JudikaturJustiz4Ob2009/96m

4Ob2009/96m – OGH Entscheidung

Entscheidung
29. Mai 1996

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf.Dr.Gamerith als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Schalich und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr. Peter Riedmann und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei C***** GesellschaftmbH, ***** vertreten durch Dr. Jürgen Zwerger, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 1,063.249,30 sA, infolge Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 22.November 1995, GZ 3 R 218/95-22, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 19. Juni 1995, GZ 14 Cg 48/93-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie wie folgt zu lauten haben:

"Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin den Schillinggegenwert von DM 127.009,11, umgerechnet zu dem von der Wiener Börse verlautbarten Devisenmittelkurs, und zwar nach Wahl der Klägerin zum Fälligkeitstag oder zum Zahlungstag, höchstens jedoch S 906.845,05 samt 5 % Zinsen aus DM 230.133,76 vom 5.11.1992 bis 31.12.1992, 12,25 % Zinsen aus DM 230.133,76 vom 1.1.1993 bis 4.1.1993, 12,25 % Zinsen aus DM 229.414,16 vom 5.1.1993 bis 12.1.1993, 12,25 % Zinsen aus DM 127.009,11 vom 13.1.1993 bis 1.2.1993, 11,75 % Zinsen vom 2.2.1993 bis 15.2.1993, 11,5 % Zinsen vom 16.2. bis 5.5.1993 11,25 % Zinsen vom 6.5.1993 bis 19.7.1993, 11 % Zinsen vom 20.7.1993 bis 20.9.1993, 10,5 % Zinsen vom 21.9.1993 bis 15.11.1993, 10,25 % Zinsen vom 16.11.1993 bis 31.12.1993, 9,5 % Zinsen vom 1.1.1994 bis 1.8.1994 und 9,25 % Zinsen seit 2.8.1994, jeweils zuzüglich 15 % Umsatzsteuer aus den Zinsen binnen 14 Tagen zu zahlen sowie die mit S 145.064,43 bestimmten anteiligen Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin S 24.177,39 USt und S 15.128,75 Barauslagen) zu ersetzen.

Das Mehrbegehren auf Zahlung von DM 5.811,57 sA und von DM 16.030,57, soweit nicht ohnedies in den Stufenzinsen enthalten, sowie das Zinsenmehrbegehren werden abgewiesen."

Die Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit S 53.200,56 bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 8.866,76 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin und die Beklagte vertreiben Textilerzeugnisse. Im April 1991 begannen die Streitteile mit Verhandlungen über den Abschluß eines Vertriebsvertrages. Für die Klägerin verhandelte deren Verkaufsleiterin Cornelia L*****; für die Beklagte deren Geschäftsführer Roland K*****.

Am 5.6.1991 übermittelte die Klägerin der Beklagten einen Vertragsentwurf, der (ua) folgende Bestimmungen enthielt:

"§ 1 Gegenstand des Vertriebsvertrages:

(1) Die Herstellerin betraut das Vertriebsunternehmen ab dem 29.7.1991 mit dem Vertrieb der in der Anlage 1 zu diesem Vertrag bezeichneten Erzeugnisse (Vertragserzeugnisse).

(2) Die Herstellerin kann verlangen, daß dieser Vertriebsvertrag auch auf solche Erzeugnisse erstreckt wird, die die Herstellerin als Folge- oder Ergänzungserzeugnisse zu den vorbezeichneten Erzeugnissen in die Produktion oder den Vertrieb aufnimmt.

§ 2 Vertragsgebiet, Alleinvertrieb:

(1) Das Vertriebsunternehmen wird seine Tätigkeit in Österreich (Vertragsgebiet) ausüben. Dabei wird das Vertriebsunternehmen in dem Vertragsgebiet als Eigenhändler tätig. Die Herstellerin wird für das Vertragsgebiet keine weiteren Eigenhändler einsetzen und keine weiteren Handelsvertreter damit betrauen, in diesem Gebiet die Vertragserzeugnisse zu vertreiben ...

§ 6 Preise und Bedingungen im Verkehr zwischen der Herstellerin und dem Vertriebsunternehmen:

(1) Die Herstellerin gewährt dem Vertriebsunternehmen für die von diesem bezogenen Vertragserzeugnisse einen Rabatt von 15 % auf den jeweiligen Nettowert des Rechnungsbetrages.

(2) Der Rechnungsbetrag wird 10 Tage nach Ausstellung der Rechnung (Rechnungsdatum) mit 4 % Skonto fällig bzw nach 30 Tagen rein netto.

(3) Im übrigen gelten für die einzelnen Geschäfte, die zwischen der Herstellerin und dem Vertriebsunternehmen abgewickelt werden, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in ihrer jeweiligen Fassung, die die Herstellerin bei ihren Geschäften mit sonstigen Kunden zu Grunde legt. Ein Exemplar der derzeit gültigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in diesem Vertrag als Anlage 3 beigefügt.

