JudikaturJustiz8ObS22/03y

8ObS22/03y – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2004

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger und Robert Hauser als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ilse S*****, vertreten durch Pfurtscheller Orgler Huber, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei IAF-Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, wegen Insolvenzausfallgeld (EUR 1.514,23), über die Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse EUR 645,23) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. September 2003, GZ 23 Rs 33/03d-9, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. März 2003, GZ 47 Cgs 8/03k-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die im Umfang der Stattgebung eines Teilbegehrens von 869 EUR netto als unbekämpft unberührt bleiben, werden bezüglich eines Begehrens von 645,23 EUR netto aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin war vom 28. 3. 2001 bis 4. 5. 2001 bei der I***** Gesellschaft ***** mbH in I***** zu einem monatlichen Bruttogehalt von 1.776,12 EUR beschäftigt. Das Dienstverhältnis endete durch berechtigten vorzeitigen Austritt der Klägerin. Die Dienstgeberin der Klägerin bezahlte am 28. 1. 2002 einen umgewidmeten Betrag von 3.495,15 EUR.

Mit Beschluss vom 23. 4. 2002 lehnte das Landesgericht Innsbruck als Konkursgericht - nach einer entsprechenden Antragstellung der Klägerin vom 30. 11. 2001 - die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Dienstgeberin der Klägerin gemäß § 71b KO mangels Kostendeckung ab.

Mit am 19. 6. 2002 bei der Beklagten eingelangtem Antrag begehrte die Klägerin Insolvenzausfallsgeld (IAG) - neben hier nicht mehr relevanten Zinsen und Kosten - in Höhe von 1.702,23 EUR netto. Die Klägerin ging dabei von einem ihr zustehenden Bruttoanspruch von 7.160,87 EUR (Gehalt 28. 3. bis 4. 5. 2001 2.249,76 EUR; Kündigungsentschädigung 3.374,64 EUR; Sonderzahlungen 914,83 EUR, Urlaubsersatzleistung 621,64 EUR) aus, woraus sich - den Berechnungen der Klägerin gemäß-ein Nettoanspruch von 5.197,38 EUR ergebe. Der Gesamtnettoanspruch der Klägerin - nach Abzug der umgewidmeten Zahlung von 3.495,15 EUR -betrage demgemäß 1.702,23 EUR. Die beklagte Partei habe jedoch der Klägerin mit Bescheid vom 19. 12. 2002 aus diesem Titel nur ein IAG von 188 EUR netto zuerkannt. Die Klage sei als Bescheidklage zulässig, weil die beklagte Partei in ihrem Bescheid vom 19. 12. 2002 nicht darauf hingewiesen habe, bloß einen Teilbescheid erlassen zu haben. Jedenfalls sei aber eine Säumnisklage berechtigt.

Die beklagte Partei-die die Zulässigkeit einer Säumnisklage im Sinne des § 67 Abs 1 Z 2 ASGG nicht bestritt- wendete inhaltlich lediglich ein, dass aufgrund der neuen Rechtslage im EStG durch das Budgetbegleitgesetz 2001 und durch die damit einhergehende Änderung des § 6 Abs 2 IESG Abrechnungsschwierigkeiten in ihrem Bereich entstanden seien. Da der Klagevertreter trotz entsprechenden Hinweises der beklagten Partei die Klage eingebracht habe, werde nunmehr das Gericht in seinem Zuständigkeitsbereich unter Berücksichtigung insbesondere der einschlägigen Bestimmungen der §§ 67 Abs 8 lit g und 69 Abs 6 EStG 1988 eine detaillierte Abrechnung der Akontozahlung der Dienstgeberin der Klägerin vom 28. 1. 2002 vorzunehmen haben. Eine konkrete Berechnung des nach Auffassung der beklagten Partei der Klägerin zustehenden Anspruches konnte die beklagte Partei in erster Instanz nicht vornehmen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat es zusammengefasst die Auffassung, dass der Klägerin zuzugestehen sei, dass die durch ihre Dienstgeberin erfolgte Zahlung nicht auf brutto “hochzurechnen” sei, weil die Nettoauszahlung bereits endbesteuert worden sei. Vom zu Recht bestehenden Betrag von netto 5.197,38 EUR sei die erfolgte Akontozahlung im Nettobetrag von 3.495,15 EUR und der mit Bescheid zuerkannte Betrag von 188 EUR in Abzug zu bringen. Daraus resultiere der Klagebetrag. Bei der bereits endbesteuerten Akontozahlung handle es sich nicht um eine Nachzahlung im Sinne des § 67 Abs 8 lit g EStG 1988.

