JudikaturJustiz4Ob166/19v

4Ob166/19v – OGH Entscheidung

Entscheidung
24. Oktober 2019

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon. Prof. Dr. Brenn, Priv. Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei e***** GesmbH, *****, vertreten durch Schwarz Schönherr Rechtsanwälte KG in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Urteilsveröffentlichung und Zahlung (Streitwert im Sicherungsverfahren 30.000 EUR), über die Revisionsrekurse der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. Juni 2019, GZ 129 R 58/19a 11, sowie gegen den Ergänzungsbeschluss vom 29. August 2019, GZ 129 R 58/19a 15, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 9. Mai 2019, GZ 54 Cg 20/19y 7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs gegen den Beschluss vom 28. 6. 2019 (Hauptsicherungsbegehren) wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs gegen den Ergänzungsbeschluss vom 29. 8. 2019 (Eventualsicherungsbegehren) wird hingegen Folge gegeben und die Entscheidung des Rekursgerichts insoweit dahin abgeändert, dass diese zu Pkt 2. des Spruchs lautet:

„2. Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden und gefährdeten Partei wird der beklagten und gefährdenden Partei bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils verboten, von Mitarbeitern der klagenden und gefährdeten Partei hergestellte Allgemeine Lieferbedingungen für die Lieferung von Energie im geschäftlichen Verkehr insofern glatt zu übernehmen, als ihr Text zur Gänze oder zu erheblichen Teilen in entsprechenden Geschäftsbedingungen der beklagten und gefährdenden Partei integriert wird.“

Pkt 1. im Spruch der Entscheidung des Rekursgerichts vom 28. 6. 2019 bleibt unverändert aufrecht.

Die Kosten des Sicherungsverfahrens erster und zweiter Instanz hat die klagende und gefährdete Partei vorläufig und die beklagte und gefährdende Partei endgültig selbst zu tragen.

Die klagende und gefährdete Partei hat die Kosten ihres Ergänzungsantrags und ihres Revisionsrekurses gegen den Ergänzungsbeschluss vorläufig selbst zu tragen. Die beklagte und gefährdende Partei hat die Kosten der sich darauf beziehenden Revisionsrekursbeantwortung vom 30. 9. 2019 endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.096,56 EUR (darin enthalten 182,76 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vom 9. 9. 2019 binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Bei den Streitteilen handelt es sich um Unternehmen, die Energielösungen für Business- und Großkunden in Österreich anbieten und zu diesem Zweck Energielieferverträge für Strom und Gas abschließen, denen sie ihre Allgemeinen Lieferbedingungen zugrunde legen. Im Jahr 2018 wurde der Klägerin bekannt, dass die Beklagte ihre Vertragstexte nahezu unverändert übernommen hat. Am 20. 8. 2018 gab die Beklagte über Aufforderung der Klägerin eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung in Bezug auf die Energielieferverträge der Klägerin ab.

Im Jänner 2019 bemerkte die Klägerin, dass die Beklagte auch ihre Allgemeinen Lieferbedingungen (Stand Juli 2016) nahezu unverändert übernommen hatte; auch die von der Beklagtenvertreterin mit Schreiben vom 29. 1. 2019 übermittelten Allgemeinen Lieferbedingungen enthielten nur die gleichen geringfügigen Abweichungen. Die Überarbeitung durch die Beklagte bestand im Wesentlichen darin, dass teilweise die Satzstellung verändert wurde und teilweise Synonyme verwendet werden.

Die Allgemeinen Lieferbedingungen der Klägerin enthalten unter anderem eine Preiszonenklausel (Pkt 5 Abs 3) und eine Energieeffizienzklausel (Pkt 5 Abs 6), die von der Rechtsabteilung der Klägerin speziell für das Businesskundensegment ausgearbeitet wurden.

