JudikaturOGH

7Ob218/24w – OGH Entscheidung

Entscheidung
22. April 2025

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Mag. Malesich, Dr. Weber, Mag. Fitz und Mag. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M* M*, vertreten durch Ing. Mag. Peter Huber, Rechtsanwalt in Hallein, gegen die beklagte Partei A*-Aktiengesellschaft, *, vertreten durch Dr. Andreas A. Lintl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 14. November 2024, GZ 53 R 55/24f 17, womit das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 12. Dezember 2023, GZ 15 C 295/23i 13, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden teilweise abgeändert, sodass sie insgesamt – unter Einschluss des bestätigten Teils – lauten:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei in dem noch anhängig zu machenden Rechtsstreit zwischen der klagenden Partei und der B*gesellschaft mbH Co KG zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen im Zusammenhang mit der Versteuerung von Einkünften aus Miete/Pacht wegen des Verstoßes gegen den Auftrags- und Vollmachtvertrag vom 07.12.2018 zwischen dieser und der klagenden Partei aufgrund des aufrechten Versicherungsverhältnisses aus der Rechtsschutzversicherungspolizze * bis zur Höchstversicherungssumme (Rechtsschutz) iHv 69.000,00 EUR Deckung zu gewähren.

2. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei in dem noch anhängig zu machenden Rechtsstreit zwischen der klagenden Partei und der B*gesellschaft mbH Co KG wegen Schadenersatz im Zusammenhang mit den Einkünften aus Geheimnisverrat wegen des Verstoßes gegen den Auftrags- und Vollmachtvertrag vom 07.12.2018 zwischen dieser und der klagenden Partei aufgrund des aufrechten Versicherungsverhältnisses aus der Rechtsschutzversicherungspolizze * bis zur Höchstversicherungssumme (Rechtsschutz) iHv 69.000,00 EUR Deckung zu gewähren, wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 167,50 EUR bestimmten Barauslagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 685,50 EUR bestimmten Barauslagen des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

[1] Zwischen den Streitteilen besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2013) zugrunde liegen, deren Echtheit und Richtigkeit nicht bestritten wurden und die daher in der Entscheidung verwertetwerden konnten (RS0040083). Diese lauten auszugsweise wie folgt:

Artikel 2

Was gilt als Versicherungsfall und wann gilt er als eingetreten?

[…]

3. In den übrigen Fällen - insbesondere auch für die Geltendmachung von reinen Vermögensschäden - gilt als Versicherungsfall der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften. Der Versicherungsfall gilt in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem eine der genannten Personen begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen.

[…]

Artikel 6

Welche Leistungen erbringt der Versicherer?

[…]

8. Die Leistungspflicht des Versicherers ist begrenzt wie folgt:

8.6 Treffen bei Wahrnehmung rechtlicher Interessen Ansprüche zusammen, für die teils Versicherungsschutz besteht teils nicht, trägt der Versicherer nur jene Kosten, die auch ohne Berücksichtigung der nicht unter Versicherungsschutz stehenden Ansprüche von ihm zu übernehmen wären. Lässt sich die Leistungspflicht danach nicht bestimmen, trägt der Versicherer die Kosten anteilig im Verhältnis der Streitwerte (Bemessungsgrundlagen) zueinander. Werden bei Wahrnehmung rechtlicher Interessen vom Gegner Forderungen aufrechnungsweise geltend gemacht, für deren Abwehr kein Versicherungsschutz besteht, trägt der Versicherer nur die Kosten, die der Versicherungsnehmer nach den Kostenersatzbestimmungen der Zivilprozessordnung zu tragen hätte, wenn nur seine Aktivforderung Gegenstand der Interessenwahrnehmung gewesen wäre. Bei einem Vergleich gilt Punkt 8.4 bezogen auf die unter Versicherungsschutz stehenden Ansprüche.

Artikel 7

Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?

[…]

1.3 aus dem Bereich des

1.3.5 Steuer , Zoll und sonstigen Abgabenrechts

[…]

2.Vom Versicherungsschutz sind ferner ausgeschlossen

[…]

2.5 Versicherungsfälle, die der Versicherungsnehmer vorsätzlich und rechtswidrig herbeigeführt hat sowie solche, die im Zusammenhang mit der Begehung eines Verbrechens durch den Versicherungsnehmer eintreten.

[…]

Artikel 23

Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz

Der Versicherungsschutz erstreckt sich je nach Vereinbarung auf den Privat- und/oder Betriebsbereich.

