JudikaturJustiz4Ob102/02g

4Ob102/02g – OGH Entscheidung

Entscheidung
28. Mai 2002

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Eveline S*****, vertreten durch Dr. Herbert Hochegger und Mag. Markus Kajaba, Rechtsanwälte in Wien, wegen 19.985,25 EUR sA, infolge Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2001, GZ 12 R 117/01x 32, mit dem infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 30. März 2001, GZ 20 Cg 196/99f 25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert , dass die Entscheidung unter Einschluss des in Rechtskraft erwachsenen abweisenden Anspruchsteils wie folgt zu lauten hat:

"Das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, der Klägerin 290.963 S samt 18 % Zinsen seit 30. 6. 1999 zu zahlen, wird abgewiesen.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 5.318,26 EUR bestimmten Kosten (darin 886,38 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 4.102,52 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 442,73 EUR USt und 1.446,17 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin als Leasinggeberin und der Beklagten sowie deren Ehegatten als Leasingnehmer wurden 1996 und 1997 insgesamt vier Leasingverträge über Lastkraftwagen geschlossen. Die Lastkraftwagen waren im Transportunternehmen des Ehegatten der Beklagten eingesetzt; die Beklagte war dort als Angestellte beschäftigt.

Die Bedingungen der Leasingverträge lauten auszugsweise wie folgt:

„4. Verzug:

Bei Verzug mit mindestens einem Leasingentgelt (samt Nebenkosten) durch mindestens sechs Wochen trotz Einmahnung unter Setzung einer Nachfrist von zwei Wochen kann der Leasinggeber den Vertrag vorzeitig auflösen (siehe Punkt 9) ... Im Verzugsfalle und im Falle der Auflösung bzw Beendigung des Vertragsverhältnisses hat der Leasingnehmer für die jeweils überfälligen Beträge, aus welchem Titel immer, 1,5 % kontokorrentmäßig p.m. gerechnet an Verzugszinsen zu bezahlen. Weiters ist der Leasingnehmer verpflichtet, außer den beim Leasinggeber usuellen Mahnspesen alle dem Leasinggeber bei Verfolgung seiner Ansprüche auflaufenden Kosten, Spesen und Barauslagen, aus welchem Titel immer sie resultieren, zu bezahlen.

...

9. Vorzeitige Auflösung:

Der Leasinggeber kann den Leasingvertrag durch schriftliche Erklärung fristlos auflösen: ... c) bei wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Leasingnehmers, insbesondere bei ... Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder nichtgerichtlichem Ausgleichsverfahren jeweils hinsichtlich des Leasingnehmers, eines Geschäftsführers oder persönlich haftenden Gesellschafters ... Die Auflösungsmöglichkeit ist gegeben, wenn eine der obigen Voraussetzungen auch nur hinsichtlich eines Leasingnehmers oder eines Sicherstellung leistenden Dritten zutrifft.

10. Schaden- und Ausfallersatzansprüche des Leasinggebers:

Bei vorzeitiger Auflösung gemäß Punkt 9 ... hat der Leasingnehmer dem Leasinggeber unbeschadet dessen Anspruchs auf rückständige Leasingentgelte samt Zinsen und Kosten gemäß Punkt 4 den nachstehend angeführten Schaden und/oder Ausfall zu ersetzen. a) Die Summe aller bis zum ursprünglichen Vertragsende bzw bis zum Ende des Kündigungsverzichts des Leasingnehmers bei einem Vertrag auf unbestimmte Dauer noch ausstehenden Leasingentgelte zuzüglich des vertraglich vereinbarten Restwerts, abgezinst zur jeweils geltenden Bankrate der Österreichischen Nationalbank auf den Tag der Fälligkeit des Anspruchs auf Ersatz des Schadens/Ausfalls; b) sämtliche dem Leasinggeber aus der vorzeitigen Vertragsbeendigung erwachsenden Kosten zB Schätzungskosten bei der Verwertung des Leasingobjekts etc, c) von dem so ermittelten Betrag sind der durch einen vom Leasinggeber nach seiner Wahl bestellten gerichtlich beeideten Sachverständigen festgesetzten Verkehrswert des Leasingobjekts sowie eine dem Leasinggeber allenfalls nach Vertragsablauf zugeflossene Versicherungsleistung, sowie eine erlegte Depotzahlung laut Punkt c des Antrags/Vertrags abzuziehen. Zum Abzug des Verkehrswerts des Leasingobjekts kommt es nur insoweit, als sich dieses bei Geltendmachung des Schaden /Ausfallersatzanspruchs in der alleinigen Verfügungsmacht des Leasinggebers befindet. Der Abzug des Verkehrswerts erfolgt derart bedingt, dass sich der Schaden /Ausfallbetrag entsprechend erhöht, falls eine Verwertung auf Basis des ursprünglich ermittelten Verkehrswerts nicht zustande kommt. Andererseits wird gegebenenfalls ein diesen Verkehrswert übersteigender Teil des Verkaufserlöses zu berücksichtigen sein. Diesen Schaden/Ausfall zuzüglich allfälliger gesetzlicher Umsatzsteuer hat der Lesasingnehmer dem Leasinggeber innerhalb von 14 Tagen nach an ihn ergangener Aufforderung zu ersetzen. Die Schaden /Ausfallersatzforderung des Leasinggebers ist gemäß der Bestimmung des Punkts 3 dieses Vertrags wertgesichert. Für einen nach Abdeckung aller Ansprüche des Leasinggebers verbleibenden restlichen Erlös aus dem Verkauf des Leasingobjekts gilt Punkt 11, 4. Satz, sinngemäß.