Über Berufung der beklagten Partei, die die Stattgebung eines Zuspruches von 869 EUR nicht bekämpfte, änderte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, dass es ein Begehren auf Zahlung (weiterer) 645,23 EUR abwies.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu vorliege, ob eine umgewidmete Teilzahlung des Arbeitgebers für ein abgelaufenes Kalenderjahr bei der Ermittlung des IAG im Brutto-oder im Nettobetrag zu berücksichtigen sei.

Das Berufungsgericht legte seiner Rechtsauffassung die in der Berufung der beklagten Partei enthaltene Berechnung des der Klägerin zustehenden IAG wie folgt zugrunde:

Unter Zugrundelegung dieser Berechnung und unter Berücksichtigung des bereits rechtskräftig zuerkannten Teilbetrages von 2.222 EUR verbleibe ein offener gesicherter Anspruch der Klägerin von 869 EUR.

Rechtlich führte das Berufungsgericht aus, dass der beklagten Partei darin beizupflichten sei, dass die von der ehemaligen Arbeitgeberin an die Klägerin geleistete ungewidmete Akontozahlung auf den entsprechenden Bruttobetrag hochzurechnen sei. Bei diesen Berufungsausführungen der beklagten Partei handle es sich nicht um unzulässige Neuerungen, weil die beklagte Partei bereits in erster Instanz zumindest sinngemäß den nunmehr in der Berufung zulässigerweise näher ausgeführten Rechtsstandpunkt eingenommen habe. Bei der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und außerhalb eines Konkursverfahrens geleisteten Akontozahlung der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin handle es sich um eine Nachzahlung im Sinne des § 67 Abs 8 lit c EStG 1988 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2001 BGBl I 142/2000. Mangels entsprechenden Vorbringens sei zu unterstellen, dass diese Nachzahlung nicht auf einer willkürlichen Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes beruht habe. Es seien daher Nachzahlungen für ein abgelaufenes Kalenderjahr im Kalendermonat der Zahlung zu erfassen, wobei nach Abzug der darauf entfallenden Beträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 EStG ein Fünftel steuerfrei zu belassen sei. Dieser Steuerfreibetrag von einem Fünftel - anstelle des bisherigen Belastungsprozentsatzes - diene der pauschalen Berücksichtigung für allfällige steuerfreie Zulagen und Zuschläge oder sonstigen Bezüge sowie als Abschlag für einen Progressionseffekt durch die Zusammenballung von Bezügen. Die verbleibenden vier Fünftel seien wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Die auf den steuerfreien Teil entfallenden Sozialversicherungsbeiträge seien nicht abzugsfähig. Anders seien die Nachzahlungen von laufendem Arbeitslohn für das laufende Kalenderjahr geregelt. Bei diesen sei die Lohnsteuer für Nachzahlungen laufenden Arbeitslohnes für das laufende Kalenderjahr gemäß § 67 Abs 8 lit c EStG in der nun anzuwenden Fassung durch Aufrollen der in Betracht kommenden Lohnzahlungszeiträume zu berechnen. Sowohl von Nachzahlungen für das abgelaufene Kalenderjahr als auch von solchen für das laufende Kalenderjahr seien jene Nachzahlungen zu unterscheiden, die in einem Insolvenzverfahren ergingen (§ 67 Abs 8 lit g EStG). Die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung der Nachzahlungen von Lohn und sonstigen Bezügen für das laufende Kalenderjahr und solchen für ein abgelaufenes Kalenderjahr müsse auch bei der Berechnung der Höhe der aushaftenden gesicherten Ansprüche des Arbeitnehmers und damit des IAG berücksichtigt werden. Der Arbeitnehmer erhalte nämlich eine Nachzahlung von Lohn oder sonstigen Bezügen durch den Arbeitgeber wohl endbesteuert, also im Nettobetrag, ausbezahlt. In Wahrheit leiste der Arbeitgeber jedoch eine Bruttozahlung, denn ihm obliege die Berechnung, die Einbehaltung und die Abfuhr der Lohnsteuer, deren Steuerschuldner der Arbeitnehmer