1. Wer ist in welcher Eigenschaft versichert?

Versicherungsschutz haben

1.1 im Privatbereich

der Versicherungsnehmer und seine Familienangehörigen (Artikel 5.1) für Versicherungsfälle, die den privaten Lebensbereich, also nicht den Berufs- oder Betriebsbereich oder eine sonstige Erwerbstätigkeit betreffen; […]

2. Was ist versichert?

2.1 Der Versicherungsschutz umfasst die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus

[ …]

2.1.2 schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen [ …]

Als Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen gilt auch die Geltendmachung und Abwehr von Schadenersatzansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten zwischen Vertragspartnern oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen.

[…]

Artikel 24

Rechtsschutz für Grundstückseigentum und Miete:

Der Versicherungsschutz umfasst je nach Vereinbarung

[…]

das in der Versicherungsurkunde bezeichnete Grundstück, Gebäude (Gebäudeteil) oder Wohnung, das nicht den eigenen Wohn oder Betriebszwecken dient (fremdgenutztes versichertes Objekt).

1. Wer ist in welcher Eigenschaft versichert?

Versicherungsschutz haben der Versicherungsnehmer und seine Familienangehörigen (Artikel 5.1) je nach Vereinbarung

[…]

1.2 in ihrer Eigenschaft als Eigentümer, Vermieter oder Verpächter des versicherten fremdgenützten Objekts, das nicht den eigenen Wohn oder Betriebszwecken des Versicherungsnehmers und seiner Familienangehörigen dient.

2. Was ist versichert?

Der Versicherungsschutz umfasst je nach Vereinbarung

2.1 die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Verfahren vor österreichischen Gerichten

2.1.1 aus Miet und Pachtverträgen über das versicherte Objekt;

Die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen umfasst auch

2.1.1.1 die Geltendmachung oder Abwehr von Schadenersatzansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten zwischen Vertragspartnern oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen;

2.1.1.2 die Einbringung von Besitzstörungs und Entziehungsklagen gegen Dritte;

2.1.1.3 die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Dritte wegen Beschädigung des versicherten Objekts.

Im außerstreitigen Verfahren nach dem Mietrechtsgesetz besteht Versicherungsschutz auch im Verfahren vor den Schlichtungsstellen der Gemeinden.

2.1.2 aus dinglichen Rechten […]

2.1.3 für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, die aus der Beschädigung des versicherten Objekts entstehen;

[…]

3. Was ist nicht versichert?

[…]“

[2] Die Besondere Bedingung Nr 9125 Erweiterung des Versicherungsschutzes für nebenberufliche selbständige T ätigkeit lautet:

„1. Abweichend von den vereinbarten Allgemeinen Bedingungen und den jeweils vereinbarten Besonderen Bedingungen haben versicherte Personen, die keiner oder einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen, im Rahmen der jeweils vereinbarten Risiken Versicherungsschutz auch für Versicherungsfälle aus einer nebenberuflichen selbständigen Erwerbstätigkeit.

2. Eine selbständige Tätigkeit gilt als nebenberuflich ausgeübt, wenn die aus der selbständigen Tätigkeit resultierenden jährlichen Einkünfte nicht mehr als 10.000 EUR betragen.

3. Im Allgemeinen Vertrags-Rechtsschutz besteht Versicherungsschutz nur unter der Voraussetzung, dass die tatsächlichen oder behaupteten Forderungen und Gegenforderungen der Vertragsparteien (Gesamtansprüche) aufgrund desselben Versicherungsfalls im Sinne des Artikels 2.3. der vereinbarten Allgemeinen Bedingungen die Anspruchsobergrenze von 2.000 EUR unabhängig von Umfang, Form und Zeitpunkt der Geltendmachung nicht übersteigen. Die Regelungen des Artikels 23.2.4 der vereinbarten Allgemeinen Bedingungen gelten sinngemäß.

4. Kein Versicherungsschutz besteht für die Verteidigung in Strafverfahren wegen unbefugter Gewerbeausübung sowie nach dem Lebensmittelaufsichts- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG).“

[3]Der Kläger wurde am 9. 6. 2020 wegen des Verbrechens des Verrats von Staatsgeheimnissen nach § 252 Abs 1 StGB, des Verbrechens der vorsätzlichen Preisgabe eines militärischen Geheimnisses nach § 26 Abs 1 und Abs 2 MilStG und des Vergehens des geheimen Nachrichtendienstes zum Nachteil Österreichs nach § 256 StGB verurteilt. Zugleich wurde ein Betrag von 145.500 EUR für verfallen erklärt, weil davon ausgegangen wurde, dass der Kläger für den begangenen Landesverrat seit 1. 1. 2011 zumindest diesen Betrag vom russischen Militärischen Nachrichtendienst (GRU) erhalten hatte. Der Kläger hat in den Jahren 2010 bis 2019 seine Einkünfte aus der Vermietung seines Elternhauses und seine Einkünfte aus seiner Spionagetätigkeit nicht bzw nicht ordnungsgemäß versteuert.

