JudikaturJustiz8Ob247/02k

8Ob247/02k – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Januar 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes, Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Elisabeth A***** , vertreten durch Dr. Andreas Reiner, Rechtsanwalt in Wien, und 2. Univ. Prof. Mag. Gottfried H*****, vertreten durch Dr. Gerhard Zenz und Dr. Rafaela Zenz-Zajc, Rechtsanwälte in Mondsee, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am ***** verstorbenen Johann W*****, vertreten durch Mag. Günter Petzelbauer, Rechtsanwalt in Wien, als Verlassenschaftskurator, sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei Gabriele P*****, vertreten durch Dr. Alexander Kragora, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung (Streitwert Erstklägerin EUR 72.672,83; Streitwert Zweitkläger EUR 21.801,85) sowie Rechnungslegung (Streitwert je EUR 21.801,85), über die außerordentliche Revision der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 1. Oktober 2002, GZ 5 R 119/02p-60, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der Nebenintervenientin wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Mit der vorliegenden Erbschaftsklage machen die beiden klagenden Parteien gegen die Verlassenschaft, gestützt auf ein Testament, ihren Anspruch auf die Erbschaft nach ihrer Tante geltend und begehren Rechnungslegung.

Die Vorinstanzen sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass - nachdem dies bereits wiederholt von der Tante der Klägerin geäußert wurde - diese Tante im Juli 1986 vor drei Zeugen erklärte, dass sie nunmehr ein mündliches Testament errichte und dann die im einzelnen festgestellten letztwilligen Verfügungen zugunsten der Kläger aber auch der Nebenintervenientin anordnete. Die drei Zeugen waren ununterbrochen bei dieser Erklärung anwesend und sich auch bewußt, Zeugen des letzten Willens der Tante der Kläger zu sein. Die Kundmachung dieses mündlichen Testaments erfolgte gemäß § 65 AußStrG. Auf die Einvernahme im Verlassenschaftsverfahren haben sich auch die Vorinstanzen gestützt.

Die Fragen der Gültigkeit eines mündlichen Testaments, inwieweit etwa tatsächlich eine Testierabsicht bestand, ob die Aussagen der Testamentszeugen hinreichend übereinstimmen und sich diese auch bewusst waren, als Testamentszeugen anwesend zu sein, sind als Fragen der Gültigkeit des Testaments nicht im Außerstreitverfahren, sondern im Rechtsweg zu klären (vgl RIS-Justiz RS0006505 mwN zuletzt 6 Ob 122/02p; RIS-Justiz RS0008020 mwN). Zur Einhaltung der auch im Außerstreitverfahren zu prüfenden äußeren Form des mündlichen Testaments wird der Nachweis, dass bei der Testamentserrichtung drei fähige Zeugen gleichzeitig anwesend waren, als ausreichend erachtet (vgl RIS-Justiz RS0007956).

Die Besonderheit des mündlichen Testament liegt allerdings darin, dass zur Erfüllung dieser Testamentsform nicht nur die Erklärung des Erblassers erforderlich ist, sondern auch die - spätere - Mitwirkung (Bestätigung; Beeidigung) durch die Testamentszeugen (vgl RIS-Justiz RS0012487 mwN). Nur durch sie kann die Errichtung eines mündlichen Testaments dargetan werden (vgl RIS-Justiz RS0012495 mwN). Soweit die Nebenintervenientin nunmehr geltend macht, dass die Entscheidung des Berufungsgerichtes mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 5. 4. 1989 (SZ 62/60) in Widerspruch stünde, weil es nach dieser Entscheidung unzulässig sei, sich - wie das Berufungsgericht ausführte - im Rahmen der Beweiswürdigung auch auf Begleitumstände zu stützen, ist dies unzutreffend. Im der Entscheidung SZ 62/60 ging es darum, inwieweit dann, wenn die Einvernahme der Aktzeugen im Verlassenschaftsverfahren keine Testierabsicht des nunmehr Verstorbenen ergibt, diese noch in einem späteren Streitverfahren nachgewiesen werden kann. In diesem Zusammenhang führte der Oberste Gerichtshof dann aus, dass Existenz und Inhalt eines mündlichen Testaments nicht anders als durch die übereinstimmende Bestätigung durch die Testamentszeugen im Verlassenschaftsverfahren erfolgen kann. Eine spätere Einvernahme im Rahmen eines Streitverfahrens kann dies nicht ersetzen, weil nicht dann, wenn die Bestätigung im Sinne der §§ 65 ff AußStrG misslungen ist, durch wiederholte Einvernahme der Zeugen in Streitverfahren schließlich doch eine Sanierung des formungültigen mündlichen Testaments erfolgen können soll. Wohl aber kann, wie sich gerade aus der Entscheidung SZ 62/60 ergibt, im Streitverfahren versucht werden, eine formgültig errichtete letztwillige Verfügung zu widerlegen. Im Rahmen der Beweiswürdigung der Zeugenaussagen in diesem Zusammenhang sind auch sämtliche Umstände heranzuziehen.

