JudikaturJustiz5Ob62/15a

5Ob62/15a – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. März 2015

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Ing. M***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Manfred Wild, öffentlicher Notar in Obernberg am Inn, wegen Anmerkung der Rangordnung, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 20. Februar 2015, AZ 6 R 7/15v, mit dem über Rekurs der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Ried im Innkreis vom 18. Dezember 2014, TZ 5342/2014, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird aufgetragen, über das Begehren der Antragstellerin auf Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung bewilligend zu entscheiden und die einzige Ausfertigung dieses Beschlusses versehen mit der Bestätigung der vollzogenen Anmerkung an Dr. Manfred Wild, öffentlicher Notar in Obernberg am Inn, auszufolgen.

Text

Begründung:

Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung ob den 130/1000-Anteilen sub B-LNR 6 der Liegenschaft EZ 1869 KG *****, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung Top 7 verbunden ist. Im Grundbuch ist die I***** Gesellschaft mbH Co KG (FN 18*****) als Eigentümerin dieser Anteile einverleibt.

Die Antragstellerin legte ihrem Gesuch die Amtsbestätigung des Mag. Bertold Hauser als Substitut des öffentlichen Notars Dr. Manfred Wild bei, in der dieser nach Einsicht in das Firmenbuch des Landesgerichts Ried im Innkreis bestätigt, dass das gesamte Vermögen der zu FN 18***** protokollierten I***** Gesellschaft mbH Co KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 142 UGB auf die zu FN 11***** protokollierte I***** Gesellschaft mbH übergegangen sei.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Die Anmerkung der Rangordnung könne grundsätzlich nur vom bücherlich eingetragenen Eigentümer beantragt werden. Ein Ausnahmefall, in welchem der außerbücherliche Eigentümer zur Antragstellung berechtigt sei, liege hier nicht vor.

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts. Auszugehen sei davon, dass die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung grundsätzlich nur vom bücherlich eingetragenen Eigentümer begehrt werden könne. Von diesem Grundsatz habe die Rechtsprechung zwei Ausnahmen entwickelt. So werde dieses Recht zum einen dem rechtskräftig eingeantworteten Erben, zum anderen dem Ersteher, der durch den Zuschlag ebenfalls außerbücherlich Eigentum erwerbe, zugestanden. Da kein solcher Ausnahmefall vorliege, könne ein Antrag auf Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung erst dann bewilligt werden, wenn die Antragstellerin als Eigentümerin verbüchert sei. Auch aus der von der Antragstellerin zitierten Literaturstelle ( Mahrer in Kodek , Grundbuchsrecht, § 53 Rz 2), sei nicht ersichtlich, dass sich die Ausnahme vom Erfordernis der Einverleibung des Eigentums auch auf den Fall der gesellschaftsrechtlichen Universalsukzession nach § 142 UGB erstrecke.

Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil zur Frage, ob das Antragsrecht für die bücherliche Anmerkung nach § 53 GBG über die dargelegten Ausnahmefälle hinaus auch anderen Universalsuk-zessoren wie dem außerbücherlichen Eigentümer infolge Anwachsung nach § 142 UGB zustehe, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. § 53 Abs 1 GBG eröffnet dem Eigentümer der Liegenschaft die Möglichkeit einer Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung oder Verpfändung. Antragsberechtigt ist grundsätzlich derjenige, dessen Eigentum im Grundbuch einverleibt oder vorgemerkt ist (vgl RIS-Justiz RS0115745). Darüber hinaus ist die Antragslegitimation auch für Fälle „außerbücherlichen“ Eigentums anerkannt.

2.1 So hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass der eingeantwortete Erbe zur Erwirkung einer Anmerkung der Rangordnung legitimiert ist, weil er schon vor Verbücherung Eigentum erlangt, sodass sich dessen Rechtsposition nicht von jener des verbücherten Eigentümers unterscheidet (5 Ob 28/90 SZ 63/79 = wobl 1991, 53/41 [zust Hoyer ] = NZ 1990, 235 [zust Hofmeister ]; RIS-Justiz RS0060724; RS0060716; vgl auch die Nachweise bei Mahrer in Kodek , Grundbuchsrecht § 53 Rz 2). In den Fällen, die zu einer Bewilligung des Ansuchens führten, war das (außerbücherliche) Eigentumsrecht durch Vorlage der rechtskräftigen Einantwortungsurkunde nachgewiesen worden (5 Ob 28/90; 5 Ob 86/90; 5 Ob 97/11t SZ 2011/89).