(4) Das Vertriebsunternehmen verpflichtet sich, nach Abschluß jeder Verkaufssaison eine Bankbürgschaft in Höhe des bestellten Warenwertes zu stellen.

§ 8 Dauer des Vertrages, Kündigung:

(1) Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Jede Vertragspartei kann bis zum Ablauf von 12 Monaten nach Vertragsbeginn mit einer Kündigungsfrist von 1 Monat zum Schluß eines Kalendermonats kündigen. Danach kann jede Seite während der ersten 3 Jahre nach Vertragsbeginn mit einer Frist von 6 Wochen und nach Ablauf dieser ersten 3 Jahre mit einer Frist von 3 Monaten jeweils zum Schluß eines Kalendervierteljahres kündigen ...

§ 10 ... Erfüllungsort ...

(3) Erfüllungsort für alle Vertragsverbindlichkeiten ist der Sitz der Herstellerin.

§ 11 Anwendbares Recht:

Für alle sich aus dem vorliegenden Vertrag ergebenden Rechtsbeziehungen ist deutsches Recht anwendbar, die Anwendung außerdeutschen Rechts, insbesondere österreichischen Rechts, ist ausgeschlossen."

Die im Vertragsentwurf als Beilage 3 erwähnten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen enthalten (ua) folgende Bestimmungen:

"4) Nachlieferungspflicht:

Nach Ablauf der Lieferungspflicht wird ohne Erklärung eine Nachlieferungsfrist von 18 Tagen in Lauf gesetzt... Vor Ablauf der Nachlieferungsfrist sind Ansprüche des Käufers wegen verspäteter Lieferung ausgeschlossen.

5.) Mängelrügen:

a) Der Besteller ist verpflichtet, die Ware unverzüglich nach Eingang zu untersuchen und eventuelle Mängel dem Verkäufer innerhalb einer Ausschlußfrist von 8 Tagen nach Wareneingang mitzuteilen. Die Ware gilt auch dann als genehmigt, wenn der Besteller im Falle einer Rüge die Ware auf Verlangen des Verkäufers nicht innerhalb einer Woche zurückschickt...

c) Der Verkäufer ist berechtigt, entsprechend dem Produktionsfortgang Teillieferungen vorzunehmen und solche gesondert zu fakturieren.

6.) Zahlung:

a) Die Rechnungen werden zum Tage der Lieferung ausgestellt. Eine Hinausschiebung des Rechnungsverfalles (Valutierung) ist grundsätzlich ausgeschlossen. Sofern eine vorzeitige Lieferung im Sinne der Vertragspartner gerechtfertigt ist, können Ausnahmen von dieser Regelung vereinbart werden.

Rechnungen sind, falls nichts anderes vereinbart wurde, zahlbar:

1) Innerhalb 10 Tagen vom Tage der Ausstellung der Rechnung an mit 4 % Skonto.

2) Ab 11. bis 30. Tag vom Tage der Ausstellung der Rechnung an netto.

b) Zahlungen sind durch Überweisungen zu leisten. Maßgeblich für den Eingang ist das Datum der vorbehaltslosen Gutschrift auf dem Konto des Verkäufers, die bei Scheckguthaben frühestens 14 Tage nach deren Einreichung angenommen werden soll...

7) Verzug:

a) Bei Zahlung nach Fälligkeit treten ohne Mahnung die Verzugsfolgen ein...

10) Liefertermine:

a) Wenn nicht anders vereinbart, gelten die festgelegten Liefertermine als ungefährer Versandtag...

c) Es werden keine Fixgeschäfte getätigt."

§ 6 und § 8 des Vertragsentwurfes wurden in der Folge geändert:

"§ 6 Preise:

(1) Die Herstellerin gewährt dem Vertriebsunternehmen für die von diesem bezogenen Vertragserzeugnisse einen Rabatt von 15 % auf den jeweiligen Nettowert des Rechnungsbetrages.

(2) Der Rechnungsbetrag wird 10 Tage nach Ausstellung der Rechnung (Rechnungsdatum) mit 4 % Skonto fällig bzw nach 30 Tagen 'rein netto'.

(3) Die Lieferung nach Österreich erfolgt frei bis deutsche Grenze. Sämtliche Einfuhrabgaben sowie die Transportkosten ab Grenze werden vom Vertriebsunternehmen getragen.

(4) Waren, die wegen berechtigter Reklamationen der Kunden retourniert werden, übernimmt das Vertriebsunternehmen und erhält hierfür einen Rabatt von 50 % des ursprünglichen Kaufpreises.

(5) Im übrigen gelten für die einzelnen Geschäfte, die zwischen der Herstellerin und dem Vertriebsunternehmen abgewickelt werden, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in ihrer jeweiligen Fassung, die die Herstellerin bei ihren Geschäften mit sonstigen Kunden zu Grunde legt. Ein Exemplar der derzeit gültigen Geschäftsbedingungen ist in diesem Vertrag als Anlage 3 beigefügt.

(6) Das Vertriebsunternehmen verpflichtet sich, unmittelbar nach Abschluß jeder Verkaufssaison eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft oder ein Akkredititv in Höhe des bestellten Warenwertes zu stellen.