Zur Sicherung ihrer inhaltsgleichen, auf § 2 Z 1 UrhG (Hauptbegehren) und auf § 1 Abs 1 Z 1 UWG (Eventualbegehren) gestützten Unterlassungsansprüche stellte die Klägerin den Antrag, der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten

1. den Text Allgemeiner Lieferbedingungen, insbesondere solcher für die Lieferung von Energie, oder ähnlicher Sprachwerke, an denen der Klägerin die ausschließlichen Verwertungsrechte zustehen, ohne deren Zustimmung ganz oder zu erheblichen Teilen zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen, zur Verfügung zu stellen und/oder zur Verfügung stellen zu lassen und/oder sonst zu verwerten und/oder verwerten zu lassen, insbesondere durch Übermittlung an Kunden der Beklagten (Hauptsicherungsbegehren);

2. von Mitarbeitern der Klägerin hergestellte Allgemeine Lieferbedingungen für die Lieferung von Energie im geschäftlichen Verkehr insofern glatt zu übernehmen, als ihr Text zur Gänze oder zu erheblichen Teilen in entsprechenden Geschäftsbedingungen der Beklagten integriert wird (Eventualsicherungsbegehren).

Die Klägerin habe speziell für ihre Angebote im Businesskundensegment maßgeschneiderte Allgemeine Lieferbedingungen entworfen. Insbesondere die Preiszonenklausel und die Energieeffizienzklausel seien originär ausgearbeitet worden. Dabei handle es sich um Sprachwerke im Sinn des § 2 Z 1 UrhG. Zudem verstoße das Verhalten der Beklagten gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG, weil diese die Leistungen der Klägerin unlauter ausbeute.

Die Beklagte entgegnete, dass keine Urheberrechtsverletzung vorliege, weil die Allgemeinen Lieferbedingungen standardmäßig aufgebaut seien. Die Preiszonenklausel und die Energieeffizienzklausel seien rein technischer Natur und beträfen betriebswirtschaftliche Vorgänge. Auch eine UWG Verletzung scheide aus, weil keine Spürbarkeit der Rechtsverletzung gegeben sei.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung im Sinn des Hauptsicherungsbegehrens. Auch Allgemeinen Geschäftsbedingungen könne der Schutz als Sprachwerk zukommen. Im Anlassfall liege in Bezug auf die Preiszonenklausel und die Energieeffizienzklausel ein hoher Grad an Individualität vor. Die von der Beklagten vorgenommenen geringfügigen Änderungen seien nicht als schöpferische Neugestaltung zu qualifizieren.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten teilweise Folge und formulierte das Unterlassungsgebot zum Hauptsicherungsbegehren in nur eingeschränktem Umfang wie folgt:

„Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden und gefährdeten Partei wird der beklagten und gefährdenden Partei bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils verboten, den Text Allgemeiner Lieferbedingungen für die Lieferung von Energie, die die Vorgangsweise innerhalb einer gemeinsamen Preiszone für den Fall regeln, dass der Ort für die Preisfixierung einer anderen Zone zugeteilt wird und dadurch Preisdifferenzen entstehen, und die den Umgang mit der Energieeffizienzumlage innerhalb einer Gruppe regeln, an denen der klagenden Partei die ausschließlichen Verwertungsrechte zustehen, ohne deren Zustimmung ganz oder zu erheblichen Teilen zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen, zur Verfügung zu stellen und/oder zur Verfügung stellen zu lassen und/oder sonst zu verwerten und/oder verwerten zu lassen, insbesondere durch Übermittlung an Kunden der beklagten Partei.“

Das darüber hinausgehende Mehrbegehren zum Hauptsicherungsbegehren wies das Rekursgericht ab.

Mit Ergänzungsbeschluss vom 29. August 2019 wies das Rekursgericht das Eventualsicherungsbegehren ab. Die glatte Leistungsübernahme der Allgemeinen Lieferbedingungen durch die Beklagte sei lauterkeitswidrig. Dies gelte aber nur für die Preiszonenklausel und die Energieeffizienzklausel, weil die von den übrigen Klauseln erfassten Regelungsgegenstände frei bleiben müssten, zumal sich diese an einem Standardaufbau und Standardinhalt orientierten.

Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht zunächst als nicht zulässig. Über Antrag der Klägerin nach §§ 508 Abs 3, 528 Abs 2a ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO sprach es nachträglich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Rekursgericht von den Grundsätzen zur Fassung des Unterlassungsgebots abgewichen sei.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richten sich die Revisionsrekurse der Klägerin, die auf die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts und in eventu auf die Stattgebung des Eventualbegehrens abzielen.