...

15. Solidarhaftung:

Für alle Verpflichtungen aus diesem Vertrag haften sämtliche Leasingnehmer als Solidarschuldner und haben diese zur ungeteilten Hand zu erfüllen. Bei einer Mehrheit von Leasingnehmern können Rechte und Ansprüche aus diesem Leasingvertrag nur durch den an erster Stelle genannten Leasingnehmer dem Leasinggeber gegenüber geltend gemacht werden. Der Leasinggeber ist andererseits berechtigt, nach seiner Wahl an einen der Leasingnehmer mit Wirkung für alle Leasingnehmer rechtserhebliche Mitteilungen zu richten, soweit nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen dem entgegenstehen."

Am 21. 12. 1995 wurde der Rechtsvorgängerin der Klägerin zum nicht klagegegenständlichen Leasingvertrag zu Konto Nr. 109/950.293 ein Überbringersparbuch mit einer Einlage von 254.442,01 S verpfändet. Das Sparguthaben sollte der Sicherstellung der Forderungen der Klägerin aus diesem Vertrag und auch aus der sonstigen Geschäftsverbindung zur Beklagten und deren Ehegatten dienen.

Am 28. 4. 1997 wurde über das Vermögen des Ehegatten der Beklagten das Konkursverfahren eröffnet. Der Masseverwalter erklärte, sich nicht mehr an die Leasingverträge gebunden zu fühlen und veranlasste, dass die Fahrzeuge der Leasinggeberin zurückgestellt wurden.

Der Beklagten gegenüber wurden die Leasingverträge im Jahre 1997 nicht ausdrücklich aufgelöst. Ihr war allerdings bekannt, dass die Fahrzeuge im Einverständnis mit ihrem Ehegatten der Leasinggeberin zurückgestellt worden waren.

Im Mai 1998 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass es bereits gelungen sei, die Fahrzeuge zu verwerten. Als Reaktion darauf forderte die Beklagte die Klägerin am 13. 5. 1998 durch den nunmehrigen Beklagtenvertreter auf, eine „nachvollziehbare Abrechnung" der Leasingverträge vorzulegen.

In der Folge rechnete die Klägerin die vier Leasingverträge detailliert ab. Zu Konto Nr 109/970.131 wurden neben dem Rückstand im Zeitpunkt der "Vertragsauflösung" von 9.503,20 S an Leasingentgelten bis Vertragsende 423.465 S (21 x 20.165 S) in Rechnung gestellt; zu Konto Nr.109/970.130 neben dem Rückstand im Zeitpunkt der "Vertragsauflösung" von 62.942,20 S an Leasingentgelten bis Vertragsende 349.140 S (22 x 15.870 S); zu Konto Nr. 109/960.179 neben dem Rückstand im Zeitpunkt der "Vertragsauflösung" von 48.718 S an Leasingentgelten bis Vertragsende 107.470 S (11 x 9.770 S); zu Konto Nr. 109/960.086 neben dem Rückstand im Zeitpunkt der "Vertragsauflösung" von 66.168 S an Leasingentgelten bis Vertragsende 119.745 S (9 x 13.305 S). Die Leasingentgelte bis Vertragsende wurden jeweils abgezinst. Zu diesen Forderungen kamen noch jeweils Verzugszinsen und verschiedene Spesen; abgezogen wurden Eingänge aus der Verwertung der Kaution und die vom Mitleasingnehmer gezahlte Zwangsausgleichsquote sowie die Erlöse aus der Verwertung der Fahrzeuge. Abgerechnet wurde zum Stichtag 20. 6. 1997 (Konto Nr. 109/970.130, Konto Nr. 109/960.179 und Konto Nr. 109/960.086) und zum Stichtag 20. 7. 1997 (Konto Nr. 970.131).

