JudikaturJustiz5Ob235/15t

5Ob235/15t – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Februar 2016

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen Dr. E***** F*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Gerhard Koller, Rechtsanwalt in Wien, über die Revisionsrekurse des Betroffenen und des R***** F*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 3. September 2015, GZ 43 R 373/15v 129, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom 9. April 2015, GZ 7 P 255/13y 81, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Betroffenen wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Der als außerordentlicher Revisionsrekurs zu wertende „Rekurs“ des R***** F***** wird als verspätet zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I. Zum Revisionsrekurs des Betroffenen:

1. Die Behauptung des Betroffenen, es habe keine Erstanhörung stattgefunden, zumindest sei er über diesen Vorgang nicht belehrt worden, ist aktenwidrig.

2. Die bereits im Rekurs behaupteten angeblichen Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens hat das Rekursgericht verneint, weshalb sie im Revisionsrekurs nicht mehr erfolgreich wiederholt werden können (RIS Justiz RS0007232 [T11]). Im Übrigen ist die im Zusammenhang mit der Begutachtung des Betroffenen behauptete Verletzung seines rechtlichen Gehörs nach der Aktenlage nicht verifizierbar und deren Wesentlichkeit wird ebenfalls nicht nachvollziehbar dargetan.

3. Die Behauptung des Betroffenen, es würden ihm vom einstweiligen Sachwalter jegliche finanzielle Mittel vorenthalten, ist einerseits durch die Aktenlage nicht gedeckt und andererseits für die Frage der Notwendigkeit einer endgültigen Sachwalterbestellung nicht entscheidungs-wesentlich.

4. Der Betroffene zeigt in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs keine Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf. Sein Rechtsmittel ist daher unzulässig und deshalb zurückzuweisen. Einer weitergehenden Begründung bedarf dies nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

5. Der Formmangel, dass der frei gewählte Rechtsvertreter des Betroffenen den Revisionsrekurs per Fax und am Postweg, aber nicht im Elektronischen Rechtsverkehr übermittelt hat (§ 89c Abs 5 Z 1 und Abs 6 GOG), muss bei dieser Sachlage nicht zum Gegenstand eines Verbesserungsverfahrens gemacht werden (1 Ob 141/12k; 6 Ob 154/12h; RIS Justiz RS0124335 [T4]; RS0128266 [T12]).

II. Zum Revisionsrekurs des R***** F*****:

1. R***** F***** ist als nächster Angehöriger, dessen Vertretungsbefugnis im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis registriert ist, rechtsmittellegitimiert (§ 127 AußStrG; RIS Justiz RS0124570).

2. Der Beschluss des Rekursgerichts wurde dieser Partei durch Hinterlegung am 7. 12. 2015 (erster Abholtag) zugestellt (§ 17 Abs 3 ZustG; RIS Justiz RS0083978). Der letzte Tag der 14 tägigen Revisionsrekursfrist war daher der 21. 12. 2015. Die Partei hat ihr als Rekurs bezeichnetes, als Revisionsrekurs zu behandelndes Rechtsmittel erst am 23. 12. 2015 und somit verspätet überreicht. Das Rechtsmittel ist daher aus diesem Grund zurückzuweisen.

3. Im Revisionsrekursverfahren in Sachwalterschaftssachen besteht die Pflicht, sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Notar vertreten zu lassen (§ 6 Abs 2 AußStrG; RIS Justiz RS0119968; RS0120077). Infolge Verspätung des Rechtsmittels erübrigt sich aber die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens durch Beibringung der Unterschrift eines Rechtsanwalts (RIS Justiz RS0005946 [T4, T14]). Demnach ist das Rechtsmittel zurückzuweisen, ohne dass es eines Verbesserungsverfahrens im Hinblick auf die fehlende anwaltliche Fertigung bedürfte.

Rechtssätze
5
  • RS0128266OGH Rechtssatz

    03. März 2022·3 Entscheidungen

    Gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts ab dem maßgeblichen Stichtag 1. 5. 2012 (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die auf dem Postweg und nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Die bisherige Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0124215; RS0124335; RS0124555), die in der nicht auf elektronischem Weg eingebrachten Eingabe keinen die geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindernden Formmangel erkannte und von einem folgenlosen Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift ausging, kann infolge Änderung der Rechtslage für solche Eingaben seit 1. 5. 2012 nicht mehr aufrecht erhalten werden. In gewollter Abkehr von dieser Judikatur müssen die im neu gefassten § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I 2012/26 genannten ERV‑Teilnehmer/innen in Hinkunft den elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden. Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll ‑ als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26) ‑ zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen.