JudikaturJustiz4Ob194/14d

4Ob194/14d – OGH Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2014

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Pflegschaftssache des ***** mj D***** N*****, vertreten durch seine Mutter N***** N*****, diese vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter gegen den Beschluss des Landesgerichts Steyr als Rekursgericht vom 4. September 2014, GZ 1 R 237/14t 34, womit der Rekurs der Mutter gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Kirchdorf an der Krems vom 22. Juli 2014, GZ 3 PS 469/13p 25, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Bereits seit Juli 2013 ist betreffend den ***** Buben ein Pflegschaftsverfahren anhängig. Am 30. Juli 2013 hatte bereits das Land Oberösterreich als Jugendwohlfahrtsträger die Betrauung mit der Obsorge im Teilbereich Pflege und Erziehung beantragt. Dieser Antrag wurde am 6. August 2013 im Hinblick auf in einem gerichtlichen Vergleich festgehaltene näher bestimmte Verpflichtungserklärungen der Mutter zurückgezogen.

Am 21. Juli 2014 beantragte das Land Oberösterreich als Kinder und Jugendhilfeträger, im Hinblick auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung die Erziehungsfähigkeit der Mutter durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen.

Das Erstgericht bestellte daraufhin eine aus zwei Mitgliedern bestehende psychologische Praxisgemeinschaft zum Sachverständigen und ersuchte um ein Gutachten zu den Fragen, ob bei dem Buben und seinen beiden Geschwistern eine Entwicklung im Rahmen des Normalen vorliege oder ob von einem Entwicklungsrückstand auszugehen sei, ob die Mutter die notwendige Erziehungsfähigkeit aufweise oder nicht und ob eine konkrete Kindeswohlgefährdung vorliege sowie welche Maßnahmen gegebenenfalls aus kinderpsychologischer Sicht notwendig und angezeigt seien.

Das Rekursgericht wies den Rekurs, den es als Rechtsmittel der Kinder bezeichnete, zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei. Verfahrensleitende Beschlüsse, wozu insbesondere auch Sachverständigenbestellungsbeschlüsse zählten, seien nicht abgesondert anfechtbar.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter, mit dem sie die Beseitigung des Sachverständigenbestellungsbeschlusses anstrebt, ist nicht zulässig.

Der Umstand, dass das Rekursgericht den Rekurs als vom Minderjährigen eingebracht erachtete, spielt schon im Hinblick auf die generelle Unanfechtbarkeit des erstinstanzlichen Sachverständigenbestellungsbeschlusses keine Rolle.

Ein Beschluss, mit dem sei es über Antrag einer Partei, sei es von Amts wegen ein Sachverständiger bestellt wird oder mit dem einem Sachverständigen ein Auftrag erteilt wird, ist ein verfahrensleitender Beschluss und daher gemäß § 45 Satz 2 AußStrG erst mit dem Rekurs gegen die Entscheidung über die Hauptsache anfechtbar (4 Ob 137/05h = SZ 2005/101 uva; RIS Justiz RS0120052). Auch die Behauptung, durch den Inhalt des Bestellungsbeschlusses könnten Persönlichkeitsrechte verletzt werden, nimmt dem entsprechenden Beschluss nicht den Charakter eines verfahrensleitenden Beschlusses (5 Ob 181/09t ua; RIS Justiz RS0120052 [T1]).

Die Bestellung des Sachverständigen kann nicht als meritorische Entscheidung im Zusammenhang mit einer möglichen Entziehung oder Einschränkung der Obsorge beurteilt werden. Die Bestellung eines Sachverständigen und die Auftragserteilung an ihn dienen dazu, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung des Verfahrensgegenstands in der Sache zu ermöglichen (hier vor allem die Frage nach einer möglichen Kindeswohlgefährdung). Diese von § 13 Abs 1 AußStrG vorgegebene Art der Verfahrensgestaltung obliegt dem Gericht ( Rechberger , AußStrG 2 § 13 Rz 1 und 3). Es ist nicht notwendig, den Parteien vor jedem einzelnen Verfahrensschritt rechtliches Gehör einzuräumen, es genügt vielmehr, dass sich eine Partei zu den Beweisergebnissen vor der Entscheidung äußern kann (8 Ob 42/14f; vgl RIS Justiz RS0074920).

Der Grundsatz der materiellen Prozessleitung (§ 13 Abs 1 AußStrG) und der Untersuchungsgrundsatz (§ 16 AußStrG) verhindern, dass die Parteien Beweisaufnahmen unterbinden. Sie haben daher im Außerstreitverfahren keinen subjektiven Anspruch darauf, dass Beweise nicht aufgenommen werden. Die Rechtssphäre einer Partei kann nur dadurch berührt werden, dass zu wenig Beweise aufgenommen werden, nicht aber durch eine (allenfalls) unnötig verbreiterte Entscheidungsrundlage (6 Ob 277/00d; 6 Ob 329/00a).

Durch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung wird ein Rechtsmittel, dass vom Gesetz ausgeschlossen ist, nicht zulässig (3 Ob 512/84).

Sachverständige können unter den selben Voraussetzungen abgelehnt werden wie Richter (§ 35 AußStrG iVm § 355 ZPO). Einen solchen Antrag, über den das Erstgericht zu entscheiden hätte, hat im Verfahren bislang niemand gestellt. Die Ablehnung eines Sachverständigen könnte überdies höchstens zur Bestellung eines anderen Sachverständigen führen, nicht aber zu der von der Revisionsrekurswerberin offenbar angestrebten Verhinderung des Sachverständigenbeweises (3 Ob 187/14t).

Mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG war der außerordentliche Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.

Rechtssätze
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