[4] Am 7. 12. 2018 erteilte der Kläger der B*gesellschaft mbH Co KG (in Hinkunft: Steuerberatungsunternehmen) Vollmacht insbesondere für die Vertretung in allen steuerlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Angelegenheiten gegenüber den zuständigen Behörden und Personen und in Verfahren in Steuerstrafsachen als Verteidiger.

[5] Mit Schreiben vom 29. 3. 2023 forderte der Kläger im Wege seines Rechtsvertreters das Steuerberatungsunternehmen auf, die Haftung für alle kausalen Schäden durch die entgegen dem Auftrags- und Vollmachtsvertrag vom 7. 12. 2018 nicht vorgenommenen Tätigkeiten, Maßnahmen und Rechtshandlungen – insbesondere die nicht vorgenommene Selbstanzeige – mit der Wirkung eines Feststellungsurteils anzuerkennen, wobei das Interesse an der Feststellung der Haftung für künftige Schäden mit 35.000 EUR bewertet wurde.

[6] Mit Schreiben vom 11. 4. 2023 lehnte das Steuerberatungsunternehmen eine Haftungsanerkennung ab und teilte mit, dass keinerlei Zahlungen geleistet werden, da eine strafbefreiende Selbstanzeige rechtlich nicht mehr möglich gewesen wäre .

[7] Der Kläger begehrt die Feststellung, die Beklagte sei schuldig, „ihm in dem noch anhängig zu machenden Rechtsstreit zwischen ihm und dem Steuerberatungsunternehmen wegen Schadenersatz wegen des Verstoßes gegen den Auftrags und Vollmachtsvertrag vom 7. 12. 2018 zwischen dieser und ihm aufgrund des aufrechten Versicherungsverhältnisses aus der Rechtsschutzversicherungspolizze bis zur Höchstversicherungssumme (Rechtsschutz) in Höhe von 69.000 EUR Deckung zu gewähren“. Das Steuerberat ungsunternehmen sei vom Kläger als Konsument zur Vertretung in allen steuerlichen Angelegenheiten gegenüber de n zuständigen Behörden und Personen beauftragt und ihm entsprechende Vollmacht erteilt worden, insbesondere zur Erstellung und Einbringung einer Selbstanzeige zur Minimierung de r zu erwartenden negativen steuerlichen und zur Verhinderung der finanzstrafrechtlichen Konsequenzen im Zusammenhang mit Einkünften aus der nachrichtendienstlichen Tätigkeit und aus Vermietung und Verpachtung des Hauses. Eine Selbstanzeige sei nie eingebracht worden, bis schließlich eine solche strafbefreiend nicht mehr möglich gewesen sei. Da es zur (Wieder)Eröffnung von Einkommensteuerverfahren von 2009 bis 2018 sowie einem Strafverfahren gegen den Kläger wegen des Finanzvergehens einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG wegen Nicht- bzw unrichtiger Abgabe von Einkommensteuererklärungen für 2010 bis 2019 gekommen sei, hafte das Steuerberatungsunternehmen für sämtliche kausale Schäden aus der Fehl- bzw Nichtberatung, insbesondere der unterlassenen Selbstanzeige. Da das Steuerberatungsunternehmen eine Haftung abgelehnt habe, sei der Kläger zur Klagsführung gezwungen und liege daher ein Versicherungsfall der Rechtsschutzversicherung im Sinn der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen der Vertragsverletzung des Steuerberaters vor. Die Ablehnung der Rechtsschutzdeckung aufgrund selbständiger Erwerbstätigkeit undwegen des Zusammenhangs mit einem Verbrechen sei zu Unrecht erfolgt. Es liege auch keine Geltendmachung rechtlicher Interessen aus dem Bereich des Steuer- und Abgabenrechts vor. Die Prozessführung sei auch nicht aussichtslos. Art 7.2.5 ARB sei überdies unwirksam, weil diese Bestimmung gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB und intransparent nach § 6 Abs 3 KSchG sei, weil keinerlei Einschränkungen hinsichtlich des notwendigen Zusammenhangs zu finden seien.

