JudikaturJustiz5Ob308/01g

5Ob308/01g – OGH Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Robert A*****, 2. Elfriede M*****, 3. Edith L*****, 4. Dkfm. Gertraud H*****, 5. Helene M*****, 6. Huba H*****, 7. Dkfm. Josef C*****, 8. Helmut F*****, alle*****, 9. Institut "H*****, 10. Hermann N*****,

11. Gertraud S*****, 12. Mag. Josef B*****, 13. Dr. Helga K*****, 14. Marzane D*****, beide *****, 15. Brigitte B*****, 16. Anton M*****,

17. Maria I*****, 18. Ingrid S*****, 19. Ilse S*****, 20. Mag. Guido G*****, alle *****, 21. Mag. Barbara C*****, 22. Henriette K*****,

23. Dr. Heinz M***** Gesellschaft mbH, ***** 24. Margot W*****, 25. Ingrid E*****, 26. Elisabeth W*****, 27. Mag. Winfried S*****, 28. Josefine R*****, 29. Liselotte T*****, 30. DI Dr. Gunther P*****, 31. Dr. Heinz M*****, 32. Verlassenschaft nach Christian P*****, 33. Gerald B*****, 34. Winfried S*****, 35. Annemarie L*****, 36. DI Wolfdieter S*****, 37. Ilse T*****, 38. Erna D*****, 39. Wolfgang S*****, 40. Josefine M*****, 41. Mag. Mohamed T*****, 42. Friedrich Z*****, 43. Dr. Martha B*****, 45. Nadja P*****, 46. Ing. Erwin B*****, 47. Richard S*****, beide *****, 48. Dr. Friedrich M*****,

49. Karl S*****, 50. Edith C*****, 51. Josef G*****, 52. Elisabeth H***** , 53. Dr. Klaus S*****, 54. Josef V*****, 55. Gottfried V*****, beide*****, 56. Brigitte B*****, 57. Silvia S*****, 58. Marieliese T*****, 59. Rudolf T*****, 60. Elfriede M*****, 61. Albin R*****, 62. Ingeborg R*****, 63. Helmut U*****, 64. Elisabeth U**********, 65. Karin S*****, 66. Eduard L*****, 67. Anna L*****,

68. DI Rudolf P*****, 69. Mag. Brigitte P*****, alle vertreten durch Dr. Johannes Patzak, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Lydia W*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,118.731,58 und Ausschluss aus der Gemeinschaft gemäß § 22 WEG (Streitwert S 100.000), infolge der Rekurse sämtlicher Streitteile gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 26. Juni 2001, GZ 17 R 41/01a-126, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 4. Dezember 2000, GZ 12 Cg 175/95h-119, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten der Rekursbeantwortungen sind jeweils weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Kläger stellen die Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer des Hauses *****dar. Sie begehren von der beklagten Wohnungseigentümerin zuletzt an rückständigen Hausbewirtschaftungskosten für den Zeitraum Mai 1991 bis Juni 1996 den Betrag von S 1,118.731,58 sA. Die Kläger seien gegenüber der Beklagten mit dem Klagsbetrag insofern in Vorlage getreten, als die angesparte Instandhaltungsrücklage damit belastet worden sei. Hinsichtlich der Miteigentümer S***** KG (Anteil 195/10.404) und Kurt T***** (Anteil 70/10.404), die sich an der gegenständlichen Klage nicht beteiligt hätten, reduziere sich der insgesamt vorgeschossene Betrag um deren anteilsmäßige Forderungen. Verbunden mit diesem Zahlungsbegehren begehren die Kläger gemäß § 22 Abs 1 Z 1 WEG den Ausschluss der Beklagten als Wohnungseigentümerin aus der Gemeinschaft des Eigentums an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch*****.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach, beantragte Abweisung der Klage und wendete mangelnde Fälligkeit der klägerischen Forderung infolge nicht ausreichend detaillierter Abrechnung ein. Darüber hinaus habe die Abrechnung nicht den zwischen den Wohnungseigentümern bestehenden Vereinbarungen entsprochen. Ein Ausschluss aus der Gemeinschaft nach § 22 Abs 2 Z 1 WEG komme deshalb nicht in Betracht, da es sich um Abrechnungsprobleme zwischen den Wohnungseigentümern handle. Den Klägern fehle es auch sowohl für das Zahlungs- als auch das Ausschließungsbegehren an der Aktivlegitimation.

