JudikaturJustiz9ObA9/02t

9ObA9/02t – OGH Entscheidung

Entscheidung
13. März 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter DI Hans Lechner und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden Partei Mag. Siegfried E*****, Versicherungsangestellter, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch Dr. Georg Grießer ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Anfechtung einer Kündigung (9 Cga 298/99d) und Feststellung (9 Cga 13/00x), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Oktober 2001, GZ 10 Ra 309/01m-35, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 16. Februar 2001, GZ 9 Cga 298/99d-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Der Revision wird teilweise nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird in seinem das Verfahren 9 Cga 13/00x betreffenden Teil (Bestätigung der Abweisung des Feststellungsbegehrens und der erstinstanzlichen Kostenentscheidung; zweitinstanzliche Kostenentscheidung) bestätigt.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 877,15 bestimmten Kosten des das Verfahren 9 Cga 13/00x betreffenden Revisionsverfahrens (darin EUR 146,19 Umsatzsteuer) zu ersetzen. Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben.

In seinem das Verfahren 9 Cga 298/99d betreffenden Teil (Kündigungsanfechtung) werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben. Die Arbeitsrechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des auf das Verfahren 9 Cga 298/99d entfallenden Revisionsverfahrens sind Kosten des Verfahrens.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Verfahren 9 Cga 298/99d begehrt der Kläger mit seiner am 5. 11. 1999 erhobenen Klage, die zum 31. 12. 1999 ausgesprochene Kündigung seines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten für rechtsunwirksam zu erklären. Er sei seit 1. 6. 1991 im Innendienst der Beklagten beschäftigt gewesen, sei aber im Jahr 1999 von der Beklagten aufgefordert worden, in den Außendienst zu wechseln. Im Hinblick auf eine Vielzahl von Versprechungen habe er diesem Ansinnen zugestimmt und sei daher ab 1. 9. 1999 als Versicherungsangestellter im Außendienst tätig gewesen. Da die ihm gemachten Zusagen nicht eingehalten worden seien, habe er von seinem in § 26 des Kollektivvertrages für Versicherungsangestellte im Innendienst (KVI) normierten Recht Gebrauch gemacht, innerhalb von zwei Jahren nach der Überstellung in den Außendienst die Rückversetzung in den Innendienst zu verlangen. Kurz darauf - und offenbar als Reaktion auf diesen Wunsch - sei er gekündigt worden. Die Kündigung sei daher wegen der Geltendmachung offenbar nicht unberechtigter Ansprüche ausgesprochen worden und daher als Motivkündigung iS des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG unwirksam.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Das zunächst mit dem Kläger bestandene Arbeitsverhältnis sei mit 30. 6. 1999 einvernehmlich aufgelöst worden, wobei der Kläger die aus dieser Beendigung resultierenden Ansprüche - darunter eine Abfertigung und eine Entschädigung für 107 Urlaubstage - erhalten habe. Am 1. 9. 1999 sei ein neues Dienstverhältnis begründet worden, auf das der KVI nicht mehr anwendbar sei. Die Kündigung des neuen Dienstverhältnisses stehe mit dem Wunsch des Klägers nach Rückkehr in den Innendienst in keinem Zusammenhang. Der Betriebsrat sei von der Kündigungsabsicht verständigt worden, bevor der Kläger seinen Wunsch geäußert habe. Im Verfahren 9 Cga 13/00x begehrt der Kläger sodann mit seiner am 13. 1. 2000 eingebrachten Klage die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis über den 31. 12. 1999 hinaus fortbestehe und dass darauf der KVI anzuwenden sei. Sein Dienstverhältnis zur Beklagten sei nur nach außen hin einvernehmlich aufgelöst worden. Tatsächlich sei von vornherein vereinbart gewesen, dass er in der Zeit vom 30. 6. 1999 bis zum 1. 9. 1999 seinen Urlaub verbrauchen und dann weiter arbeiten werde, weshalb für den genannten Zeitraum von einer Karenzierung auszugehen sei. Seine somit berechtigte Erklärung, sein Rückkehrrecht in den Innendienst auszuüben, habe dazu geführt, dass auf sein Dienstverhältnis wieder der KVI anzuwenden sei, der ihm als definitiv gestelltem Angestellten Kündigungsschutz gewähre. Demnach sei die Kündigung unwirksam. Hilfsweise werde die von der Beklagten behauptete einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses wegen Irrtum und List angefochten.