§ 8 Abs 1:

Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Jede Vertragspartei kann mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Schluß eines Kalendervierteljahres kündigen."

Mit diesen Änderungen wurde den Wünschen der Beklagten zu § 6 teilweise entsprochen. Die Beklagte wünschte weiters, daß die Kosten der selbstschuldnerischen Bankbürgschaft oder des Akkreditivs von der Klägerin getragen werden. Zur Neufassung des § 6 Abs 4 hielt die Beklagte fest, sie sei mit dieser Regelung für die erste Auslieferung einverstanden, um Erfahrungen sammeln zu können. Die Reklamationsfrist von 8 Tagen akzeptierte die Beklagte für den Fall, daß die 8-Tage-Frist mit dem Erhalt der Ware durch die Kunden der Beklagten zu laufen beginnt. Dem stimmte die Klägerin mit Schreiben vom 18.7.1991 zu:

"Ihre Kunden müssen die Ware innerhalb von 8 Tagen zurückschicken, und wir erwarten von Ihnen, daß Sie uns umgehend die Information weitergeben."

Die Klägerin erklärte sich auch bereit, die Kosten für die Bankbürgschaft und das Akkredititv zu übernehmen.

Mit Schreiben vom 17.10.1991 übermittelte die Klägerin der Beklagten die nun endgültige Fassung des Vertriebsvertrages mit der Bitte, zwei Ausfertigungen zu unterschreiben und umgehend zurückzuschicken. Die Vertragsausfertigungen entsprachen, mit Ausnahme der Kündigungsbestimmungen in § 8 Abs 1, den in der Zwischenzeit ausgehandelten Vertragsänderungen. In § 8 Abs 1 wurden wieder die im ersten Entwurf enthaltenen je nach Vertragsdauer unterschiedlichen Kündigungsfristen aufgenommen. Ob dies irrtümlich geschah, konnte nicht festgestellt werden.

Zu diesem Zeitpunkt war die Zusammenarbeit zwischen den Streitteilen längst angelaufen. Mit Schreiben vom 1.11.1991 urgierte die Klägerin (ua) den unterschriebenen Vertrag und die Bankbürgschaft. Die Beklagte antwortete mit Fax vom 2.11.1991, sie werde den Vertrag am Montag wegschicken. Ob der unterschriebene Vertrag in der Folge bei der Klägerin einlangte, konnte nicht festgestellt werden.

Für die erste Verkaufssaison (Frühjahr/Sommerkollektion 1992) stellte die Beklagte der Klägerin ein Akkreditiv zur Verfügung, welches auf Wunsch der Klägerin verlängert wurde. Mit Schreiben vom 13.5.1992 meldete die Beklagte der Klägerin Reklamationsfälle; sie erhielt dafür insgesamt DM 5.308,75 gutgeschrieben. Von diesem Betrag entfielen DM 3.632,05 auf verspätete Lieferungen. Den Gutschriften stand ein Gesamtauftragswert von DM 200.000,-- gegenüber.

Mit Schreiben vom 21.5.1992 kündigte die Klägerin den Vertriebsvertrag auf:

"Sehr geehrter Herr K*****,

Nach Rücksprache mit unserer Geschäftsleitung sind wir zu dem Beschluß gekommen, daß unser Produkt durch den häufigen Vertreterwechsel bei Ihnen nicht optimal repräsentiert ist.

Aus diesem Grund beenden wir die Geschäftsbeziehung mit Ihnen zum 30.6.1992. Die laufende Saison 22 wird davon nicht tangiert; wir werden für eine reibungslose Auslieferung sorgen..."

Die von der Beklagten bestellte Herbst/Winterware 1992 sollte vereinbarungsgemäß in Teilen geliefert werden. Für alle Waren, deren Modellbezeichnung mit 1 begann, galt der Liefertermin 15.6. bis 31.7.1992, für alle Waren, deren Modellbezeichnung mit 2 begann, der Liefertermin 1.8. bis 15.9.1992 und schließlich für Artikel, deren Modellbezeichnung mit 3 begann, der Liefertermin 15.9. bis 31.10.1992.

Mit Schreiben vom 2.6.1992 forderte Cornelia L***** die Beklagte auf, für die beiliegende Pro Forma-Rechnung über DM 245.669,55 eine Bankbürgschaft zu stellen, weil die Klägerin Ende Juni mit der Auslieferung beginnen werde. Am 15.6.1992 urgierte Cornelia L***** die Bankbürgschaft. Da die Beklagte nicht reagierte, faxte die Klägerin der Beklagten, zu Handen ihres Geschäftsführers Roland K*****, am 22.6.1992 folgendes Schreiben:

"Sehr geehrter Herr K*****,

auf unser Schreiben vom 15.6.1992 haben Sie nicht reagiert.

Wir weisen Sie noch einmal ausdrücklich darauf hin, daß wir bereits Ware zur Auslieferung für Sie haben. Wenn Sie an einer zügigen Auslieferung interessiert sind, geben Sie uns bitte umgehend eine Bankbürgschaft, am besten vorab per Fax.