Die Klägerin hatte die E*****GmbH mit der Schätzung und Verwertung der Fahrzeuge beauftragt, die die Fahrzeuge durch einen Sachverständigen schätzen ließ. Der Sachverständige legte seinen Berechnungen den Mindesterlös und damit jenen Wert zugrunde, der bei Berücksichtigung eines 40 % igen Abschlags vom Listenpreis sofort bei legalem Handel zu erzielen ist. Zwei der Fahrzeuge wurden zum Schätzwert von 300.000 S (zu Konto Nr. 109/970.131) und von 195.000 S (zu Konto Nr. 109/970.130) von der Expo HandelsGmbH selbst erworben; die zwei anderen Fahrzeuge verkaufte die E*****GmbH bei einem Schätzwert von 60.000 S (zu Konto Nr. 109.960.086) und 65.000 S (zu Konto Nr. 109/960.179) um jeweils 100.000 S. Für die Abmeldung der Fahrzeuge entstanden je Fahrzeug Aufwendungen von 400 S.

Im Konkursverfahren über das Vermögen des Ehegatten der Beklagten kam es zu einem Zwangsausgleich. Die Klägerin erhielt 20 % ihrer Forderungen aus den Leasingverträgen als Zwangsausgleichsquote. Das per 1. 6. 1999 bestehende Guthaben auf dem verpfändeten Sparbuch von 224.284,20 S wurde auf die klagegegenständlichen Leasingverträge anteilig angerechnet. Für die Zeit vom 20. 6. 1997 bis 1. 6. 1998 verrechnete die Klägerin keine Verzugszinsen.

Die im Auftrag der E*****GmbH ermittelten „Verkehrswerte" entsprachen nicht den tatsächlichen Werten. Diese betrugen 80.000 S (zu Konto Nr. 109/960.086), 95.000 S (zu Konto Nr. 109/960.179), 270.000 S (zu Konto Nr. 109/970.130) und 375.000 S (zu Konto Nr. 109/970.131).

Die Klägerin begehrt 290.963 S sA. Durch die Zahlung der Zwangsausgleichsquote habe der Ehegatte der Beklagten die Forderung der Klägerin anerkannt. Die Beklagte habe die Ausfallsforderung trotz Aufforderung nicht gezahlt. Die Klägerin habe die Verträge vertragsgemäß abgerechnet. Der Abrechnung seien die Mindesterlöse zugrunde gelegt worden; bei der Schätzung vor Abschluss der Leasingverträge sei von den Wiederbeschaffungswerten ausgegangen worden.

Die Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Sie habe die Abrechnung nicht akzeptiert, weil die von der Klägerin bei der Abrechnung berücksichtigten Werte der Fahrzeuge eklatant von jenen Werten abgewichen seien, von denen wenige Monate zuvor beim Abschluss der Leasingverträge ausgegangen worden sei. Die Klägerin hätte die Verkehrswerte durch gerichtlich beeidete Sachverständige ermitteln müssen. Soweit sie die Schätzwerte nicht nochmals überprüft und die Fahrzeuge zu offensichtlich unrichtig ermittelten Preisen verwertet habe, habe sie ihre Schadensminderungspflicht verletzt. Der tatsächliche Wert der Fahrzeuge hätte ausgereicht, die Forderung der Klägerin zur Gänze abzudecken. Die Beklagte habe die Leasingverträge als Verbraucherin geschlossen; gegenüber ihrem Ehegatten abgegebene Erklärungen wirkten sich auf das zwischen der Klägerin und ihr bestehende Vertragsverhältnis nicht aus. Bei rechtswidrigem Entzug der Leasingobjekte durch den Leasinggeber bestehe weder ein Anspruch auf Leasingentgelt für die Zeit nach Rücknahme der Leasingobjekte noch ein Anspruch auf Abgeltung der mit der Beendigung der Leasingverträge verbundenen Kosten. Der Beklagten stehe eine Gegenforderung von mindestens 245.000 S aufgrund des der Klägerin als Sicherheit übergegebenen Sparbuchs zu.