[8] Die Beklagte wandte ein, dass kein Versicherungsschutz vorliege. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung sei dem nicht versicherten Art 24 ARB zu unterstellen. Der Kläger habe darüber hinaus nur den Privatbereich gemäß Art 23.1.1 ARB versichert. Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung stellten eine nicht versicherte sonstige Erwerbstätigkeit dar, Einkünfte aus der Spionagetätigkeit würden in den Berufs- oder Betriebsbereich fallen. G emäß Art 7.1.3.5 ARB sei die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Bereich des Steuer-, Zoll- und sonstigen Abgabenrechts ausgenommen. Ferner seien gemäß Art 7.2.5 ARB Versicherungsfälle ausgeschlossen, die im Zusammenhang mit der Begehung eines Verbrechens durch den Versicherungsnehmer eintreten. Ein solcher Zusammenhang bestehe, weil der Kläger für seine Spionagetätigkeit rechtskräftig verurteilt worden sei und die Einnahmen von zumindest 145.500 EUR nicht ordnungsgemäß versteuert habe. Nach Art 7.2.5 ARB sei für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer und Konsumenten deutlich und klar, dass diese Klausel auf einen inhaltlichen, also kausalen Zusammenhang mit einem Verbrechen des Versicherungsnehmers abstelle. Dieser kausale Zusammenhang sei gegeben, weil e s ohne die verbrecherische Spionagetätigkeit des Klägers keine zu versteuernden Einnahmen gegeben hätte und keine Selbstanzeige notwendig gewesen wäre.

[9] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es bestehe keine Rechtsschutzdeckung, weil hinsichtlich der Einkünfte aus der „Spionagetätigkeit“ der Risikoausschluss des Art 7.2.5 ARB gegeben sei. Diese Bestimmung sei weder gröblich benachteiligend noch intransparent. Die Einkünfte aus der Vermietung würden eine sonstige Erwerbstätigkeit darstellen, weshalb diesbezüglich keine Rechtsschutzdeckung bestünde. Daran ändere auch die Besondere Bedingung Nr 9125 nichts, da die Einkünfte aus der Vermietung in den Jahren 2010 bis 2019 nach den Feststellungen jeweils 10.000 EUR überstiegen hätten und ein Feststellungsbegehren bewertet mit 35.000 EUR beabsichtigt sei.

[10] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Einkünfte aus der Spionagetätigkeit würden nicht in den Privatbereich fallen. Außerdem komme die Verbrechensausschlussklausel zur Anwendung und würden die geltend zu machenden Ansprüche aus der Fehlberatung hinsichtlich der Einkünfte aus der Spionagetätigkeit und aus der Vermietung 2.000 EUR übersteigen, weshalb auch kein Versicherungsschutz nach der Besonderen Bedingung Nr 9125 bestehe. Die Einkünfte aus der Vermietung seien allerdings dem Privatbereich zuzuordnen und würde insofern Versicherungsschutz bestehen. Beim Zusammentreffen von ausgeschlossenen und gedeckten Risiken sei jedoch insgesamt keine Versicherungsdeckung und somit keine Leistungspflicht der Beklagten gegeben.

[11] Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn.

[12] Die Beklagte begehrt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[13] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist auch teilweise berechtigt.

1. Allgemeines:

[14]1.1 Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 f ABGB) auszulegen und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]; RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Berücksichtigung auf den Wortlaut auszulegen, dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insb T5, T7, T87]). Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]). Als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommenen Gefahren einschränken oder ausschließen, dürfen Ausschlüsse nicht weiter ausgelegt werden als es ihr Sinn unterBetrachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert (RS0107031).

[15]1.2 Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahren und für welchen Bedarf versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikoabgrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden. Der Zweck liegt darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll. Mit dem Risikoausschluss begrenzt also der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ein bestimmter Gefahrenumstand wird von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen (RS0080166 [T10]; RS008006 8 ).

[16]1.3 Für das Vorliegen des Versicherungsfalls trifft nach der allgemeinen Risikoumschreibung den Versicherungsnehmer die Beweislast (RS0043438; RS0043563). Den Beweis für das Vorliegen eines Risikoausschlusses als Ausnahmetatbestand hat hingegen der Versicherer zu führen (RS0107031).

[17] 2. Der Kläger gründete seinen Deckungsanspruch im erstgerichtlichen Verfahren ausdrücklich auf den Rechtsschutzbaustein des A llgemeinen Vertrags-Rechtsschutzes nach Art 23 ARB.