Wir erwarten die Bankbürgschaft spätestens bis Ende der Woche..."

Die Beklagte antwortete noch am selben Tag:

"Sehr geehrte Frau L*****!

Das LC ist bereits in Ausarbeitung! Sobald wir die Kopie in Händen haben, faxen wir Ihnen diese!"

Die Beklagte beauftragte die Raiffeisenkasse B***** erst am 3.7.1992, ein Akkreditiv zu erstellen. Am 20.7.1992 teilte die Raiffeisenkasse B***** der Beklagten mit, daß der Akkreditivantrag vom 3.7.1992 über DM 235.842,77 zu Gunsten der M***** GesellschaftmbH bewilligt und durchgeführt worden sei. Die Beklagte gab diese Information mit einer Kopie des Akkreditiveröffnungsschreibens am selben Tag an die Klägerin weiter.

Am 24.7.1992 avisierte die Hausbank der Klägerin, die D***** Bank in B*****, dieser die Eröffnung eines unwiderruflichen Akkreditivs über DM 235.842,77 mit Gültigkeit bis 5.11.1992 und übermittelte das Akkreditiveröffnungsschreiben. Im Akkreditiv waren Teillieferungen gestattet. Sofort nach Eingang dieser Unterlagen begann die Klägerin mit der Bearbeitung der Zolldokumente und Transportaufträge für den bereits seit 24.6.1992 lieferbaren Teil der Ware. Die erste Teillieferung kam am 3.8.1992 bei der Beklagten an. Die Ware wurde in 15 Rechnungen vom 24.6.1992 über insgesamt DM 35.460,30, in 12 Rechnungen vom 26.6.1992 über insgesamt DM 18.232,50, in 8 Rechnungen vom 21.7.1992 über insgesamt DM 6.171,--, in 18 Rechnungen vom 23.7.1992 über insgesamt DM 33.273,32 und in 10 Rechnungen vom 24.7.1992 über insgesamt DM 16.072,65 fakturiert. Ein Teil der Rechnungen trug den Vermerk "Valuta 1.8.1992".

Am 6.8.1992 fakturierte die Klägerin in 16 Rechnungen Waren im Gesamtwert von DM 18.354,90. Zwei Drittel des Gesamtwertes entfielen auf Waren für den ersten Liefertermin, ein Drittel entfiel auf Waren des zweiten Liefertermins. Am 12.8.1992 erstellte die Klägerin weitere 13 Rechnungen über insgesamt DM 19.027,25; sämtliche Rechnungen betrafen Waren des ersten Liefertermins. Die in den Rechnungen vom 6.8.1992 und 12.8.1992 fakturierten Waren langten am 7.9.1992 bei der Beklagten ein.

Am 17.8.1992 erstellte die Klägerin Rechnungen über insgesamt DM 49.940,05, wovon rund 36 % auf Waren des ersten Liefertermins entfielen. Diese Waren kamen am 24.8.1992 bei der Beklagten an. Am 7.9.1992 erhielt die Beklagte Waren, welche die Klägerin am 25.8.1992 in 12 Rechnungen über insgesamt DM 8.915,65 fakturierte. Darunter waren auch noch Waren des ersten Liefertermins.

Am 2.10.1992 langten bei der Beklagten Waren im Gesamtwert von DM 11.980,70 ein, von denen ein kleiner Teil zum ersten Liefertermin gehörte. Am 30.9.1992 fakturierte die Klägerin Waren im Wert von insgesamt DM 11.842,20. Es handelte sich dabei um Blusen aus Hongkong, die zum ersten Liefertermin bestellt waren. Am 29.10.1992 wurden die letzten Waren für den dritten Liefertermin mit insgesamt DM 12.387,90 fakturiert. Diese Waren erhielt die Beklagte am 6.11.1992.

Mit Schreiben vom 13.10.1992 rügte die Beklagte den Lieferverzug bei den Waren laut Rechnungen vom 30.9.1992 und ersuchte um eine entsprechende Gutschrift. Die Klägerin schrieb der Beklagten DM 3.019,77 (= 30 % des Warenwertes) gut.

Bereits mit Schreiben vom 30.7.1992 hatte die Beklagte der Klägerin angekündigt:

"... Sollten wir in Lieferverzug geraten, machen wir Sie darauf aufmerksam, daß die Ware mit einem 50-%igen Rabatt nicht nur vorbehaltlich übernommen wird, sondern werden Sie auch mit entsprechenden Schadenersatzforderungen belangen..."

Bereits im Zusammenhang mit der Auslieferung der Frühjahr/Sommerware 1992 hatte der Geschäftsführer der Beklagten der Verkaufsleiterin der Klägerin erklärt, in Zukunft Reklamationsfälle wegen verspäteter Lieferung mit seinen Kunden autonom regeln zu wollen. Er sei nicht mehr damit einverstanden, daß ein berechtigter Reklamationsfall nur vorliegen solle, wenn der Kunde die Ware retourniere oder die Rechnung kürze. Er werde sich in Zukunft für verspätete Lieferungen generell einen Reklamationsrabatt abziehen.

Die Verkaufsleiterin der Klägerin beschwichtigte den Geschäftsführer der Beklagten und meinte, ein solcher Verzug würde nicht mehr vorkommen. Mit der vom Geschäftsführer der Beklagten vorgeschlagenen Reklamationsregelung erklärte sie sich nicht einverstanden.

Sämtliche Auftragsbestätigungen der Klägerin für die Herbst/Winterkollektion 1992/93 beginnen wie folgt:

"Wir bestätigen nur nach unseren Lieferungs- und Zahlungsbedingungen. In Kundenauftragsformularen vermerkte Sonderbestimmungen sind ungültig... Die Liefertermine gelten ab Werk! Auf den Vertrag findet deutsches Recht unter Ausschluß des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 11.4.1980 über Verträge über den internationalen Warenverkauf Anwendung..."

Anfang November 1992 versuchte die Klägerin, das Akkreditiv in Anspruch zu nehmen. Sie reichte Dokumente über DM 228.482,49 ein; es fehlten aber Versandpapiere und Packlisten. Die Beklagte stimmte einer Freigabe des geforderten Betrages nicht zu. Sie erstellte am 19.11.1992 eine erste Abrechnung, die einen Saldo von DM 87.185,20 zugunsten der Klägerin ergab. In der Folge korrigierte die Beklagte die Abrechnung. Mit Schreiben vom 30.11.1992 gab die Beklagte den Saldo mit DM 103.124,01 an, wovon DM 719,60 noch die Frühjahr/Sommerauslieferung betrafen. Die Beklagte zog für Lieferverzug DM 96.370,90, für Skonto DM 5.811,57, an Frachtkosten DM 818,47, für Fehlmengen und fehlerhafte Ware DM 1.071,60 und DM 36.000,-- als "Abfertigung" ab. Die Beklagte stimmte einer Auszahlung von DM 103.124,01 aus dem Akkreditiv zu.

Die Klägerin nahm diesen Betrag nicht in Anspruch, weil sie die Abrechnung der Beklagten nicht akzeptieren wollte. Die Beklagte zahlte am 5.1.1993 DM 719,60 als Restbetrag aus der Verkaufssaison Frühjahr/Sommer 1992 und spätestens am 13.1.1993 DM 102.404,41.

Die Beklagte teilte der Klägerin gleichzeitig mit, sie habe ihre Bank beauftragt, das Akkreditiv zu "löschen". Sie ersuchte, ihr zum Kontoausgleich entsprechende Gutschriften zu senden.

In ihrem Antwortschreiben vom 12.1.1993 vertrat die Klägerin die Auffassung, daß die Abzüge jeder Grundlage entbehrten. Die Vertragsauflösung sei korrekt gewesen; ein Skonto stehe der Beklagten wegen der Zahlungsverzögerungen nicht zu. Mit der "Löschung" des Akkreditivs sei die Klägerin nicht einverstanden.

In den folgenden Gesprächen war von einer Abfertigung der Beklagten von DM 30.000,-- die Rede; es kam jedoch zu keiner Einigung.

Die Klägerin begehrt S 1,063.249,30 sA.

Für Warenlieferungen hafteten DM 135.514,-- unberichtigt aus. Bei einem Umrechnungskurs von S 7,14/DM ergebe sich ein Betrag von S 967.574,24. Davon sei der Schillinggegenwert von DM 2.693,32 abzuziehen; diesen Betrag anerkenne die Klägerin (ua) für berechtigte Reklamationen. Die Beklagte schulde der Klägerin bis einschließlich 19.2.1993 Verzugszinsen von DM 16.030,57, das seien S 114.458,27. Die Klägerin zahle für ihren Bankkredit 14 % Zinsen per anno.

Die Klägerin sei ihren Lieferverpflichtungen zur Gänze nachgekommen. Da kein schriftlicher Vertrag zustande gekommen sei, seien die mündlichen Vereinbarungen maßgebend. Danach sollte ein Rabatt von 50 % nur bei berechtigten Reklamationen von Kunden gewährt werden; solche Reklamationen habe es nicht gegeben. Die erste Teillieferung sei verspätet erfolgt, weil die Beklagte das Akkreditiv nicht rechtzeitig habe eröffnen lassen. Nach den vereinbarten Liefer- und Zahlungsbedingungen gelte eine Nachlieferungsfrist von 18 Tagen. Sämtliche Lieferungen seien in dieser Frist erfolgt. Daß die Klägerin das Akkreditiv wegen fehlender Unterlagen nicht habe in Anspruch nehmen können, berechtige die Beklagte nicht, daraus Ansprüche abzuleiten. Die Beklagte habe nicht aufgeschlüsselt, welche Ansprüche sie wegen der Beendigung der Geschäftsverbindung geltend mache.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.

