1Ob108/25a – OGH Entscheidung
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Dr. Wurdinger als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Dr. Steger, Mag. Wessely Kristöfel, Dr. Parzmayr und Dr. Vollmaier als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*, vertreten durch Dr. Stefan Hämmerle, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei M*, vertreten durch Dr. Serpil Dogan, Rechtsanwältin in Feldkirch, wegen 56.456 EUR sA, über die (richtig:) außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Mai 2025, GZ 4 R 52/25s 47, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
[1] Der Beklagte und seine Gattin verkauften einer GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger ist, ihre Liegenschaft mit dem darauf errichtetem Mehrparteienwohnhaus. Eine der sechs Wohnungen in diesem Objekt bewohnten der Beklagte und seine Ehegattin seit 2007 bis zum 5. 11. 2020. An diesem Tag kam es zu einem Brand im Dachboden des Hauses, wobei durch das Löschwasser die vom Beklagten und seiner Ehegattin bewohnte Wohnung massiv beschädigt wurde. Der Beklagte erhielt aus einem von ihm abgeschlossenen Haushaltsversicherungsvertrag 91.5 65 ,96 EUR für beschädigte Möbel ausbezahlt. Davon entfiel insgesamt der Klagebetrag – wie im Ersturteil näher aufgeschlüsselt – auf näher bezeichnete (Einbau )Möbel.
[2] Am 5. 8. 2021 (somit nach dem Brandereignis) verkaufte die GmbH die Liegenschaft an ein Ehepaar. Dieses trat sämtliche noch bestehende Ansprüche aus dem Brandschaden bzw alle zustehenden Ansprüche aus der Haushaltsversicherung an den Kläger ab.
[3] In seiner Klage vom 3. 1. 2024 begehrt der Kläger vom Beklagten die Zahlung von 56.456 EUR sA als diesem vo m Haushaltsversicher er für die genannten (Einbau )Möbel, die als Zubehör mitverkauft worden seien, ersetzten W ert. Der GmbH seien alle Ansprüche aus liegenschaftsbezogenen Versicherungsverträgen abgetreten worden. D er Beklagte hafte auch bereicherungsrechtlich.
[4] Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und wendete – soweit im Revisionsverfahren noch wesentlich – ein, die (Einbau )Möbel seien nicht Gegenstand des Kaufvertrags gewesen und deren Übergabe an die GmbH sei nicht erfolgt . Der auf Bereicherung gestützte Klageanspruch sei verjährt.
[5] Das Erstgericht stellte die Klageforderung mit 56.456 EUR sA als zu Recht und die eingewendeten Gegenforderungen (die nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sind) als nicht zu Recht bestehend fest und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung dieses Betrags.
[6] Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil teilweise dahin ab, dass es die Klageforderung als mit 27.301 EUR zu Recht bestehend, die Gegenforderung hingegen als nicht zu Recht bestehend feststellte, sodass es den Beklagten zur Zahlung von 27.301 EUR sA verpflichtete und ein Mehrbegehren von 29.155 EUR sA (rechtskräftig) abwies.
[7] Nach dem Kaufvertrag sei das gegenständliche Inventar der vom Beklagten zuvor als Eigentümer bewohnten Wohnung als Zubehör der Liegenschaft mitumfasst gewesen. Sachenrechtlich sei von einer Übergabe durch Besitzkonstitut im Sinn des§ 428 ABGB auszugehen.Im Kaufvertrag seien weder die Ansprüche aus dem ursprünglichen noch aus dem vom Beklagten per 16. 6. 2020 abgeschlossenen Haushaltsversicherungsvertrag an die GmbH zediert worden. Allerdings stehe dem Kläger ein Bereicherungsanspruch nach § 1041 ABGB zu. Der Beklagte sei Versicherungsnehmer des Haushaltsversicherungsvertrags gewesen, die keine Versicherung für fremde Rechnung im Sinn des § 74 VersVG sei. Da er nicht mehr Eigentümer der Einbaumöbel gewesen sei, dennoch aber den Vorteil hiefür erhalten habe, habe er den Zeitwert der Einbaumöbel in Höhe von 27.301 EUR herauszugeben. Um diesen Betrag sei der Beklagte bereichert.