Das Erstgericht erkannte die Klageforderung als mit 75.002,15 S sA zu Recht bestehend, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend an und erkannte die Beklagte daher schuldig, der Klägerin 75.002,15 S sA zu zahlen. Die Abweisung des Mehrbegehrens ergibt sich (nur) aus den Gründen. Die Beklagte sei im Mai 1998 davon ausgegangen, dass die Verträge bereits aufgelöst seien, auch wenn die Verträge ihr gegenüber nicht ausdrücklich schriftlich aufgelöst worden seien. Ein Eingehen auf die Verbrauchereigenschaft der Beklagten erübrige sich daher. Nach Punkt 10 der Leasingbedingungen sei der „Verkehrswert" der Leasinggegenstände von den Ansprüchen des Leasinggebers wegen vorzeitiger Auflösung der Leasingverträge abzuziehen. „Verkehrswert" sei ein undeutlicher Begriff, der zu Lasten der Klägerin auszulegen sei. Es seien daher nicht die im Auftrag der Klägerin ermittelten Werte, sondern die vom gerichtlichen Sachverständigen ermittelten höheren Werte zugrundezulegen. Die Vorgangsweise der Klägerin, dem Verwerter der Fahrzeuge die Einholung von Sachverständigengutachten zu überlassen, sei eine so grobe Verletzung vertraglicher Pflichten, dass sich die Klägerin die vom gerichtlichen Sachverständigen ermittelten Schätzwerte anrechnen lassen müsse. Einzugsspesen könne die Klägerin nicht fordern, weil der Ehegatte der Beklagten die Fahrzeuge selbst zurückgestellt habe.

Das Berufungsgericht wies die wegen Nichtigkeit erhobene Berufung zurück, erkannte die Klageforderung als mit 275.003 S zu Recht bestehend, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend, sprach der Klägerin 275.003 S sA zu, wies das Mehrbegehren von 15.960 S sA ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO sei nicht verwirklicht. Die Mitteilung der Klägerin an die Beklagte im Mai 1998, es sei bereits gelungen, die Fahrzeuge zu verwerten, sei als verspätete Auflösungserklärung zu werten. In der Reaktion des Beklagtenvertreters, eine nachvollziehbare Abrechnung zu verlangen, liege ein Verzicht auf die vereinbarte Schriftform der Auflösungserklärung. Die Leasingverträge seien damit im Mai 1998 aufgelöst worden. Daraus folge aber nicht, dass die Klägerin wegen vertragswidriger Veräußerung der Leasinggegenstände ihren Anspruch auf die offenen Leasingentgelte verliere. Anders als in dem der Entscheidung RdW 1995, 261 zugrundeliegenden Sachverhalt wäre es der Beklagten nicht möglich gewesen, die Leasingverträge aufrecht zu halten. Sie wäre in jedem Fall verpflichtet gewesen, die Fahrzeuge zurückzustellen und die offenen Leasingentgelte zu zahlen. Durch die verspätete Auflösungserklärung sei die Beklagte wirtschaftlich nicht schlechter gestellt worden. Die Beklagte wäre auch gar nicht berechtigt gewesen, die Fahrzeuge im Zeitraum zwischen Einziehung der Fahrzeuge und verspäteter Vertragsauflösung allein zu nutzen. Einzugs- und Interventionsspesen stünden der Klägerin nicht zu, weil sie entsprechende Aufwendungen weder ausreichend behauptet noch bewiesen habe. Die Vereinbarung über die Einschaltung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen in Punkt 10 der Leasingvertragsbedingungen sei eine Schiedsgutachterklausel. Ein Schiedsgutachten wäre nur dann nicht (bedingt) bindend, wenn es offenbar der Billigkeit widerstreite. Die Klägerin habe der Beklagten aber ohnehin die letztlich tatsächlich erzielten Verkaufserlöse angerechnet, die in zwei Fällen die Schätzwerte beider Sachverständigen überstiegen hätten. Die Beklagte habe auch gar nicht behauptet, dass es möglich gewesen wäre, die beiden anderen Fahrzeuge zu den vom gerichtlichen Sachverständigen ermittelten höheren Schätzwerten zu veräußern.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

