JudikaturJustiz9Os89/79

9Os89/79 – OGH Entscheidung

Entscheidung
09. Oktober 1979

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Friedrich als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Simetzberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Günther A wegen des Vergehens der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 21. Februar 1979, GZ. 17 a Vr 1558/79-13, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schwarz und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wird jedoch das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der unter Punkt 1 des Schuldspruches angeführten Tat und demgemäß auch im Ausspruch über die Strafe aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst dahingehend erkannt, daß der Ausspruch, der Angeklagte habe durch dieses Verhalten auch das Vergehen der Förderung der gewerbsmäßigen Unzucht nach § 215 StGB. begangen, aus dem Urteilsspruch ausgeschaltet wird.

Für das ihm sohin zur Last liegende Vergehen der Zuhälterei nach § 216 StGB. und das Verbrechen des Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 StGB. wird der Angeklagte nach §§ 28, 217 Abs. 1, 1. Strafsatz, StGB. unter Bedachtnahme gemäß §§ 31 und 40 StGB. auf die Urteile des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 18. Oktober 1977, 8. Mai 1979 und 11. Mai 1979, AZ. U 1218/77, U 28/79 und U 941/78, und des Landesgerichtes Feldkirch vom 6. Juli 1978, AZ. 13 b E Vr 1866/77, zu einer Zusatzfreiheitsstrafe von vier Monaten und drei Wochen verurteilt.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 23. März 1954 geborene Schweißer Günther A des Vergehens der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB., des Vergehens der Zuhälterei nach § 216 StGB. und des Verbrechens des Menschenhandels nach § 217 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt.

Nach den Urteilsannahmen lernte der Angeklagte Anfang September 1977 in Rankweil die zu dieser Zeit beschäftigungslose 17-jährige Helga B kennen, welche bereits im Sommer desselben Jahres für einen gewissen Alois C zweimal die Prostitution ausgeübt hatte, und überredete sie etwa eine Woche später, für ihn in Liechtenstein 'auf den Straßenstrich zu gehen'. B befand sich zu dieser Zeit in sehr schlechten finanziellen Verhältnissen und ging deshalb, in der Hoffnung, zu Geld zu kommen, auf den Vorschlag des Angeklagten ein. Dieser wußte, daß B österreichische Staatsbürgerin war und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Rankweil hatte.

Zunächst 'organisierte' der Angeklagte, weil er kein eigenes Auto hatte, einen gewissen Hermann D als Chauffeur für die tägliche Fahrt zur 'Arbeitsstätte' der B in Nendeln in Liechtenstein. Er begleitete B auf diesen Fahrten und entlohnte D für diese. In der Folge schaffte er sich einen PKW an und führte B nun selbst nach Liechtenstein, um sie dort die Prostitution ausüben zu lassen; 'nach Geschäftsschluß' brachte er sie jeweils nach Feldkirch zurück. B verdiente aus der Prostitution durchschnittlich täglich ca. 250 sfr. Diese kassierte der Angeklagte fast zur Gänze, obwohl er anfänglich mit B vereinbart hatte, daß sie ein Drittel ihrer Einnahmen für sich behalten könne. Lediglich einmal gab er B auf ihr ausdrückliches Verlangen 'einige hundert' Schilling Bargeld bzw. die 'notwendige Kleidung'. In Nendeln versorgte er sie zumeist (nur) mit kalten Mahlzeiten.

Der Angeklagte hatte seinen Beruf als Schweißer gleich am ersten oder zweiten Tag seiner Bekanntschaft mit B aufgegeben und war in der Folgezeit, abgesehen von gelegentlichen 'Schwarzarbeiten' als Automechaniker, ohne Beschäftigung.

Als Helga B etwa Mitte Oktober 1977 im vierten Monat schwanger war, gab sie die Prostitution auf und arbeitete wieder als Näherin. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 4, 5, 9 lit. a und b sowie 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Aus dem Nichtigkeitsgrund der Z. 4 des § 281 Abs. 1 StPO. wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Anträge, und zwar auf Vernehmung des Zeugen Franz E, zum Beweise dafür, daß Helga B den Beschwerdeführer ersucht hatte, sie nach Liechtenstein zur Ausübung der Prostitution zu bringen;

ferner auf Einvernahme der Kriminalbeamten F und G, über die 'Entstehung der Aussage der Zeugin Helga B und die damit verbundenen Umstände'; sowie auf Beischaffung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Bregenz, zum Beweise dafür, daß Helga B schon früher der Prostitution nachgegangen sei.