Mit ihren Revisionsrekursbeantwortungen beantragt die Beklagte, die Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesen den Erfolg zu versagen.

Über das Eventualbegehren hat das Rekursgericht erst mit dem Ergänzungsbeschluss vom 29. 8. 2019 abgesprochen. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt daher kein Verstoß gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels vor (vgl RIS Justiz RS0041425; 2 Ob 78/16h).

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind zulässig, weil sich die Entscheidung des Rekursgerichts als korrekturbedürftig erweist. Der Revisionsrekurs gegen den Ergänzungsbeschluss ist auch berechtigt.

1. Die Klägerin hat nicht etwa zwei gesonderte Unterlassungsbegehren, einmal auf der Grundlage des UrhG und einmal auf der Grundlage des UWG, erhoben. Vielmehr hat sie beide Begehren in ein „Eventualverhältnis“ zueinander gestellt. Dabei hat sie einen weiten Ansatz gewählt. Sowohl aus der Formulierung der Begehren als auch aus der rechtlichen Argumentation der Klägerin ergibt sich, dass ihr an der Untersagung der Verwendung des gesamten Textes der Allgemeinen Lieferbedingungen durch die Beklagte gelegen ist. Sie stützt sich dabei zum einen auf das UrhG und zum anderen auf das UWG als zwei unterschiedliche Anspruchsgrundlagen . Dementsprechend spricht sie in ihrem Rechtsmittel auch ausdrücklich von der „lauterkeitsrechtlichen Grundlage des Unterlassungsanspruchs“. Ihr Rechtsmittelantrag lautet in diesem Sinn dahin, entweder die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen oder dem Eventualbegehren stattzugeben.

Bei der Bezugnahme auf das UrhG einerseits und das UWG andererseits handelt es sich somit in Wirklichkeit um Eventualbegründungen der Klägerin, die zur Stattgebung des umfassend formulierten Unterlassungsgebots führen sollen. Ausgehend von dieser Auslegung des Begehrens und des Vorbringens der Klägerin ist der Rechtsschutzantrag ihrer Revisionsrekurse wie folgt zu verstehen: Wenn die Klägerin nicht mit dem umfassenden Hauptbegehren durchdringt, will sie das umfassende Eventualbegehren verfolgen.

2. Zum Hauptbegehren auf der Grundlage des UrhG :

2.1 Das Rekursgericht gab dem Hauptsicherungsbegehren nur in einem eingeschränkten Umfang statt. Dabei qualifizierte es die Preiszonenklausel (Pkt 5 Abs 3 ALB) und die Energieeffizienzklausel (Pkt 5 Abs 6 ALB) als Sprachwerke und beurteilte die Übernahme der Allgemeinen Lieferbedingungen der Klägerin durch die Beklagte mit nur marginalen Umformulierungen als Verletzung der Verwertungsrechte der Klägerin. Davon ausgehend knüpfte es das Unterlassungsgebot ausschließlich an die bejahte Urheberrechtsverletzung und untersagte der Beklagten die Verwertung der beiden genannten Klauseln, deren Regelungsinhalt das Rekursgericht im Spruch näher umschrieb. Zudem erachtete es die Erweiterung des Unterlassungsgebots durch die Formulierung „insbesondere solcher [Allgemeiner Lieferbedingungen] für die Lieferung von Energie“ als unberechtigt.

2.2 Zum Hauptsicherungsbegehren führt die Klägerin in ihrem Revisionsrekurs aus, dass den Allgemeinen Lieferbedingungen nur teilweise Werkcharakter zukomme und sie anderes gar nicht behauptet habe. Aus diesem Grund solle die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass nur die beiden Klauseln zur Preiszone und zur Energieeffizienz urheberrechtlichen Schutz genießen, nicht hinterfragt werden. Die Allgemeinen Lieferbedingungen enthielten demnach urheberrechtlich geschützte und ungeschützte Elemente.

Zur Fassung des Unterlassungsgebots durch das Rekursgericht führt die Klägerin ins Treffen, dass bei Unterlassungsansprüchen eine gewisse allgemeine Fassung erforderlich sei, um Umgehungen zu vermeiden. Das Unterlassungsgebot sei zu eng, wenn es nur die festgestellte Verletzungshandlung umfasse.