Die Beklagte macht geltend, dass sie jedenfalls nicht zur Zahlung der Leasingraten für die Zeit bis zur Auflösung der Leasingverträge verpflichtet sei, weil die Klägerin die Fahrzeuge verwertet und damit ihre Nutzung durch die Beklagte unmöglich gemacht habe. Es sei zwar richtig, dass die Beklagte die Leasingverträge auch bei rechtzeitiger Verständigung durch die Klägerin nicht hätte aufrechterhalten können. Dies lasse aber die Verpflichtung der Klägerin unberührt, vor Verwertung der Leasingfahrzeuge für die rechtzeitige Auflösung der Leasingverträge zu sorgen, um damit den Anspruch auf Schadenersatz nach Punkt 10 der Leasingbedingungen überhaupt erst zu begründen.

Die Beklagte erhebt damit im Wesentlichen zwei Einwendungen: Für die Zeit vor Auflösung der Leasingverträge ihr gegenüber könne die Klägerin nicht Schadenersatz wegen vorzeitiger Auflösung der Verträge verlangen; einem Anspruch auf das - bei aufrechtem Leasingvertrag an sich gebührende - laufende Leasingentgelt stehe entgegen, dass die Klägerin durch die Verwertung der Leasingfahrzeuge deren Nutzung durch die Beklagte und damit die Erfüllung der Leasingverträge vereitelt habe.

Dabei zieht die Beklagte nicht in Zweifel, dass die Klägerin nach Punkt 9 der Leasingbedingungen berechtigt war, die Leasingverträge bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Ehegatten und Mitleasingnehmers auch ihr gegenüber aufzulösen. Sie macht aber geltend, dass die Unterlassung der rechtzeitigen Auflösungserklärung die Verwertung der Leasingfahrzeuge ihr gegenüber unzulässig mache.

Die Beklagte beruft sich auf die Entscheidung 4 Ob 567/94 (= JBl 1995, 467). In dieser Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass eine zur Vertragsauflösung führende Erklärung bei einer Personenmehrheit auf Schuldnerseite jedem Schuldner zugestellt werden muss, um ihm gegenüber Rechtsfolgen zu bewirken. Einer von mehreren Leasingnehmern müsse daher die Auflösungserklärung des Leasinggebers nicht gegen sich gelten lassen, wenn die fristlose Auflösung des Vertrags voraussetze, dass der Schuldner gemahnt und ihm eine Nachfrist gesetzt wird. Durch den Verkauf des Leasingobjekts entziehe der Leasinggeber den Gebrauch vertragswidrig; er verliere daher den Anspruch auf das Leasingentgelt für die Zeit nach Rücknahme des Leasingobjekts.

In einer Besprechung dieser Entscheidung weist Iro (Folgen des vertragswidrigen Entzugs des Leasingobjekts durch den Leasinggeber, RdW 1995, 249) darauf hin, dass die Auffassung, der Mitleasingnehmer sei nach dem Entzug der Leasingobjekte nicht mehr zur Zahlung des Leasingentgelts verpflichtet, nur zutrifft, wenn - was in der Regel zutreffe - der Entzug des Leasingobjekts eine Mahnung des Leasingnehmers voraussetze. Andernfalls wäre die Wegnahme des Leasingfahrzeugs auch gegenüber dem Mitleasingnehmer gerechtfertigt gewesen und die Leasinggesellschaft hätte für die Zeit bis zum (vertragswidrigen) Verkauf Anspruch auf die Leasingraten gehabt. Iro (aaO mwN) legt weiters unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung dar, dass der Leasingvertrag durch die nur einem von mehreren Leasingnehmern gegenüber abgegebene Auflösungserklärung keinem Leasingnehmer gegenüber aufgelöst wird, weil bei einem Leasingvertrag als einem unteilbaren Schuldverhältnis Gestaltungsrechte, wie Rücktritt und Kündigung, nur gegen alle Mitschuldner wirken können.