Das Erstgericht hat diese Beweisanträge wegen 'Unerheblichkeit' abgewiesen. Es erachtete, wie es weiter ausführte, die Vernehmung der Zeugen nicht für erforderlich, weil der 'Sachverhalt auf Grund der Ergebnisse der bisherigen Erhebungen und der Verantwortung des Angeklagten hinreichend geklärt' sei. Die Beischaffung der Akten hielt es im Hinblick auf die Aussage der Zeugin B, wonach sie früher schon der Prostitution nachgegangen sei, für entbehrlich (S. 55). Durch dieses erstgerichtliche Zwischenerkenntnis wurden Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt. Die Einvernahme des Franz E war nicht erforderlich, weil dem von diesem Zeugen inhaltlich des Beweisantrages zu bekundendem Umstand bei richtiger rechtlicher Beurteilung des vom Angeklagten gesetzten Verhaltens keine Bedeutung zukommt. Die vom Täter der Prostitution im Ausland zugeführte Person ist Schutzobjekt selbst dann, wenn sie der Prostitution bereits ergeben ist. Demzufolge kommt es vorliegend auch gar nicht darauf an, ob Helga B dem Vorhaben des Angeklagten, sie der Prostitution im Ausland zuzuführen, zugestimmt oder allenfalls sogar ein in diese Richtung zielendes Ansinnen an ihn gestellt hat.

Der eingangs wiedergegebene Antrag auf Vernehmung zweier Kriminalbeamten entbehrt insoweit einer entsprechenden Substantiierung, als er nicht erkennen läßt, welches für die Lösung der Schuld- (oder Rechts-) frage bedeutsame Ergebnis bei seiner Durchführung erwartet werden kann.

Er ist sohin mit Recht der Abweisung durch das Erstgericht verfallen.

Daß Helga B zeitweilig der Prostitution nachgegangen ist, stellte das Erstgericht ohnedies fest. Erhebungen zum Nachweis dieses Umstandes waren sonach nicht nötig.

Ziffernmäßig aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. 'in Verbindung mit § 281 Z. 9 lit. a und b StPO.'

bekämpft die Beschwerde die Annahme, daß der Beschwerdeführer Helga B der Geheimprostitution zugeführt und sie ausgenützt hat. Es bestehe insoferne eine 'Aktenwidrigkeit' zu den (nach Ansicht der Beschwerde allein maßgeblichen) Aussagen der Zeugin B in der Hauptverhandlung und ein 'innerer Widerspruch', weil die Genannte schon früher der Prostitution nachging, freiwillig nach Liechtenstein und zurück fuhr und dort 'leicht hätte entfliehen können', wenn sie nicht mehr zum Beschwerdeführer zurück wollte. Von einer Ausnützung könnte nicht gesprochen werden, wenn B 'damit einverstanden' war.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer allerdings weder eine Aktenwidrigkeit im Sinne der erstbezeichneten Gesetzesstelle, noch eine Unvollständigkeit der Begründung oder sonst einen Begründungsmangel auf.

Denn es beruhen die einschlägigen Urteilsannahmen tatsächlicher Natur auf den in der Hauptverhandlung erörterten (S. 49 ff.) Angaben der Zeugin B im Vorverfahren, denen das Erstgericht Glauben schenkte. Von einer Aktenwidrigkeit kann daher keine Rede sein. Da das Gericht im übrigen zureichend begründet hat, warum es diesen Angaben und nicht der von der Zeugin in der Hauptverhandlung abgelegten Aussage folgte (S. 62 ff.), haftet dem bekämpften Ausspruch auch kein anderer Begründungsmangel an.

Alles übrige Vorbringen zu den erwähnten Nichtigkeitsgründen stellt der Sache nach eine Bekämpfung der rechtlichen Subsumtion des Verhaltens des Beschwerdeführers unter die Tatbilder einerseits der §§ 215, 217 Abs. 1

und andererseits des § 216 StGB. dar.

Diesen und allen weiteren, ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 10, 'hilfsweise' auch der Z. 9 lit. a und b des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Ausführungen der Beschwerde, welche sich gegen die Beurteilung der Tat als Menschenhandel nach § 217 Abs. 1 StGB. wenden, ist zu erwidern:

Das Vergehen nach § 215 StGB. begeht, wer eine Person der gewerbsmäßigen Unzucht zuführt. Nach § 217 Abs. 1 StGB. ist strafbar, wer eine Person, mag sie auch bereits der gerwerbsmäßigen Unzucht ergeben sein, dieser Unzucht in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, zuführt oder sie hiefür anwirbt.

