JudikaturJustiz7Ob164/00v

7Ob164/00v – OGH Entscheidung

Entscheidung
20. Dezember 2000

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj 1. Jürgen B*****, geboren am 20. März 1988, und 2. Jan B*****, geboren am 14. September 1991, beide wohnhaft bei und vertreten durch ihre Mutter Claudia P*****, diese vertreten durch Dr. Anton Moser, Rechtsanwalt in Traun, über den Antrag des Vaters Ewald B*****, vertreten durch Dr. Erwin Höller, Dr. Reinhold Lingner, Rechtsanwälte in Linz, auf Rückzahlung zu Unrecht geleisteter Unterhaltsbeträge, infolge Revisionsrekurses des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 17. Februar 2000, GZ 14 R 67/00x-161, als Rekursgericht womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Linz vom 17. Jänner 2000, GZ 2 P 261/96s-150, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben.

Gemäß § 40a JN wird der Antrag, den mj Jürgen B***** zum Rückersatz von S 55.168,33 und den mj Jan B***** zum Rückersatz von S 39.811.67 sowie deren Mutter Claudia P***** zu ungeteilten Handen zum gesamten Rückersatz von insgesamt S 94.980 zu verpflichten, an das Erstgericht zur Einleitung des streitigen Verfahrens über den als Klage zu beurteilenden verfahrenseinleitenden Antrag zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Der Vater wurde (letztmals von der gegenständlichen Antragstellung) mit Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 24. 4. 1997 (ON 38) verpflichtet, an die beiden Minderjährigen Unterhalt, und zwar für den älteren Sohn S 6.300 monatlich und für den jüngeren Sohn S 5.000 monatlich jeweils ab 1. 11. 1996 zu bezahlen. Gleichzeitig wurde sein Unterhaltsherabsetzungsantrag abgewiesen.

In weiterer Folge stellte der Antragsteller am 16. 6. 1997 (ON 39) einen Antrag auf Herabsetzung des Unterhaltes auf S 3.800 bzw S 3.200, dann einen (zusätzlichen) Herabsetzungsantrag am 29. 7. 1997 (ON 43) auf S 2.150 bzw S 1.800 sowie einen weiteren Herabsetzungsantrag am 26. 1. 1998 (ON 71) auf monatlich S 1.650 bzw S 1.250. Im Antrag vom 25. 3. 1999 (ON 122), mit dem er die Herabsetzung des Unterhalts ab 26. 3. 1999 auf S 1.300 bzw S 950 begehrte, machte er geltend, dass sich im Jahre 1998 sein durchschnittlicher Monatslohn auf S 9.867,42 vermindert habe und stützte sich auf die extrem hohen Lebenserhaltungskosten für Ausländer in Moskau.

Schon nach der Entscheidung im Vorverfahren über die vorgenannten Herabsetzungsanträge stellte der Unterhaltsverpflichtete am 11. 10. 1999 (ON 142) einen weiteren Herabsetzungsantrag, den er alternativ auf die mangelnde Zulässigkeit der Einbeziehung der Taggelder und die Unterhaltsbemessungsgrundlage bzw den Abzug der tatsächlichen höheren Lebenshaltungskosten stützte und eine Herabsetzung des Unterhaltes ab 26. 5. 1999 auf S 1.800 bzw S 1.440 begehrte.

Die Minderjährigen wendeten sich in ihren Stellungnahmen stets gegen die Anträge auf Herabsetzung des Unterhaltes und behaupteten, dass ihr Vater wesentliche Einkommensbestandteile verschleiere und die Hälfte der Taggelder in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen sei.

Das Erstgericht gab mit Beschluss vom 3. 5. 1999 (ON 126) den Herabsetzungsanträgen teilweise Folge und setzte unter anderem den Unterhalt für die Zeit ab 1. 1. 1998 bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit für den älteren Sohn mit S 3.300 monatlich und für den jüngeren Sohn ab 1. 1. 1998 mit S 2.800 bzw ab 31. 3. 1998 mit S 2.600 fest.