[18] 2.1 Nach dem hier interessierenden Art 23.1.1 ARB sind im Privatbereich der Versicherungsnehmer und seine Familienangehörigen für Versicherungsfälle versichert, die den privaten Lebensbereich, also nicht den Berufs oder Betriebsbereich oder eine sonstige Erwerbstätigkeit betreffen.

[19] 2. 2Die Interessenwahrnehmung gehört dann nicht mehr zur privaten Sphäre des Versicherungsnehmers, wenn ein innerer sachlicher Zusammenhang von nicht untergeordneter Bedeutung zwischen der Wahrnehmung der rechtlichen Interessen und der unternehmerischen Tätigkeit besteht. Ein bloß zufälliger Zusammenhang reicht nicht aus. Die Interessenwahrnehmung darf durch die selbständige Tätigkeit nicht lediglich verursacht oder motiviert sein. Die Interessenwahrnehmung ist auch dann nicht mehr dem privaten Bereich zuordenbar, wenn ein nur mittelbarer Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit besteht. Die Wahrnehmung der Interessen gehört dann zum privaten Bereich, wenn sie nicht selbst geschäftlichen Charakter hat, also der Versicherungsnehmer damit nicht eigene geschäftliche Interessen verfolgt (7 Ob 46/04x; 7 Ob 190/12k).

[20] 2. 3 Der Begriff „privater Lebensbereich“, wie er in den Vorgängerbedingungen enthalten war und das selbe wie nunmehr der Begriff „Privatbereich“ umfasst, stellt auf Ereignisse des täglichen Lebens ab, die nicht bei einer (geschäftlichen) Tätigkeit im Betrieb, Gewerbe oder Beruf eintreten. Damit wird aber nicht allein auf den Begriff der „Gefahren des täglichen Lebens“, wie er in der Privathaftpflichtversicherung postuliert wird, abgestellt (7 Ob 26/94; 7 Ob 46/04x).

[21] 2. 4 Das Risiko „aus sonstiger Erwerbstätigkeit“ umfasstjede auf Dauer ausgerichtete, zur Erzielung eines Ertrags oder eines sonstigen wirtschaftlichen Vorteils entwickelte Tätigkeit, die nicht als Beruf (unselbständige Erwerbstätigkeit) und nicht in Form eines Betriebs ausgeübt wird (7 Ob 26/94; 7 Ob 46/04x). Der Begriff „sonstige Erwerbstätigkeit“ soll diejenige Tätigkeit umfassen, die nicht bereits vom Ausschluss der beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit umfasst ist, jedoch nach der Verkehrsauffassung noch nicht den privaten Lebensbereich betrifft (7 Ob 210/14d).

[22] 3. Der Kläger begehrt Deckung für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen sein Steuerberatungsunternehmen, weil dieses infolge Fehl bzw Nichtberatung – und auch auftragswidrig – keine Selbstanzeige hinsichtlich der unterlassenen Versteuerung der Einnahmen aus Spionage und Vermietung/Verpachtung eingebracht habe.

[23] Vorerst ist z u prüfen, ob diese beabsichtigte Interessenwahrnehmung dem allein versicherten Privatbereich zuzuordnen ist.

4. Zum Spionageentgelt:

[24]4.1.1 Der Kläger wurde mit Urteil vom 9. 6. 2020 für seine Taten im Zeitraum 1993 bis 11. 9. 2018 verurteilt (vgl Beilage ./4; RS0121557). Laut seinen eigenen Angaben im Strafverfahren bezog er für den von ihm von 1. 1. 2011 bis 11. 9. 2018 begangenen Landesverrat ein „Spionageentgelt“ von 145.500 EUR.

[25] 4.1.2 Der Kläger verriet ihm aus seiner eigentlichen beruflichen Tätigkeit als Offizier des Österreichischen Bundesheeres bekannte Staats und Militärgeheimnisse an eine fremde Macht. D ie Tätigkeit war zweifelsohne auf Dauer angelegt und wurde auch entsprechend jahrzehntelang ausgeübt; hiefür erzielte er Einnahmen in nicht unbeträchtlicher Höhe.

[26] 4.1.3 Die Beurteilung der Vorinstanzen, vor diesem Hintergrund stelle die Tätigkeit des Klägers keine dem Privatbereich zuzuordnende dar, ist zutreffend. Die beabsichtigte Interessenwahrnehmung bzw G eltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen das Steuerberaterungsunternehmen wegen der Unterlassung der Selbstanzeige im Zusammenhang mit der Versteuerung von Einkünften aus einer sonstigen Erwerbstätigkeit ist damit nicht vom Versicherungsschutz nach Art 23.1.1 ARB umfasst.