2.2 Mit Rechtskraft des Zuschlags und der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen ist die Rechtsstellung des Erstehers in der Zwangsversteigerung der eines grundbücherlichen Eigentümers vergleichbar (5 Ob 95/09w NZ 2010, 92). Auch für diesen Fall anerkennt die Rechtsprechung eine Ausnahme vom Grundsatz, dass nur der eingetragene Eigentümer nach § 53 GBG zur Antragstellung legitimiert ist. Der Ersteher hat, sucht er vor der bücherlichen Einverleibung seines Eigentums um eine Ranganmerkung für die beabsichtigte Veräußerung an, dem Grundbuchsgericht neben der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen die Rechtskraft der Zuschlagserteilung urkundlich nachzuweisen (RIS-Justiz RS0008292).

2.3 In der Entscheidung 5 Ob 97/11t hat es der Oberste Gerichtshof als grundsätzlich sachgerecht angesehen, dem überlebenden Eigentumspartner (§ 13 WEG), dem der halbe Mindestanteil zuwächst, als außerbücherlichem Eigentümer gleich einem rechtskräftig eingeantworteten Erben die Legitimation zur Erwirkung einer Anmerkung nach § 53 Abs 1 GBG zuzubilligen. Nach § 14 Abs 1 Z 5 WEG iVm § 182 Abs 3 AußStrG bestätigt das Verlassenschaftsgericht, dass der überlebende Eigentumspartner durch Anwachsung unmittelbar Eigentum am halben Mindestanteil des verstorbenen Teils erworben hat, sodass ihm eine dem (bücherlichen) Eigentümer vergleichbare Rechtsstellung zukommt. Sucht er vor der bücherlichen Einverleibung seines Eigentums um eine Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung an, kann der Antrag nur bewilligt werden, wenn der überlebende Teil der Eigentümerpartnerschaft diesen urkundlichen Nachweis erbringt.

3. Verbleibt nur noch ein Gesellschafter, so erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation. Das Gesellschaftsvermögen geht im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen über (§ 142 Abs 1 UGB). Als Umgründungstatbestand kommt § 142 Abs 1 UGB etwa bei der Übertragung der Anteile des Kommanditisten einer GmbH Co KG auf die Komplementärgesellschaft in Betracht (vgl Koppensteiner/Auer in Straube , UGB I 4 § 142 Rz 2 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung geht durch das Ausscheiden eines von zwei Gesellschaftern aus der KG das Unternehmen ohne Liquidation mit seinen Aktiven und Passiven auf den verbleibenden Gesellschafter über. Das bisherige Gesamthandeigentum an der Gesellschaft wird dadurch Eigentum in der Hand des Übernehmers. Dies führt zu einer Gesamtrechtsnachfolge des Übernehmers im Wege der Anwachsung (Universalsukzession; 2 Ob 54/00f SZ 73/50 mwN; RIS-Justiz RS0061566; RS0039306; Koppensteiner/Auer aaO Rz 8 mwN); das gilt auch für Liegenschaftseigentum, weshalb es in diesem Fall keines besonderen Übertragungsakts bedarf (5 Ob 204/06w mwN). Die Anwachsung nach § 142 UGB erfasst grundsätzlich das gesamte Vermögen der Personengesellschaft. Dinglich wirkende Vereinbarungen, die einzelne Vermögensgegenstände von der Gesamtrechtsnachfolge ausnehmen, wären im Gegensatz zu schuldrechtlich wirkenden Sonderregelungen unwirksam (5 Ob 204/06w; Koppensteiner/Auer aaO Rz 8). Wird nun der Übernehmer im Sinn des § 142 UGB infolge Gesamtrechtsnachfolge durch Anwachsung Eigentümer der Liegenschaft, so ist dieser Vorgang der Berichtigung im Grundbuch gemäß § 136 GBG grundsätzlich zugänglich (4 Ob 528/93 SZ 66/1465; 5 Ob 147/05m; RS0061000; Kodek in Kodek , Grundbuchsrecht § 136 Rz 30).

4. Eine Berichtigung des Grundbuchs erfolgt nach ständiger Rechtsprechung in der Regel dann, wenn nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten ist (RIS-Justiz RS0079847; RS0060992) und mit der Grundbuchberichtigung die Nachführung des Grundbuchstands an die wahre außerbücherlich eingetretene Rechtslage vorgenommen wird (für viele 5 Ob 138/14a). Als Grundlage der Eintragung genügt im Fall des § 136 GBG der „Nachweis der Unrichtigkeit“; er tritt an die Stelle der sonst (§§ 31 ff GBG) geforderten urkundlichen Unterlagen. Dieser Nachweis ist dann erbracht, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist. Offenkundige Unrichtigkeit ist zum Beispiel gegeben, wenn sich der vom Antragsteller behauptete außerbücherliche Rechtsübergang und die damit jeweils verbundene Gesamtrechtsnachfolge in das Vermögen des Rechtsvorgängers unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (RIS Justiz RS0061010). Einen praktisch wichtigen Fall bildet dabei der außerbücherliche Erwerb aufgrund der Einantwortung; hier kann aufgrund einer Amtsbestätigung nach § 182 AußStrG das Eigentum des Erben einverleibt werden (RIS-Justiz RS0061010 [T15]; Kodek aaO Rz 11).