Sie schulde der Klägerin nichts. Die Klägerin habe teils andere als die bestellte Ware geliefert. Die Lieferungen seien verspätet erfolgt, dadurch sei die Beklagte bei ihren Kunden in Verzug geraten. Die Beklagte habe für die Lieferverzögerungen vereinbarungsgemäß 50 % des Warenwertes abgezogen. Darüber hinaus habe sie 4 % Skonto abgezogen, weil sie es nicht zu verantworten habe, daß die Klägerin das Akkreditiv nicht habe in Anspruch nehmen können. Die Beklagte habe den Vertragsentwurf am 17.10.1991 unterfertigt und der Klägerin zurückgesandt. Die Klägerin sei der Beklagten zum Schadenersatz verpflichtet. Sie habe den Vertrag vorzeitig aufgelöst und Kunden der Beklagten übernommen. Der Schaden könne derzeit der Höhe nach noch nicht konkretisiert werden. Die Klägerin habe der Beklagten DM 30.000,-- als Abgeltung angeboten.

Das Erstgericht sprach der Klägerin den Schillinggegenwert von DM 132.820,68 sA zu. Das Mehrbegehren wies es ab.

Es sei das vereinbarte deutsche Recht anzuwenden. Nach Abzug berechtigter Gegenforderungen ergebe sich ein vorläufiger Saldo von DM 235.945,33. Die Beklagte habe DM 103.124,01 gezahlt; offen seien, unter Berücksichtigung der bereits in der Klage vorgenommenen Groschenabrundung, DM 132.820,68.

Zwischen den Streitteilen gelte der ausgehandelte Vertrag. Soweit sie davon nicht abwichen, seien auch die Geschäftsbedingungen der Klägerin anzuwenden. Nach den zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarungen hätte die Beklagte die Rechnungen entweder 10 Tage nach Ausstellung der Rechnung mit 4 % Skonto oder nach 30 Tagen rein netto zahlen sollen. Da die Beklagte den Betrag von DM 103.124,01 erst im Jänner 1993 gezahlt habe, stehe ihr kein Skonto zu. Daran ändere auch nichts, daß die Klägerin erstmals im November 1992 versucht habe, das Dokumentenakkreditiv in Anspruch zu nehmen, und auch zu diesem Zeitpunkt noch keine vollständigen Dokumente gehabt habe. Die Beklagte habe nämlich einer Freigabe des Betrages nicht zugestimmt. Dadurch sei die Beklagte jedenfalls in Zahlungsverzug geraten. Dazu komme, daß das Akkreditiv verspätet eröffnet worden sei und die Klägerin gar nicht in der Lage gewesen wäre, das Akkreditiv innerhalb der Skontofrist für die am 24.6.1992 und 26.6.1992 fakturierten Waren in Anspruch zu nehmen.

Die Klägerin habe zwar zumindest teilweise verspätet geliefert; die Streitteile hätten aber nicht vereinbart, daß der Beklagten auch ohne berechtigte Reklamation von Kunden bei Lieferverzug ein Rabatt von 50 % zustehe. Daß und welche konkrete Schäden sie erlitten habe, habe die Beklagte nicht behauptet.

Die Klägerin habe die Kündigungsfrist von drei Monaten nicht eingehalten. Die Beklagte habe ihre Schäden jedoch nicht beziffert; den in der Abrechnung geltend gemachten Abfertigungsanspruch von DM 36.000,-- habe sie nicht aufgeschlüsselt. Die von der Klägerin kapitalisierten Zinsen von DM 16.030,57 seien nicht nachvollziehbar. Es seien daher die nach dem Vertrag und dem von der Klägerin bewiesenen Schaden durch Kreditbelastung zustehenden Stufenzinsen zuzusprechen gewesen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die Beklagte habe die Freigabe des Akkreditivbetrages zu einem Zeitpunkt verweigert, als die Waren bereits an sie ausgeliefert und die Rechnungen fällig gewesen seien. Sie sei dadurch in Zahlungsverzug geraten, auch wenn zuvor der Abruf des Akkreditivs durch die Klägerin wegen des Fehlens von Dokumenten gescheitert sei.

Zu den in der Abrechnung vom 30.11.1992 vorgenommenen Abzügen sei die Beklagte nicht berechtigt gewesen. Die behauptete Rabattvereinbarung habe sie nicht bewiesen. Für eine schlüssige Vereinbarung reichten die von der Klägerin erteilten Gutschriften über 30 % Rabatt nicht aus. Skonto könne sich die Beklagte nicht abziehen, weil sie in Zahlungsverzug geraten sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, weil keine Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt besteht; sie ist auch teilweise berechtigt.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß mit der Vereinbarung, die Zahlung über ein Dokumentenakkreditiv abzuwickeln, auch vereinbart werde, daß die Zahlungspflicht erst mit der Einreichung der Dokumente entsteht. Die Beklagte habe ein Interesse daran, die Dokumente zu erhalten. Da die Klägerin die Dokumente nicht eingereicht habe, sei die Forderung nicht fällig geworden.

