JudikaturJustiz5Ob206/07s

5Ob206/07s – OGH Entscheidung

Entscheidung
08. Januar 2008

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Ansgar R*****, vertreten durch Dr. Robert Steiner, Rechtsanwalts GmbH in Spittal an der Drau, gegen die beklagte Partei Eigentümergemeinschaft der EZ ***** GB *****, vertreten durch Dr. Franz P. Oberlercher, Rechtsanwalts GesmbH in Spittal an der Drau, wegen 7.036,24 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 25. Juli 2007, GZ 3 R 160/07z 11, womit das Urteil des Bezirksgerichts Spittal an der Drau vom 29. März 2007, GZ 1 C 363/07y 7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, zu deren Gutsbestand unter anderem das Weggrundstück 144/8 zählt. Über dieses Grundstück verläuft ein Dienstbarkeitsweg zur Liegenschaft EZ *****, auf welcher sich das Appartementhaus der beklagten Eigentümergemeinschaft befindet.

Der Kläger begehrt einerseits den anteiligen Ersatz für am Dienstbarkeitsweg durchgeführte Sanierungsarbeiten sowie andererseits die Kosten für die Räumung von auf seinem Grundstück ohne seine Zustimmung von der Beklagten abgelagertem Schnee, der entfernt habe werden müssen, um im Frühjahr 2006 mit einem Bauvorhaben beginnen zu können. Zu den Kosten der Erhaltung des Dienstbarkeitswegs habe die beklagte Partei aufgrund des Dienstbarkeitsvertrags anteilsmäßig gemäß der tatsächlichen Inanspruchnahme beizutragen. Aufwendungen für die Erhaltung und Nutzung der Zufahrtsstraße seien der Verwaltung zugehörig, weshalb die Passivlegitimation der beklagten Partei vorliege.

Die Beklagte wandte ein, passiv nicht legitimiert zu sein. Das Grundstück stehe im Miteigentum von 17 natürlichen Personen, denen ausschließlich die Passivlegitimation zukomme. Die Rechtspersönlichkeit der Beklagten sei nur eine sehr eingeschränkte, die sich nicht auf dienstbarkeitsrechtliche Belange hinsichtlich eines Grundstücks beziehe, das nicht zum Gutsbestand der Wohnungseigentumsliegenschaft gehöre.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren infolge mangelnder Passivlegitimation der beklagten Partei ab.

Das Berufungsgericht hob diese Entscheidung auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Der Eigentümergemeinschaft seien zwar über die Verwaltungsrechte hinaus keine Eigentümerrechte zugeordnet, sie könne aber in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung habe die Deliktshaftung der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 1319 ABGB als Verwaltungsangelegenheit eingestuft. Hier diene der Dienstbarkeitsweg der Verbindung der Wohnungseigentumsanlage mit dem öffentlichen Straßennetz, seine Erhaltung betreffe daher inklusive des Winterdiensts das gemeinsame Interesse an der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsguts und lasse sich daher mit den Verwaltungsagenden einer Eigentümergemeinschaft in Verbindung bringen, weshalb die Haftung der Beklagten im Rahmen ihrer Teilrechtsfähigkeit als Eigentümergemeinschaft zu bejahen sei. Mangels einschlägiger Rechtsprechung ließ das Berufungsgericht den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu.

Der Rekurs der beklagten Partei stützt sich wiederum auf das Argument der mangelnden Passivlegitimation der beklagten Partei mit dem Abänderungsantrag, das Klagebegehren abzuweisen.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den „Revisionsrekurs" zurück bzw abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil einschlägige Judikatur zu der hier strittigen Rechtsfrage nicht vorliegt; er ist aber nicht berechtigt.