Die Beklagte beantragte, auch dieses Klagebegehren abzuweisen. Das mit 1. 9. 1999 abgeschlossene Dienstverhältnis sei ein völlig neues, auf das der KVI und der darin verbriefte Bestandschutz nicht mehr anwendbar sei.

Die beiden Verfahren wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Das Erstgericht wies beide Klagebegehren ab und sprach der Beklagten die Kosten des auf Feststellung gerichteten Verfahrens zu. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger war ab 1. 6. 1991 bei der Beklagten als Versicherungsangestellter im Innendienst, und zwar als Bildungsreferent und Seminarleiter, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterlag dem KVI.

Im Jahr 1999 teilte er seinem Vorgesetzten, dem Landesdirektor der Vertriebsdirektion Steiermark, mit, dass er eine höhere Position, etwa die eines Vertriebsdirektors, anstrebe. Der Landesdirektor wies ihn darauf hin, dass für eine solche Laufbahn eine längere erfolgreiche Tätigkeit im Außendienst erforderlich sei, worauf Anfang Mai 1999 zwischen den beiden der Wechsel des Klägers in den Außendienst diskutiert wurde. Dabei wurde dem Kläger versichert, dass er bei guter Arbeitsleistung und erfolgreicher Integration in ein Außendienstteam mehr verdienen könne als bisher.

Zur Diskussion stand dabei ein eventueller Einstieg des Klägers in ein erfolgreiches Außendienstteam, das herausragende Resultate erzielt hatte. Als Voraussetzung dafür wurde dem Kläger die Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses im Innendienst und die Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses im Außendienst genannt. Über eine mögliche Rückkehr in den Innendienst wurde dabei nicht gesprochen, weil nach diesem Wechsel der Kollektivvertrag für Außendienstmitarbeiter (KVA) gelten sollte.

Bereits Anfang Juni 1999 half der Kläger einmal im ins Auge gefassten Außendienstteam aus, um einen Einblick in die mögliche zukünftige Tätigkeit zu gewinnen. Im Anschluss daran wurde bei einem Gespräch zwischen dem Kläger und dem Landesdirektor beschlossen, das Arbeitsverhältnis des Klägers einvernehmlich zu beenden, um den Kläger in den Genuss seiner Ansprüche kommen zu lassen und ihm die gewünschte Erholung vor Beginn eines neuen Dienstverhältnisses zu gewährleisten. Abschließend wurde die Möglichkeit eines neuen Arbeitsverhältnisses im Außendienst ab 1. 9. 1999 besprochen, wobei es dem Kläger überlassen war, diesen Schritt zu setzen. Am 10. 6. 1999 erhielt der zu diesem Zeitpunkt in einem Seminar befindliche Kläger vom Landesdirektor per Telefax die Aufforderung, sich zur einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit 30. 6. 1999 zu äußern und sein Einverständnis noch einmal schriftlich zu bestätigten. Dieser Aufforderung kam der Kläger nach. Der Kläger, der vor der Tätigkeit im Außendienst einen längeren Urlaub haben wollte, erhielt anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses seine Beendigungsansprüche von insgesamt S 350.000,- netto (gesetzliche Abfertigung von drei Monatsgehältern, freiwillige Abfertigung von einem Monatsgehalt, Urlaubsentschädigung für 107 Tage) ausgezahlt.

Schon im Mai 1999 hatte der Kläger mit einem Bereichsleiter der Beklagten gesprochen, der ihm die Außendiensttätigkeit näher erklärte und ihn darauf hinwies, dass er in der Zeit vom 30. 6. 1999 bis zum 1. 9. 1999 in keinem Dienstverhältnis zur Beklagten stehen werde. Dem Kläger wurde auch erklärt, dass wegen der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses eine Rückkehr in den Innendienst (und damit in den KVI) nicht möglich sei.

Der Kläger räumte sein Büro Mitte August. Am 28. 8. 1999 wurde der mündlich ausgehandelte Arbeitsvertrag für den Außendienst zur Unterfertigung vorgelegt; gleichzeitig wurde ein Vertrag mit dem Vertriebsteam unterzeichnet. Am 1. 9. 1999 trat der Kläger das neue Dienstverhältnis an. Er arbeitete nunmehr im Rahmen des Außendienstteams, wo er aber bereits nach kurzer Zeit feststellte, dass er im Innendienst erfolgreicher gewesen war und dass die Gehaltsmöglichkeiten im neuen Arbeitsverhältnis auf Grund seiner Arbeitsweise nicht den bisherigen entsprachen.