Gemäß § 35 Abs 1 IPRG ist das zwischen den Streitteilen vereinbarte deutsche Recht anzuwenden. Das Akkreditiv ist in Deutschland - wie in den meisten Staaten - nicht gesetzlich geregelt. Die rechtliche Ordnung des Dokumentenakkreditivs stützt sich demnach im wesentlichen auf die von der Praxis entwickelten Begriffe und Regeln. Die von der Internationalen Handelskammer erarbeiteten Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive (ERA; seit 1.1.1994 ist die Revision 1994 in Kraft; sie ersetzte die Revision 1983) sind selbst in Ländern eingeführt worden, in denen eine besondere gesetzliche Regelung besteht (s Eisemann/Schütze, Das Dokumentenakkreditiv im internationalen Handelsverkehr3, 20 ff).

Im vorliegenden Fall ist zu entscheiden, wie sich die Vereinbarung, die Verpflichtungen aus einem zwischen den Vertragsteilen geschlossenen Geschäft (Grundgeschäft) über ein Akkreditiv zu erfüllen (Akkreditivklausel; Avancini/Iro/Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht II Rz 4/21; s auch Palandt, BGB55 Einf v § 783 Rz 10 mwN), auf das Grundgeschäft auswirkt. Die Akkreditivklausel modifiziert die Pflichten der Parteien aus dem Kausalvertrag dahin, daß der eine Teil die Pflicht zur Akkreditivstellung und der andere Teil die Pflicht zur Dokumenteneinreichung übernimmt. Den Akkreditivbegünstigten trifft neben der Pflicht, die Dokumente einzureichen, noch die Pflicht zur ordnungsgemäßen Lieferung der Ware (Canaris, Bankvertragsrecht3 Rz 1048 mwN).

Die Pflichten der Parteien zueinander stehen zwar im Verhältnis der Gegenseitigkeit im Sinne der §§ 320 ff BGB, doch besteht für den Akkreditiv-Auftraggeber nach dem typischen Sinn der Akkreditivklausel eine Vorleistungspflicht hinsichtlich der Akkreditivstellung. Die Pflicht zur Akkreditivstellung ist eine Hauptpflicht, so daß ihre Verletzung die Rechte der §§ 325 f BGB auslösen kann. Das gleiche gilt für die Pflicht zur Dokumenteneinreichung (Canaris aaO Rz 1049 f; Zahn/Eberding/Ehrlich, Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel6 Rz 2/21, 2/25, jeweils mwN).

Durch die Eröffnung des Akkreditivs erlischt der Anspruch des Begünstigten aus dem Grundgeschäft noch nicht; das Akkreditiv wird zahlungshalber eröffnet (BGH NJW 1981, 1905; Palandt aaO § 364 Rz 7). Der Begünstigte muß daher zunächst versuchen, seine Forderung im Wege des Akkreditivs einzuziehen; wenn dies aber mißlingt, kann er sich direkt an den Akkreditivauftraggeber halten (Avancini/Iro/Koziol aaO Rz 4/23 mwN). Zur Geltendmachung bedarf es einer vorherigen Klage gegen die Akkreditivbank nicht; es genügt der Nachweis, daß ein ernsthafter Versuch, von der Bank gegen ordnungsgemäße Dokumente Zahlung zu erhalten, erfolglos geblieben ist (Zahn/Eberding/Ehrlich aaO Rz 2/17 mwN).

Da das Akkreditiv nur zahlungshalber eröffnet wird, bleibt der Bestand der Kausalforderung aus dem Valutaverhältnis unberührt. Diese geht erst durch die Zahlung des Akkreditivbetrages unter. Die Durchsetzbarkeit der Kausalforderung wird hingegen bereits durch die Vereinbarung der Akkreditivklausel in einer mit der Stundung vergleichbaren, wenn auch nicht identischen Weise gehemmt. Der Akkreditivbegünstigte kann solange nicht auf die Kausalforderung zurückgreifen, als er nicht ohne Erfolg den ordnungsgemäßen und ernsthaften Versuch gemacht hat, von der Bank Zahlung zu erlangen. Scheitert ein solcher Versuch, so wird die Kausalforderung wieder durchsetzbar. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Scheitern auf Gründen beruht, die der Akkreditivbegünstigte zu vertreten hat (Canaris aaO Rz 1058 mwN).

Läßt der Begünstigte das Akkreditiv aus Gründen verfallen, die er zu vertreten hat, so kann er daher zwar auf die Kaufpreisforderung zurückgreifen, er ist aber den eventuellen Schadenersatzansprüchen des Käufers aus positiver Forderungsverletzung ausgesetzt (Liesecke, Neuere Theorie und Praxis des Dokumentenakkreditivs, WM 1976, 258 [259]; Canaris aaO Rz 1058).

Kann der Begünstigte keine akkreditivgerechten Dokumente vorlegen, dann hat er es selber zu vertreten, daß er das Akkreditiv nicht in Anspruch nehmen kann. Eine Verpflichtung des Auftraggebers, der Auszahlung des Akkreditivbetrages gegen nicht ordnungsgemäße Dokumente zuzustimmen, läßt sich weder aus dem Akkreditiv noch aus dem Grundgeschäft ableiten.