[27] 4.1.4 Aus der vom Kläger herangezogenen Entscheidung 10 ObS 2458/96k im Zusammenhang mit dem Verweis auf Kronsteiner , Rechtsschutzversicherung 2 ( 2021) 52, ist für ihn nichts zu gewinnen. G ing es doch dort um die Frage, ob ein Unfall auf dem Arbeitsweg dem Privat , Betriebs oder Berufsbereich zugeordnet werden kann.

[28] 4.2 Gegen die von den Vorinstanzen verneinte Erweiterung des Versicherungsschutzes für nebenberufliche selbständige Tätigkeiten nach de rBesonderen Bedingung Nr 9125 Punkt 2 und 3 wendet sich der Kläger nicht mehr. Auf diese selbständig zu beurteilende Rechtsfrage ist daher nicht einzugehen (RS0043352 [T26, T33]).

[29] 4.3 Da die beabsichtigte Interessenwahrnehmung nicht dem versicherten Privatbereich zugehört und bereits aus diesem Grund kein Versicherungsschutz besteht, erübrigt sich ein Eingehen auf den von der Beklagten ausschließlich im Zusammenhang mit den „Spionageeinkünften“ eingewandten Risikoausschluss nach Art 7.2.5 ARB.

[30] 4.4 Die Abweisung im Umfang des Spionageentgelts war zu bestätigen.

5. Zu den Einkünften aus Miete/Pacht:

[31]5.1.1 Streitigkeiten aus privater Vermögensveranlagung sind grundsätzlich dem privaten Lebensbereich zuzuordnen. Die Grenze zur betrieblichen Tätigkeit oder sonstigen Erwerbstätigkeit wird dann überschritten, wenn dabei unternehmerischer Einsatz entfaltet oder in größerem Umfang und mit Wiederholungsabsicht Spekulationsgeschäfte getätigt werden. Die Höhe des veranlagten Vermögens allein spielt dabei nicht die ausschlaggebende Rolle (RS0130145). Auch die steuerrechtliche Einordnung ist nicht relevant (7 Ob 210/14d mwN). Bei privater Vermögensverwaltung kann da nach eine selbständige Tätigkeit erst angenommen werden, wenn sie zur Verschaffung einer ständigen Einnahmequelle berufsmäßig betrieben wird, das heißt, eine n planmäßigen Geschäftsbetrieb wie die Unterhaltung eines Büros oder einer eigenen Organisation zur Durchführung der Geschäfte erfordert ( Waldeck in Garo/Kath/Kronsteiner, Erläuterungen zu den Musterbedingungen für die Rechtsschutzversicherung [ARB 2015]; Art 23 F6 033; zur vergleichbaren deutschen Rechtslage BGH IV ZR 196/91; Obarowsky in Harbauer , Rechtsschutzversicherung 9 [2018] ARB 2010 § 23 R n 37; Hillmer Möbius in van Bühren/Plote/Hillmer Möbius/Wendt , Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung 3 [2013] § 23 ARB 2010 Rn 6 ff). Nur das Vermieten von Wohnungen oder Gewerberäumen ist ungeachtet der steuerrechtlichen Qualifikation im Regelfall nicht gewerblicher Natur, sondern dient der privaten Kapitalanlage, solange der Vermieter nicht die Absicht hat, sich aus der Vermietung eine berufsmäßige Einnahmequelle zu verschaffen (BGH VII ZR 44/73 NJW 1974, 1462: BGH VII ZR 97/98 NJW 1979, 1650; Obarowsky aaO ARB 2010 § 23 R n 38; vgl auch Hillmer Möbius aaO § 23 ARB 2010 Rn 6 ff). So stellt auchdie ständige Rechtsprechung (RS0065317) für die Unternehmereigenschaft eines Vermieters im Sinn des KSchG auf die Beschäftigung von dritten Personen (wie Hausbesorgern), das Vorliegen einer Mehrzahl dauernder Vertragspartner (Mehrzahl von Mietverträgen, die eine nach kaufmännischen Grundsätzen geführte Buchhaltung erfordert) und Erforderlichkeit der Einschaltung von anderen Unternehmen oder Erfüllungsgehilfen sowie längerfristige Vertragsbindungen ab.

[32] 5.1.2 Zutreffend sind die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass im vorliegenden Fall in dem der Kläger Einkünfte aus der Vermietung bloß seines Elternhauses erzielte keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er im Zusammenhang mit der Vermietung unternehmerischen Einsatz entfaltete, sodass diese Tätigkeit dem privaten Bereich zuzuordnen ist.