Darüber hinaus wendete die Beklagte Gegenforderungen in Höhe von S

2,533.600,36 bis zur Höhe der Klagsforderung ein.

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Beklagte ist zu 18.500/10.404-Anteilen Wohnungseigentümerin an der Werkstätte samt Nebenräumen im zweiten Hintergebäude und Montagehalle sowie Bürogeschoß, zweites Hintergebäude W 479 Altbestand, zweites Hintergebäude an der Liegenschaft***** in*****. Die Kläger sind die Mehrheitsmit- und wohnungseigentümer dieser Liegenschaft.

Die Beklagte benützt den Werkstättenhof, der im Anschluss an die Stiege 3 und 4 besteht und durch einen Schranken verschlossen ist, ausschließlich zur gewerblichen Betätigung. Die übrigen Wohnungseigentümer haben aber das Recht, diesen Werkstättenhof zum Be- und Entladen zu befahren.

Die Betriebskostenvorschreibungen für die Liegenschaft erfolgen aufgrund der Vereinbarungen des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages samt Übereinkommen (Beilage ./A). Eine Abänderung der diesbezüglichen Vereinbarung ist bisher nicht erfolgt.

Unter anderem ist darin vereinbart:

"Die auf den zweiten Hintertrakt entfallenden Betriebskosten trägt Frau Lydia H***** [= die Beklagte]. Soweit diese Betriebskosten ihrer Natur nach auf den zweiten Hintertrakt beschränkt werden können, trägt sie diese allein und zur Gänze, soweit dies nicht möglich ist, im Verhältnis ihres Liegenschaftsanteils. Demzufolge wird für das zweite Hintergebäude eine besondere Feuerversicherung abgeschlossen, deren Prämie Frau Lydia H***** allein trägt, während sie an der für den gesamten Liegenschaftskomplex abgeschlossenen Haushaftpflichtversicherung, an den Kanal-, Wasser- und Kehrrichtabfuhrgebühren im Verhältnis ihres Liegenschaftsanteils beteiligt ist, ebenso an der Grundsteuer".

Außer Streit steht die Forderung der klagenden Parteien gegen die Beklagte per Juni 1996 mit S 641.708,33 der Höhe nach. Strittig war zwischen den Parteien zuletzt lediglich, in welchem Umfang die Beklagte an den Kosten der Hausreinigung zu beteiligen ist.

Die Hausreinigung wird durch die Hausmeisterin G***** durchgeführt. Diese reinigt den Gehsteig straßenseitig, das sind 71,50 m2, weiters gegen den Gehweg nach hinten, das sind 96,48 m2, weiters die Einfahrt, das sind 105,04 m2 und den mittleren Teil, das sind 22,36 m2. Entlohnt wird sie lediglich für eine Fläche von 258 m2. Die Entgeltsberechnung für die 258 m2 beträgt von 1988 bis 1996 insgesamt S 135.996,96, wovon die Beklagte einen Anteil von 18.500/10.404 trifft. Dieser beträgt S 24.182,47.

Der Einwand der Beklagten, dass die Hausbesorgerin restliche 90 m2 nicht betreue, ist nicht erwiesen.

Die Beklagte hat die letzte Zahlung im Jänner 1992 geleistet (S 9.000) und danach keine Zahlungen mehr geleistet.

Ausgehend von diesen Feststellungen gab das Erstgericht dem Zahlungsbegehren mit S 650.144,08 statt, wies ein Begehren von S 468.587,50 ab und stellte fest, dass die Gegenforderung der Beklagten nicht zu Recht bestehe. Das Ausschließungsbegehren wurde abgewiesen. Die Höhe der rückständigen Bewirtschaftungskosten ergab sich dabei aus einem Sachverständigengutachten des*****.

Aufgrund des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags sei die Beklagte verpflichtet, anteilsmäßig für 258 m2 Reinigung des Gehsteigs, der Gehwege und Einfahrt die Kosten zu bezahlen.

Demnach stehe der Bewirtschaftsungskostenrückstand der Beklagten mit S 650.044,08 fest, der darüber hinausgehende Betrag entspreche unrichtigen Vorschreibungen.

