JudikaturJustiz8Ob96/23k

8Ob96/23k – OGH Entscheidung

Entscheidung
11. Januar 2024

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann Prentner und die Hofräte MMag. Matzka, Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. R* G*, vertreten durch Mag. Peter Miklautz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S* P*, vertreten durch Dr. Wilfried Plattner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 60.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. Juli 2023, GZ 15 R 134/23w 57, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Nach dem festgestellten Sachverhalt trat das die Versteigerung des streitgegenständlichen Oldtimers durchführende Auktionshaus deklariert als direkter Stellvertreter der Beklagten, die das Fahrzeug eingeliefert hatte, auf. Entgegen den Revisionsausführungen sind nach ständiger Rechtsprechung Erklärungen und die Verletzung vorvertraglicher Pflichten durch einen Stellvertreter oder auch durch sonstige Vertragsgehilfen dem Geschäftsherrn zuzurechnen (RIS Justiz RS0028435 [T3]; RS0028857; RS0016200). Dass einem Verhandlungsgehilfen bei Abschluss des Geschäfts auch gegenüber dem anderen Vertragsteil eine Provision zusteht, schließt die Zurechnung seines Verhaltens an einen Vertragsteil nicht aus. Bewirkt eine solche Person einen Willensmangel, so wird deren Verhalten der Partei, für die sie tätig wurde, so zugerechnet, als hätte diese selbst gehandelt (RS0016309 [T6, T7, T9, T13]; RS0016200).

[2] 2. Verzichtserklärungen sind im Zweifel restriktiv auszulegen (RS0018561). Ein Verzicht auf Gewährleistung erstreckt sich grundsätzlich auch auf verborgene Mängel und solche, die gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften betreffen (RS0018564). Der Veräußerer kann sich aber dann nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, wenn Eigenschaften fehlen, die ausdrücklich zugesagt wurden (RS0018523; RS0018502 [T1]; auch RS0021116) .

[3] 3. Eine Obliegenheitsverletzung des Geschädigten im Sinne einer Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten kann bei Geltendmachung eines Schadenersatzanspruchs zu einer Verschuldensteilung führen. Einem verschuldensunabhängigen Gewährleistungsanspruch, wie er im vorliegenden Verfahren geltend gemacht wird, kann aber nicht entgegengehalten werden, dass der Erwerber das Fehlen einer zugesagten Eigenschaft der Sache bei gründlicher Untersuchung bereits vor dem Erwerb erkennen hätte können.

[4] 4. Mit der sogenannten relativen Berechnungsmethode soll die mit dem Kaufpreis im Verhältnis zum Verkehrswert des Kaufobjekts festgelegte subjektive Äquivalenz aufrecht erhalten werden. Nach dieser Berechnungsmethode soll sich der geminderte Preis zum vereinbarten Preis wie der Wert der mangelhaften Sache zum Wert der mangelfreien Sache verhalten (RS0018764). Diese Berechnungsmethode wird mit dem Argument begründet , dass der Mangel in die Sphäre des Verkäufers fällt und dem Käufer auch die durch einen günstigen Kauf erworbene Wertrelation erhalten bleiben solle. Dementsprechend findet die Preisminderung nicht im gemeinen Wert (Verkehrswert) des mangelbehafteten Kaufobjekts ihre Untergrenze (RS0110929; vgl auch RS0016260).

[5] Auf die Verkäuferinteressen wurde in der Rechtsprechung bisher nur dann Bedacht genommen, wenn sich der Kaufpreis nach der relativen Berechnungsmethode auf Null reduzierte, weil es unbillig erschiene, dem Käufer, der nicht wandeln wolle, eine noch brauchbare, aber nach der relativen Berechnungsmethode wertlose Sache praktisch zu schenken. In diesem Fall könne nur eine Preism inderung bis zu dem Entgelt begehrt werden, das einer dennoch möglichen Nutzung angemessenen ist (RS0018736). Ein solcher Fall, der der Anwendung der relativen Berechnungsmethode entgegenstünde, liegt hier nicht vor.

[6] 5. Laesio enormis (§ 934 ABGB) wurde nicht geltend gemacht. Eine Begrenztheit des Interessentenkreises für Gegenstände wie Antiquitäten oder Oldtimer rechtfertigt auch noch nicht, den von dieser Personengruppe dafür üblicherweise bezahlten Preis schon als reinen Liebhaberwert anzusehen (vgl RS0093940). Nach dem festgestellten Sachverhalt weisen Oldtimer in der Art des Klagsfahrzeugs vielmehr je nach ihrer Zustandsklasse einen feststellbaren Verkehrswert auf. Dabei handelt es sich nicht um einen rein subjektiven Wert einer besonderen Vorliebe ohne objektiv nachvollziehbare Grundlage (vgl RS0053719), der sich nur aus der besonderen, subjektiven Beziehung e iner Person oder eines begrenzten Personenkreises zu einer bestimmten Sache ergibt (vgl RS0086317; Zoppel in Schwimann/Kodek ABGB 5 § 305 Rz 12). Das Meistbot des Klägers hat den für das Klagsfahrzeug im mängelfreien Zustand objektiv ermittelten Verkehrswert noch unterschritten.

[7] 6. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts steht mit diesen Grundsätzen der Rechtsprechung in keinem Widerspruch. Der Revision gelingt es damit nicht, eine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinaus erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Rechtssätze
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