Beiden Tatbeständen ist gemeinsam, daß sie Fälle der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht sind (Dokumentation 198;

so auch 10 Os 28/78). Der erste Deliktsfall des § 217 Abs. 1 StGB. unterscheidet sich vom Tatbestand des § 215 StGB. nur insoweit, als er das Zuführen einer Person zur gewersmäßigen Unzucht im Ausland - wegen der damit für das Opfer verbundenen größeren Gefahr (vgl. Dokumentation 197) - mit strengerer Strafe belegt und überdies - entsprechend den von Österreich eingegangenen internationalen Verpflichtungen, die auch den Schutz von Prostituierten zum Gegenstand haben - den Kreis der vom Gesetz geschützten Personen (vgl. dazu 10 Os 99/77) auch auf solche ausdehnt, die bereits gewerbsmäßig Unzucht betreiben. Er stellt sich sohin, näher besehen, als qualifizierter Fall der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht dar (Dokumentation 198; 10 Os 28/78 =

ÖJZ-LSK 1978/232).

Unter Zuführen im Sinne der §§ 215 und 217 Abs. 1 StGB. ist jedes Tätigwerden zu verstehen, das darauf abzielt, eine andere Person zur Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution (im In- oder Ausland) zu veranlassen. Zuführen ist mehr als bloßes Raten oder in untergeordneter Weise Behilflich - Sein. Der Täter muß vielmehr eine besondere Mittlertätigkeit entfalten, durch die die gesamte Lebensführung der betreffenden Person auf die Ausübung der Prostitution (im In- oder Ausland) ausgerichtet wird. Eine Einwirkung auf den Willen des Opfers ist dazu nicht unbedingt erforderlich. Es genügt etwa die Herstellung der Bekanntschaft mit Prostituierten und Zuhältern, das Verschaffen eines entsprechenden Quartiers, allenfalls mit 'Kundenstock', das Ermöglichen, unter dem 'Schutz' des Täters die Prostitution auszuüben, oder wie gegenständlich die Übernahme der fast täglichen Beförderung zum und vom Ort der Prostitutionsausübung (vgl. EvBl. 1977/198, 1978/135; 9 Os 55/79).

Geschützt werden im § 215 StGB. alle Personen männlichen und weiblichen Geschlechts, die zur Tatzeit Unzucht nicht gewerbsmäßig ausüben; strafbar nach dieser Gesetzesstelle ist, wer solche Personen zu Prostituierten macht.

Eine 'frühere' (bereits beendete) Prostitutionsausübung steht, der Beschwerde zuwider, der rechtlichen Annahme des Zuführens zur gewerbsmäßigen Unzucht in der dargestellten Bedeutung nicht entgegen, weil § 215 StGB. nicht zwischen Personen unterscheidet, die erstmalig der Prostitution zugeführt werden, und solchen, die sich aus dem asozialen Leben gewerbsmäßiger Unzucht bereits gelöst hatten und vom Täter neuerlich in dieses zurückgeführt werden. Schutzobjekte des § 217 StGB. sind, dessen ausdrücklichem Wortlaut nach, nicht nur die (auch) unter dem Schutz des § 215 StGB. stehenden Personen, sondern darüber hinaus zudem solche, die bereits der gewerbsmäßigen Unzucht ergeben sind. Sie sollen davor bewahrt werden, daß sie jemand - sei es nun mit ihrem Einverständnis (§ 217 Abs. 1 StGB.) oder durch Täuschung, mit Gewalt oder durch Drohung (§ 217 Abs. 2 StGB.) - dazu bringt, die Unzucht gewerbsmäßig in einem anderen als ihrem Heimat- oder Aufenthaltsland auszuüben.

§ 217 StGB. enthält Strafbestimmungen gegen den Frauen- und Kinderhandel, welche inhaltlich an jene internationalen Abkommen zur Unterdrückung des Menschenhandels angepaßt sind, denen Österreich bisher beigetreten ist (Leukauf-Steininger 971 f.). Der nur in der Marginalrubrik des § 217 StGB. vorkommende Begriff des Menschenhandels setzt indes nicht voraus, daß - wie der Beschwerdeführer vermeint - ein Mensch Gegenstand eines 'Handels' zwischen dem Täter und einer von ihm und dem Opfer verschiedenen Person ist. Das Charakteristische des Menschenhandels nach § 217 StGB. liegt vielmehr darin, daß das Opfer die Prostitution außerhalb seines Heimat- oder Aufenthaltsstaates ausüben soll (vgl. Leukauf-Steininger 972; 9 Os 55/79).