Gemäß § 2 Abs 5 Satz 2 WEG 2002 bilden alle Wohnungseigentümer zur Verwaltung der Liegenschaft die Eigentümergemeinschaft; sie ist eine juristische Person mit Rechtsfähigkeit in dem durch § 18 Abs 1 und 2 WEG umschriebenen Umfang, also in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft, in denen sie Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden kann. Seit der WRN 2006 regelt § 18 Abs 2 WEG ausdrücklich, dass die Wohnungseigentümer der Eigentümergemeinschaft aus ihrem Miteigentum erfließende Unterlassungsansprüche sowie die Liegenschaft betreffende Gewährleistungs und Schadenersatzansprüche abtreten können, wodurch die Eigentümergemeinschaft diese Ansprüche erwirbt und in eigenem Namen geltend machen kann.

Das WEG 2002 folgt dem Konzept des § 13c Abs 1 WEG 1975 zur Quantität und Qualität der Rechtsfähigkeit, weshalb auf die dazu ergangene Judikatur zurückgegriffen werden kann. Die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft besteht nur in Angelegenheiten der Liegenschaftsverwaltung (RIS Justiz RS0108020). Außerhalb dieses Geschäftskreises kann sie weder Rechte erwerben noch Verbindlichkeiten eingehen. Verwaltungshandlungen für die Gemeinschaft der Miteigentümer sind einerseits von den bloßen Besitzhandlungen oder Gebrauchshandlungen der einzelnen Teilhaber, andererseits von den Verfügungen über das Gemeinschaftsgut oder einzelner Teile davon zu unterscheiden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie gemeinschaftliches Vorgehen erfordern, weil es um die Interessen aller Gemeinschafter geht. Von den bloßen Besitzhandlungen oder Gebrauchshandlungen der einzelnen Miteigentümer heben sie sich insofern ab, als mit ihnen Geschäfte der Gemeinschaft besorgt werden, während die Abgrenzung zu den Verfügungen nach den Auswirkungen der Geschäftsführungsakte auf das gemeinschaftliche Gut bzw die Anteile der Miteigentümer vorzunehmen ist. Zur Verwaltung gehört alles, was gemeinschaftliche Interessen bei der Nutzung und Erhaltung des Gemeinschaftsguts fördern oder beeinträchtigen könnte; eine Verfügung greift in die Substanz der Gemeinschaftsrechte oder Anteilsrechte ein (vgl 5 Ob 458/97g = MietSlg 49/44 ua; RIS Justiz RS0109188). Die Abgrenzung zwischen Verwaltungshandlungen und Verfügungen ist demnach nach den Auswirkungen auf das gemeinschaftliche Gut bzw die Anteile der Miteigentümer zu ziehen. Der (Wohnungs )Eigentümergemeinschaft sind nicht Eigentümerrechte, sondern bloß Verwaltungsrechte zugeordnet (RIS Justiz RS0110931). Die Parteifähigkeit der beklagten Eigentümergemeinschaft nach dem WEG kann aber schon dann nicht verneint werden, wenn sich der geltend gemachte Rechtsschutzanspruch wenigstens abstrakt mit den Verwaltungsagenden einer Eigentümergemeinschaft in Verbindung bringen lässt (5 Ob 119/04t = JBl 2005/49; 5 Ob 18/06t = wobl 2006/97 [Call]; RIS Justiz RS0035327).

Im Sinne dieser allgemeinen Ausführungen wurde in 5 Ob 291/01g (= wobl 2002/100 [Call]) und 5 Ob 119/04t zB die Deliktshaftung der Eigentümergemeinschaft im Bereich des § 1319 ABGB bejaht. Der von den Miteigentümern einer Liegenschaft bestimmte gemeinsame Verwalter ist demnach befugt und verpflichtet, alle Maßnahmen, die zur Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Guts dienen, zu besorgen, wobei Verwaltungshandlungen ebenso wie deren Unterlassung der (Wohnungs )Eigentümergemeinschaft zuzurechnen sind. Nicht nur die Wegesicherungspflicht und die sich daraus ergebende Haftung nach § 1319a ABGB, sondern auch die Verpflichtung zur Erhaltung des Gebäudes und zur Abwendung von Gefahren im Sinne des § 1319 ABGB wurde als Verwaltungsangelegenheit qualifiziert, für deren Unterlassung die (Wohnungs )Eigentümergemeinschaft zu haften habe.