sei. Durch die Abfuhr der Lohnsteuer begleiche der Arbeitgeber eine Steuerschuld des Arbeitnehmers. Leiste der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer eine Nachzahlung von Lohn oder sonstigen Bezügen für das abgelaufene Kalenderjahr, so sei zu unterstellen, dass er die auf die Nachzahlung nach § 67 Abs 8 lit c EStG entfallende Lohnsteuer entsprechend seiner gesetzlichen Verpflichtung direkt abgeführt und damit an den Arbeitnehmer tatsächlich eine Bruttozahlung geleistet habe, deren Höhe allerdings wegen der unterschiedlichen Besteuerung nicht ident mit einer fristgerecht laufenden Lohnzahlung bei Fälligkeit oder einer Nachzahlung für das laufende Kalenderjahr sei. Den Bruttoansprüchen des Arbeitnehmers sei daher eine Nachzahlung des Arbeitgebers im Bruttobetrag gegenüberzustellen, und zwar bei einer Nachzahlung für ein abgelaufenes Kalenderjahr in jenem Bruttobetrag, wie er sich infolge der Besteuerung nach § 67 Abs 8 lit c EStG ergebe. Stünden die Bruttoforderungen des Arbeitnehmers in einem unterschiedlichen zeitlichen Rang, dann sei für die Anrechnung umgewidmeter Zahlungen des Arbeitgebers die Rangfolge im Sinn der früheren Fälligkeit entscheidend. Offene Schulden des Arbeitgebers würden also durch eine Teilzahlung nach der Reihenfolge der Fälligkeit der einzelnen Schulden getilgt. Dieser Grundsatz gelte auch im Bereich des IESG, allerdings mit der Modifikation, dass Teilzahlungen des Arbeitgebers bei Zusammentreffen mehrerer gesicherter Ansprüche des Arbeitnehmers, die der Höhe nach beschränkt seien, zuerst auf die gesicherten Teile der Ansprüche anzurechnen seien.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Klägerin ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Sinne des Eventualantrages auf Aufhebung im Ergebnis auch berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass die Beantwortung der Frage, wie sich das der Klägerin zustehende IAG ausgehend von dem festgestellten vereinbarten Bruttolohn errechnet, zur rechtlichen Beurteilung gehört. Davon, dass die beklagte Partei in erster Instanz die Höhe des Klagebegehrens ausdrücklich oder schlüssig außer Streit stellte, kann keine Rede sein. Gerade die rechnerische Richtigkeit der Klagsforderung wurde nicht zugestanden, wie sich deutlich aus dem Hinweis im Vorbringen der beklagten Partei auf die Notwendigkeit einer eigenständigen Berechnung durch das Gericht im Hinblick auf die einschlägigen Bestimmungen der §§ 67 Abs 8 lit g und 69 Abs 6 EStG 1988 ergibt. Der mehrfach in der Revision erhobene Vorwurf, die beklagte Partei habe mit ihrem Berufungsvorbringen - in welchem sie erstmals ihre Berechnungsmethode des der Klägerin gebührenden IAG darlegte - gegen das Neuerungsverbot verstoßen, ist unberechtigt: Nach der Rechtsprechung ist eine Änderung der rechtlichen Argumentation einer Partei bzw die Geltendmachung eines neuen Gesichtspunktes bei der rechtlichen Beurteilung auch im Rechtsmittelverfahren zulässig, soferne die hiezu erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet wurden (RIS-Justiz RS0016473). Das hat umso mehr dann zu gelten, wenn die beklagte Partei - wie hier - die von der Klägerin zu behauptende und zu beweisende Höhe der Klagsforderung in erster Instanz - unter Hinweis auf die zu beachtenden einschlägigen Bestimmungen des EStG 1988 - ausdrücklich bestreitet. Davon zu unterscheiden ist die noch zu behandelnde Frage, ob eine Erörterung der von der beklagten Partei erst im Berufungsverfahren vorgenommenen Berechnung der Klagsforderung geboten gewesen wäre. Ein in der Verletzung des Neuerungsverbotes gelegener Verfahrensmangel, der eine unzutreffende rechtliche Beurteilung der Streitsache zur Folge hatte, und den Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO verwirklicht (SZ 72/78) liegt somit nicht vor.