Dies wird auch von der von der Klägerin zitierten Entscheidung 4 Ob 2307/96k nicht in Frage gestellt. Auch hier wird darauf verwiesen, dass bei einer Personenmehrheit auf Schuldnerseite die Auflösungserklärung allen Schuldnern zuzustellen ist. Sei zur Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen die Einmahnung der Solidarschuld erforderlich, so müsse die Forderung - mangels besonderer Vereinbarung - auch bei jedem Schuldner eingemahnt werden. Die Parteien könnten aber vereinbaren, dass der von einem Schuldner verwirklichte Auflösungsgrund auch gegen den anderen wirke; in diesem Fall reiche es für die Geltendmachung eines Zahlungsrückstandes als Auflösungsgrund aus, dass nur einer von ihnen vorher gemahnt und ihm eine Nachfrist gewährt wurde. Die Entscheidung 4 Ob 2307/96k verweist dazu auf die Entscheidung 10 Ob 527, 1555/94 (= ÖBA 1995, 996). In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatten die Leasingbedingungen vorgesehen, dass die Leasinggeberin zur sofortigen Auflösung des Vertrags berechtigt ist, wenn auch nur einer von mehreren Leasingnehmern in Zahlungsrückstand gerät. Die Leasinggeberin hatte das Leasingverhältnis vorzeitig aufgelöst und die Auflösungserklärung an die ihr bekanntgegebene gemeinsame Adresse beider Leasingnehmer zugestellt, an der die Beklagte jedoch nicht mehr wohnte. Die Beklagte hatte erst durch die Klage von der Auflösung des Leasingvertrags erfahren.

In beiden Entscheidungen wurde ausgesprochen, dass die Klage die Rücktrittserklärung ersetze und die jeweilige Beklagte als Solidarschuldnerin zum Ersatz der rückständigen Leasingentgelte und auch des Erfüllungsinteresses für den Zeitraum bis zur Klagezustellung verpflichtet sei. Die Entscheidung 4 Ob 2307/96k begründet die Haftung der Beklagten für die zu einem Stichtag vor Klageeinbringung berechnete Schadenersatzforderung damit, dass beim Eintritt eines wichtigen Auflösungsgrunds, der nicht von einem Verhalten des Schuldners abhängt, sondern durch ein sonstiges Ereignis (im konkreten Fall: Eröffnung des Ausgleichsverfahrens) bewirkt wird, die Schadensberechnung mit diesem Stichtag vorzunehmen sei. Andernfalls würde der Gläubiger, könnte die Auflösungserklärung dem Schuldner längere Zeit hindurch nicht zugestellt werden, unbilligerweise schlechter gestellt sein. In dem der Entscheidung 10 Ob 527, 1555/94 zugrundeliegenden Fall wird dem Einwand der Beklagten gegen den Zuspruch des Leasingentgelts für den Zeitraum zwischen Einziehung des Fahrzeugs und Klagezustellung entgegengehalten, dass die Leasinggeberin nach den Leasingbedingungen bei einer Vertragsverletzung des Leasingnehmers berechtigt sei, den Leasinggegenstand auf jede ihr geeignet scheinende Weise sicherzustellen und den weiteren Gebrauch durch den Leasingnehmer zu verhindern, so dass die Beklagte den Anspruch nicht dadurch abwehren könne, dass ihr in diesem Zeitraum die Möglichkeit zur Benützung des Leasingobjekts genommen gewesen sei.

Beide Entscheidungen gehen demnach zwar davon aus, dass der Vertrag jedem von mehreren Leasingnehmern gegenüber aufgelöst werden muss, auch wenn ein Auflösungsgrund verwirklicht ist, der nach den Leasingbedingungen auch gegen den anderen Leasingnehmer wirkt; dem Leasinggeber werden aber, wenn auch mit verschiedener Begründung, auch die auf den Zeitraum vor Vertragsauflösung entfallenden Leasingraten aus dem Titel des Schadenersatzes zugesprochen.

Im vorliegenden Fall war die Leasinggeberin nach den Leasingbedingungen berechtigt, aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mitleasingnehmers die Leasingverträge aufzulösen. Dass eine derartige Bestimmung nicht im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB gröblich benachteiligend ist, hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen (4 Ob 2307/96k). Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Klägerin die Leasingverträge der Beklagten gegenüber 1997 nicht ausdrücklich aufgelöst. Nach Punkt 15 der Leasingbedingungen ist die Klägerin berechtigt, bei Solidarschuldverhältnissen nach ihrer Wahl an einen der Leasingnehmer mit Wirkung für alle Leasingnehmer rechtserhebliche Mitteilungen zu richten, soweit nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen dem entgegenstehen.