In der Entscheidung vom 27. 2. 2002 zu 3 Ob 30/02m (= JBl 2002, 518) wurde ergänzend ausgeführt, dass der durch das mündliche Testament begünstigte Erbe (dieser war damals Beklagter, während es sich hier um die klagenden Parteien handelt) - insoweit sind die allenfalls missverständlichen Ausführungen des Berufungsgerichtes klarzustellen - dann auch noch im Streitverfahren eine "Verbesserung" der vorweg im Rahmen des Verfahrens nach den §§ 65 ff AußStrG vorgenommenen Einvernahmen der Testamentszeugen erreichen kann, wenn er selbst an der Einvernahme nicht beteiligt war. Ein Ansatz für eine Differenzierung danach, ob die Einvernahme im Verlassenschaftsverfahren beeidet erfolgte oder nicht, ist nicht ersichtlich und wurde bisher auch nicht releviert. Die Revisionswerberin selbst zeigt auch keinerlei Gründe dafür auf. Schon deshalb vermag sie insoweit keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 2 ZPO darzustellen.

Ein Antrag nach § 66 AußStrG auf beeidete Einvernahme der Testamentszeugen wurde auch von der Revisionswerberin nicht gestellt (vgl auch Kralik in Ehrenzweig IV3, 138). Es wird nicht ausgeführt, was einem solchen Antrag hätte entgegenstehen sollen und warum sie in ihrem Recht auf rechtliches Gehör verletzt sein sollte. In der Entscheidung vom 27. 2. 2002 zu 3 Ob 30/02m (= JBl 2002, 518) wurde auch bereits ausführlich dargestellt, dass grundsätzlich die Einvernahmen der Testamentszeugen im Verfahren nach §§ 65 ff AußStrG dann, wenn sich - so wie hier - beide Streitteile darauf berufen und der Verlassenschaftsakt ohnehin beigeschafft wurde, keiner weiteren Feststellungen bedürfen.

Inwieweit nun den Aussagen dieser Zeugen im Rahmen des vorliegenden Streitverfahrens, in dem es ja jedenfalls der beklagten Partei offenstand, die Wirksamkeit des mündlichen Testaments zu bekämpfen, zu folgen war und welches Gewicht dabei den sonstigen Begleitumständen zugemessen werden musste, ist ein Frage der Beweiswürdigung, die vom Obersten Gerichtshof nicht mehr zu überprüfen ist.

Die Auslegung der Erklärungen der Testamentszeugen im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens ist aber eine Frage der Beurteilung konkreter Erklärungen im Einzelfall, die regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darstellt (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 3). Die Testierabsicht ist diesen Einvernahmen im übrigen übereinstimmend entnehmbar (vgl zum Charakter als Tatsachenfeststellung auch RIS-Justiz RS0043478 mwN). Ist doch durch die Rechtsprechung schon hinreichend abgeklärt, dass die Aussagen der Testamentszeugen nicht wörtlich, sondern nur dem Sinn nach übereinstimmen müssen (vgl RIS-Justiz RS0012489 mwN; vgl zur Berücksichtigung im Rahmen des Außerstreitverfahrens RIS-Justiz RS0008059 "wesentlicher Punkt der Erbeinsetzung"; zur Verweisung auf den Rechtsweg RIS-Justiz RS0008022 mwN). Hinsichtlich des Errichtungszeitpunktes stimmen die Aussagen der Testamentszeugen im Verfahren nach §§ 65 ff AußStrG überein. Durch die im Streitverfahren noch vorgenommene Klarstellung hinsichtlich eines Hausanteils, bei dem ein Testamentszeuge vorweg keine klare Erinnerung hatte, wurde die am Verlassenschaftsverfahren nicht beteiligte Revisionswerberin auch selbst begünstigt. Im Ergebnis zeigt sie aber in diesem Zusammenhang schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des 502 Abs 1 ZPO auf, weil sie sich gar nicht näher mit der Frage auseinandersetzt, welche Folgen einen allfällige Unwirksamkeit allein der "Vermächtnisse" an den Zweitkläger und die Revisionswerberin selbst überhaupt hätte, sondern sich dazu auf die Bekämpfung der Feststellungen bezieht. Auch wird nicht näher dargestellt, warum die übereinstimmend von den Testamentszeugen schon im Verfahren nach den §§ 65 ff AußStrG bezeugte Erbeinsetzung der Erstklägerin - insoweit wird die Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht bekämpft (vgl zur Abgrenzung zu den Vermächtnissen Welser in Rummel ABGB3 § 535 ABGB Rz 7 und 8; Eccher in Schwimann ABGB2 § 535 Rz 5 ff) - davon berührt sein sollte und inwieweit es sich bei den allenfalls unwirksamen Zuwendungen an den Zweitkläger und die Revisionswerberin ebenfalls um Erbeinsetzungen oder Vermächtnisse handelte und die Erbeinsetzung der Erstklägerin nur auf einen "bestimmten" Erbteil (vgl Welser in Rummel ABGB3 § 554 ABGB Rz 3) erfolgte. Jedenfalls haben aber weder die Rechtsrüge der Berufung der Revisionswerberin noch der Beklagten konkrete Ausführungen dazu enthalten.

Die Frage, inwieweit noch weitere Akten, in denen die Testamentszeugen - wie gar nicht weiter bestritten - auch als Testamentszeugen einvernommen wurden, beizuschaffen gewesen wären, ist eine Frage der Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens, die vom Berufungsgericht bereits behandelt wurde und vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr gelten gemacht werden kann (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 503 Rz 3 mzwN).

Insgesamt vermag es die Revisionswerberin jedenfalls nicht, konkret eine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

Rechtssätze
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