof zur Frage der vertraglichen Einheit von Kauf- und Leasingvertrag abweiche. Andererseits fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob der Zessus eine (nicht exequierbare) Bedingung in einem Abtretungsvertrag gegen den Zessionar mit der Wirkung einwenden könne, dass der Zessionar seinen ihm abgetretenen Anspruch verliere. Zudem leide das Berufungsurteil an Nichtigkeit, da es so mangelhaft sei, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden könne.
[13]1. Die behauptete Nichtigkeit des Berufungsurteils aus dem Grund des § 477 Z 9 ZPO liegt nicht vor, enthält doch das angefochtene Urteil eine Begründung. Diese ist auch nicht in sich widersprüchlich. Wie jedoch unter Punkt 3. noch auszuführen ist, ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts korrekturbedürftig. Auf die Frage einer Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens aufgrund einer überraschenden Rechtsansicht ist aus diesem Grund nicht mehr näher einzugehen.
[14] 2.1. Das – auch hier vorliegende – Finanzierungsleasing ist eine Form des Investitionsleasing, bei dem an die Stelle des Eigentumserwerbs an den Anlagegütern die bloße Gebrauchsüberlassung tritt. Der Leasinggeber erwirbt eine den Wünschen des Leasingnehmers, der das Leasinggut seinerseits bei einem Dritten (Lieferanten, Hersteller, Händler) ausgesucht hat, entsprechende Sache, um sie diesem für bestimmte Zeit zum Gebrauch zu überlassen. Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre gehört beim Finanzierungsleasing jedenfalls die erstmalige Verschaffung des ordnungsgemäßen Gebrauchs des Leasingobjekts zur unabdingbaren Verpflichtung des Leasinggebers im Austausch zu den Leasingraten ( RS0020739 ). Wenngleich sich der Leasinggeber ähnlich dem drittfinanzierten Kauf wirtschaftlich der Rolle des Kreditgebers annähert, schließt der Leasingnehmer keinen Kaufvertrag mit dem Lieferanten ab. Ihm stehen daher gegenüber dem Lieferanten weder Eigentumsverschaffungsansprüche noch eigene vertragliche Gewährleistungsansprüche noch ein Anspruch auf Gebrauchsüberlassung zu. Aber auch eine Kredit- oder Darlehensgewährung durch den Leasinggeber erfolgt nicht. Vielmehr besteht die vertragliche Hauptverpflichtung des Leasinggebers darin, dem Leasingnehmer ein zum vereinbarten Gebrauch taugliches Leasinggut zur Verfügung zu stellen. Auch die Auswahl des Lieferanten durch den Leasingnehmer ändert nichts an der Pflicht des Leasinggebers, dem Leasingnehmer die Gebrauchsmöglichkeit zu verschaffen ( 7 Ob 88/23a Rz 9; 9 Ob 98/24pRz 10; 10 Ob 69/24f Rz 11).
[15] 2.2. Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist bei der Finanzierung des Kaufs eines mit einer Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs durch Leasing danach zu unterscheiden, ob ein Kaufvertrag des Leasingnehmers mit dem Fahrzeughändler nur der Spezifikation des Fahrzeugs diente (sodass der Leasinggeber unmittelbar in den Kaufvertrag eintrat) oder ob der Leasingvertrag erst nach dem Erwerb des Fahrzeugs abgeschlossen wurde ( 4 Ob 21/25d Rz 10; 10 Ob 7/25i Rz 13; 10 Ob 70/24b Rz 14; 1 Ob 12/24g Rz 31). Ausschließlich im letztgenannten Fall erleidet der spätere Leasingnehmer (schon) durch den Abschluss des Kaufvertrags einen aus diesem resultierenden Schaden in seinem Vermögen. Tritt der Leasinggeber dagegen unmittelbar in den Kaufvertrag ein, entsteht daraus nur ihm und nicht dem Leasingnehmer ein Schaden ( 10 Ob 69/24f Rz 12; 10 Ob 46/24y Rz 12 mwN; 4 Ob 21/25d Rz 10 mwN).
[16] 2.3. Richtig ist, dass der Leasingvertrag und der Kaufvertrag, wenn sie nach den dargestellten Grundsätzen eine vertragliche Einheit bilden, in der Regel gleichzeitig abgeschlossen werden. Eine bestimmte zeitliche Konnexität zwischen den beiden Verträgen ist aber keine unbedingte Voraussetzung für die Annahme einer vertraglichen Einheit, sondern bloß ein (weiterer) Umstand, der bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen ist ( 9 Ob 58/25g Rz 16).
