JudikaturJustiz5Ob262/03w

5Ob262/03w – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2003

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flossmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard P*****, vertreten durch Dr. Peter Lessky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A*****, vertreten im Rahmen der Verfahrenshilfe durch Dr. Olaf Borodajkewycz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung und einstweiligen Unterhalts, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 9. September 2003, GZ 44 R 525/03m 60, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 20. März 2003, GZ 29 C 135/01y 49, bestätigt wurde, und den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. September 2003, GZ 44 R 525/03m 60, mit dem der Rekurs gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 20. März 2003, GZ 29 C 135/01y 49, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1.) Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Kläger hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

2.) Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichtes, mit dem der Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Donaustadt vom 20. März 2003, GZ 29 C 135/01y 49, zurückgewiesen wurde (Punkt II der zweitinstanzlichen Entscheidung), wird aufgehoben.

Dem Rekursgericht wird die Entscheidung über den erwähnten Rekurs unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Revisionsrekursbeantwortung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrekurses hat die Beklagte vorläufig selbst zu tragen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zu Punkt 1:

Diesbezüglich kann gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO die Angabe der Gründe entfallen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 508a Abs 2 Satz 2 iVm § 40 ZPO.

Zu Punkt 2:

Am 20. 3. 2003 hat das Erstgericht nicht nur die Ehe der Streitteile geschieden, sondern auch den Antrag der Beklagten abgewiesen, den Kläger vom 1. 8. 2002 bis auf Weiteres zur Zahlung eines einstweiligen Unterhalts zu verpflichten, und zwar bis zum 31. 1. 2003 monatlich EUR 468, , dann monatlich EUR 660, . Die beiden Entscheidungen (Urteil und Beschluss) wurden gemeinsam ausgefertigt. Die damals noch unvertretene Beklagte hat nach Zustellung der Entscheidung die Gewährung der Verfahrenshilfe und die Beigabe eines Rechtsanwalts zur Anfechtung des Scheidungsurteils beantragt, was ihr auch bewilligt wurde. Der ihr im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebene Rechtsanwalt hat daraufhin in ihrem Namen sowohl das Scheidungsurteil als auch den ihren Unterhaltsantrag abweisenden Beschluss angefochten. Das Gericht zweiter Instanz behandelte wohl die Berufung der Beklagten, wies aber ihren Rekurs als verspätet zurück, weil durch den Verfahrenshilfeantrag nur die Rechtsmittelfrist für die Anfechtung des Scheidungsurteils, nicht jedoch für den Rekurs gegen die Abweisung des Provisorialantrags unterbrochen worden sei. Als die beiden Rechtsmittel zur Post gegeben wurden, sei die mit der Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung in Gang gesetzte vierwöchige Rekursfrist bereits abgelaufen gewesen.

Dieser rekursgerichtliche Beschluss enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Mit dem jetzt vorliegenden außerordentlichen Revisionsrekur s strebt die Beklagte die Aufhebung des rekursgerichtlichen Beschlusses an; dem Rekursgericht soll aufgetragen werden, in der Sache selbst zu entscheiden.

Der Kläger hat dazu eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen oder ihm nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 402 Abs 4 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO im Hinblick auf den Wert des Entscheidungsgegenstandes (§ 58 JN, § 528 Abs 2 Z 1a ZPO) zulässig (RIS Justiz RS0044501); er erweist sich auch als berechtigt, weil die Annahme des Rekursgerichtes, die Beklagte habe die Rekursfrist versäumt, nicht zutrifft. Diese Fehlbeurteilung ist aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren wie folgt:

Wegen der gemeinsamen Ausfertigung des Beschlusses mit dem Scheidungsurteil galt für beide Entscheidungen eine einheitliche Rechtsmittelfrist (2 Ob 561, 562/90 = RZ 1990, 286/124 = EFSlg 64.117).

Wird im Rahmen der Verfahrenshilfe die Beigebung eines Rechtsanwalts beantragt und ein solcher auch bestellt, so kann dies gemäß § 64 Abs 2 Satz 2 ZPO nur für alle im Zuge des weiteren Verfahrens zu setzenden Prozesshandlungen gelten, also auch für die Erhebung von Rechtsmitteln gegen alle noch anfechtbaren Entscheidungen. Eine "Teilverfahrenshilfe" gibt es in diesem Bereich nicht (8 Ob 555/91 = AnwBl 1993, 512; 1 Ob 2394/96g = EvBl 1997/112 = JBl 1997, 465 = RdW 1997, 724 ua).

Die Rechtsmittelfrist wurde daher durch den Verfahrenshilfeantrag der Beklagten sowohl für die Berufung als auch den Rekurs gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen unterbrochen und erst wieder durch deren Zustellung an den bestellten Verfahrenshilfeanwalt in Gang gesetzt.

Das bedingt im Hinblick auf die der Berufung gegen das Scheidungsurteil zugebilligte Rechtzeitigkeit die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, weil folgerichtig auch der Rekurs fristgerecht erhoben wurde; das Rekursgericht wird über den Rekurs der Beklagten unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden haben.

Die Rekursbeantwortung war zurückzuweisen, weil kein Fall des § 521a Abs 1 ZPO, auch nicht der Z 3 leg cit vorliegt (3 Ob 266/02t mwN); das Rekursverfahren ist also einseitig.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 393 Abs 1 EO.

Rechtssätze
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