Aber auch die Gegenforderung bestehe nicht zu Recht. Diese sei darauf gegründet, dass die Beklagte Zahlungen geleistet habe, zu denen sie nicht verpflichtet gewesen sei. Dies treffe aber nicht zu, da die Beklagte nach dem Wohnungseigentumsvertrag verpflichtet gewesen sei, die Betriebskosten, die ausschließlich auf den Hintertrakt entfielen, selbst zu bezahlen.

Die Aktivlegitimation der klagenden Parteien sei damit begründet, dass diese Vorschüsse für die Beklagte getätigt hätten und daher auch berechtigt seien, sie geltend zu machen.

Allerdings liege kein Ausschließungsgrund nach § 22 Abs 1 Z 1 WEG vor, da beim vorliegenden Sachverhalt nur vom Vorliegen eines Abrechnungsproblems zwischen den Mit- und Wohnungseigentümern auszugehen sei.

Den gegen dieses Urteil erhobenen Berufungen sämtlicher Streitteile gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Zunächst sei die Aktivlegitimation der Kläger gegeben. Für das Ausschließungsbegehren seien sämtliche Kläger eine einheitliche Streitpartei im Sinn des § 14 ZPO. Die Klagslegitimation für die Ausschließung eines Miteigentümers komme der "Mehrheit" zu, nicht aber der Wohnungseigentümergemeinschaft (WoBl 2001/12). Hinsichtlich des Zahlungsbegehrens seien jene Mit- und Wohnungseigentümer klagslegitimiert, die ihren Anspruch auf § 1042 ABGB stützen könnten. Die Kläger könnten allerdings einen Anspruch auf Aufwandersatz jeweils nur in dem Umfang geltend machen, der sich aus dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile ergebe (WoBl 2000/197). Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren nach entsprechendem Vorbringen der Kläger ihre jeweiligen Anteile am Zahlungsbegehren festzustellen haben.

Allerdings sei die Stattgebung des Zahlungsbegehrens hier nicht ident mit der für die Frage des Ausschlusses der Beklagten als Wohnungseigentümerin gemäß § 22 Abs 1 Z 1 WEG erforderlichen Feststellung des Rückstands im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung. Ein Rückstandsbeschluss habe den gesamten Rückstand zu umfassen, also auch jene Beträge, für die die hier nicht klagenden Wohnungseigentümer in Vorlage getreten seien oder für die von den Wohnungseigentümern überhaupt noch kein Vorschuss geleistet wurde. Nur so weit beide Rückstände ident seien, ersetze das (Teil )Urteil über das Zahlungsbegehren auch den erforderlichen Rückstandsbeschluss.

Nicht berechtigt sei allerdings die Abweisung des Ausschlussbegehrens beim derzeitigen Verfahrensstand. Die Ansicht des Erstgerichtes, es handle sich bloß um ein "Abrechnungsproblem" lasse vermuten, dass das Erstgericht die Ansicht vertrete, es mangle der Beklagten an grobem Verschulden am Zahlungsrückstand. Diese Rechtsansicht sei allerdings unzutreffend. Für den Ausschließungsgrund nach § 22 Abs 1 Z 1 WEG reiche ein objektiver Zahlungsverzug aus, auf Verschulden komme es nicht an. Eine Klagsabweisung habe nur bei rechtzeitiger Zahlung des insgesamt geschuldeten Betrags vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu erfolgen. Solange also weder die Höhe des geschuldeten Betrags rechtskräftig festgestellt sei und geklärt sei, ob die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz diesen Betrag auch bezahlt habe, sei das Ausschließungsbegehren nicht entscheidungsreif.

Zur Gegenforderung führte das Berufungsgericht aus, dass die Aufrechnung einzelner Miteigentümer, sei es auch mit Guthaben aus Vorperioden, gegen Akontovorschreibungen unzulässig sei (immolex 1998/158). Daraus folge, dass die Gegenforderung der Beklagten nicht zu Recht bestehen könne.