Inhaltlich billigt der erkennende Senat die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes in der Frage, wie die ungewidmete Teilzahlung bei Ermittlung des der Klägerin gebührenden IAG zu berücksichtigen ist. Auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes wird verwiesen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist anzumerken:

Unstrittig ist, dass die Klägerin mit ihrer Dienstgeberin keine sogenannte Nettolohnzahlungsver- einbarung traf. Um zu beurteilen, wie hoch das der Klägerin “netto” gebührende IAG (vgl Liebeg IESG² § 3 Rz 3; Holzer-Reissner-Schwarz , Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz 223; SZ 67/142; 8 ObA 63/03b uva) ist, hat eine “Hochrechnung” des von der Dienstgeberin umgewidmet bezahlten Nettobetrages auf den Bruttobetrag zu erfolgen. Nur so kann nämlich die beklagte Partei ihre sich aus § 3 Abs 1 IESG ergebende Verpflichtung zur Nettozahlung erfüllen. Unrichtig ist die vom Erstgericht übernommene Meinung der Klägerin, eine Hochrechnung der ungewidmeten Zahlung der Dienstgeberin habe nicht zu erfolgen, weil diese Nettoauszahlung bereits endbesteuert worden sei. Die Hochrechnung ist allein deshalb erforderlich, um den der Klägerin insgesamt zustehenden Bruttoanspruch zu ermitteln. Da - wie bereits erwähnt - IAG netto gebührt, sind sodann von der verbleibenden Bruttodifferenz (ermittelter Gesamtbruttoanspruch abzüglich “hochgerechneter” Bruttoteilzahlung) die Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer in Abzug zu bringen.Die Abzüge sind nach der durch Art 7 Z 21 BudgetbegleitG 2001 BGBl I 142/2000 geschaffenen und erstmals im Kalenderjahr 2001 anzuwendenden Neuregelung des § 67 Abs 8 lit g EStG vorzunehmen. Danach sind Nachzahlungen in einem Insolvenzverfahren, soweit sie Bezüge gemäß § 67 Abs 3, 6 oder 8 lit e oder f betreffen, mit dem festen Steuersatz zu besteuern. Von den übrigen Nachzahlungen ist nach Abzug der darauf entfallenden Beiträge im Sinne des § 62 Z 3, 4 und 5 ein Fünftel steuerfrei zu belassen. Der verbleibende Betrag ist als laufender Bezug mit einer vorläufigen laufenden Lohnsteuer in Höhe von 15 % zu versteuern. Nach Ausscheiden der gesondert zu versteuernden Bezüge (Abfertigungen, Pensionsabfindungen und Sozialplan- zahlungen) sind die auf die restlichen Bezüge entfallenden Pflichtbeiträge abzuziehen. Vom verbleibenden Betrag ist nach Abzug der Pflichtbeiträge ein Fünftel als pauschale Berücksichtigung für allfällige steuerfreie Zulagen und Zuschläge oder sonstige Bezüge sowie als Abschlag für einen Progressionseffekt durch die Zusammenballung von Bezügen steuerfrei zu belassen (diese Steuerfreiheit bleibt auch bei einer allfälligen Veranlagung erhalten). Die verbleibenden vier Fünftel sind schließlich wie ein laufender Bezug im Zeitpunkt des Zufließens nach dem Lohnsteuertarif des jeweiligen Kalendermonats der Besteuerung zu unterziehen. Die auf den steuerfreien Teil entfallenden Sozialversicherungsbeiträge sind nicht abzugsfähig. Gemäß § 69 Abs 6 EStG ist bei Auszahlung von Insolvenzausfallgeld durch den Insolvenzausfallgeldfonds von der auszahlenden Stelle ein Lohnzettel auszustellen. Die ausgezahlten Bezüge sind - ausgenommen Kostenersätze im Sinne des § 26 sowie sonstige Bezüge im Sinne des § 67 Abs 3, 6 und 8 lit e und f EStG - in das Veranlagungsverfahren einzubeziehen. Dadurch kommt es zur Rückzahlung der vom Fonds in Abzug gebrachten Steuer, wenn für das gesamte steuerpflichtige Einkommen eine geringere Steuer anfällt bzw zu Nachzahlungen, wenn sich eine höhere Einkommensteuer ergibt. Bei der Veranlagung werden jene vier Fünftel, die mit dem Steuersatz von 15 % versteuert wurden, als laufende Bezüge in die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit einbezogen. Die Steuer von 15 % ist auf dem Lohnzettel als anrechenbare Steuer für laufende Bezüge auszuweisen und bei der Veranlagung anzurechnen. Bei der Auszahlung des Nettobetrages der Ansprüche durch den Fonds bzw der Entrichtung der Lohnsteuer tritt keine Änderung vom bisherigen Verfahren ein. Die sich aus dem Steuersatz von 15 % ergebende Steuer (bzw die jeweilige feste Steuer gemäß § 67 Abs 3 und 8 lit d und e EStG) ist jener Betrag, der das Ausmaß des Insolvenzausfallgeldes gemäß § 3 IESG mindert und im Insolvenzverfahren des Arbeitgebers als Forderung (bedingt) angemeldet wird.