Die Beklagte war bei Abschluss der Leasingverträge Angestellte im Unternehmen ihres Ehegatten und Mitleasingnehmers und hat die Leasingverträge daher als Verbraucherin abgeschlossen. Nach § 6 Abs 1 Z 3 KSchG sind für den Verbraucher Vertragsbestimmungen nicht verbindlich, nach denen eine für den Verbraucher rechtlich bedeutsame Erklärung des Unternehmers, die jenem nicht zugegangen ist, als ihm zugegangen gilt, sofern es sich nicht um die Wirksamkeit einer an die zuletzt bekanntgegebene Anschrift des Verbrauchers gesendeten Erklärung für den Fall handelt, dass der Verbraucher dem Unternehmer eine Änderung seiner Anschrift nicht bekanntgegeben hat. Im vorliegenden Fall konnte daher gegenüber dem Mitleasingnehmer keine Erklärung mit Wirkung auch für die Beklagte abgegeben werden.

Damit sind die Leasingverträge trotz der von der Klägerin behaupteten Auflösungserklärung gegenüber dem Mitleasingnehmer im Zeitpunkt der Verwertung der Fahrzeuge noch aufrecht gewesen, weil, wie oben ausgeführt, bei einer Personenmehrheit auf Schuldnerseite Gestaltungserklärungen allen Schuldnern zukommen müssen (s nur Gamerith in Rummel , ABGB³ § 889 Rz 3 mwN). Dass der im Konkurs über das Vermögen des Mitleasingnehmers bestellte Masseverwalter die Fahrzeuge im Einverständnis mit diesem zurückgestellt hat, vermag daran nichts zu ändern, wenn - wie vom Erstgericht zwar festgestellt, von der Beklagten aber in der Berufung bekämpft und von der Klägerin gar nicht behauptet - die Beklagte nicht ebenfalls ihr Einverständnis gegeben hat.

Wurden die Leasingverträge nicht einvernehmlich aufgehoben, so hat die Klägerin die Fahrzeuge zu einem Zeitpunkt zurückgenommen und verwertet, als die Verträge noch aufrecht waren. Da es zur Leistungspflicht des Leasinggebers gehört, dem Leasingnehmer den Gebrauch des Leasinggutes zu gewähren ( Egger/Krejci , Das Leasinggeschäft 214ff) und sich die Klägerin - anders als die Leasinggeberin in dem der Entscheidung 10 Ob 527, 1555/94 zugrundeliegenden Fall - auf keine vertragliche Vereinbarung berufen hat, die Fahrzeuge wegen des Zahlungsverzugs auch bei aufrechtem Vertragsverhältnis zurückzuverlangen (s Egger/Krejci aaO 271f), hat die Klägerin mit der Rücknahme der Fahrzeuge und ihrer anschließenden Verwertung vertragswidrig gehandelt.

Mit der damit berührten Frage, welche Folgen eine durch den Vertrag nicht gedeckte Rücknahme und Verwertung des Leasinggutes durch den Leasinggeber bei aufrechtem Vertragsverhältnis hat, setzt sich die von der Klägerin für ihren Standpunkt zitierte Entscheidung 4 Ob 2307/96k nicht auseinander. Es geht dabei nicht nur darum, zu welchem Stichtag die Schadenersatzforderung zu berechnen ist, sondern darum, ob für den vor Auflösung des Leasingvertrags liegenden Zeitraum eine Schadenersatzforderung zusteht, wenn der Leasinggeber nach den Vertragsbedingungen "bei vorzeitiger Auflösung" Anspruch auf Schadenersatz hat. Die Klägerin hat die Vertragsbestimmung, wie ihr Vorbringen zeigt, jedenfalls dahin verstanden, dass ihr die (abgezinsten) Leasingentgelte für den Zeitraum nach Vertragsauflösung aus dem Titel des Schadenersatzes zustehen.