Der Kläger wandte sich daraufhin am 12. 10. 1999 an den Leiter der Abteilung Bildungswesen und teilte ihm mit, dass er die Rückkehr in den Innendienst anstrebe. Der Abteilungsleiter erklärte dem Kläger, dass dieser Wechsel nicht möglich sei, gab ihm aber den Rat, sich an den zuständigen Mitarbeiter der Personalabteilung zu wenden. Dieser wurde vom Leiter der Abteilung Bildung verständigt und vereinbarte dann mit dem Kläger einen Termin, bei dem der Kläger seine Unzufriedenheit schilderte und sich über den schlechten Verdienst beschwerte. Der Mitarbeiter der Personalabteilung informierte daraufhin in einem Telefongespräch den Landesdirektor, der erklärte, dass der Kläger nicht die erforderlichen Leistungen bringe und er den Betriebsrat bereits am 15. 10. 1999 von der beabsichtigten Kündigung des Klägers verständigt habe.

Mit Schreiben vom 22. 10. 1999, dem Landesdirektor zugegangen am 25. 10. 1999, suchte der Kläger schriftlich um Rückkehr in den Innendienst an. Am 29. 10. 1999 erhielt er die schriftliche Kündigung. "Der Grund für die Kündigung wurde zwar nicht im Detail erörtert, es stand allerdings eindeutig fest, dass der Kläger nicht auf Grund seiner Geltendmachung des Rückkehrrechts in den Innendienst gekündigt wurde".

Auf dieser Grundlage vertrat das Erstgericht die Rechtsauffassung, dass das ursprüngliche Arbeitsverhältnis des Klägers mit 30. 6. 1999 wirksam beendet worden sei. Mit 1. 9. 1999 sei der Kläger in ein neues Arbeitsverhältnis eingetreten, das dem KVA unterliege. Der KVI, der ein Rückkehrrecht in den Innendienst und den vom Kläger angesprochenen Kündigungsschutz normiere, sei daher auf das nunmehrige Arbeitsverhältnis nicht anzuwenden. Damit werde "jedenfalls der Raum für eine etwaige Kündigung aus einem verpönten Motiv genommen"; "nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG wäre eine Geltendmachung von Ansprüchen nach § 26 KVI offenbar unberechtigt". Seine Kostenentscheidung begründete es mit § 41 ZPO und § 58 Abs 2 ASGG. Nach der zuletzt genannten Bestimmung könnten im Anfechtungsprozess Kosten nur vor dem Obersten Gerichtshof geltend gemacht werden.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

Mit Ausnahme der als irrelevant erachteten Feststellung, dass eindeutig festgestanden sei, dass der Kläger nicht wegen der Geltendmachung des Rückkehrrechts in den Innendienst gekündigt worden sei, übernahm es die erstgerichtlichen Feststellungen und vertrat folgende Rechtsauffassung:

Die beiden Begehren des Klägers seien - da die Kündigungsanfechtung die Wirksamkeit der Kündigung voraussetze - nur als Haupt- und Eventualbegehren denkbar. Dies spiele jedoch hier keine Rolle, weil ohnedies beide Begehren abzuweisen seien.

Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses per 30. 6. 1999 sei als einvernehmliche Auflösung anzusehen. Von einer Karenzierung könne keine Rede sein, zumal das beendete Arbeitsverhältnis auch ordnungsgemäß abgerechnet worden sei. Da somit am 1. 9. 1999 ein völlig neues Arbeitsverhältnis begonnen habe, gelte der KVI nicht weiter, sodass dem Kläger kein Rückkehrrecht zugestanden sei und er auch ohne das Vorliegen der im KVI normierten Kündigungsgründe habe gekündigt werden können.

Auch von einer unzulässigen Motivkündigung könne keine Rede sein.

