JudikaturJustiz8Ob30/85

8Ob30/85 – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred P*, vertreten durch Dr. Anton Knees, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Gemeinde M*, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen S 108.749,39 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 12. Juni 1984, GZ 7 R 37/84 23, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 28. Dezember 1983, GZ 19 Cg 318/82 18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.918,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin Umsatzsteuer von S 447,15, keine Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 17. 10. 1980 stürzte gegen 16 Uhr in der Gemeinde M* auf dem sogenannten W*weg ein mit Schotter beladener LKW des Klägers über eine Böschung ab. Das Fahrzeug wurde beschädigt; Personenschaden trat nicht ein.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes aus diesem Unfall die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von S 108.749,39 s.A. (Fahrzeugschaden). Der Höhe nach ist der Klagsbetrag nicht strittig. Dem Grunde nach stützte der Kläger sein Begehren im wesentlichen auf die Behauptung, der Absturz seines Fahrzeuges sei darauf zurückzuführen, daß auf dem von diesem Fahrzeug befahrenen Gemeindeweg in einer Linkskurve der linke Fahrbahnrand einschließlich der angrenzenden Böschung abgebrochen sei, wodurch das Fahrzeug umkippte. Für die Errichtung und Erhaltung dieses Weges sei die Beklagte verantwortlich, die offensichtlich den Weg mangelhaft errichtet und in der Folge auch ihre Instandhaltungspflicht grob verletzt habe. Überdies habe zwischen den Parteien ein Werkvertrag bestanden. Die Beklagte habe ihre Obsorgepflicht dadurch vernachlässigt, daß sie den Kläger nicht vor auftretenden Gefahren beim Befahren des W*weges gewarnt habe. Sie hafte dem Kläger daher auch aus diesem Grund und aus allen anderen denkbaren Rechtsgründen für die Unfallsfolgen.

Die Beklagte wendete dem Grunde nach im wesentlichen ein, daß sie nicht als Straßenerhalter anzusehen sei. Im übrigen sei der Weg nicht mangelhaft gewesen. Die Beklagte habe auf dem W*weg ohne rechtliche Verpflichtung sozusagen als Service für die Gemeindebürger die Wegschotterung übernommen. Der Kläger habe von der Beklagten gewohnheitsmäßig den Auftrag zur Lieferung und Anschüttung von Schotter auf Gemeindewegen und -straßen erhalten. Dem Kläger sei der Zustand dieser Straßen bekannt gewesen. Der W*weg führe in einem Südosthang des ziemlich steil abfallenden G*berges zum Teil durch Wald- und Wiesengelände in einer unterschiedlichen, aber jedenfalls nur für ein Fahrzeug befahrbaren Breite. Es sei dabei deutlich ersichtlich, daß eine Befestigung des Weges nicht erfolgt sei und auch nicht erfolgen habe können, sodaß ein Befahren der Böschungsränder auch mit leichteren Fahrzeugen nicht möglich erscheine. Ein Verschulden der Beklagten daran, daß eine Böschung durch das Befahren mit den Rädern des LKW abgebrochen sei, liege nicht vor, zumal bei solchen Wegen der Umfang der Straßenerhaltungspflicht durch die auf ihnen gewöhnlich vorkommenden Fahrzeugen beschränkt sei. Der Kläger sei mit der Herstellung eines Werkes Errichtung und Verbesserung der Straße beauftragt gewesen. Eine Fürsorgepflicht für den Werkhersteller bestehe nicht.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Der W*weg wurde in den Jahren 1954/55 im Zuge des Ausbaues der G*straße, in deren Einzugsgebiet er liegt, angelegt. Die Wegarbeiten nahm die Agrarbezirksbehörde vor. Bei dem Weg handelt es sich um einen Ortschaftsweg, der von der Beklagten erhalten wird. Die Beklagte gab jeweils Schotterungsarbeiten zur Weginstandsetzung in Auftrag und bezahlte diese. Weiters sorgte die Beklagte im Winter für die Schneeräumung. Seit zwei Jahren ist der Wegmacher in Auftrag der Beklagten auch für den W*weg zuständig. Die Wegmacherarbeiten machte vor diesem Zeitpunkt, also noch zum Unfallszeitpunkt, der Pensionist Franz T*, der sich auf diese Weise etwas dazuverdienen wollte und ebenfalls von der Beklagten bezahlt wurde.