Es ist daher auch ausgeschlossen, den nicht zustimmenden Auftraggeber mit Verzugsfolgen zu belasten. Erst wenn der Begünstigte das Akkreditiv nicht mehr in Anspruch neben kann und daher die Forderung aus dem Grundgeschäft geltend macht, beginnen etwaige Verzugszinsen

zu laufen (zur Verjährung des Kaufpreisanspruches s BGHZ 55, 340 = WM

1971, 385 = BB 1971, 371 = NJW 1971, 979; Canaris aaO Rz 1058 f).

Solange das Akkreditiv ausnützbar ist, ist die Kaufpreisforderung "gehemmt"; es kann daher zB auch nicht mit Forderungen aus anderen Geschäften gegen die Kaufpreisforderung aufgerechnet werden (BGHZ 60, 262, 264 = WM 1973, 483; Liesecke aaO 259 f).

Die Vorinstanzen haben der Klägerin daher zu Unrecht Verzugszinsen auch für Zeiträume zugesprochen, in denen das Akkreditiv noch gültig und daher auch ausnützbar war. Das Akkreditiv war nach den Feststellungen bis 5.11.1992 gültig; mangels entgegenstehender Behauptungen über eine kürzere Vorlagefrist (s Eisemann/Schütze aaO 91; Zahn/Eberding/Ehrlich aaO 2/213; Avancini/Iro/Koziol aaO 4/104) ist anzunehmen, daß die Klägerin das Akkreditiv bis zu diesem Zeitpunkt durch die Einreichung akkreditivgerechter Dokumente in Anspruch nehmen hätte können.

Erst mit dem Scheitern des Versuches, das Akkreditiv in Anspruch zu nehmen, sind die Forderungen aus dem Grundgeschäft wieder durchsetzbar und damit fällig geworden. Endgültig gescheitert ist die Inanspruchnahme mit dem Verfall des Akkreditivs (Eisemann/Schütze aaO 174; Zahn/Eberding/Ehrlich aaO 2/62; Avancini/Iro/Koziol aaO 4/40). Die Forderungen aus dem Grundgeschäft wurden daher mit 5.11.1992 fällig. Erst ab diesem Zeitpunkt stehen der Klägerin Verzugszinsen zu (§ 353 HGB).

Die Klägerin hat die von der Beklagten bestellte Ware in Teilen geliefert. Nach dem Akkreditiv waren Teillieferungen gestattet; die Klägerin hätte daher die jeweiligen Teilrechnungen mit den sonst geforderten Dokumenten (Versandpapiere und Packlisten) unter dem Akkreditiv einreichen und die darauf entfallenden (Teil )Zahlungen erhalten können (s Eisemann/Schütze aaO 99; Zahn/Eberding/Ehrlich aaO Rz 2/275). Da sie dies unterlassen hat, ist der Beklagten das vertraglich vereinbarte Skonto entgangen. Für diesen Schaden haftet die Klägerin, weil sie nach dem zwischen den Streitteilen zustande gekommenen Vertrag verpflichtet war, die Dokumente einzureichen.

Das Akkreditiv wurde der Klägerin am 24.7.1992 avisiert. Sie hätte demnach die ab dem 21.7.1992 erstellten Rechnungen jeweils noch innerhalb der Skontofrist von 10 Tagen mit den übrigen im Akkreditiv vorgeschriebenen Dokumenten vorlegen und Zahlung aus dem Akkreditiv erhalten können. Diese Rechnungen belaufen sich auf insgesamt DM 187.965,62. Die Beklagte hat aus diesem Titel DM 5.811,57 geltend gemacht. Insoweit sowie auch im Umfang der für die Zeit vor dem 5.11.1992 geltend gemachten Verzugszinsen ist das Klagebegehren nicht berechtigt.

Der Revision war teilweise Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 43, 50 ZPO. Die Klägerin hat das Klagebegehren am Ende der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung um DM 2.693,32 eingeschränkt; sie ist daher für das Verfahren erster Instanz als mit insgesamt DM 8.504,89 unterlegen anzusehen. Berücksichtigt man, daß die Klägerin auch bei den Zinsen teilweise unterlegen ist und daß die Klärung dieser Frage einen nicht unwesentlichen Prozeßaufwand erfordert hat, so erscheint es gerechtfertigt, das Unterliegen der Klägerin im Verfahren erster Instanz mit rund einem 1/8 zu bewerten. Die Klägerin hat daher Anspruch auf Ersatz von 6/8 = 3/4 ihrer Kosten und von 7/8 ihrer Barauslagen. Im Rechtsmittelverfahren ist die Klägerin als mit rund 1/10 unterlegen anzusehen. Ihr Kostenersatzanspruch beläuft sich daher auf 8/10 = 4/5 ihrer Kosten.

Rechtssätze
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