2.3 In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dem Unterlassungsbegehren eine allgemeinere Fassung gegeben werden kann, um Umgehungen zu vermeiden (RS0037733; RS0037607; 4 Ob 162/18d). Das verbotene Verhalten muss aber so deutlich umschrieben sein, dass es dem Beklagten als Richtschnur für sein künftiges Verhalten dienen kann. Es muss in einer für das Gericht und die Parteien unverwechselbaren Weise feststehen, was geschuldet wird (RS0119807; 4 Ob 24/19m). Dementsprechend ist es zulässig, die konkrete Verletzungshandlung zu nennen und das Verbot auf ähnliche Eingriffe zu erstrecken (RS0037607 [T18]; 4 Ob 147/18y), oder das unzulässige Verhalten verallgemeinernd zu umschreiben und durch „insbesondere“ aufgezählte Einzelverbote zu verdeutlichen (4 Ob 88/10k). Auch bei einer solchen allgemeineren Fassung des Urteilsbegehrens muss der Spruch den Kern der Verletzungshandlung erfassen (RS0000771 [T4]; vgl auch RS0037645).

2.4 Richtig ist, dass in der Entscheidung 4 Ob 88/10k ausgesprochen wurde, dass eine Verletzung von Urheberrechten durch die Verletzungshandlung (Eingriff in Verwertungsrechte), den verletzten Schutzgegenstand (Werkkategorie) und die in ihren Rechten verletzte Person (Urheber oder sonstiger Rechteinhaber) gekennzeichnet ist. Urheberrechte verletzt, wer ohne Bewilligung des Urhebers in die dem Urheber ausschließlich zustehenden Verwertungsrechte eingreift. Die Fassung des Unterlassungsgebots bei Urheberrechtsverletzungen hat daher in erster Linie auf jenes Verwertungsrecht abzustellen, das durch die konkrete Verletzungshandlung berührt wird, und darüber hinaus auch der konkreten Verletzungshandlung ähnliche Fälle zu berücksichtigen. Der urheberrechtliche Schutzgegenstand „Werk“ (§ 1 Abs 1 UrhG) umfasst die unterschiedlichsten Werkkategorien und bedarf deshalb bei Fassung des Unterlassungsgebots einer einschränkenden Präzisierung auf den Kern der begangenen Rechtsverletzung.

Ausgehend von diesen Grundsätzen wurde in der zitierten Entscheidung das Unterlassungsgebot auf die konkrete Verletzungshandlung (Verwertung der konkret abgedruckten Grafik) bezogen und um die Wendung „sonstige Gebrauchsgrafiken und ähnliche Werke“ erweitert.

2.5 Die Ansicht der Klägerin, dass der Beklagten mit dem Unterlassungsgebot allgemein untersagt werden könne, den Text Allgemeiner Lieferbedingungen, insbesondere solcher für die Lieferung von Energie, zu verwenden, soweit es sich dabei um Sprachwerke handle, steht mit den dargelegten Grundsätzen nicht im Einklang. Da ihr Hauptsicherungsbegehren zu weit formuliert ist, kann das beantragte (umfassende) Unterlassungsgebot auf der Grundlage des UrhG nicht erlassen werden.

3. Eventualbegehren auf der Grundlage des UWG :

3.1 Zum Eventualbegehren führte die Klägerin im Revisionsrekurs aus, dass sich der Übernehmer eines Arbeitsergebnisses einer schmarotzerischen Ausbeutung fremder Leistungen schuldig mache. Bei ihren Allgemeinen Lieferbedingungen handle es sich um ein derartiges Arbeitsergebnis, das von der Beklagten glatt übernommen worden sei, zumal diese nur geringfügige Umformulierungen vorgenommen habe. Bei der Beurteilung einer lauterkeitsrechtlichen Leistungsübernahme komme es nicht darauf an, ob die Arbeitsergebnisse sonderrechtlich geschützt seien oder nicht.