Die Klägerin hat in erster Instanz der Einwendung der Beklagten, die Klägerin habe weder vorgebracht noch unter Beweis gestellt, aufgrund welcher Erklärungen die Leasingverträge der Beklagten gegenüber aufgelöst sein sollen (ON 9), entgegengehalten, dass sie die Verträge wegen der Konkurseröffnung über das Vermögen des Mitleasingnehmers gemäß Punkt 10 der Leasingbedingungen aufgelöst und mit den Beklagtenvertretern bis März 1999 mehrfach wegen der Begleichung der Ausfallsforderung korrespondiert und telefoniert habe; umso erstaunlicher sei der nun im Prozess erhobene Einwand der Beklagten, die Leasingverträge seien ihr gegenüber gar nicht aufgelöst worden (ON 10). In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. 12. 2000 hat die Klägerin schließlich noch vorgebracht, dass "der Vertrag spätestens durch Übergabe der Fahrzeuge durch den Zeugen S***** bzw durch Übernahme durch Einzugsbeauftragte konkludent aufgelöst" worden sei (ON 24). Nicht behauptet hat die Klägerin, dass die Beklagte mit der Vorgangsweise ihres Gatten, insbesondere mit der Auflösung der Leasingverträge, einverstanden gewesen sei. Sie hat vielmehr ihren Anspruch darauf gestützt, dass die Auflösung gegenüber dem Mitleasingnehmer auch gegenüber der Beklagten wirke, weil die Beklagte die Auflösung nicht hätte abwenden können; gegenüber der Beklagten seien die Leasingverträge spätestens mit Schreiben vom 13. 5. 1998 aufgelöst worden.

Die vom Erstgericht getroffene und von der Beklagten bekämpfte, vom Berufungsgericht aber nicht überprüfte Feststellung, wonach die Beklagte mit der Auflösung der Leasingverträge einverstanden gewesen sei, ist demnach durch das Vorbringen der Klägerin nicht gedeckt; sie fällt auch nicht in den Rahmen des von der Klägerin geltend gemachten Klagegrunds. Damit ist sie als überschießend nicht zu berücksichtigen (s 4 Ob 190/00w = MR 2000, 382 - Programmpaket mwN). Dies ist im Zuge der rechtlichen Beurteilung auch ohne Rüge der Beklagten wahrzunehmen, weil mit der Berücksichtigung (unzulässiger) überschießender Feststellungen nicht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, sondern die Sache rechtlich unrichtig beurteilt wird (4 Ob 2338/96v = ÖBl 1997, 172 - D Schulen; aM 5 Ob 2090/96f = MietSlg 48.626 unter Berufung auf 7 Ob 555/93; in der zuletzt genannten Entscheidung waren die überschießenden Feststellungen aber ohnehin zu berücksichtigen, weil sie in den Rahmen des geltend gemachten Klagegrunds fielen).

Es bedarf daher keiner Erledigung der Beweisrüge, auch wenn die bekämpfte Feststellung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für die Entscheidung erheblich wäre, fiele sie in den Rahmen des geltend gemachten Klagegrunds. Die Rechtssache ist bereits jetzt im Sinne einer Klageabweisung entscheidungsreif:

Die Klägerin hat bei drei Verträgen das nach dem 20. 6. 1997 und bei einem Vertrag das nach dem 20. 7. 1997 fällig werdende Leasingentgelt bis zum Vertragsende berechnet und den abgezinsten Betrag in die Abrechnung aufgenommen. Die auf den Zeitraum bis zur Auflösung der Leasingverträge entfallenden Beträge stehen der Klägerin aus dem - von ihr allein geltend gemachten - Titel des Schadenersatzes nicht zu, weil der Schadenersatzanspruch die Auflösung der Leasingverträge voraussetzt. Die Klägerin hat wie oben dargelegt - auch nur einen Schadenersatzanspruch nach Auflösung der Leasingverträge geltend gemacht. Selbst wenn zu Gunsten der Klägerin angenommen wird, dass bereits ihr Schreiben vom Mai 1998 und nicht erst die Klage (s 4 Ob 567/94 = JBl 1995, 467, 4 Ob 2307/96k) als Rücktrittserklärung zu werten ist, übersteigt der auf den Zeitraum von jedenfalls 10 Monaten (Abrechnungsstichtag 20. 6. 1997 und 20. 7. 1997) vor Vertragsauflösung entfallende Betrag an fällig gestellten Leasingentgelten die Klageforderung bei weitem. Allein aufgrund der Verträge Nr 109/970.131 und 109/970.130 war eine Leasingrate von zusammen 36.035 S monatlich zu entrichten, so dass bereits mit dem damit fällig gestellten Betrag die Klageforderung überschritten wird. Das Klagebegehren ist daher zur Gänze abzuweisen, ohne dass auf die Gegenforderung der Beklagten einzugehen wäre.

Der Revision war Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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