Der Täter, der - wie der Beschwerdeführer es nach den Urteilsfeststellungen getan hat - eine Person zur Ausübung der Prostitution außer Landes bringt, führt sie daher (auch) im Sinne des § 217 Abs. 1 StGB. der gewerbsmäßigen Unzucht im Ausland zu. Irgendeine 'äußere Einflußmöglichkeit' einer dritten Person ist deshalb entgegen der Beschwerdeauffassung für die Tatbildlichkeit nach der genannten Gesetzesstelle nicht von Bedeutung. Angesichts des umschriebenen Tatbildinhaltes des § 217 Abs. 1 StGB. und der Wesensart des Menschenhandels im Sinne dieses Tatbestandes als grenzüberschreitender Kriminalität (ÖJZ-LSK 1979/54) ist es nicht von Belang, daß der Beschwerdeführer Helga B nach ihrer fast täglichen Ausübung der Prostitution im Ausland wieder nach Österreich zurückgebracht hat.

Demnach erweisen sich alle Einwendungen gegen die Subsumtion des Verhaltens des Beschwerdeführers unter das Tatbild des Verbrechens des Menschenhandels als nicht begründet.

Zu erörtern ist jedoch in diesem Zusammenhang die in der Beschwerde - allerdings unter einem anderen Gesichtspunkt - aufgeworfene Frage, ob ein eintätiges Zusammentreffen der Delikte nach § 215 StGB. und § 217 Abs. 1 StGB., wie es dem Angeklagten vom Erstgericht angelastet wurde, rechtlich möglich ist. Dazu vermeinte die Generalprokuratur in ihrer zum Rechtsmittel des Angeklagten ergangenen Stellungnahme, daß der im Zuführen einer Person zur gewerbsmäßigen Unzucht im Sinne des § 215 StGB. gelegene Unwertgehalt vom Tatbild des § 217 Abs. 1 StGB. nicht umfaßt wird, wenn es sich bei dem Opfer, wie vorliegend, um eine Person handelt, die nicht der Prostitution ergeben ist. Diesem Standpunkt aber vermag sich der Oberste Gerichtshof gerade im Hinblick auf das von der Generalprokuratur zutreffend hervorgehobene Argument nicht anzuschließen, daß das Verbrechen nach § 217 Abs. 1 StGB.

(begangen durch Zuführen oder Anwerben) ein qualifizierter Fall der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht - sohin des im § 215 StGB. pönalisierten Tatbestandes - ist, der auch (vgl. abermals Dok. S. 198) bei Personen anzuwenden ist, die bereits der gewerbsmäßigen Unzucht ergeben sind.

Gewiß können nach § 215 StGB. und § 217 Abs. 1 StGB. strafbare Handlungen real miteinander konkurrieren, etwa in der Form, daß der Täter eine Person zunächst der gewerbsmäßigen Unzucht im Inland zuführt (§ 215 StGB.) und dann erst das Verbrechen nach § 217 Abs. 1 StGB. verwirklicht, indem er eine dem Begriff des Zuführens entsprechende Tätigkeit entfaltet, durch die die gesamte Lebensführung seines (nunmehr schon der Prostitution ergebenen) Opfers auf die gewerbsmäßige Ausübung der Unzucht im Ausland ausgerichtet wird. Der Annahme einer eintätigen Konkurrenz aber wird durch den Wortlaut des Gesetzes jedenfalls dann der Boden entzogen, wenn das Opfer, wie hier, nach dem Plan des Täters sofort der gewerbsmäßigen Unzucht im Ausland zugeführt wird (i. d. S. nunmehr Leukauf-Steininger, Kommentar2, RN 13 zu § 215 StGB.). Was letztlich den ersichtlich die Subsumtion unter den Tatbestand der Zuhälterei nach § 216 StGB. betreffenden Beschwerdevorwurf anlangt, es fehle an einer 'Ausnützung', weil B damit einverstanden gewesen sei, so geht diese Rechtsrüge nicht zur Gänze vom Urteilssachverhalt aus und ist deshalb insofern nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt.