[17] 2.4. Im vorliegenden Fall unterzeichnete der Geschäftsführer der Klägerin am 10. 10. 2018 einen Kaufvertrag, wobei als Liefertermin Dezember 2018 vereinbart wurde, nicht jedoch eine Anzahlung oder ein Eintausch eines anderen Fahrzeugs. Für den Geschäftsführer war bereits vor Abschluss des Kaufvertrags klar, dass das Fahrzeug geleast werden würde, nämlich über ein noch einzuholendes Angebot bei der Hausbank der Klägerin. Der Leasingvertrag wurde am 24. 10. 2018 unterfertigt, noch am selben Tag übermittelte die Leasinggeberin der Verkäuferin des Fahrzeugs eine Finanzierungsbestätigung, wonach sie in den Kaufvertrag eintrete. Die Rechnung über das Fahrzeug wurde am 5. 12. 2018 von der Verkäuferin an die Leasinggeberin übermittelt, somit fünf Tage vor Übernahme des Fahrzeugs durch den Geschäftsführer der Klägerin und Leasingnehmerin.
[18] 2.5. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach aufgrund dieser zeitlichen Abfolge von einer Einheit von Kauf- und Leasingvertrag auszugehen ist, entspricht den Grundsätzen dieser Rechtsprechung. Die Klägerin ist aufgrund der gewählten Vertragskonstruktion nicht Eigentümerin des Fahrzeugs geworden, trat doch die Leasinggeberin unmittelbar und noch vor Übergabe des Kaufgegenstands in den Kaufvertrag ein und wurde Eigentümerin.
[19] 3. Allerdings ist die Aktivlegitimation der Klägerin aufgrund der als Inkassozession zu wertenden Abtretung der Ansprüche der Leasinggeberin an die Leasingnehmerin entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zu bejahen:
[20] 3.1. Die rechtsgeschäftliche Zession ist ein kausales Verfügungsgeschäft, das durch Willenseinigung zwischen Zedenten und Zessionar zustande kommt ( 2 Ob 137/08y Pkt 3.3 mwN; 8 Ob 48/12k Pkt 2.1). Die Abtretung als kausales Verfügungsgeschäft ist nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Grundgeschäft (Rechtstitel) beruht ( RS0032510 ). Bestreitet der Schuldner die Wirksamkeit der Abtretung wegen Fehlens eines tauglichen Titels für die Zession, so hat der Zessionar den Rechtsgrund der Zession zu nennen und die erforderlichen Beweise für dessen Gültigkeit zu erbringen (vgl RS0032652 ).
[21] Anerkannt ist zudem das Rechtsinstitut der Inkassozession. Dabei handelt es sich um eine Zession, bei der der Zessionar Gläubiger wird, aber verpflichtet ist, die eingehobene Leistung an den Zedenten abzuführen. Im Regelfall liegt die Übertragung eines Vollrechts mit einer obligatorischen Beschränkung, also eine uneigennützige Treuhand vor ( RS0010457 ). Der Rechtsgrund bei einer (Inkasso )Zession kann vor allem im Auftrag zur Einziehung oder zur Geschäftsbesorgung liegen (vgl RS0065298 ).
[22] 3.2. Ob der Zedent (hier: die Klägerin) berechtigt ist, mit ausdrücklicher Zustimmung des Zessionars (hier: der Leasinggeberin) die abgetretene Forderung im eigenen Namen einzuklagen, richtet sich regelmäßig nach den zwischen Zedenten und Zessionar bestehenden Beziehungen des materiellen Rechts ( RS0032699 [T3]). Einwendungen aus dem Valutaverhältnis zwischen Zedentin (Leasinggeberin) und Zessionarin (Klägerin) kann die Schuldnerin (Beklagte) nur so weit geltend machen, als damit die Gläubigerstellung der Zessionarin, beispielsweise wegen Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des Zessionsgeschäfts, in Frage gestellt wird ( RS0032781 ; RS0032510 ; Hueber in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB 4 § 1396 Rz 15 ; Lukas/Geroldinger in Kletečka/Schauer, ABGB ON 1.03 § 1396 Rz 17 ).
[23] 3.3. Nach dem Wortlaut der Abtretungserklärung trat die Leasinggeberin an die Klägerin sämtliche Ansprüche, die ihr aus dem Erwerb des Fahrzeugs gegen die Beklagte zustehen, zur eigenen Geltendmachung auf eigene Rechnung und Gefahr zum Inkasso ab. Im Fall der Wert-/Preisminderung sowie der Rückabwicklung/Wandlung sind nach dieser Vereinbarung Zahlungen vom Gegner entweder an die Leasinggeberin oder auf das Kanzleikonto der Klagevertreterin zur Weiterleitung an die Leasinggeberin zu begehren bzw zu leisten. Die Klägerin begehrte in ihrer Klage die Zahlung an sich zu Handen der Klagevertreterin.