[8] Mangels Rechtsfragen erheblicher Bedeutung ließ das Berufungsgericht die ordentliche Revision nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
[9]Das als „Antrag nach § 508 ZPO und ordentliche Revision“ bezeichnete, von den Vorinstanzen im Hinblick auf den Wert des berufungsgerichtlichen Entscheidungsgegenstands von mehr als 30.000 EUR zutreffend als außerordentliche Revision behandelte (RS0123405) Rechtsmittel des Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1. Zum Besitzkonstitut im Sinn des § 428 ABGB:
[10]1.1. Nach der Rechtsprechung verlangt das Besitzkonstitut zwar keine besondere Förmlichkeit, sodass es nicht für Dritte erkennbar sein muss (RS0011187). Korrekturbedürftig könnte allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts sein, beim Besitzkonstitut übertrage die Einigung, nämlich der unbedingte Abschluss des Verfügungsgeschäfts, bereits das Recht; der dazu zitierte Rechtssatz RS0011190 und die Entscheidung 4 Ob 536/92 beziehen sich nämlich nicht auf das Besitzkonstitut nach § 428 Halbsatz 1 ABGB, sondern auf die Besitzauflassung (traditio brevi manu) im Sinn des § 428 Halbsatz 2 ABGB, wo sich die zur übereignende Sache bereits in der Gewahrsam des Übernehmers befindet.
[11] 1.2. Hier kommt es aber auf eine „Traditionshandlung“ in Bezug auf die gegenständlichen (Einbau )Möbel nicht an. Das Berufungsgericht ging nämlich mit ausführlicher Begründung davon aus, dass der Beklagte und dessen Ehegattin der GmbH diese eingebauten bzw montierten Möbel im Kaufvertrag als Zubehör verkauft hätten. Der Beklagte wendet sich dagegen nicht, sondern geht selbst davon aus, dass er und seine Frau „die Liegenschaft samt Zubehör“ um 850.000 EUR an die GmbH verkauft hätten. Er vermisst nur ein Inventarverzeichnis, aus dem sich entnehmen hätte lassen, ob und welcher Teil des Liegenschaftskaufpreises auf die gegenständlichen Möbel entfiel. Dass diese Möbel – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nicht Zubehör der Liegenschaft gewesen wären, behauptet er nicht.
[12]1.3. Zubehör ist zwar grundsätzlich sonderrechtsfähig und teilt nicht notwendig das sachenrechtliche Schicksal der Hauptsache (RS0009891; RS0009914). Allerdings werden sowohl Zubehör wie auch selbständige Bestandteile – mangels anderweitiger Vereinbarung, die hier nicht festgestellt wurde – mit der Hauptsache übereignet, ohne dass es beim Eigentumserwerb einer Liegenschaft einer gesonderten körperlichen Übergabe des Zubehörs bedürfte (5 Ob 52/24v [Rz 35]; 6 Ob 266/11b [Pkt 7.1., 10.2.]; RS0009823).
[13]1.4. Ein solcher Fall liegt hier vor; dass die GmbH (und danach die Ehegatten, an die sie verkaufte) durch Einverleibung im Grundbuch Eigentümer der Liegenschaft wurden, war im Verfahren nicht strittig. Mangels einer anderweitigen Vereinbarung erfasste diese auch Zubehör und selbständige Bestandteile der Liegenschaft, somit auch die hier strittigen Möbel. Eines gesonderten Traditionsaktes (hier durch Besitzkonstitut im Sinn des § 428 ABGB) bedurfte es daher nicht. Auf die behauptete Abweichung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung kommt es daher letztlich nicht an.
2. Zur Verjährung:
[14]2.1. Der Beklagte begründet seinen Verjährungseinwand damit, der Kläger habe in der Verhandlung vom 8. 10. 2024 erstmals vorgebracht, selbst wenn der Beklagte einen neuen Haushaltsversicherungsvertrag abgeschlossen habe, hafte er ihm für die erhaltene Versicherungsleistung nach § 1447 ABGB und erst am 9. 12. 2024 habe er seinen Anspruch auf unrechtmäßige Bereicherung gestützt.
[15]2.2. Bei dieser Argumentation unterstellt er die (analoge) Anwendung der Verjährungsbestimmung des § 1486 Z 1 ABGB aufden – hier vom Berufungsgericht angenommenen – Anspruch nach § 1041 ABGB (vgl dazu Dehn in KBB 7§ 1478 Rz 1 mwN; 5 Ob 35/19m [Pkt 4.7.]). Allerdings ist nicht erkennbar, weshalb hier von einer Leistungserbringung (durch die GmbH) in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb im Sinn des § 1486 Z 1 ABGB auszugehen sein soll. Überdieswürde nach herrschender Auffassung nur der Anspruch auf die Gegenleistung für Lieferungen oder Leistungen des täglichen Lebens gemäß § 1486 Z 1 ABGB in drei Jahren verjähren (RS0034306). Die vom Beklagten angesprochene Klageänderung nach Ablauf der dreijährigen Frist ist daher rechtlich irrelevant. Eine erhebliche Rechtsfrage zeigt er auch in diesem Zusammenhang nicht auf.