Der W*weg ist für den allgemeinen Verkehr zugänglich. Verkehrsbeschränkungen irgendwelcher Art oder Abschrankungen sind nicht vorhanden. Der Weg hat den Zweck, die Zufahrt für Anrainer beinahe ausschließlich Bauern aufzuschließen. Der W*weg ist nicht vermessen und steht nicht im öffentlichen Gut.

Im Bereich der Absturzstelle verläuft der W*weg von Osten nach Westen. In Fahrtrichtung des LKW gesehen befindet sich die Unfallstelle in einer Linkskurve mit einem Radius von rund 30 m. In diesem Bereich beträgt die Fahrbahnbreite ca. 3,5 m, gemessen zwischen den seitlichen Grasnarben. Vor und nach der Kurve ist der Weg nur ca. 2,5 m breit. Der W*weg befindet sich in einem Hanganschnitt, wobei auf der Nordseite eine Böschung nach oben und auf der Südseite eine Böschung nach unten gegeben ist. Im Bereich der Unfallstelle (Kurvenscheitelpunkt) verläuft im bergseitigen Hang ein Graben nach Norden. Zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheines war dieser Graben wasserführend; die Abflußmenge betrug rund 2 bis 3 Liter in der Sekunde. Der Graben endet ca. 1 m nördlich des nordseitigen Straßenrandes. Die Grabensohle liegt dort ca. 60 cm tiefer als der nordseitige Straßenrand.

Westlich dieses Grabenendes befindet sich ca. 3 m nördlich des nördlichen Fahrbahnrandes eine Quellstube (Brunnstube). Der Überlauf aus dieser Brunnstube fließt ebenfalls zum Graben. Am Grabenende verschwindet das Wasser unter der Fahrbahn des Weges. Ein Einlaufbauwerk oder Rohrende eines Durchlasses in diesem Bereich besteht nicht. Das Wasser sickert unter der Fahrbahn des Weges durch und tritt an der Talseite ca. 1 m unter dem linken Fahrbahnrand aus der Böschung aus. Auch dort befindet sich kein Rohr.

Die Geländeform der talseitigen Böschung ist geprägt von Setzungen und Rutschung. Im Bereich der Unfallstelle fällt die Böschung auf ca. 1 m fast lotrecht ab. Der im Bereich der Absturzstelle bergseitig und talseitig anstoßende Boden ist bindig und zeigt eine intermitierend gestufte Körnungslinie mit einem schluffigen Feinkornanteil von mindestens 40 bis 50 %. An der talseitigen Böschung ist zu erkennen, daß der Boden in wassergesättigtem Zustand breiig ist. Der Unterbau des Weges besteht in einer Schotterschüttung.

Führt der nordseitige Graben bei Niederschlägen größere Wassermengen, dann durchfließt dieses die Dammschüttung des Weges mangels eines funktionstüchtigen Rohrdurchflusses und weicht die Schüttung wegen der angeführten Bodenbeschaffenheit stark auf. Die Tragfähigkeit des Dammkörpers wird hiedurch beträchtlich herabgesetzt. Die Geländeform der talseitigen Böschung zeigt, daß es in diesem Bereich schon wiederholt zu Rutschungen und Setzungen gekommen ist. Da diese Böschung keinen Halt bietet, kann es bei Lasteinwirkungen in der Nähe des talseitigen Fahrbahnrandes zum seitlichen Ausweichen des Materials und damit zum Einbrechen der Fahrbahn kommen.

Der Kläger er ist Besitzer einer Schottergrube schottert seit rund 10 Jahren im Auftrag der Beklagten den W*weg. Vorher verrichtete diese Arbeiten der Vater des Klägers. Im allgemeinen geht das so vor sich, daß der Kläger von der Beklagten verständigt wird, wenn Gemeindewege zu schottern sind. Der Kläger wird für seine Arbeit auch von der Beklagten bezahlt, wobei zwischen der Beklagten und dem Kläger eine generelle Vereinbarung besteht, die den Schotterpreis je nach Gebiet der Schotterung festlegt. Die Schotterung erfolgt so, daß der LKW unter Betätigung des Kippers fährt und den Schotter auf diese Weise abläßt. Mit der Schotterung des Weges ist die Tätigkeit des Klägers beendet. Planierungs- oder Befestigungsarbeiten hat der Kläger nicht vorzunehmen.