3.2 Damit ist die Klägerin im Recht:

Unlauter im Sinn des § 1 Abs 1 Z 1 UWG wegen schmarotzerischer Ausbeutung einer fremden Leistung bzw einer sklavischen Nachahmung oder glatten Leistungsübernahme handelt, wer ohne jede eigene Leistung bzw ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das auch ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um dem Geschädigten mit dessen eigener Mühe Konkurrenz zu machen (RS0078341; zur glatten Leistungsübernahme vgl zuletzt 4 Ob 80/19x Pkt 4.1 mwN). Dies gilt auch für die glatte Übernahme von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wenn diese mit einem gewissen Arbeitsaufwand eigens für die Bedürfnisse des Anwenders erstellt wurden, und wenn sie ohne nennenswerte Änderungen abgeschrieben bzw der Text und die Gestaltung nahezu unverändert übernommen wurden (vgl 4 Ob 23/00m; vgl auch RS0078593). Dabei ist das mit der Übernahme verbundene Unwerturteil umso größer, je individueller und eigenartiger das Arbeitsergebnis ist (4 Ob 47/06z).

3.3 Die Beklagte hat die Allgemeinen Lieferbedingungen der Klägerin nahezu unverändert übernommen. Die teilweisen und nur geringfügigen Änderungen (zum Teil geänderte Satzstellung und Verwendung von Synonymen) dienten nur der Kosmetik und bewirkten keine nennenswerten Abweichungen. Damit liegt eine schmarotzerische Ausbeutung fremder Leistungen vor, die gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG verstößt.

3.4 Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Regelungen in den Allgemeinen Lieferbedingungen der Klägerin – mit Ausnahme der Preiszonenklausel und der Energieeffizienzklausel – „frei bleiben“ müssten, ist urheberrechtlich geprägt und weicht von den dargelegten Grundsätzen zur lauterkeitswidrigen Übernahme von Arbeitsergebnissen ab. Nach der Rechtsprechung kommt es in dieser Hinsicht nicht darauf an, ob es sich bei den übernommenen Leistungen um sonderrechtlich geschützte oder ungeschützte Arbeitsergebnisse handelt (vgl RS0078341).

3.5 Der Einwand der Beklagten, dass es am Tatbestandsmerkmal der spürbaren Beeinflussung mangle, weil die „Vertragsformblätter“ nur jenen Kunden übermittelt worden seien, die sich bereits zu einem Vertragswechsel (von der Klägerin hin zur Beklagten) entschieden hätten, ist nicht überzeugend.

In der hier zu treffenden Entscheidung geht es nicht um die Energielieferverträge, sondern um die Allgemeinen Lieferbedingungen. Damit Allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag einbezogen werden, muss der Vertragspartner vor Vertragsabschluss die Möglichkeit haben, vom Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Kenntnis zu nehmen (1 Ob 30/04z); sie müssen somit zugänglich sein. Aus diesem Grund liegt es auch nahe, dass sich potenzielle Neukunden mit den Allgemeinen Lieferbedingungen beschäftigen, durch branchenorientierte und sachkundig ausgearbeitete Allgemeine Geschäftsbedingungen angezogen werden können und dem zugrunde liegenden Leistungsangebot nähertreten, was zu einer Nachfrageverlagerung zum Nachteil von Mitbewerbern führen kann.

3.6 Das Eventualsicherungsbegehren erweist sich damit als berechtigt.

In Stattgebung des Revisionsrekurses der Klägerin war daher die beantragte einstweilige Verfügung im Sinn des Eventualsicherungsbegehrens zu erlassen.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 EO iVm §§ 41, 43, 50 ZPO.

Der Verfahrensaufwand, der zur Prüfung der Berechtigung des Hauptsicherungsbegehrens erforderlich war, konnte auch für die Beurteilung des erfolgreichen Eventualsicherungsbegehrens verwertet und damit ein annähernd gleicher wirtschaftlicher Erfolg erreicht werden (RS0110839). Die Klägerin ist im Sicherungsverfahren daher als obsiegend zu betrachten. Dies gilt allerdings nicht für ihren erfolglosen Revisionsrekurs vom 26. 7. 2019. Die Beklagte hat die Kosten der sich darauf beziehenden Revisionsrekursbeantwortung überhöht verzeichnet, weil sie von der Bemessungsgrundlage für das gesamte Sicherungsbegehren ausgegangen ist.

Rechtssätze
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