Den gegen diese Entscheidung sowohl vom Kindesvater als auch den beiden Minderjährigen erhobenen Rekursen gab das Gericht zweiter Instanz mit seinem Beschluss vom 22. 7. 1999 (ON 137) teilweise Folge und änderte für den hier maßgeblichen Zeitraum die Entscheidung dahin ab, dass es den Vater unter anderem zur Zahlung für den älteren Sohn für die Zeit vom 27. 1. 1998 bis 31. 3. 1998 von S 2.000 monatlich, für die Zeit vom 1. 4. bis 31. 5. 1998 von S 2.200 und dann für die Zeit vom 1. 6. 1998 bis 25. 3. 1999 von S 5.000 monatlich verpflichtete. Hinsichtlich des jüngeren Sohnes setzte es für die gleichen Zeiträume die monatliche Unterhaltspflicht mit S 2.000, dann S 1.800 und ab 1. 6. 1998 bis 25. 3. 1999 mit S 4.000 monatlich fest. Für den Zeitraum ab 26. 3. 1999 hob es den erstgerichtlichen Beschluss als nichtig auf.

Der Oberste Gerichtshof gab im Vorverfahren dem Revisionsrekurs des Vaters gegen die Abweisung seines weiteren Herabsetzungsbegehrens für die Zeit vom 1. 6. 1998 bis 25. 3. 1999 Folge und hob mit seinem Beschluss vom 22. 12. 1999 (ON 146) die Entscheidungen der Vorinstanzen zur Klärung der Frage, inwieweit der Vater für sich oder seine Familie in Österreich weiter einen Wohnsitz aufrecht erhält, auf.

Mit seinem hier gegenständlichen "Antrag auf Rückzahlung zu Unrecht geleisteter Unterhaltsbeträge" für die Zeit vom 1. 6. 1998 bis 25. 3. 1999 begehrt der unterhaltsverpflichtete Vater, den mj Jürgen B***** zum Rückersatz von S 55.168,33, dem mj Jan B***** zum Rückersatz von S 39.811,67 sowie mit diesen beiden gemeinsam zu ungeteilten Handen die Kindesmutter zum Rückersatz von insgesamt S 94.980 zu verpflichten und begehrt in eventu, ihm die Aufrechnung seines Rückforderungsanspruches im Betrag von S 94.980 gegen künftige Unterhaltsansprüche der Minderjährigen zu bewilligen. Der Antragsteller stützt sich darauf, dass die Entscheidung über seinen ersten bereits am 16. 6. 1997 gestellten Antrag auf Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge von der gesetzlichen Vertreterin der Minderjährigen mutwillig, insbesondere durch unrichtige Behauptungen durch 2 Jahre verzögert worden sei. Der Antrag richte sich auch gegen die Kindesmutter, die über die Unterhaltszahlungen verfügt und disponiert habe.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Rückzahlung der zu Unrecht geleisteten Unterhaltsbeiträge zurück, weil der Kindesvater seine Ansprüche im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen habe.

Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss des Erstgerichtes erhobenen Rekurs des Kindesvaters keine Folge. Dabei ging es rechtlich davon aus, dass das Außerstreitverfahren nur dort Platz zu greifen habe, wo das Gesetz dies anordne. Ausgehend vom Antrag und dem Vorbringen handle es sich hier jedoch um einen Kondiktionsanspruch, der im streitigen Rechtsweg geltend zu machen sei. Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen bei zu Unrecht geleisteten Unterhaltsbeiträgen nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluss des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig und im Ergebnis auch berechtigt. Da sich die Zulässigkeit des Revisionsrekurses gegen einen Beschluss nach § 40a JN nach der vom Verfahrenseinleitenden gewählten Verfahrensart richtet (vgl RIS-Justiz RS0046238 EvBl 1993/42, 204, 3 Ob 540/94; Mayr in Rechberger ZPO2 § 40a Rz 6 mwN uva), kommt es für die Zulässigkeit nur auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG an; diese liegt vor, da die Vorinstanzen durch die Zurückweisung des Antrages von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 40a JN abgewichen sind.

Bei der Beurteilung, in welchem Verfahren ein geltend gemachter Anspruch zu entscheiden ist, sind neben dem Begehren die konkreten Behauptungen, auf die dieses gestützt wird, heranzuziehen (vgl Ballon in Fasching2 § 40a JN Rz 3; RIS-Justiz RS0005896 = insbesondere SZ 61/154, SZ 63/96 uva).