5. Sowohl die Anwachsung nach § 142 UGB als auch die Einantwortung führen zu einer Rechtsänderung, die außerbücherlich eingetreten, grundbücherlich aber noch nicht durchgeführt worden ist. In beiden Fällen hat die begehrte Eintragung nur deklarative Bedeutung, weswegen die Berichtigung des Grundbuchstands über Antrag nach § 136 GBG erfolgen kann. Bei dieser Sachlage ist es aber keineswegs sachgerecht, dem außerbücherlichen Eigentümer, der sein Eigentum durch Anwachsung gemäß § 142 UGB erworben hat, die Antragstellung nach § 53 GBG im Gegensatz zum eingeantworteten Erben zu verwehren, der sein (außerbücherliches) Eigentumsrecht durch Vorlage der rechtskräftigen Einantwortungsurkunde nachweisen kann. Die Gesamtrechtsnachfolge im Falle einer Übernahme nach § 142 UGB ergibt sich unmittelbar aufgrund dieser gesetzlichen Regelung, sodass kein Grund besteht, dem Übernehmer die Legitimation im Hinblick auf § 53 GBG zu versagen, sofern er sein Recht dem Grundbuchsgericht auf die Weise nachweisen kann, die auch eine Berichtigung des Grundbuchstands bewirken würde.

6. Nach § 76 Abs 1 lit j NO sind die Notare zur Beurkundung über Eintragungen in öffentlichen Büchern und solchen Registern berufen. Ergänzend bestimmt § 89a Abs 1 NO, dass der Notar befugt ist, 1. die Übereinstimmung von Abschriften und Auszügen aus öffentlichen Büchern oder solchen Registern mit den darin enthaltenen Eintragungen zu beurkunden und 2. Bestätigungen über Tatsachen, die sich aus öffentlichen Büchern oder solchen Registern, einschließlich der hinzugehörenden Verzeichnisse, Karteien, Pläne und Urkundensammlungen sowie den damit zusammenhängenden Akten von Gerichten und Verwaltungsbehörden ergeben, auszustellen. Die von Notaren aufgenommenen Notariatsurkunden (Notariatsakte, Notariatsprotokolle und notarielle Beurkundungen), sowie die nach diesem Gesetze erteilten Ausfertigungen sind, wenn bei der Aufnahme und Ausfertigung alle als wesentlich vorgeschriebenen Förmlichkeiten beobachtet worden sind, öffentliche Urkunden (§ 2 NO). Die vom Antragsteller vorgelegte Amtsbestätigung entspricht den Kriterien, wie sie in der Rechtsprechung des Gerichtshofs auch zu einer Berichtigung nach § 136 GBG genügen (vgl 5 Ob 204/06w). Darin bestätigt der als Vertreter einschreitende Notar nach Einsicht in das Firmenbuch die Rechtsnachfolge gemäß § 142 UGB der Komplementärgesellschaft.

7. Als Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass die Anwachsung nach § 142 UGB grundsätzlich das gesamte Vermögen und daher auch das Liegenschaftseigentum der Personengesellschaft umfasst. Sie führt zur Gesamtrechtsnachfolge, ohne dass es weiterer (besonderer) Übertragungsakte bedürfte. Die dadurch bedingte Rechtslage ist den Fällen außerbücherlicher Rechtsnachfolge vergleichbar, die nach der Rechtsprechung zur Antragstellung nach § 53 GBG berechtigt. Auch dem Universalsukzessor nach § 142 UGB ist daher das Recht einzuräumen, eine Anmerkung gemäß § 53 GBG zu erwirken. Zum Nachweis der außerbücherlichen Rechtsänderung ist es ausreichend, wenn in Form einer notariellen Amtsbestätigung (§§ 76 Abs 1 lit j, 89a Abs 1 Z 2 NO) aufgrund der Einsicht in das Firmenbuch bestätigt wird, dass eine Rechtsnachfolge gemäß § 142 UGB von der als Eigentümerin im Grundbuch einverleibten Personengesellschaft auf den Übernehmer stattgefunden hat. Eine Erklärung des weichenden Gesellschafters, dass ihm keine Eigentumsrechte an der Liegenschaft zustehen ist nicht erforderlich, weil § 142 UGB das gesamte Vermögen erfasst und die Wirksamkeit dinglich wirkender Vereinbarungen zu verneinen ist (vgl neuerlich 5 Ob 204/06w; aA Kodek aaO Rz 30).

8. Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin ist demnach im Grunde Folge zu geben. Dem Gesuch selbst kann jedoch nicht stattgegeben werden, weil nur ein Rangordnungsbeschluss ausgefertigt werden darf (§ 54 GBG), was demnach dem Erstgericht aufzutragen war (RIS-Justiz RS0060845).

Rechtssätze
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