Im vorliegenden Fall rief der Gemeindesekretär Josef M* beim Kläger an und beauftragte ihn, auf den W*weg ca. vier bis sechs Fuhren Schotter zu führen und an den schlechtesten Stellen abzulassen. Ursache dieses Auftrages an den Kläger war der Hinweis eines Bauern, daß der W*weg schon so ausgeschwemmt sei, daß er einer Schotterung bedürfe. Im allgemeinen erfolgt die Schotterung des W*weges einmal im Jahr. Auch nach schweren Unwettern kommt es vor, daß der Weg ausgewaschen ist und geschottert werden muß.

Der W*weg wird laufend auch von Lastkraftwagen benützt. Besondere Befestigungsarbeiten an der Weganlage wurden seit ihrer Errichtung nicht vorgenommen. Seitens der Beklagten wird die Weganlage, mit Ausnahme der Oberflächenbeschaffenheit, nicht überprüft.

Am 17. 10. 1980 befuhr der Kraftfahrer Gerald S* erstmalig mit dem 2,50 m breiten Lastkraftwagen des Klägers zum Zwecke der von der Beklagten in Auftrag gegebenen Schotterung den W*weg. S* hatte bereits fünf bis sechs Fuhren durchgeführt, wobei er den Schotter jeweils vor der späteren Absturzstelle abließ. Mit dem leeren LKW passierte er sodann die Linkskurve, drehte an einer geeigneten Stelle um und fuhr wieder zurück, um die nächste Fuhre vorzunehmen. Beim Passieren der Linkskurve fiel S* nie irgendeine Gefahr auf. Bei der letzten Fuhre hatte S* rund 7 m 3 Schotter geladen; das Gesamtgewicht des Fahrzeuges betrug rund 15 bis 16 Tonnen. Ca. 5 m vor der Absturzstelle stieg S* aus und machte die hintere Bordwand auf, um in der Folge den Kipper betätigen zu können. Nach dem Öffnen der Bordwand stieg er wieder in das Führerhaus und setzte den Lastkraftwagen in Bewegung. Ca. 5 m nach dem Anfahren brach der LKW mit dem linken Zwillingsrad auf der Fahrbahn ein. Der Abstand zum linken Fahrbahnrand betrug zu diesem Zeitpunkt rund 50 cm. S* versuchte, durch Gasgeben die Gefahrenstelle zu überwinden, was ihm aber nicht mehr gelang. Der LKW begann wegen des nachgebenden Erdreiches mit dem linken Fahrbahnrand und der talseitigen Böschung nach hinten abzurutschen. Das Einsetzen der Differenzialsperre hatte ebenfalls keinen Erfolg mehr. Als S* feststellte, daß der Lastkraftwagen abstürzte, sprang er durch die Beifahrertür aus dem Fahrzeug.

Es kann nicht festgestellt werden, daß S* mit dem Lastkraftwagen zu weit nach links in den Bereich der talseitigen Böschung kam; er hielt vielmehr eine Fahrlinie am rechten (nordseitigen) Fahrbahnrand ein.

Am Absturztag und Tage vorher hatte es stark geregnet. Weder vom Kläger noch von der Beklagten wurden S* besondere Anweisungen für das Befahren des W*weges erteilt.