Denn das Erstgericht hat ausdrücklich festgestellt, daß der Beschwerdeführer entgegen der ursprünglichen Vereinbarung, Helga B ein Drittel der Einnahmen aus der Prostitution zu belassen, diese fast zur Gänze kassierte.

Davon abgesehen kommt beim Tatbild der Zuhälterei einer Einwilligung des Opfers zur Ausbeutung, entgegen der Meinung des Beschwerdeführers, keine strafbefreiende Wirkung zu. Tatbildlich nach § 216 StGB. handelt, wer seinen Unterhalt ganz oder zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht einer anderen Person durch deren Ausbeutung zu gewinnen sucht. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung unter Ausbeutung ein rücksichtsloses, sich gegen vitale Interessen der Prostituierten richtendes Ausnützen derselben zu verstehen, so z. B. wenn ihr der Zuhälter den aus der gewerbsmäßigen Unzucht erzielten Gewinn ganz oder zum überwiegenden Teil abnimmt (ÖJZ-LSK 1977/117, 248 = EvBl. 1977/213 bzw. 261 u. a.), wie dies vorliegend zutrifft.

Als Ausbeutungs(Begegnungs-)delikt zählt das Vergehen der Zuhälterei aber ähnlich dem Menschenhandel nach § 217 Abs. 1 StGB. (vgl. Dokumentation 197; ÖJZ-LSK 1979/145) und dem Wucher (§§ 154, 155 StGB.), gerade zu jenen strafbaren Handlungen, bei denen vom Täter in der Regel mit (von Willensmängeln freier) Einwilligung des durch die Strafdrohung Geschützten (Nowakowski 104) in dessen vitale Interessen, an deren Wahrung auch ein öffentliches Bedürfnis besteht, eingegriffen wird. Als solches wird es vom Täter auch verwirklicht, wenn er mit Zustimmung des Opfers, ja sogar über dessen Andringen handelt und sohin eine die freie Willensentscheidung des Opfers beeinträchtigende Nötigung nicht stattgefunden hat (EvBl. 1977/261; 11 Os 155/78). Eine solche würde vielmehr eine zusätzliche strafrechtliche Haftung des Täters wegen der Delikte der Erpressung nach § 144 StGB. oder der Nötigung nach § 105 StGB.

neben der Zurechnung der Zuhälterei begründen (EvBl. 1977/261; 11 Os 155/78; Dokumentation 197).

Unter diesem Blickwinkel gesehen war der sohin unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ein Erfolg zu versagen, gemäß § 290 Abs. 1 StPO. jedoch der das Gesetz zum Nachteil des Angeklagten verletzende Ausspruch des Gerichtes, das unter Punkt 1 des Urteils beschriebene Verhalten des Angeklagten erfülle (auch) das Vergehen der Förderung gewerbsmäßiger Unzucht nach § 215 StGB., aus dem Urteil auszuschalten.

Bei der sohin erforderlich gewordenen Neubemessung der Strafe hat der Oberste Gerichtshof die vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe übernommen. Erschwerend waren sohin das Zusammentreffen von zwei strafbaren Handlungen und das jugendliche Alter des Opfers zur Tatzeit. Als mildernd wurde hingegen der kurze Deliktszeitraum gewertet und der Umstand, daß die Tat nunmehr doch schon längere Zeit zurückliegt. Die im erstgerichtlichen Urteil angeführten weiteren Erschwerungsumstände (des schlechten Leumunds und der vier Vorstrafen) hatten hingegen zu entfallen, da die Vorstrafen einerseits nicht einschlägig und andererseits zum Teil gemäß §§ 31, 40 StGB. zu berücksichtigen sind und der schlechte Leumund keinen eigenen Erschwerungsgrund bildet.

Ausgehend von den solcherart berichtigten Strafzumessungsgründen, von denen das Zuführen und Ausbeuten des bereits schwangeren siebzehnjährigen Mädchens besonders schwer wiegt, erachtete der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe von acht Monaten für das dem Angeklagten vorliegend angelastete strafbare Verhalten und für jene Straftaten angemessen, wegen deren er in den aus dem Spruch ersichtlichen Strafverfahren zu Geldstrafen von insgesamt einhundertzehn Tagessätzen und sechs Wochen Freiheitsstrafe verurteilt worden war; solcherart ergibt sich - nach Abzug der gemäß §§ 31 und 40 StPO. zu berücksichtigenden Strafen - das Strafmaß in dem aus dem Spruch ersichtlichen Ausmaß.

Die beiderseitigen Berufungen waren auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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