Dagegen ist die (Wohnungs )Eigentümergemeinschaft nicht berechtigt, auf das Eigentumsrecht ihrer Mitglieder gestützte Unterlassungsbegehren, also Eigentumsfreiheitsklagen zu erheben, weil die Durchsetzung petitorischer Rechtsschutzansprüche keine Angelegenheit der Verwaltung ist (5 Ob 268/02a = wobl 2003/74 [ Call ]). Allerdings hat der Oberste Gerichtshof in 5 Ob 18/06t auch ausgesprochen, dass dies nicht für Fälle gilt, in denen die Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft nicht ausschließlich auf den Rechtstitel des Eigentums gestützt wird, sondern ihre Sachlegitimation auch daraus resultiert, dass sie Verwaltungsrechte, die im konkreten Fall in der Freimachung eines Heizraums vor unberechtigter Inanspruchnahme durch Dritte lagen, wahrnehme. Dieser Anspruch der Eigentümergemeinschaft könne als ordentliche Verwaltungsmaßnahme durchgesetzt werden, wobei die Eigentümergemeinschaft keineswegs auf einen Feststellungsanspruch beschränkt, sondern auch berechtigt sei, die Freimachung und Freihaltung, etwa durch einen Räumungsanspruch, zu verfolgen. Als Verwaltungsgemeinschaft sei die Eigentümergemeinschaft jedenfalls hinsichtlich der notwendig allgemeinen Teile der Liegenschaft Besitzmittlerin für die Gesamtheit der Mit und Wohnungseigentümer und habe die gesetzliche Zweckbestimmung solcher Liegenschaftsteile im Rahmen ihrer Verwaltungsaufgaben und Befugnisse zu gewährleisten.

In diesem Sinne bejahte der Oberste Gerichtshof in 7 Ob 272/06k und 7 Ob 318/04x (= wobl 2005/48 [ Call ]) die Aktivlegitimation der Eigentümergemeinschaft zur klageweisen Geltendmachung einer Versicherungsleistung aus einem die Liegenschaft betreffenden Versicherungsvertrag, dessen Vertragspartner die Eigentümer der Liegenschaft waren, als im Rahmen der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft befindlich.

Soweit es im vorliegenden Fall um den Ersatz von Kosten für nach dem Klagsvorbringen unberechtigt auf dem Grundstück des Klägers abgelagerten Schnee geht, handelt es sich unzweifelhaft um eine Haftung aufgrund einer Verwaltungsmaßnahme (vgl 5 Ob 283/99z zum Winterdienst).

Was den weiteren Teil des Klagebegehrens betrifft, so ist zwar die Frage, ob dem jeweiligen Eigentümer (Miteigentümer) einer Liegenschaft gegenüber dem Eigentümer der Nachbarliegenschaft ein Nutzungsrecht an dieser zusteht, keine Angelegenheit der Verwaltung (RIS Justiz RS0108021). Davon zu unterscheiden ist aber die Frage der Bewirtschaftung bzw Erhaltung eines als Verbindung zum öffentlichen Wegenetz dienenden Servitutswegs. Dabei handelt es sich um eine Angelegenheit, die in die Verwaltung der Liegenschaft, gleich jener der Verwaltung allgemeiner Teile der Liegenschaft fällt, weil erst dadurch die Liegenschaft selbst für Wohnzwecke benutzbar wird. In diesem Umfang kann daher die (Wohnungs )Eigentümergemeinschaft wegen des Vorliegens einer Angelegenheit der Verwaltung im Sinne des § 18 Abs 1 WEG 2002 auch in Anspruch genommen und geklagt werden.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.

Rechtssätze
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