Die Ursache des Absturzes war die nach starken Niederschlägen deutlich verminderte Standfestigkeit des Straßenkörpers, die durch die Aufweichung des stark bindigen Dammaterials eintritt. Oberflächlich ist diese Verminderung der Standfestigkeit wegen der relativ festen Fahrbahnoberfläche nicht zu erkennen. Um die Schwachstelle zu beseitigen, müßte ein ausreichend dimensionierter Rohrdurchlaß mit einem Ein- und Auslaufbauwerk hergestellt werden, damit das vom bergseitigen Gerinne kommende Wasser, ohne den Straßenkörper aufzuweichen, abgeleitet werden kann.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht den festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die Beklagte als Halterin des W*weges anzusehen sei. Es sei aber der Beklagten oder ihren Leuten keine auffallende Sorglosigkeit anzulasten. Die durch das mangelhafte Abflußsystem bedingte herabgesetzte Standfestigkeit des Straßenkörpers, die durch die vor dem 17. 10. 1980 herrschenden Regenfälle aufgetreten sei, sei oberflächlich nicht zu erkennen gewesen. Dieser Umstand hätte wohl nur bei einer Begehung der Weganlage unter Beiziehung eines Straßenbaukundigen ans Tageslicht treten können. Die Nichteinhaltung derartiger Vorsichtsmaßnahmen könne der Beklagten und ihren Leuten nicht als Verschulden, jedenfalls aber nicht als grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden. Dies gelte insbesondere dann, wenn man den Zweck und die Beschaffenheit des W*weges als eine den Bauern der Umgebung dienende Aufschließungsanlage betrachte. Die Beklagte hafte daher nicht nach § 1319a ABGB für die Unfallsfolgen. Soweit dem Kläger eine Haftung der Beklagten im Sinne des § 1168a ABGB vorschwebe, sei er darauf zu verweisen, daß eine Warnpflicht nicht den Besteller, sondern vielmehr den Unternehmer als Sachverständigen treffe. Eine Haftung der Beklagten wäre nur dann denkbar, wenn von ihrer Seite ausdrücklich eine bestimmte Beschaffenheit des Weges zugesagt worden wäre, die dann nicht gegeben gewesen wäre. Dies treffe aber hier nicht zu.

Der gegen diese Entscheidung gerichteten Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil Folge. Es änderte die Entscheidung des Erstgerichtes im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Revision nach § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Das Berufungsgericht führte, ausgehend von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes, rechtlich im wesentlichen aus:

Es treffe zu, daß eine Haftung der Beklagten nach § 1319a ABGB nicht in Betracht komme, weil ihren Organen oder ihren Leuten keine grobe Fahrlässigkeit Vorsatz scheide von vornherein aus angelastet werden könne. Das äußere Erscheinungsbild des Weges sei für die Beklagte bzw. für ihre Leute nicht so bedenklich gewesen, daß sie mit dem Eintritt eines Schadens der vorliegenden Art rechnen hätte müssen. Es stehe immerhin fest, daß die Verminderung der Standfestigkeit wegen der relativ festen Fahrbahnoberfläche nicht zu erkennen gewesen sei.

Der Kläger stütze seinen Anspruch aber auch auf einen mit der Beklagten geschlossenen Vertrag, der diese verpflichtet hätte, ihn vor auftretenden Gefahren bei Befahren des Weges zu warnen. Damit spreche der Kläger nicht die im § 1168a ABGB normierte Warnpflicht des Unternehmers gegenüber dem Besteller eines Werkes an, sondern die sogenannte unselbständigen Nebenpflichten der Beklagten aus dem mit dem Kläger über die Beschotterung des in Frage stehenden Weges geschlossenen Werkvertrag. Ein Vertragsteil habe den anderen über drohende Gefahren aufzuklären. Die Beklagte habe, als sie dem Kläger den Auftrag erteilt habe, den Weg zu beschottern, auch die Nebenverpflichtung übernommen, dafür zu sorgen, daß der Kläger bei Erfüllung seiner Verbindlichkeit ihr gegenüber in seinen Interessen nicht beeinträchtigt werde, also insbesondere keinen Schaden an seinem Vermögen erleide. Der dem Kläger erteilte Auftrag zur Beschotterung des Weges habe zwangsläufig das Befahren dieses Weges durch den Kläger eingeschlossen, sodaß dies zur Erfüllung der vom Kläger der Beklagten gegenüber übernommenen Verbindlichkeiten gehört habe. Die Beklagte sei demnach verpflichtet gewesen, für einen solchen Zustand des Weges zu sorgen, daß ihr Vertragspartner, der Kläger, nicht zu Schaden kam. Habe sie diese Verbindlichkeit auch nur objektiv verletzt, liege ihr der Beweis ob, daß sie an der Erfüllung ihrer Verbindlichkeit ohne ihr Verschulden verhindert worden sei (§ 1298 ABGB). Hier genüge im Gegensatz zu § 1319a ABGB leichte Fahrlässigkeit der Klägerin zur Begründung ihrer Haftung.

