JudikaturJustiz6Ob181/20s

6Ob181/20s – OGH Entscheidung

Entscheidung
25. November 2020

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon. Prof. Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A*, vertreten durch Dr. Wolfgang Riha, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Ute Toifl LL.M Rechtsanwältin in Wien, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des DI C*, 2. Dr. J*, 3. Mag. K*, 4. MMag. B*, 5. MMag. C*, wegen 92.202,40 EUR sA, hier wegen Ablehnung eines Richters, über den „Rekurs/außerordentlichen Revisionsrekurs“ der zweit bis fünftbeklagten Parteien, diese im Ablehnungsverfahren vertreten durch Mag. Dr. Maria Lisa Doll Aidin, Rechtsanwältin in Salzburg, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 16. Juli 2020, GZ 6 R 7/20a 10, mit dem der Rekurs gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 25. März 2020, GZ 3 Nc 2/20z 6, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies den von den Zweit bis Fünftbeklagten gegen den im Ausgangsverfahren erkennenden Richter Mag. A* erhobenen Ablehnungsantrag mangels geeigneter Ablehnungsgründe ab.

Das Rekursgericht wies den per Fax ohne Anwaltsunterschrift von den Ablehnungswerbern eingebrachten Rekurs zurück. Ein Verbesserungsverfahren habe unterbleiben können, weil die Ablehnungswerber die Formvorschrift der Anwaltsunterschrift absichtlich und rechtsmissbräuchlich verletzt hätten.

Dagegen richtet sich das als „Rekurs/ außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichnete Rechtsmittel der Ablehnungswerber.

Rechtliche Beurteilung

Das als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandelnde Rechtsmittel ist nicht zulässig .

Nach ständiger Rechtsprechung ist vom Rechtsmittelausschluss des § 24 Abs 2 JN ein Beschluss ausgenommen, in dem das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Sachentscheidung über den Ablehnungsantrag gerichteten Rekurses aus formellen Gründen ablehnte (RS0044509; RS0098751 [T9]; RS0122963 [T3]). In diesem Fall steht der Rechtszug unter den Voraussetzungen des § 528 ZPO offen (RS0044509; RS0046065).

Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber ist § 519 Abs 1 Z 1 ZPO hier nicht anzuwenden. Die Rechtsprechung bejaht zwar die analoge Anwendung dieser Bestimmung auf Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Rekursgerichts, mit denen dieses erstmals einen Nichtigkeitsgrund aufgreift und aus diesem Grund die Klage zurückweist ( Musger in Fasching/Konecny ³ § 519 ZPO Rz 64; RS0043774), ein derartiger Fall liegt hier aber nicht vor.

2. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO wird nicht aufgezeigt.

2.1. Einer Partei ist zwar regelmäßig gemäß §§ 84 f ZPO die Möglichkeit einzuräumen, Formmängel einer Prozesshandlung – zu denen auch die fehlende anwaltliche Vertretung gehört – innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu beheben. Das gilt jedoch in jenen Fällen nicht, in denen die Partei ihre Eingabe im Bewusstsein der Fehlerhaftigkeit eingebracht hat (RS0036385 [T11]) und die Formvorschriften dadurch absichtlich und rechtsmissbräuchlich verletzt (RS0036385 [T8]). Ob Rechtsmissbrauch vorliegt, ist dabei nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RS0036385 [T7]; RS0036447 [T6]).

Die Rechtsmittelwerber bestreiten nicht, dass ihnen aufgrund der Beschlüsse des Erstgerichts vom 13. 1. 2020 und vom 20. 2. 2020 (mit dem sie gemäß § 160 ZPO zur Bekanntgabe eines anderen Rechtsanwalts aufgefordert worden waren) die Notwendigkeit der Vertretung durch einen Rechtsanwalt im vorliegenden Ablehnungsverfahren bekannt war. Ihr Vorbringen, wonach es „in Zeiten von COVID“ besonders schwierig sei, fristgerecht einen Rechtsanwalt zur Vertretung in einem Ablehnungsverfahren zu finden, geht schon deshalb ins Leere, weil sie mit Schriftsatz vom 13. 3. 2020 ohnehin die Bevollmächtigung eines neuen Vertreters angezeigt hatten, dem der angefochtene Beschluss auch zugestellt wurde.

Ihre Ausführungen sind daher nicht geeignet, aufzuzeigen, dass dem Rekursgericht bei der Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Vorgehens der Rechtsmittelwerber eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre.

2.2. Soweit die §§ 19 bis 25 JN keine Sonderregelungen für das Rechtsmittelverfahren in Ablehnungssachen enthalten, richtet sich dieses nach den Vorschriften jenes Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgte (RS0006000). Das ist im vorliegenden Fall ein streitiger Zivilprozess vor dem Gerichtshof, sodass sich die Pflicht zur Vertretung durch Rechtsanwälte aus § 27 Abs 1 ZPO ergibt. Aus § 183 Geo folgt nichts Abweichendes, weil diese Bestimmung nicht die notwendige Vertretung, sondern vielmehr die Behandlung von schriftlich oder mündlich gestellten Ablehnungsanträgen regelt. Ein Abgehen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird mit dem Vorbringen, im Ablehnungsverfahren bedürfe es keiner Vertretung durch Rechtsanwälte, daher nicht aufgezeigt.

Rechtssätze
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