Das Berufungsgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen seinen Aufhebungsbeschluss für zulässig, weil hier die Auslegung einer Vereinbarung zwischen Wohnungseigentümern über die Tragung von Betriebskosten eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung aufweise. Darüber hinaus sei zu klären, ob § 33 MRG uneingeschränkt analog zu § 22 WEG angewendet werden könne. Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richten sich die Rekurse aller Streitteile wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Kläger begehren eine Abänderung der berufungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Stattgebung ihres Klagebegehrens.

Die Beklagte begehrt mit ihrem Rekurs eine Abänderung der berufungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens. Beide Parteien beantragen jeweils, dem Rechtsmittel des Prozessgegners nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind zulässig, weil sowohl die Frage der Aktivlegitimation der Wohnungseigentümer für Ansprüche nach § 1042 ABGB nach Inkrafttreten des 3. WÄG, die Frage der Zulässigkeit der Erhebung von Gegenforderungen gegen Bewirkschaftungskostenrückstände als auch die Frage der Voraussetzungen der Stattgebung eines Ausschließungsbegehrens Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO sind, deren Klärung durch den Obersten Gerichtshof erhebliche Bedeutung zukommt.

Im Ergebnis sind aber beide Rekurse nicht berechtigt, weil es bei der vom Berufungsgericht verfügten Aufhebung zu verbleiben hat. Zunächst ist die Frage der Aktivlegitimation der Mehrheit der Wohnungseigentümer für die Ausschlussklage (WoBl 2001/12 mit Zust Oberhofer) und die Aktivlegitimation der einzelnen Mit- und Wohnungseigentümer zur Durchsetzung eines Verwendungsanspruchs nach § 1042 ABGB vor Inkrafttreten des 3. WÄG durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt (WoBl 2000/197 mit Zust Call). Zutreffend hat das Berufungsgericht auch eine Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung verfügt, weil es dem auf Zahlung gerichteten Klagebegehren bisher an einer Bestimmtheit insofern mangelt, als nicht klargestellt wurde, welches konkrete Zahlungsbegehren die einzelnen Kläger geltend machen. Weil die Kläger im vorliegenden Fall auch vorgebracht haben, dass sie den Aufwand im Verhältnis ihrer Mit- und Wohnungseigentumsanteile getragen haben, ist es auch zutreffend, dass sich die Aktivlegitimation der Miteigentümer nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile richtet. Daran ist nichts auszusetzen, soweit es Zeiträume betrifft, die vor Inkrafttreten des 3. WÄG liegen.

Die Kläger haben vorgebracht, für die Beitragsschulden der Beklagten sei die Instandhaltungsrücklage verwendet worden. Darauf gründen sie ihren Anspruch nach § 1042 ABGB.

Nach der neuen Rechtslage durch das Inkrafttreten des 3. WÄG ist allerdings die Rücklage als gebundenes Sondervermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft konzipiert und nicht mehr wie zuvor gebundenes Sondervermögen aller Mit- und Wohnungseigentümer. Die Rücklage ist zwar nun für alle Arten von Liegenschaftsaufwendungen, etwa auch für die Überbrückung von Finanzierungslücken bei der Abdeckung von Bewirtschaftungskosten verwendbar (EWR II/16/4 ff), eine Aktivlegitimation aller Mit- und Wohnungseigentümer ist aber seither (für nach dem Inkrafttreten des 3. WÄG verwirklichte Sachverhalte: 5 Ob 2148/96k) nicht mehr zu bejahen. Das wurde bereits für die Antragslegitimation nach § 16 Abs 3 WEG ausgesprochen, die nun nur mehr der Wohnungseigentümergemeinschaft zukommt (5 Ob 244/98p; WoBl 1998, 341/226 mit Anm Call).