Hier hat der Antragsteller sein gegen die Minderjährigen aber

offenbar auch direkt gegen die Kindesmutter gerichtetes Begehren

darauf gestützt, dass die Antragsgegner die Entscheidung über seinen

(ersten) Antrag vom 16. 6. 1997 mutwillig, insbesondere durch

unrichtige Behauptungen, 2 Jahre verzögert hätten. Dieses für alle

Antragsgegner einheitliche Vorbringen kann aber als die

Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches wegen mutwilliger

Prozessführung verstanden werden (vgl OGH 1 Ob 198/99w mwN =

insbesondere JBl 1999, 313 = MR 1999, 22; 3 Ob 161/97s).

Allgemein gilt nun, dass nur solche Ansprüche im Außerstreitverfahren geltend zu machen sind, die das Gesetz ausdrücklich oder doch aus dem inneren Zusammenhang unmissverständlich dem Außerstreitverfahren zuweist (vgl Ballon aaO § 1 JN Rz 260; Mayr/Fucik Verfahren außer Streitsachen, 13; Mayr in Rechberger ZPO2 Vor § 1 JN Rz 15; ähnlich Klicka-Oberhammer Außerstreitverfahren 5 f jeweils mwN; RIS-Justiz RS0005948).

Die Entscheidung über die gesetzlichen Unterhaltsansprüche minderjähriger (ehelicher wie unehelicher) Kinder gehört, wenn auch eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung fehlt, nach allgemein anerkannter Auffassung in das Außerstreitverfahren (4 Ob 293/00t unter Hinweis auf SZ 44/161 ua; vgl auch § 109 JN). Im Außerstreitverfahren ist daher zu entscheiden, ob und in welcher Höhe einem Minderjährigen ein Unterhaltsanspruch zusteht (vgl auch § 186 AußStrG). Für den vorliegenden Anspruch auf Rückforderung von zu Unrecht geleisteten Unterhaltsbeiträgen aus dem Titel des Schadenersatzes ist aber die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges zu verneinen. Hat der Gesetzgeber hier doch nicht nur eine ausdrückliche Zuweisung zum Außerstreitverfahren unterlassen, sondern handelt es sich hier auch nicht um Ansprüche des Unterhaltsberechtigten und treten dabei die für die Zuweisung zum Außerstreitverfahren als typisch angesehenen Zielrichtungen der präventiven Rechtsfürsorge (vgl dazu allg Ballon aaO § 1 JN Rz 261 f; Klicka/Oberhammer aaO, 5 uva) in den Hintergrund (vgl selbst zum Rückforderungsanspruch OGH 28. 11. 2000 4 Ob 293/00t). Schadenersatzansprüche stehen auch in keinem zwingenden Zusammenhang mit der Festsetzung des Unterhaltes und werden regelmäßig im streitigen Verfahren behandelt.

Da es sich hier um die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen handelt, ist auf die Ausführungen von Gitschthaler (Zur Rückforderbarkeit zu Unrecht bezahlter Unterhaltsbeiträge ÖJZ 1995, 652 ff; gegenteilig nunmehr jedoch OGH 28. 11. 2000 4 Ob 293/00t; ferner Ballon in Fasching2 JN § 1 Rz 284; Fucik/Rechberger in Rechberger ZPO2 Art I EG ZPO Rz 7), der unter Hinweis auf § 399b EO Rückforderungsansprüche dem Außerstreitverfahren zuordnet, nicht weiter einzugehen.

Auch wenn der Antrag des Klägers nicht im Außerstreitverfahren einzubringen war, hat dies keine Zurückweisung zur Folge, wenn der Antrag als Klage im Streitverfahren behandelt werden kann. Vielmehr bedarf es in diesem Fall entsprechend § 40a JN einer Feststellung, dass dieser Antrag als Klage im Streitverfahren zu behandeln ist (vgl Ballon aaO JN § 40a Rz 3 ff; Mayr aaO § 40a JN Rz 4; RIS-Justiz RS0057140 mwN). Dass für das Streitverfahren das Erstgericht nicht zuständig wäre, ist nicht ersichtlich.

Dementsprechend waren aber die den Antrag zurückweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen ersatzlos aufzuheben und die Zugehörigkeit zum streitigen Verfahren festzustellen.

Rechtssätze
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