Dies ergebe sich schon aus dem zeitlichen Ablauf: Der Kläger habe sich am 12. 10. 1999 mit dem Leiter der Abteilung Bildungswesen in Verbindung gesetzt und diesen von seinem Wunsch nach Rückkehr in den Innendienst informiert. Der Abteilungsleiter habe ihn an den zuständigen Leiter des Personalbüros verwiesen, der erst nach einem Gespräch mit dem Kläger den Landesdirektor informiert habe. Der Landesdirektor habe dabei aber mitgeteilt, dass er den Betriebsrat bereits am 15. 10. 1999 von der beabsichtigten Kündigung informiert habe. Daraus ergebe sich eindeutig, dass der Landesdirektor erst zu einem Zeitpunkt informiert worden sei, zu dem er bereits zur Kündigung entschlossen gewesen sei. Ohne dass es auf die nicht übernommene Feststellung ankomme, erweise sich daher die Kündigungsanfechtung als unberechtigt.

Auch das Berufungsgericht sprach der Beklagten im Hinblick auf § 58 Abs 1 ASGG Kosten nur für das Feststellungsverfahren zu. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Stattgebung der verbundenen Klagebegehren abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragte, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Auf die Problematik der gleichrangigen Geltendmachung eines auf Anfechtung einer Kündigung nach § 105 ArbVG gerichteten Begehrens und eines (mit der Unwirksamkeit der Kündigung begründeten) Begehrens auf Feststellung des aufrechten Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses hat bereits das Berufungsgericht hingewiesen: Das Wirksamwerden des Kündigungsschutzes des § 105 ArbVG setzt eine rechtswirksame Kündigung voraus. Ist eine Kündigung rechtsunwirksam, bedarf der Arbeitnehmer keines weiteren Schutzes vor der Kündigung; ein zusätzliches Anfechtungsrecht wäre sinnlos. Ist daher die Kündigung nach vertragsrechtlichen Grundsätzen rechtsunwirksam, kommt eine Anfechtung iS § 105 ArbVG durch den Betriebsrat nicht in Betracht; vielmehr ist in diesem Fall eine Feststellungsklage zu erheben (DRdA 1999,147; RIS-Justiz RS0039015; 8 ObA 11/01b). Sollen Feststellungs- und Anfechtungsklage gemeinsam erhoben werden, hat dies daher richtigerweise in Form der Erhebung eines Haupt- und eines Eventualbegehrens zu erfolgen, weil ja ein Erfolg des Anfechtungsbegehrens die Wirksamkeit der Kündigung und damit die Abweisung des Feststellungsbegehrens voraussetzt. Darauf braucht aber im vorliegenden Fall, in dem der Kläger zwei selbständige (und damit gleichrangige) Klagen eingebracht hat, nicht näher eingegangen zu werden, weil - wie noch zu zeigen sein wird - die Abweisung des Feststellungsbegehrens durch die Vorinstanzen zu bestätigen und damit die für den Anfechtungsprozess erforderliche Wirksamkeit der Kündigung zu bejahen ist.

Zum Feststellungsbegehren:

Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass die von den Parteien getroffene Vereinbarung über die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit 1. 6. 1999 wirksam ist und tatsächlich zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum genannten Zeitpunkt geführt hat, ist zutreffend. Von einer Karenzierung des Arbeitsverhältnisses kann nicht die Rede sein. Selbst wenn die Parteien - was hier gar nicht eindeutig feststeht - in einer Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Wiederbeschäftigung des Arbeitnehmers vereinbaren, bedeutet dies nicht, dass eine solche Vereinbarung zwangsläufig als Karenzierung zu werten ist. Ob die Parteien in einem solchen Fall die Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses oder eine (keine Beendigung darstellende) Karenzierung (= Aussetzung) vereinbart haben, ist aus dem nach § 914 ff ABGB unter Erforschung der wahren Parteienabsicht zu ermittelnden Inhalt der zwischen ihnen abgeschlossenen Vereinbarung zu beurteilen. Entscheidend ist, ob aufgrund einer Gesamtbeurteilung die Umstände, die für das Vorliegen einer (mit einer Wiedereinstellungszusage oder einer Wiedereinstellungsvereinbarung verbundenen) Unterbrechung sprechen, gegenüber den Umständen überwiegen, die auf das Vorliegen einer Karenzierung hindeuten (RIS-Justiz RS0017802; zuletzt 9 Ob 82/00z; 8 ObS 257/01d).

