JudikaturJustiz4Ob49/13d

4Ob49/13d – OGH Entscheidung

Entscheidung
23. Mai 2013

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj F***** T*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dkfm. Mag. A***** O*****, vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Dezember 2012, GZ 43 R 594/12i 70, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 7. September 2012, GZ 88 Pu 177/10a 65, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig; entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ab.

1. Das Rekursgericht hat die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber seiner minderjährigen Tochter aufgrund seiner weiteren Sorgepflicht gegenüber seiner Mutter um 1 % gekürzt. Der Vater hält demgegenüber eine Kürzung um zumindest 2 % für angemessen.

2. Konkurrierende Sorgepflichten führen zur angemessenen Herabsetzung des Unterhaltsprozentsatzes (RIS Justiz RS0047485). Die Beteiligung konkurrierender Unterhaltsberechtigter an den verfügbaren Unterhaltsmitteln richtet sich nach dem Stand der einzelnen Unterhaltsberechtigten (Ehegatte, Eltern, Kinder, Enkelkinder) und bei gleichem Stand nach Alter, Bedarf uä. Nur eine solche nach diesen Prinzipien gerechte Verteilung des für alle Unterhaltsverpflichtungen insgesamt zur Verfügung stehenden Betrags bewirkt eine angemessene Teilnahme aller Unterhaltsberechtigten an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen (vgl RIS Justiz RS0047323; RS0047364).

3. Die Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern und Großeltern ist der Ausnahmefall; sie ist subsidiär zur Unterhaltspflicht gegenüber eigenen Kindern (RIS Justiz RS0103494 [T1]; RS0121549; RS0047912 [T2]; 3 Ob 157/05t; 6 Ob 128/05z). Geschuldet wird ein angemessener, nicht bloß notdürftiger Unterhalt (vgl Gitschthaler , Unterhaltsrecht² Rz 562 mwN).

4. Der Unterhalt von Kindern bestimmt sich nach den in der Rechtsprechung entwickelten und vom Schrifttum gebilligten Berechnungsformeln für den Altersbereich von sechs bis zehn Jahren mit rund achtzehn Prozent und für den Altersbereich von zehn bis fünfzehn Jahren mit rund zwanzig Prozent des Nettoeinkommens, und zwar mit Abzügen für konkurrierende Unterhaltspflichten von ein Prozent für jedes Kind unter und von zwei Prozent für jedes Kind über zehn Jahren sowie von null Prozent bis drei Prozent für einen Ehegatten, je nach dessen Eigenverdienst (RIS Justiz RS0053242).

5. Ausgehend von einem monatlichen Eigeneinkommen der Mutter von 925 EUR und der von ihrem Sohn erbrachten tatsächlichen Unterhaltsleistungen von monatlich 500 EUR weicht die Reduktion der Unterhaltspflicht um 1 % nicht von der zitierten Rechtsprechung ab, berücksichtigt man die Subsidiarität der Pflicht zum Elternunterhalt gegenüber der Pflicht zum Kindesunterhalt. Auch können freiwillige (oder auch aus bloß sittlicher Pflicht) übernommene Unterhaltsleistungen den Anspruch anderer Unterhaltsberechtigter nicht mindern (vgl RIS Justiz RS0047392; Gitschthaler , Unterhaltsrecht² Rz 246), sodass es nicht darauf ankommt, wie viel er seiner Mutter gezahlt hat.

6. Im Übrigen wird der Unterhalt nicht berechnet, sondern bemessen, und die Prozentsätze dienen nur als Orientierungshilfe. Wenn der Rechtsmittelwerber in dieser Sonderkonstellation (nur) eine Berücksichtigung seiner Sorgepflicht gegenüber seiner Mutter mit 2 % anstatt 1 % geltend macht, zeigt er keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl RIS Justiz RS0047419, RS0053263, RS0057284, RS0047427, Gitschthaler , Unterhaltsrecht² Rz 239 mwN).

7. Es liegen keine weiteren erheblichen Rechtsfragen vor.

Rechtssätze
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