Auch hier gilt, dass nach dem Inkrafttreten des § 16 WEG idF des 3. WÄG eine Aktivlegitimation der Mit- und Wohnungseigentümer dafür, dass mit dem Sondervermögen der Rücklage für Beitragsschulden der Beklagten in Vorlage getreten wurde, zu verneinen sein wird. Das Berufungsgericht hat weiters die Rechtsprechung zum konkludenten Aufrechnungsverzicht gegen Akontovorschreibungen (vgl etwa immolex 1998/158) zutreffend wiedergegeben, deren Grundsätze jedoch unzutreffend verallgemeinert. Bei den klagsgegenständlichen Forderungen handelt es sich nicht um Aufwandersatz für Akontovorschreibungen, sondern um Aufwandersatz für bereits abgerechnete Hausbewirtschaftungskosten. Wegen solcher Forderungen steht der beklagten Wohnungseigentümerin das Recht zu, mit Gegenforderungen aufzurechnen. Im derzeitigen Stand des Verfahrens lässt sich jedoch zur Frage ihrer Berechtigung nicht Stellung beziehen, haben es doch die Vorinstanzen aufgrund ihrer unrichtigen rechtlichen Ansicht unterlassen, sich mit den eingewendeten Gegenforderungen der Beklagten auseinanderzusetzen. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, dass eine Entscheidung über das Ausschließungsbegehren nach § 22 Abs 1 Z 1 WEG erst dann in Betracht kommt, wenn bei Strittigkeit des Zahlungsrückstands rechtskräftig geklärt ist, welche Zahlungen der geklagte Miteigentümer zu leisten hat und sich beurteilen lässt, ob vor Schluss der dem Urteil des Gerichts erster Instanz vorangehenden Verhandlung der geschuldete Betrag bezahlt wurde.

Klargestellt sei noch, dass unter dem "geschuldeten Betrag" im Sinn des § 22 Abs 1 Z 1 MRG wegen der insofern wörtlichen Nachbildung der Bestimmung des § 33 Abs 2 MRG die zu letzterer bestehende Rechtsprechung heranzuziehen ist (zum MRG: 44.490; WoBl 1998/230; Prader, Mietrechtsgesetz E 200 zu § 33 MRG). Was von den Ausschließungsklägern in der Klage und im Laufe des Verfahrens als die Ausschließung begründende Zahlungssäumnis geltend gemacht wird, ist maßgeblich. Über diese Beträge hat eine Beschlussfassung im Sinn des § 22 Abs 1 Z 1 WEG zu erfolgen, wenn nicht ein rechtskräftiges Urteil (oder Teilurteil) darüber besteht.

Halten also im fortgesetzten Verfahren die Kläger daran fest, dass als Ausschließungsgrund auch Beitragsrückstände herangezogen werden, hinsichtlich derer ihnen eine Aktivlegitimation (für ein Zahlungsbegehren) nicht zukommt, wird sich eine Beschlussfassung nach § 22 Abs 1 Z 1 WEG nicht umgehen lassen.

Es hat daher bei der vom Berufungsgericht verfügten Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zu bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

Rechtssätze
8
  • RS0109647OGH Rechtssatz

    19. Dezember 2023·3 Entscheidungen

    Werden vom Verwalter im Rahmen der ordentlichen Verwaltung zulässige Vorschreibungen erstellt, stellen die darauf geleisteten Akontozahlungen der einzelnen Miteigentümer die wichtigsten Mittel zur Abdeckung der Forderungen dar, die sich aus den in § 17 Abs 1 Z 2 genannten Verwaltungshandlungen ergeben. Mit der Jahresabrechnung, die erst im nachhinein erstellt und gelegt wird (§ 17 Abs 1 Z 1 WEG), erfolgt lediglich eine Anpassung (Nachforderung oder Rückzahlung) der vorgeschossenen Beträge an die tatsächlichen Auslagen. Würde man Aufrechnungen einzelner Miteigentümer, sei es auch mit Guthaben aus Vorperioden, deren Berechtigung in der Regel nicht unstrittig ist und oft erst nach Abführung eines Rechtsstreits geklärt werden kann, gegen die Akontovorschreibungen zulassen, könnte dies zu einer empfindlichen Einschränkung der für die Abdeckung laufender Verbindlichkeiten notwendigen Liquidität der Wohnungseigentümergemeinschaft führen. Es entspricht daher dem Zweck des Wohnungseigentumsvertrages, einen schlüssigen Verzicht der Wohnungseigentümer darauf anzunehmen, gegen Akontovorschreibungen zur Abdeckung der § 17 Abs 1 Z 2 WEG genannten Ausgaben mit eigenen Ansprüchen gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft aufzurechnen, möge es sich dabei auch um Ansprüche auf Grund von Guthaben aus früheren Abrechnungsperioden oder um Ansprüche handeln, die in § 1035 oder § 1042 ABGB ihren Entstehungsgrund haben.