An der objektiven Verletzung der Schutz- und Sorgfaltspflichten der Beklagten gegenüber ihrem Vertragspartner, dem Kläger, sei nicht zu zweifeln, weil eben zur Unfallszeit der Zustand des Weges nicht ein solcher gewesen sei, daß er im Sinne des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrages befahren habe werden können. Den ihr obliegenden Nachweis ihrer Schuldlosigkeit habe die Beklagte nicht erbracht.

Es stehe fest, daß sich 3 m nördlich des nördlichen Fahrbahnrandes eine Quellstube befand, deren Überlauf zum im bergseitigen Hang verlaufenden Wassergraben abfloß, wobei am Grabenende das Wasser unter der Fahrbahn des Weges verschwand, unter der Fahrbahn durchsickerte und an der Talseite ca. 1 m unter dem südlichen Fahrbahnrand aus der Böschung austrat. Die Geländeform der talseitigen Böschung war von Setzungen und Rutschungen geprägt. Dort war zu erkennen, daß der Boden in wassergesättigtem Zustand breiig war. Führte der nordseitige Graben bei Niederschlägen größere Wassermengen, dann durchfloß dieses Wasser die Dammschüttung des Weges mangels eines funktionstüchtigen Rohrdurchlasses und weichte die Schüttung stark auf. Die Tragfähigkeit des Dammkörpers sei dadurch beträchtlich herabgesetzt worden. Infolge dieser Umstände könne es bei Lasteinwirkungen in der Nähe des südseitigen Fahrbahnrandes zum seitlichen Ausweichen des Materials und zum Einbrechen der Fahrbahn kommen.

Trotz dieser Gegebenheiten seien aber von der Beklagten in den letzten 25 Jahren vor dem Unfall keine besonderen Befestigungsarbeiten vorgenommen worden, wie überhaupt die Weganlage von der Beklagten mit Ausnahme der Oberflächenbeschotterung nicht überprüft worden sei.

Berücksichtige man die augenfälligen Gegebenheiten dieser Weganlage, dann müsse im jahrzehntelangen Unterlassen jeglicher Kontrolle ihrer Tragfähigkeit durch die Leute der Beklagten ein Verhalten erblickt werden, das zumindest im Zweifel als leicht fahrlässig zu werten sei. Auch wenn man davon ausgehe, daß die konkrete Gefahr für die Leute der Beklagten nur bei einer Begehung der Weganlage mit einem Straßenbaukundigen, nicht aber bei oberflächlicher Betrachtung erkennbar gewesen sei, müsse angesichts der geschilderten, auch einem Laien bedenklichen Umstände gefordert werden, daß die Beklagte die Weganlage zumindest im Abstand von einigen Jahren von einer fachkundigen Person dahingehend überprüfen lasse, ob es weiterhin vertreten werden könne, diesen Weg namentlich auch nach ergiebigen Niederschlägen durch schwere Lastkraftwägen befahren zu lassen. Habe aber - wie hier - die Beklagte überhaupt nie die Standfestigkeit des Weges auch unter diesem Aspekt prüfen lassen, könne hierin nicht eine Erfüllung der sie in Ansehung ihres Vertragspartners, also des Klägers, treffenden Schutz- und Sorgfaltspflichten angenommen werden. Eine derart minimale Kontrolle sei jedenfalls auch einer kleinen Gemeinde zumutbar.

Es sei daher dem Klagebegehren stattzugeben.

Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß die Existenz von Schutz- und Sorgfaltspflichten eine Rechtsfrage des materiellen Rechtes sei, die für die Rechtsfortbildung besonders bedeutsam erscheine. Insbesondere sei es wichtig, jene Kriterien zu klären, unter denen auch Körperschaften wie die Beklagte für Unterlassungen zu haften hätten und welche Kontroll- und Prüfpflichten für solche Rechtsträger in Ansehung jener Verkehrswege zu gelten hätten, die von ihnen erhalten würden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie bekämpft es aus den Revisionsgründen der „Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens“, der „Mangelhaftigkeit des Berufungsurteiles“ und der „unrichtigen rechtlichen Beurteilung“ mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

Der Kläger hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, der Revision nicht Folge zu geben, allenfalls sie als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig. Zu der hier entscheidenden Frage der Obsorgepflicht eines Wegehalters gegenüber dem Wegbenützer, der im Rahmen eines vertraglichen Verhältnisses mit dem Halter den Weg benützt, fehlt, soweit überschaubar, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Sachlich ist die Revision aber nicht berechtigt.

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens (in Betracht käme im Sinne des § 503 Abs 2 ZPO nur die unrichtige Lösung einer Rechtsfrage des Verfahrensrechtes, der erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zukommt), liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Aber auch der Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen der in der Revision vertretenen Meinung kann von einer Widersprüchlichkeit der Entscheidung des Berufungsgerichtes in tatsächlicher Hinsicht keine Rede sein; die Richtigkeit der vom Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht gezogenen Schlußfolgerungen ist im Rahmen des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung im Sinne des § 503 Abs. 2 ZPO zu prüfen.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß die Bestimmung des § 1319a ABGB nur Sorgfaltspflichten betrifft, die nicht vertraglich übernommen wurden. Bei Verletzung vertraglich begründeter Sorgfaltspflichten haftet auch der Halter eines Weges ohne die in dieser Sondervorschrift normierten Beschränkungen; hier wird er also schon bei leichter Fahrlässigkeit ersatzpflichtig. Dies gilt auch bei der Verletzung vertraglicher Schutz- und Nebenpflichten (SZ 52/135; SZ 53/143; ZVR 1983/57; ZVR 1983/83; 8 Ob 74/84 uva.). Beim Werkvertrag obliegt dem Besteller die Nebenverpflichtung, dafür zu sorgen, daß der Unternehmer nicht bei der Ausführung des Werkes zu Schaden kommt (EvBl. 1971/118; ZVR 1971/82; ZVR 1973/152; 1 Ob 522/79 ua.). Die Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB findet auch bei der Verletzung einer vertraglichen Schutz- oder Sorgfaltspflicht oder Rücksicht auf die Art des Vertragsverhältnisses statt (EvBl. 1974/138; SZ 48/100; EvBl. 1976/213; 8 Ob 507/83 uva.).

Für den vorliegenden Fall folgt daraus die Richtigkeit der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Beklagte als Bestellerin im Rahmen des mit dem Kläger geschlossenen Werkvertrages, auf Grund dessen dieser die Beschotterung des W*weges durchzuführen hatte, verpflichtet war, dafür Sorge zu tragen, daß der Kläger dabei nicht zu Schaden kam, daß in diesem Rahmen schon eine der Beklagten anzulastende leichte Fahrlässigkeit zur Begründung ihrer Schadenersatzpflicht genügt und daß der Beklagten der Nachweis obliegt, an der Erfüllung ihrer Verbindlichkeit gegenüber dem Kläger ohne ihr Verschulden verhindert worden zu sein.

Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich, daß der LKW des Klägers abstürzte, weil der Zustand des W*weges so schlecht war, daß ein Rad des Fahrzeuges einbrach. Zu prüfen bleibt, ob der Klägerin deswegen ein Verschulden anzulasten ist, weil sie diesen schlechten Zustand des Weges nicht erkannte und daher den Kläger den Weg im Zuge des von ihm übernommenen Werkes mit dem schweren LKW befahren ließ, ohne ihn auf die drohende Gefahr aufmerksam zu machen.