[33] 5.2. 1 Die positive Deckungsumschreibung des allgemeinen VertragsRechtsschutzes in Art 23.2.1 ARB (Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen) umfasst die Geltendmachung und Abwehr von Ansprüchen auf Erfüllung und Erfüllungssurrogate aus solchen schuldrechtlichen Verträgen, sowie die Ausübung von Gestaltungsrechten, wie zB Kündigung, Rücktritt oder Anfechtung (7 Ob 96/13p mwN = RS0128752 [T2]). Diesem Basistatbestand werden in Abs 2 Ergänzungstatbestände angefügt, die gegenüber dem Basistatbestand konstitutive Bedeutung haben, also Deckung gewähren, die sich aus dem Grundtatbestand nicht ergeben würde. Zum einen wird ausdrücklich auch die Geltendmachung von Ansprüchen wegen „reiner“ Vermögensschäden gedeckt, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen. Zum anderen wird auch die Geltendmachung von Ansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen, zum Gegenstand der Deckung im allgemeinen VertragsRechtsschutz erklärt (7 Ob 141/20s mwN).

[34] 5.2. 2 Die Beklagte hält dem entgegen , dass die dem Steuerberat ungsunternehmen gegenüber beabsichtigten Schadenersatzanspr ü ch e tatsächlich Art 24 ARB zu unterstellen seien. Dieser Rechtsschutzbaustein sei aber nicht vereinbart.

[35] Der Versicherungsschutz nach Art 24.2 ARB kann für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus Miet- und Pachtverträgen, aus dinglichen Rechten, aus Wohnungseigentum oder für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, die aus der Beschädigung des versicherten Objekts entstehen vereinbart werden. Eine Begründung für die Anwendung des Art 24 ARB auf die vom Kläger angestrebte Rechtsverfolgung gegenüber seinem Steuerberatungs- unternehmen vermochte die Beklagte bereits im erstgerichtlichen Verfahren nicht zu geben, sodass dessen Nichtvereinbarung nicht schadet.

[36]6.1 Nach Art 2.3 ARB liegt der Versicherungsfall in der Rechtsschutzversicherung – soweit hier interessierend – vor, wenn einer der Beteiligten begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Es bedarf daher eines gesetzwidrigen oder vertragswidrigen Verhaltens eines Beteiligten, das als solches nicht sofort oder nicht ohne Weiteres nach außen zu dringen braucht. Ein Verstoß ist ein tatsächlich objektiv feststellbarer Vorgang, der immer dann, wenn er wirklich vorliegt oder ernstlich behauptet wird, den Keim eines Rechtskonflikts in sich trägt, der zur Aufwendung von Rechtskosten führen kann. Damit beginnt sich die vom Rechtsschutzversicherer übernommene Gefahr konkret zu verwirklichen. Es kommt nicht darauf an, ob der Handelnde sich des Verstoßes bewusst oder infolge von Fahrlässigkeit oder auch unverschuldet nicht bewusst war, es soll sich um einen möglichst eindeutig bestimmbaren Vorgang handeln, der in seiner konfliktauslösenden Bedeutung für alle Beteiligten, wenn auch erst nachträglich, erkennbar ist. Es kommt weder auf den Zeitpunkt an, zu dem die Beteiligten von dem Verstoß Kenntnis erlangten, noch darauf, wann aufgrund des Verstoßes Ansprüche geltend gemacht oder abgewehrt werden (RS0114001).

[37] 6.2 Der Versicherungsfall liegt darin, dass das Steuerberatungsunternehmen durch das (behauptete) Unterbleiben der Selbstanzeige gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen haben soll. Der von der Beklagten vermissten Feststellung, dass ein entsprechender Auftrag zur Selbstanzeige erteilt worden war, bedarf es zur Beurteilung des Eintritts des Versicherungsfalls schon deshalb nicht, weil das Steuerberatungsunternehmen nach den Feststellungen eine entsprechende Verpflichtung gar nicht bestreitet.

[38] 7 .1.1 In Art 7.1.3.5 ARB wird die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus dem Bereich des Steuer , Zoll und sonstigen Abgabenrechts ausgenommen.