Hier hat die Beklagte gegenüber dem Kläger mit aller Deutlichkeit klargestellt, dass sie mit der Beendigungsvereinbarung eine echte Beendigung des Arbeitsverhältnisses anstrebt. Das Arbeitsverhältnis wurde abgerechnet, die Beendigungsansprüche - einschließlich gesetzlicher und freiwilliger Abfertigung - wurden ausgezahlt und dem Kläger wurde ausdrücklich klar gemacht, dass bis zum Antritt des neuen Arbeitsverhältnisses kein Arbeitsverhältnis bestehen werde. Das Arbeitsverhältnis wurde daher durch die Einwilligung des Klägers, dem all dies somit klar sein musste, wirksam beendet. Für die Annahme von Irrtum oder List fehlt daher jede Grundlage. Ebensowenig trifft es zu, dass der Kläger "überfallen" worden wäre. Abgesehen davon, dass er keineswegs gezwungen war, das ihm übermittelte Fax sofort zu beantworten, gingen dem ihm damit unterbreiteten Angebot mehrere Gespräche, in denen die beabsichtigte Vereinbarung erörtert wurde, voraus.

Es mag durchaus zutreffen, dass die Beklagte mit dem Abschluss dieser Vereinbarung erreichen wollte, dass dem Kläger das im KVI verbriefte Recht auf Rückkehr in den Innendienst nicht zustehen sollte. Das macht aber die Vereinbarung für sich allein noch nicht sittenwidrig oder unwirksam. Schließlich wäre die Beklagte nicht verpflichtet gewesen, dem Wechsel des Klägers in den Außendienst zuzustimmen. Es kann ihr daher auch nicht verwehrt werden, diesen Wechsel von einer Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses abhängig zu machen. Daraus wäre ihr nur dann ein Vorwurf zu machen, wenn sie die Beendigung nur vorgetäuscht oder den Kläger über ihre Absichten in Irrtum geführt hätte. Gerade das war aber nicht der Fall. Die Beklagte hat die aus der Beendigung resultierenden Konsequenzen gezogen und dem Kläger sogar mehr als die gesetzlichen Beendigungsansprüche ausgezahlt. Die damit verbundenen Konsequenzen - auch der Verlust des Rückkehrrechtes - wurden dem Kläger vor Augen geführt, von ihm aber in Kauf genommen. Damit ist die Vorgangsweise der Beklagten nicht zu beanstanden.

Auch der Hinweis des Klägers, dass bei der Berechnung der Abfertigung kurzfristige Unterbrechungen des Arbeitsverhältnisses unbeachtlich seien, verhilft seinem Feststellungsbegehren nicht zum Erfolg. Der Kläger beruft sich damit inhaltlich auf die Bestimmung des § 23 Abs 1 AngG, die - ungeachtet ihres nur auf das Aufeinanderfolgen eines Arbeiter- und eines Angestelltendienstverhältnisses abstellenden Wortlautes - auf alle Fälle unmittelbar aufeinanderfolgender Arbeitsverhältnisse mit demselben Dienstgeber angewendet wird (RIS-Justiz RS0028390; zuletzt DRdA 1998, 59; WBl 1998, 45; 9 ObA 268/00b). Bei unmittelbarer Aufeinanderfolge der Arbeitsverhältnisse iS der zitierten Bestimmung ist es unerheblich, aus welchen Gründen das vorangehende Arbeitsverhältnis beendet wurde; dabei schadet es nicht, wenn eine verhältnismäßig kurze Frist zwischen dem Ende des einen und dem Beginn des nächsten Arbeitsverhältnisses liegt, wenn zugleich die Umstände auf eine sachliche Zusammengehörigkeit der beiden Arbeitsverhältnisse deuten (RIS-Justiz RS0028387; WBl 1998, 45; infas 1987 A 96; 9 ObA 268/00b).

Daraus ist aber für den Kläger nichts zu gewinnen. Zum einen handelt es sich dabei um eine ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers, die die Beendigung des Vor-Arbeitsverhältnisses nicht aufhebt, sondern nur für die Berechnung der Abfertigung die Zusammenrechnung der Dauer der in Betracht kommenden Arbeitsverhältnisse normiert. Sie auf ganz andere Fälle zu erweitern und noch dazu daraus abzuleiten, dass die Selbständigkeit des Vorarbeitsverhältnisses aufzuheben und - ungeachtet unterschiedlicher kollektivvertraglicher Rechtsgrundlagen der in Betracht kommenden Arbeitsverhältnisse - ein einheitliches Arbeitsverhältnis unter der Regentschaft des für das erste Arbeitsverhältnisses geltenden Kollektivvertrages anzunehmen wäre, kommt nicht in Betracht.

Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass sich der Kläger nicht auf den KVI - und damit nicht auf das darin verbriefte Rückkehrrecht und auf die darin geregelten Kündigungsbeschränkungen - berufen kann - ist daher zutreffend, sodass der gegen die Bestätigung der Abweisung des Feststellungsbegehrens erhobenen Revision nicht Folge zu geben war.

Damit hat es auch bei den Kostenentscheidungen der Vorinstanzen zu bleiben, die sich im Hinblick auf § 58 Abs 1 ASGG ausschließlich auf das Feststellungsverfahren bezogen haben.

Die Entscheidung über die Kosten des das Feststellungsbegehren betreffenden Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die von der Beklagten für ihre Revisionsbeantwortung verzeichneten Kosten waren - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte zu gleichen Teilen - auf die beiden Verfahren aufzuteilen. Damit ergibt sich für das Feststellungsverfahren der im Spruch ersichtliche Kostenzuspruch an die Beklagte.

Soweit sich die Revision gegen die Abweisung des Anfechtungsbegehrens wendet, ist sie im Sinne der Aufhebung dieses Teiles der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

Nach § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG kann die Kündigung angefochten werden, wenn sie "wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung vom Arbeitgeber in Frage gestellter Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer" erfolgt ist. Ziel dieser Bestimmung ist es, dem Arbeitnehmer die Rechtsdurchsetzung im aufrechten Arbeitsverhältnis zu ermöglichen. Der Oberste Gerichtshof hat dazu bereits ausgesprochen, dass sich weder dem Wortlaut des Gesetzes noch dem Zweck der Bestimmung, die arbeitsrechtliche Stellung des Arbeitnehmers zu schützen, entnehmen lässt, dass davon nur Ansprüche des Arbeitnehmers auf (Geld )Leistungen des Arbeitgebers umfasst seien (SZ 66/186; SZ 66/83; zuletzt 8 ObA 298/99b). Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass vom Schutzzweck der zitierten Norm auch die Geltendmachung eines vom Arbeitgeber in Frage gestellten Anspruchs umfasst, auf eine in einem früheren Stadium des Arbeitsverhältnisses eingenommene Position zurückzukehren.

Dass sich dieser Anspruch letztlich als unberechtigt erwiesen hat, schließt die Berechtigung der Anfechtung nicht aus. Für den Schutz des § 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG reicht es aus, dass die Geltendmachung des Anspruchs "offenbar nicht unberechtigt" war. Unklarheiten oder unterschiedliche Auffassungen über den Bestand von Ansprüchen schließen daher den Anfechtungsgrund nicht aus. Dem Arbeitnehmer kann nicht zugemutet werden, vor der Geltendmachung von seiner Meinung nach bestehenden Ansprüchen erst langwierige Untersuchungen zur Rechtslage anzustellen. Nur wenn ohne jeden Zweifel erkennbar ist, dass kein Anspruch besteht, ist die Geltendmachung "offenbar nicht berechtigt" (Schwarz in Cerny/Haas-Laßnigg/Schwarz, ArbVG III 220). Damit kann aber der Rechtsstandpunkt des Klägers, der von der Rechtsprechung bislang nicht geklärte Fragen aufwarf, nicht im eben erläuterten Sinn als offenbar unberechtigte Anspruchsverfolgung gewertet werden. Damit bleibt die Frage, ob die Kündigung des Klägers wegen der Verfolgung dieses Anspruchs erfolgte.

Nach § 105 Abs 5 ArbVG hat der Kläger, der sich auf einen Anfechtungsgrund iS des Abs 3 Z 1 dieser Bestimmung beruft, diesen glaubhaft zu machen. Das Gesetz nimmt damit bewusst davon Abstand, in diesem Verfahren strenge Beweisregeln aufzustellen. Meist wird es nämlich unmöglich sein, Motive lückenlos zu beweisen. Es kommt stets auf das Gesamtbild an, das für die betriebliche Situation vor der Kündigung maßgeblich gewesen ist. Es ist darauf Bedacht zu nehmen, dass es sich bei den Normen über die Anfechtung wegen eines unzulässigen Motivs um Schutzbestimmungen zugunsten des Arbeitnehmers handelt. Der Schutz ist schon dann gerechtfertigt, wenn die Erfüllung der entsprechenden Tatbestände nach den konkreten Umständen des Einzelfalls glaubwürdig ist. Ein strenger Nachweis der Rechtsverletzung in einer jeden Zweifel ausschließenden Form ist vom Gesetz nicht gefordert (Schwarz, aaO 251).