[24]Mit dieser Vereinbarung wurde ein Vollrecht an die Klägerin abgetreten. Die Verpflichtung zur Zahlung an die Leasinggeberin, die nach der Vereinbarung auch indirekt durch Weiterleitung über ein Kanzleikonto der Klagevertreterin bewirkt werden kann, stellt nur eine – für Inkassozessionen typische – obligatorische Beschränkung der Nutzung der Forderung im Valutaverhältnis dar (vgl RS0010457; Thöni in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 [2011] § 1392 Rz 133 mwN ), die nichts an der mit Willensübereinkunft der Klägerin und der Leasinggeberin eingetretenen (vgl RS0032570 [T3]; Neumayr in KBB 7 § 1392 Rz 5) Wirksamkeit der Forderungsabtretung und damit der Gläubigerstellung der Klägerin zu ändern vermag (vgl RS0032583 ). Auch bei der Inkassozession steht dem Zessionar die prozessuale Verfügungsgewalt über den zedierten Anspruch zu, dies neben der materiellen Verfügungsgewalt ( RS0032595 [T1]). Auf die Beschränkungen der Forderungsabtretung im Innenverhältnis zwischen der Klägerin und der Leasinggeberin kann sich die Beklagte daher angesichts der Wirksamkeit des Zessionsgeschäfts als Vollrechtsabtretung im Außenverhältnis nicht berufen. Die Aktivlegitimation der Klägerin ist somit zu bejahen.
[25] 3.4. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Klägerin auch nicht gehalten, diesen Punkt, den das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung nicht für wesentlich erachtete, in der Berufungsbeantwortung aufzugreifen ( 2 Ob 40/05d ; Lovrek in Fasching/Konecny 3IV/1 § 503 ZPO Rz 143 ).
[26] 3.5. Dem Einwand der Beklagten, bei der Leasinggeberin realisiere sich der geltend gemachte Schaden nicht, weil sie dem Kaufpreis entsprechende Leasingraten erhalten habe, hat der erkennende Senat bereits im ersten Rechtsgang entgegengehalten, dass der von der Leasinggeberin als Käuferin abgeleitete Schadenersatz aufgrund des Minderwerts auf unionsrechtlichen Vorgaben beruht (10 Ob 7/24p Rz 30 ). Die Herstellerin eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs kann sich daher nicht darauf berufen, dass sich der Schaden bei der Leasinggeberin nicht „realisiert“ habe ( 1 Ob 12/24g Rz 36).
[27] 4. Aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben ist im Zusammenhang mit Verstößen gegen die Schutznormen der VO 715/2007/EG jedenfalls ein angemessener Schadenersatz zu gewähren, der sich innerhalb einer Bandbreite von 5 % und 15 % des vom Kläger gezahlten und dem Wert des Fahrzeugs angemessenen Kaufpreises zu bewegen hat ( RS0134498 ). Steht – wie hier – das Nichtvorliegen eines Minderwerts fest, ist der Betrag im unteren Bereich der Bandbreite festzusetzen ( RS0134498 [T2]; jüngst 7 Ob 191/24z Rz 11). Die Revision enthält auch keine Ausführungen dazu, wieso entsprechend ihrem Antrag auf volle Klagsstattgebung in Höhe von 30 % des Kaufpreises mehr als die vom Erstgericht zugesprochenen 5 % angemessen wären.
[28]5. Angesichts dessen war das erstinstanzliche Urteil samt Kostenentscheidung wiederherzustellen. Dem anlässlich der Berufung erhobenen Kostenrekurs der Klägerin kommt keine Berechtigung zu, lag doch eine offensichtliche Überklagung vor. In diesem Fall ist eine Anwendung des § 43 Abs 2 ZPO trotz der Festsetzung des zugesprochenen Betrags nach richterlichem Ermessen ausgeschlossen (RS0035993).
[29]Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Berufungsverfahrens beruht jeweils auf §§ 41, 50 ZPO hinsichtlich des Revisionsverfahrens auf § 43 Abs 1 iVm § 50 ZPO. Die Beklagte obsiegte mit 83 % und hat daher Anspruch auf 66 % ihrer Kosten, wobei sie gegenüber der Klägerin zum Ersatz der anteiligen Barauslagen zu verpflichten war. Da im Fall der Bundesrepublik Deutschland die Höhe des ausländischen Umsatzsteuersatzes allgemein bekannt ist (RS0114955 [T18]), kann die Umsatzsteuer in der verzeichneten Höhe von 19 % zugesprochen werden.