Das Ausmaß der Obsorgepflicht des Wegehalters gegenüber einer Person, die auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Wegehalter den Weg benützt, kann nicht geringer sein als jenes, das sich auf Grund der Vorschrift des § 1319a ABGB gegenüber Personen ergibt, die den Weg ohne solche vertragliche Vereinbarung benützen. Es obliegt dem Wegehalter jedenfalls, dem öffentlichen Verkehr dienende Straßen derart herzustellen und zu erhalten, daß sie von allen Verkehrsteilnehmern bei Beachtung der Straßenverkehrsvorschriften gefahrlos benützbar sind (ZVR 1980/324; SZ 55/142 ua.). Das Ausmaß der Obsorgepflicht des Weghalters wird sich im Sinne des § 1319a Abs. 2 ABGB daran zu orientieren haben, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, für seine Anlage und Betreuung angemessen und zumutbar ist. Dabei ist vorauszusetzen, daß sich der Wegehalter in zumutbarer, aber jedenfalls ausreichender Weise vom Zustand des Weges überzeugt, weil er anders seine Verpflichtungen nicht erfüllen kann. Die Beklagte haftet als juristische Person für eigenes Verschulden ihrer leitenden Funktionäre, wenn ihre Organisation unzureichend war, um die Erfüllung der ihr als Wegehalter obliegenden Verpflichtungen sicherzustellen (vgl. EvBl. 1977/99; SZ 44/187; SZ 51/80; 8 Ob 49/85 ua.).

Im vorliegenden Fall erscheint entscheidend, daß nach den Feststellungen der Vorinstanzen seitens der Beklagten die Weganlage mit Ausnahme der Oberflächenbeschaffenheit überhaupt nicht überprüft wurde. Die bloße Überprüfung der Oberflächenbeschaffenheit mag bei entsprechend befestigten Wegen, bei denen keine besonderen Umstände vorliegen, aus denen auf die Möglichkeit verborgener die Verkehrssicherheit gefährdender Mängel geschlossen werden muss, genügen. Im vorliegenden Fall lagen aber die Umstände ganz anders. Das Berufungsgericht hat durchaus zutreffend darauf verwiesen, daß hier nach augenfälligen und auch für jeden Laien klar erkennbaren Gegebenheiten Hanglage, Setzungen und Rutschungen in der talseitigen Böschung mit erkennbar breiigem Boden, Durchsickern von Wasser aus einem bergseits gelegenen wasserführenden Graben unterhalb des Weges sehr konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden, daß die Festigkeit der Weganlage so weit beeinträchtigt sein konnte, daß ihr Befahren durch schwere Lastkraftwagen ohne Gefahr des Einbrechens nicht mehr möglich war. Wenn sich aber die Beklagte unter diesen Umständen durch Jahrzehnte hindurch damit begnügte, nur die Oberflächenbeschaffenheit des Weges zu prüfen (aus der die drohende Gefahr nicht erkannt werden konnte) und es unterließ, die Festigkeit der Weganlage durch eine fachkundige Person prüfen zu lassen (die die Gefahr erkennen hätte können und müssen), dann hat sie sich damit in Wahrheit durch eine unzureichende Organisation außerstande gesetzt, die ihr als Wegehalter obliegenden Verpflichtungen wahrzunehmen und in hinlänglicher Weise dafür zu sorgen, daß der Weg widmungsgemäß gefahrfrei befahren werden konnte. Es mag dahingestellt bleiben, ob darin unter den im vorliegenden Fall gegebenen besonders augenfälligen Umständen nicht eine gröbere Fahrlässigkeit der Beklagten zu erblicken ist; jedenfalls kann keine Rede davon sein, daß die Beklagte den ihr obliegenden Beweis erbracht hätte, an der Erfüllung ihrer vertraglichen Nebenpflichten gegenüber dem Kläger ohne ihr Verschulden gehindert gewesen zu sein.

Einen Mitverschuldenseinwand hat die Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht erhoben; auf ihr diesbezügliches Vorbringen in ihrer Revision ist daher nicht einzugehen. Abgesehen davon wäre es verfehlt, die der Beklagten obliegenden Pflichten zur Prüfung der Verkehrssicherheit des von ihr gehaltenen Weges den Wegbenützern aufzuerlegen; diese konnten sich solange sie nicht augenfällig wie etwa auf Grund des Zustands der Oberfläche des Weges das Gegenteil wahrnehmen konnten, auf die Sicherheit der Weganlage verlassen.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht somit durchaus der Sach- und Rechtslage; der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Rechtssätze
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