Allerdings reicht die Glaubhaftmachung eines unzulässigen Motivs für den Anfechtungserfolg dann noch nicht aus, wenn der Arbeitgeber seinerseits einen Kündigungsgrund glaubhaft macht, der erlaubt ist, und wenn bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit für das vom Arbeitgeber glaubhaft gemachte Motiv spricht. Im hier zu beurteilenden Fall ist das Berufungsgericht auf Grund der Feststellungen über den zeitlichen Ablauf des Geschehens im Zusammenhang mit dem Begehren des Klägers auf Rückkehr in den Innendienst und mit dem Ausspruch der Kündigung davon ausgegangen, dass dem Kläger die Glaubhaftmachung des von ihm behaupteten Motivs nicht gelungen ist. Von dieser Annahme ausgehend hat es eine Überprüfung der zu dieser Frage vom Erstgericht getroffenen Feststellung als entbehrlich erachtet.

Tatsächlich sind aber die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zitierten Feststellungen nicht geeignet, die daraus gezogenen Schlüsse zu rechtfertigen. Aus diesen Feststellungen geht hervor, dass die Bekanntgabe der Kündigungsabsicht an den Betriebsrat am 15. 10. 1999 - und damit im auffallenden Zusammenhang mit dem am 12. 10. 1999 geführten Gespräch des Klägers mit dem Leiter der Abteilung Bildungswesen, in dem er seinen Rückkehrwunsch äußerte - erfolgte. Das Berufungsgericht verweist aber darauf, dass der vom Abteilungsleiter kontaktierte Mitarbeiter der Personalabteilung nach einem weiteren Gespräch mit dem Kläger den Landesdirektor informierte, der seinerseits darauf verwies, bereits vorher - nämlich am 15. 10. 1999 - dem Betriebsrat die Kündigungsabsicht bekanntgegeben zu haben. Daraus zieht das Berufungsgericht den Schluss, dass der Landesdirektor am 15. 10. 1999 noch nichts vom Rückkehrwunsch des Klägers gewusst habe. Dieser Schluss ist aber keineswegs zwingend, weil ja durch die vom Berufungsgericht ins Treffen geführten Feststellungen nicht ausgeschlossen ist, dass der Landesdirektor schon vorher - von wem auch immer - vom Rückkehrwunsch des Klägers erfahren hat. Zu dieser Frage hat das Erstgericht keine Feststellungen getroffen, sodass auch das Berufungsgericht den Umstand, dass der Landesdirektor vor der Information durch den Mitarbeiter der Personalabteilung nichts vom Rückkehrwunsch des Klägers wusste, nicht einfach unterstellen kann.

Die vom Erstgericht zur Frage des Kündigungsmotivs getroffenen Feststellungen wurden vom Berufungsgericht nicht überprüft. Sie sind aber ohnedies für eine abschließende Beurteilung nicht ausreichend. Die vom Erstgericht (im Übrigen ohne Begründung) getroffene Feststellung, dass die Kündigungsgründe "zwar nicht im Detail erörtert" worden seien, dass "allerdings eindeutig feststand", dass der Kläger nicht wegen des Rückkehrwunsches gekündigt wurde, ist nämlich unklar und legt die Annahme nahe, dass damit lediglich der damalige Stand der Gespräche wiedergegeben wurde, der aber mit dem tatsächlichen Kündigungsmotiv naturgemäß nicht übereinstimmen muss. In Wahrheit fehlt es daher zur Frage des Kündigungsmotives an verwertbaren Feststellungen, aber auch - da das Kündigungsmotiv bei der erstgerichtlichen Beweisaufnahme nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat - an für solche Feststellungen hinreichenden Beweisergebnissen.

In teilweiser Stattgebung der Revision war daher die Entscheidung der Vorinstanzen über das Anfechtungsbegehren aufzuheben und die Arbeitsrechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen. Die Entscheidung über die Kosten des auf das Anfechtungsbegehren entfallenden Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO, § 58 Abs 1 ASGG. Zur Höhe dieser Kosten kann auf die Ausführungen zur Entscheidung über die Kosten des das Feststellungsverfahren betreffenden Revisionsverfahrens verwiesen werden.

Rechtssätze
7