[39] 7 . 1 .2 Rechtsgebietsbezogene Ausschlüsse setzen voraus, dass Interessen aus dem fraglichen Rechtsgebiet wahrzunehmen sind. Es geht also nicht einfach darum, dass der Streit im ursächlichen Zusammenhang mit Tatsachen steht auf die das ausgeschlossene Rechtsgebiet Bezug nimmt. Für rechtsgebietsbezogene Ausschlüsse spielt der tatsächliche Anlass des Streits als solcher keine Rolle. Vielmehr müssen Normen oder Vereinbarungen, die dem fraglichen Rechtsgebiet zuzuordnen sind, für die Interessenwahrnehmung eine Rolle spielen ( Prölls , Risikoausschlüsse in der Rechtsschutzversicherung [Teil 1] r+s 2005, 225 f).

[40] 7 . 1 .3 Schon i m erstgerichtlichen Verfahren verw ies die Beklagte ohne jegliches ( Tatsachen )V orbringen lediglich pauschal auf den Wortlaut dieses Ausschlusses. Damit hat sie den von ihr zu behauptenden und zu beweisenden Risikoausschluss nicht dargelegt. Im Rechtsmittelverfahren kam sie darauf gar nicht mehr zurück. Ein weiteres Eingehen erübrigt sich hier.

[41] 7.2.1In der Rechtsschutzversicherung ist bei Beurteilung der Erfolgsaussichten kein strenger Maßstab anzulegen (RS0081929). Die vorzunehmende Beurteilung, ob „keine oder nicht hinreichende Aussicht auf Erfolg“ besteht, hat sich am Begriff „nicht als offenbar aussichtslos“ des die Bewilligung der Verfahrenshilfe regelnden § 63 ZPO zu orientieren. „Offenbar aussichtslos“ ist eine Prozessführung, die schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Verteidigungsmittel als erfolglos erkannt werden kann, insbesondere bei Unschlüssigkeit, aber auch bei unbehebbarem Beweisnotstand (RS0116448; RS0117144).

[42] 7.2.2 Die von der Beklagten angenommene Unschlüssigkeit im Zusammenhang mit der beabsichtigten Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen wegen der (behaupteten) vertragswidrigen Unterlassung der Selbstanzeige durch das Steuerberatungsunternehmen ist nicht ersichtlich.

[43] 7.3 Die von der Beklagten eingewandten Risikoausschlüsse gelangen damit nicht zu Anwendung.

8. Konkurrenz gedecktes/nicht gedecktes bzw ausgeschlossenes Risiko:

[44] 8 .1 Das Berufungsgericht ging von der Leistungsfreiheit der Beklagten wegen Zusammentreffens eines gedeckten Risikos (Miete/Pacht) und eines ausgeschlossenen Risikos(Spionageentgelt) aus. Es gründete diese Rechtsansicht insbesondere auf die Entscheidung 7 Ob 94/24k, die eine Sachversicherung und keine Rechtsschutzversicherung betrifft. Diese Rechtsansicht kann für den vorliegenden Fall nicht geteilt werden.

[45] 8.2 In der Rechtsschutzversicherung umfasst die Leistungspflicht des Versicherers nur die Übernahme anteiliger Kosten, wenn in einem Verfahren versicherte und nicht versicherte Ansprüche, Delikte oder Personen zusammentreffen und aus beiden Sphären Kostenfolgen eintreten. Werden in einem Verfahren versicherte und nicht versicherte Ansprüche geltend gemacht oder abgewehrt, trägt der Versicherer die Kosten anteilig im Verhältnis der Streitwerte oder Bemessungsgrundlagen zueinander. Davon abweichend trägt er in Zivilsachen alle Kosten, wenn die Kostenfolgen ausschließlich und nachvollziehbar aus der Geltendmachung und Abwehr gedeckter Ansprüche resultieren. Umgekehrt bleibt der Versicherer leistungsfrei, wenn die Kostenfolgen ausschließlich auf ein Unterliegen mit ungedeckten Ansprüchen zurückzuführen sind ( Kronsteiner , Die Rechtsschutzversicherung 2[2022] 117; vgl auch RS0102989 = 7 Ob 12/96; 7 Ob 141/20s), was hier bereits aus Art 6.8.6 ARB folgt.

[46] 8.3 Im Ergebnis hat daher die Beklagte Versicherungsschutz für die Rechtsverfolgung (die anteiligen Kosten des Verfahrens) im Zusammenhang mit den Einkünften aus Miete/Pacht, nicht jedoch im Zusammenhang mit den Einkünften aus der Spionagetätigkeit zu gewähren. Insoweit waren die angefochtenen Urteile abzuändern.

[47] 9. Da von einem gleichteiligen Obsiegen auszugehen ist, sind die Kosten gegeneinander aufzuheben. Die Pauschalgebühren sind im Ausmaß des tatsächlichen Obsiegens zu ersetzen.