3. Zum(allfälligen) Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB:
[16] 3.1. Der Beklagte sieht eine Abweichung zur höchstgerichtlichen Rechtsprechung nur darin, dass eine Heranziehung von Bereicherungsgrundsätzen dann ausgeschlossen sei, wenn eine vertragliche Regelung getroffen wurde. Unzulässig sei es, Verträge mit Hilfe des Bereicherungsrechts zu korrigieren. Durch den Zuspruch in Höhe von 27.301 EUR werde die vertragliche Vereinbarung im Kaufvertrag korrigiert.
[17]3.2. Verwendungsansprüche im Sinn des § 1041 ABGB beruhen nach der Rechtsprechung (2 Ob 3/19h [Pkt 1.3.] mwN) auf dem Grundgedanken, dass derjenige, der ohne rechtfertigenden Grund Vorteile aus den einem anderen zugewiesenen Gütern gezogen hat, die erlangte Bereicherung dem „Verkürzten“ herauszugeben hat. Die Klage nach § 1041 ABGB richtet sich somit gegen denjenigen, der eine in diesem Sinn fremde Sache ohne Rechtsgrund zum eigenen Vorteil benützt und sich dabei auch nicht auf eine Leistung des Eigentümers oder sonst Berechtigten stützen kann. Kein Anspruch besteht dann, wenn die Vermögensverschiebung ihren Rechtsgrund im Gesetz oder in einem Vertragsverhältnis findet (RS0020032; RS0020101). Ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB ist ausgeschlossen, wenn dem Verkürzten ohnehin ein vertraglicher Anspruch auf Herausgabe des Nutzens zusteht (1 Ob 130/21f [Rz 30]).
[18]3.3. Entgegen der Auffassung des Beklagten war der Kläger nicht gehalten, sein auf Bereicherung gestütztes Begehren ausdrücklich mit § 1041 ABGB zu begründen: Sachvorbringen zu einer Bereicherung des Beklagten durch die Empfangnahme der Versicherungsleistung für die (Einbau )Möbel, die bereits der GmbH gehörten, lag vor. Dass eine Bereicherung ein Inventarverzeichnis als Beilage zum Kaufvertrag voraussetzen würde, dem sich entnehmen lässt, welcher Teil des Liegenschaftskaufpreises auf Möbel entfällt, ist nicht nachvollziehbar. Von einer „Korrektur“ des Kaufvertrags im Weg des Bereicherungsrechts kann keine Rede sein, weil der Kaufvertrag nach der im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Auslegung des Berufungsgerichts keine Regelung dazu traf, wem Ansprüche auf Ersatzleistung nach Zerstörung der als Zubehör mitverkauften Möbel zustehen sollten.
[19]3.4. Das Berufungsgericht verneinte ausdrücklich das Vorliegen einer Versicherung für fremde Rechnung (für das Eigentümerinteresse der GmbH) im Sinn des § 74 VersVG. Dagegen wendet sich der Revisionswerber nicht, der – im Gegenteil – ausdrücklich darauf verweist, es sei keine solche Versicherung vorgelegen. Die Frage, ob hier (allfällige) Ansprüche auf der Grundlage eines Versicherungsvertrags für fremde Rechnung einem Anspruch nach § 1041 ABGB entgegenstünden, ist daher nicht zu erörtern.
[20] 3.5. Ein Mietverhältnis zwischen der GmbH und dem Beklagten und seiner Frau, das auch die dann durch den Brand beschädigten Inventargegenstände umfasst hätte, lässt sich aus den Feststellungen nicht ableiten; dazu fehlt es auch an jeglichem Prozessvorbringen.
[21]3.6. Zwar hat auch der unredliche Berreicherungsschuldner dem Verkürzten nicht alle Vorteile herauszugeben, für die das fremde Rechtsgut kausal war, wenn er einen gewichtigen eigenen Beitrag für die Vermögensvermehrung leistete (RS0107346 [T1]). Für den Umfang dieses „gewichtigen eigenen Beitrags“ ist aber der Bereicherungsschuldner behauptungs- und beweispflichtig (vgl RS0107346 [T3]). Behauptungen des Beklagten zum Umfang der von ihm zur Abdeckung des versicherten Risikos in Bezug auf die gegenständlichen Einbaumöbel – die ja bereits im Eigentum der GmbH standen – geleisteten Versicherungsprämien fehlen hier aber.
[22] 3.7. Die Aktivlegitimation des Klägers zur Geltendmachung (auch) von Bereicherungsansprüchen, die das Berufungsgericht als abschließend geklärt ansah, wird in der Revision nicht bezweifelt.Dass die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zu § 1041 ABGB unzutreffend wäre, macht der Beklagte nicht geltend. Ob diese Bestimmung überhaupt in der gegenständlichen Konstellation anwendbar wäre, wird daher nicht geprüft.
[23] 4. Damit istdie Revision zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).