Zur Ermittlung der auf die ungewidmete Nettozahlung entfallenden Lohnsteuer ist hingegen § 67 Abs 8 lit c EStG, dessen Inhalt das Berufungsgericht richtig darstellte, heranzuziehen.

Um nun die nach dieser Regelung auf die Nettozahlung der Dienstgeberin entfallende Lohnsteuer zu ermitteln, ist es - worauf ebenfalls bereits das Berufungsgericht verwies - erforderlich, eine Anrechnung der umgewidmeten Zahlung auf die offenen Ansprüche der Klägerin vorzunehmen. Dabei ist bei mehreren fälligen, aber noch nicht eingeforderten Forderungen die Rangfolge im Sinne der früheren Fälligkeit entscheidend (RIS-Justiz RS0115761). Die Frage der Anrechnung von Teilzahlungen eines Anspruches, der bloß teilweise durch das IESG gesichert ist (vgl dazu 8 ObS 237/01p; 8 ObS 305/01p), stellt sich hier nicht, weil sämtliche Ansprüche der Klägerin gesichert sind.

Die Klägerin verkennt in ihren Revisionsausführungen grundsätzlich das Wesen des ihr zustehenden Anspruches: Eben weil keine Nettolohnzahlungsvereinbarung geschlossen wurde, hängt auch die Höhe des ihr gebührenden IAG davon ab, welche Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten sind.

Sämtliche Ausführungen der Revisionswerberin zum sogenannten Belastungsprozentsatz und die in diesem Zusammenhang angestellten verfassungsrechtlichen Überlegungen gehen ins Leere, weil der Belastungsprozentsatz nach Aufhebung der Wortfolge “sowie die Tariflohnsteuer des Abs 8” in § 67 Abs 9 letzter Satz EStG 1988 wegen Widerspruchs zum Gleichheitssatz durch den VfGH (2. 12. 1999; G 106/99) und die danach erfolgten Neuregelungen im § 67 Abs 8 EStG 1988 nicht mehr anzuwenden ist.

Schließlich sind auch die Ausführungen in der Revision verfehlt, soweit sie darauf abzielen, dass allfällige aus der steuerrechtlichen Neuregelung resultierenden “Lohnsteuerschäden” aus dem Titel des Schadenersatzes zustünden. Abgesehen davon, dass sich die Klägerin auf das Bestehen eines solchen Schadenersatzanspruches nie berufen hat, hat der erkennende Senat bereits in der Entscheidung 8 ObS 4/03a (ecolex 2003/386) ausdrücklich ausgesprochen, dass allfällige “Lohnsteuerschäden”, die durch die steuerrechtliche Neuregelung durch das BudgetbegleitG 2001 entstünden, keine sicherungsfähigen Schadenersatzansprüche im Sinn des § 1 Abs 2 Z 2 IESG sind.

Das Berufungsgericht hat daher grundsätzlich zutreffend erkannt, wie das der Klägerin zustehende IAG zu errechnen ist.

Der Klägerin, die in ihrer Revision ebenso wie in ihrer Berufungsbeantwortung ausdrücklich die Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit der Berechnung der beklagten Partei bestritten hat, ist jedoch darin beizupflichten, dass die konkrete Berechnung der beklagten Partei nicht bzw nur mit einem ganz erheblichen rechnerischen Aufwand nachvollziehbar ist. Es sind daher gemäß § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zur allfälligen Ergänzung des Verfahrens (nähere rechnerische Erläuterung der beklagten Partei; Erörterung der Berechnung mit den Parteien; allenfalls Einholung eines Sachverständigengutachtens) und neuerlicher Entscheidung zurückzuverweisen: Umfangreiche Berechnungen sollen dem Obersten Gerichtshof, selbst wenn er sie aufgrund der Aktenlage vornehmen könnte, nämlich erspart bleiben (Kodek in Rechberger ZPO² § 510 Rz 3; 8 Ob 10/02g).

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Rechtssätze
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